– Protokoll der 1. Sitzung des Bundestages (1949).

 

Die Eröffnungsrede hält Alterspräsident Löbe (SPD). Die hat es in sich. Er sagt, Deutschland habe seine nationale Souveränität aufgegeben, um Teil der Vereinigten Staaten von Europa zu werden. Sehr interessant.

 

Quelle

 

1. Sitzung.
Bonn, Mittwoch, den 7. September 1949.

Eröffnungsansprache

des Alterspräsidenten Löbe . . . . 1 B
Namensaufruf der Abgeordneten und Wahl
des Präsidenten . . . … . . . . 3 A
Dr. Adenauer (CDU) . . 3B
Reimann (KPD) 3 B
Böhm (SPD) 3 C
Dr. Köhler übernimmt das Präsidium . . 3D
Wahl der Vizepräsidenten und der
Schriftführer . … . . . . . . 3 D
Ollenhauer (SPD) 4 A
Dr. Heuss (FDP) 4 A
Dr. Seelos (BP) 4 B
Reimann (KPD) 4 B
Dr.Schmid(SPD) 4 C

Ansprache des Präsidenten Dr. Köhler . . 4 C
Bildung eines Vorläufigen Geschäftsordnungsausschusses . . . . . . . . 6 A
Bildung und Einberufung des Ältestenrats . . 6 B
Nächste Sitzung:
Renner (KPD) 6 B, 7 A
Ollenhauer (SPD) 6 C

Die Sitzung wird um 16 Uhr 5 Minuten eingeleitet mit der Ouvertüre „Weihe des Hauses”, Opus 124 von Ludwig van Beethoven.

Alterspräsident Labe: Meine Damen und Herren! Abgeordnete des Deutschen Bundestags!

Nach einem alten Brauch wird die erste Sitzung eines neuen Parlaments durch das an Jahren älteste Mitglied des Hauses eröffnet. Ich bin geboren am 14. Dezember 1875. Ich frage, ob sich ein Mitglied im Hause befindet, das zu einem früheren Termin geboren ist. — Offenbar ist das nicht der Fall.

Dann erkläre ich die erste Sitzung des Bundestags der Bundesrepublik Deutschland für eröffnet.

Meine Damen und Herren! Der Zufall hat es gefügt, daß ich als Alterspräsident vor Ihnen stehe als einer der Vertreter der alten deutschen Hauptstadt Berlin. In der Entsendung der Berliner Abgeordneten kommt der einheilige Wunsch seiner Bewohner zum Ausdruck, in dieses neue Deutschland einbezogen zu sein, und die Hoffnung, daß dieser Wunsch durch Ihre Arbeit bald seine Erfüllung finde.
(Lebhafter Beifall.)

Aber nicht minder hoffnungsvoll, ich möchte sagen, Erlösung heischend sind heute die Augen jener Millionen deutscher Landsleute auf uns gerichtet, die in den deutschen Ostgebieten wohnen und deren Vertretern Besatzungsmacht oder fremde Verwaltung gewaltsam verwehrt, mit in diesem Saale zu sitzen und mit uns zu beraten. Indem wir die Wiedergewinnung der deutschen Einheit als erste unserer Aufgaben vor uns sehen, versichern wir gleichzeitig, daß dieses Deutschland ein aufrichtiges, von gutem Willen erfülltes Glied eines
geeinten Europa sein will.
(Bravorufe und Händeklatschen.)

Ich habe dieses Bekenntnis bereits als Präsiden der Deutschen Bewegung für die Vereinigten Staaten von Europa an die Konferenz in Straßburg gerichtet und wiederhole es in dieser historischen Stunde: Uns bewegt nicht, wie es früher geschehen ist, der Gedanke an irgendeine Form von Vorherrschaft; wir wollen mit allen anderen gleichberechtigt in den Kreis der europäischen Nationen treten.
(Erneuter lebhafter Beifall.)

Meine Damen und Herren! In dem Augenblick, in dem zum ersten Male wieder freigewählte Abgeordnete eines erheblichen Teils von Gesamtdeutschland zusammentreten, um eine deutsche Regierung einzusetzen und eine neue Gesetzgebung zu beginnen, schweifen die Gedanken von uns Älteren zurück zu jener letzten Sitzung des Deutschen Reichstags in der Berliner Krolloper, der wir beiwohnten und in der durch das Hitlersche Ermächtigungsgesetz die staatsbürgerlichen Freiheiten für lange Jahre begraben wurden. Das war ein illegaler Akt, durchgeführt von einer illegalen Regierung. Der Widerstand dagegen war eine patriotische Tat.
(Lebhafte Zurufe: Sehr richtig! — Abg. Reimann: Wieviele Abgeordnete sitzen hier, die dafür gestimmt haben! — Abg. Rische: Sehr richtig!)
Die Jüngeren unter uns aber, woher sie auch kommen mögen, haben auf ihrer Reise nach Bonn von Stadt zu Stadt noch einmal, vielleicht zum ersten Male in diesem Umfang, die erschütternden Zeugen der Zerstörung gesehen, die jene Machtergreifung schließlich herbeigeführt hat, die sichtbaren Zeugen nur, denn jeder einzelne von uns weiß dabei um die geistige und seelische Verwüstung, die mit der äußerlichen in unserem Volke angerichtet worden ist. Die Alten und die Jüngeren
sind nun hier vereint in der schweren Aufgabe, an die Stelle der Trümmer wieder ein wohnliches Haus zu setzen und in den Mutlosen eine neue Hoffnung zu wecken.
Was erhofft sich das deutsche Volk von der Arbeit des Bundestags? — Daß wir eine stabile Regierung, eine gesunde Wirtschaft, eine neue soziale Ordnung in einem gesicherten Privatleben aufrichten, unser Vaterland einer neuen Blüte und neuem Wohlstand entgegenführen. Schier unüberwindlich scheinen die Hindernisse, die auf diesem Wege liegen, und ungezählte Scharen unserer Landsleute sind es, die von unserer Arbeit eine Minderung ihrer Sorge erwarten. Es stehen vor unserer Tür die Millionen der Heimatvertriebenen von jenseits der Oder-Neiße-Grenze, die Verstümmelten und Verwaisten des Krieges, die ja auch ein Opfer des Nazismus sind, jene, die in den Bombenangriffen Hab und Gut verloren, die anderen Opfer des Naziregimes und der mehrfachen Währungsmaßnahmen. Welch mühevolle, beharrliche, wohlüberlegte und welch gutwillige Zusammenarbeit wird notwendig sein, um auch nur der geringsten dieser Aufgaben Herr zu werden!

(Alterspräsident Löbe)
Meine Damen und Herren! Wir werden es nicht schaffen aus eigener Kraft allein. Wir werden — geben wir uns keinem Irrtum darüber hin — dabei noch lange der Beihilfe des Auslandes bedürfen.
Wohlgemerkt: nicht in der Form und im Sinne von Almosen, sondern für den Aufbau unserer Wirtschaft, damit wir aus eigener Arbeit die Grundlagen unserer Existenz finden. Ich habe die Zuversicht: unser arbeitsames, tüchtiges, ordnungsliebendes, leider politisch so oft irregeführtes Volk wird es schaffen!
(Lebhafte Bravo-Rufe und Händeklatschen.)


Dabei sind uns in den letzten Jahren von draußen her oft Vorhaltungen gemacht worden, weil wir das Ausmaß der Schuld noch nicht erkannt haben, das Deutschland durch den europäischen Krieg auf seine Schultern geladen, weil wir undankbar geblieben seien gegenüber der großen jahrelangen Hilfe, die uns zuteil wurde, Vorhaltungen, daß wir
uns im Gegenteil im Räsonieren über schwer tragbare Lasten erschöpfen. Wir können offen über solche Vorwürfe sprechen. Ich als Berliner Abgeordneter würde mich für besonders undankbar halten, wollte ich nicht anerkennen, in welch unerhörtem Ausmaß die westlichen Besatzungsmächte unsern Freiheitskampf unterstützt, ja Berlin vor dem buchstäblichen Hungertode gerettet haben.
(Lebhafter Beifall.)


Wir verkennen auch keinen Augenblick, daß das westliche Deutschland, dem das agrarische Hinterland zur Zeit entzogen ist, zu einem erheblichen Teil sein Leben nur hat fristen können durch die großmütig gewährten Beihilfen aus Ländern, die nicht so hart getroffen waren.
Wir erkennen das dankbar an und bestreiten auch keinen Augenblick das Riesenmaß von Schuld, das ein verbrecherisches System auf die Schultern unseres Volkes geladen hat. Aber die Kritiker draußen wollen doch eines nicht übersehen: das deutsche Volk litt unter zwiefacher Geißelung. Es stöhnte unter den Fußtritten der eigenen Tyrannen und unter den Kriegs- und Vergeltungsmaßnahmen, welche die fremden Mächte zur Überwindung der Naziherrschaft ausgeführt haben. Wessen Haus an allen Ecken brennt, der sieht zunächst die eigene Not, ehe er die Fassung gewinnt, die Lage des Nachbarn voll zu würdigen.
Es sind auch Vorwürfe erhoben worden, weil das deutsche Volk sich nicht gegen den nationalsozialistischen Terror zur Wehr gesetzt habe. Wenn ich Ihnen sage, daß allein von den 94 sozialdemokratischen Abgeordneten, die gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben, da sie sich zu jener Zeit noch in Freiheit befanden, 24 ihren Widerstand mit dem Leben bezahlt haben, (die Abgeordneten erheben sich von den Sitzen.)
wenn Sie bedenken, welche Opfer — —(Unruhe. — Zuruf rechts: Auch von anderen Parteien sind Opfer gebracht worden; wir wollen keine Rechnungen aufmachen! — Weitere Zurufe rechts und von den Kommunisten.) — Meine Herren, lassen Sie mich nur weitersprechen. Wäre nicht die Unterbrechung erfolgt, so hätte ich das sowieso erwähnt. — Wenn Sie bedenken, daß große Opfer auch von der kommunistischen Fraktion gebracht worden sind, aber auch von Mitgliedern des früheren Zentrums und von Abgeordneten bis in die Rechtsparteien hinein, dann wird sich ergeben, daß auch dieser Vorwurf nicht aufrechterhalten werden kann. Die ersten fremden Botschafter waren noch nicht aus Deutschland abberufen, da lag die Mehrzahl dieser Opfer schon auf der Bahre.
Soweit solche Anklagen Berechtigung haben, bitten wir also, diese Ursachen mit zu berücksichtigen und auch bei den noch in Gang befindlichen Maßnahmen so zu verfahren, daß der Entwicklungsgang der deutschen Demokratie nicht aufs neue aufgehalten wird.
(Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze wieder ein.)


In diesem Zusammenhang muß ich auch an das Schicksal unserer Kriegsgefangenen und verschleppten Menschen erinnern, jener unbekannten Zahl in der Fremde schmachtender, doch zumeist
unschuldiger Männer und Frauen, die schon über 5 Jahre von ihrer Heimat ferngehalten werden. (Sehr richtig! rechts.)


Das Leid der wartenden Frauen und Mütter, die die Hoffnung auf Wiederkehr ihrer Lieben nicht aufgeben können, ein Leid, das sie in tausend schlaflosen Nächten zermürbt, gehört zu jenen Grausamkeiten der Verschleppung, gegen die sich der Krieg unserer damaligen Gegner richtete, die aber immer noch fortwirken und Deutschland die innere Ruhe nicht finden lassen.
(Sehr richtig!)


Wir rufen es deshalb auch von dieser Stelle aus in die Welt: Helft diese schlimme Unmenschlichkeit beseitigen! Es genügt nicht, der Wiederkehr der mörderischen Kriege vorzubeugen — wobei zu helfen unsere erste Pflicht sein wird —, es müssen auch die schmerzlichen Reste dieser Vergangenheit endlich beseitigt werden. (Lebhafter Beifall.)


Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie uns eine Minute stillen Gedenkens all den Toten weihen, die als Opfer des Krieges von allen Völkern gefordert wurden, (die Abgeordneten erheben sich von den Sitzen)
all denen, die durch die Fortwirkung des Krieges ihr Leben verloren. (Minute des Schweigens.)


— Sie haben das Andenken geehrt; ich danke Ihnen.
Deutschland will — ich sagte es schon — ein aufrichtiges, friedliebendes, gleichberechtigtes Glied der Vereinigten Staaten von Europa werden. Wir haben im Staatsgrundgesetz von Bonn den Verzicht auf nationale Souveränitätsrechte schon im voraus ausgesprochen, um dieses geschichtlich notwendige höhere Staatengebilde zu schaffen, und werden uns auch durch Anfangsschwierigkeiten von diesem Ziel nicht abschrecken lassen.


In diesem Zusammenhang begrüße ich die Vertreter der Besatzungsmächte und aller fremden Missionen, die sich an diesem wichtigen Tage bei uns eingefunden haben.

Ich begrüße die Ministerpräsidenten der einzelnen Länder, ihre Minister
und Vertreter, vor allen Dingen die Mitglieder des Bundesrats, und bitte Herrn Ministerpräsidenten Arnold, unsern Dank all denen zu sagen, die in ungewöhnlich angestrengter Arbeit diese Räume für uns hergerichtet haben.(Lebhafter Beifall.)


Ich begrüße ferner alle auf unseren Tribünen, die als einfache Staatsbürger oder als Inhaber hoher Ämter sich in ihrem Geschick mit uns verbunden fühlen und deshalb hierhergekommen sind.
Ich begrüße auch die Vertreter der Presse, füge daran aber die Bitte, ihre Berichterstattung und ihre Kritik nicht in Sensationen und Zwischenfällen zu suchen, (sehr gut!) sondern die praktische Arbeit des Bundestags zu würdigen. (Lebhafter Beifall.)


Meine Damen und Herren! Mein letzter Appell gilt den Abgeordneten dieses Hauses selbst. Hinter uns liegt ein erbitterter Wahlkampf, dessen Formen oft das erträgliche Maß weit überschritten. (Sehr wahr! rechts.)
Mit der Fortsetzung dieser Ausbrüche ist dem deutschen Volke nicht gedient. (Sehr richtig! rechts.)


Es braucht nicht niederreißende Polemik, sondern aufbauende Tat. Wollen wir vor der deutschen Geschichte bestehen, dann müssen wir uns, ob in Koalition oder Opposition, soweit zusammenfinden, daß Ersprießliches für unser Volk daraus erwächst, (lebhafter Beifall)
damit wir uns auch die Achtung für unser deutsches Volk in der Welt draußen zurückgewinnen. —
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Arbeit mit diesem Vorsatz beginnen! (Anhaltender lebhafter Beifall.)


Wir treten numehr in die geschäftliche Tagesordnung ein. Sie haben sie vor sich: Namensaufruf der Abgeordneten und Wahl des Präsidenten.
Zur Vereinfachung unserer Arbeit möchte ich vorschlagen, daß wir diese beiden Funkte miteinander verbinden, indem wir bei der Wahl des Präsidenten, die ja in geheimer Abstimmung durch Zettel erfolgt, sowohl die Beschlußfähigkeit des Hauses feststellen als auch aus den abgegebenen Stimmen den gewählten Präsidenten bestimmen. Das wird uns einen Wahlgang ersparen, und ich glaube, es entsteht in keiner Richtung ein Nachteil daraus.
Dann erbitte ich zunächst zur Durchführung der Wahlhandlung einige Abgeordnete; vielleicht darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Schlange-Schöningen, Frau Abgeordnete Louise Albertz, Herrn Abgeordneten Dr. Dehler und Herrn Abgeordneten Seebohm bitten, hier Platz zu nehmen, damit wir in die Wahlhandlung eintreten können. Der Namensaufruf erfolgt alphabetisch. Ich bitte Herrn Abgeordneten Schlange-Schöningen, die Liste nach dem Alphabet vorzulesen.
(Abg. Dr. Adenauer: Herr Präsident, darf ich ums Wort bitten!)


— Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Adenauer!
Dr. Adenauer (CDU): Namens der Fraktion der CDU/CSU schlage ich als Präsidenten vor den Herrn Abgeordneten Dr. Köhler. (Abg. Reimann: Ich bitte ums Wort!)


Alterspräsident Löbe: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reimann.
Reimann (KPD): Ich schlage im Namen der kommunistischen Fraktion vor, zum Präsidenten zu wählen den Abgeordneten Hans Böhm, Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion und Gewerkschaftssekretär.


Alterspräsident Löbe: Sie haben die Vorschläge gehört: Hans Böhm und Dr. Köhler. Ich bitte also Herrn Schlange-Schöningen, mit dem Buchstaben A beginnend, die Liste vorzulesen. Herrn Abgeordneten Dr. Dehler bitte ich, an der Urne die Stimmzettel entgegenzunehmen und sie im Beisein des aufgerufenen Abgeordneten in die Urne zu legen.
(Abg. Böhm: Zur Geschäftsordnung!)


— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Böhm.
Böhm (SPD): Zu dem Vorschlag der kommunistischen Fraktion, meine Person zum Präsidenten zu wählen, muß ich erklären, daß ich eine derartige Wahl ablehne.
(Beifall. — Abg. Reimann: Ich wollte nur die „Opposition” der sozialdemokratischen Fraktion unterstreichen! — Lachen und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)


Alterspräsident Löbe: Die Abstimmung beginnt mit dem Namensaufruf.
(Zuruf.)


— Die Stimmzettel brauchen in keinen Umschlag gesteckt zu werden. Die Geheimhaltung ist trotzdem garantiert. Haben Sie keine Sorge!
Der Aufruf beginnt. (Namensaufruf)


Meine Damen und Herren, wir wiederholen jetzt die Buchstaben des Alphabets, damit diejenigen Damen und Herren sich melden, welche beim Aufruf gefehlt haben. Buchstabe A. (Zuruf.)


— Dann bitte ich vorzutreten. Lisa Albrecht — der Name fehlt in unserm Verzeichnis.
(Der Aufruf des Alphabets wird fortgesetzt.)


Dann erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen. Ich bitte nunmehr die Schriftführer, auf der einen Seite die Zahl der abgegebenen Zettel und auf der andern Seite die Aufschriften der Zettel festzustellen und die Wahl zu kontrollieren. (Das Ergebnis wird ermittelt.)


Darf ich bitten, die Plätze wieder einzunehmen.
Es sind 402 Stimmen abgegeben worden. Das Haus ist also beschlußfähig, ja sogar vollzählig.
Bei der W a h l haben erhalten: Herr Dr. Köhler 346 Stimmen, Herr Böhm 15 Stimmen. 41 Stimmzettel waren nicht beschrieben; das sind also Stimmenthaltungen. Der Herr Abgeordnete Dr. Köhler hat somit die erforderliche absolute Mehrheit erhalten. Ich bitte ihn, meinen Platz einzunehmen. (Beifall.)


Präsident Dr. Köhler: Meine Damen und Herren!
Ich übernehme das Amt des ersten Präsidenten des ersten deutschen Bundestags der Bundesrepublik Deutschland.
Wir fahren in der Tagesordnung fort und kommen zur Wahl der Vizepräsidenten und der Schriftführer. Ehe wir zu dieser Wahl schreiten, bin ich auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung ermächtigt,
folgende Feststellung zu treffen. Es werden, heute nur der erste und der zweite Vizepräsident gewählt.


Die endgültige Zahl der Vizepräsidenten wird durch die Geschäftsordnung festgestellt. Die Schriftführer werden heute von denjenigen Fraktionen und politischen Gruppen benannt — benannt! —, die bisher noch nicht im Präsidium vertreten gewesen sind. Auf der Basis dieser Vereinbarung soll die Wahl vollzogen werden.

 

……..………….

 

 

BRD – Legitimation durch West-Alliierte

Dokumente zu Deutschlands Rechtslage

 

  1. Konferenz der Außenminister der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs in Washington vom 6. bis 8. April 1949

 

a) Grundsätze der alliierten Besatzungspolitik nach Errichtung einer deutschen Bundesrepublik

Die drei Regierungen einigten sich auch auf die Grundsätze, nach denen sie ihre Befugnisse und Zuständigkeiten ausüben werden, und hielten diese in ihrer Niederschrift fest.
Grundsätze, nach denen ihre Befugnisse und Zuständigkeiten nach der nach der Errichtung einer deutschen Bundesrepublik ausgeübt werden.

Während der Besatzung die Besatzungsregierungen werden zwar die Oberhoheit über die ZI behalten, aber es ist beabsichtigt, die Militärregierung zu beenden und die Funktion der Besatzungsbeamten hauptsächlich auf die Aufsicht. Den deutschen Behörden wird es freistehen, Verwaltungs- oder Gesetzgebungsmaßnahmen zu ergreifen, und diese Maßnahmen werden gültig sein, sofern kein Veto der alliierten Behörden dagegen eingelegt wird.

Die Bereiche, in denen sich die Besatzungsbehörden das Recht vorbehalten, selbst direkt tätig zu werden einschließlich der Erteilung von Anordnungen an deutsche Bundes- und Kommunalbeamte werden auf ein Minimum beschränkt sein, und es wird erwartet, daß mit Ausnahme von Sicherheitsfragen, die Ausübung direkter Befugnisse vorübergehender und selbstauflösender Natur sein wird.

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird die Verwaltung für wirtschaftliche Zusammenarbeit die Verantwortung für die Überwachung der die Verwendung der von der Regierung der Vereinigten Staaten für die deutsche Wirtschaft bereitgestellten Mittel Wirtschaft für Zwecke der Entlastung und des Wiederaufbaus zur Verfügung gestellt werden. Es ist vorgesehen, dass die Bundesrepublik Deutschland Bundesrepublik dem Übereinkommen über die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit beitritt und auch ein bilaterales Abkommen mit der Regierung der Vereinigten Staaten. Wenn die deutsche Republik errichtet und die Militärregierung beendet ist, werden die rein militärischen Funktionen der Besatzungsbehörden von einem Oberbefehlshaber und alle anderen Funktionen von einem Hiih Commissioner wahrgenommen, der alle alliierten Einrichtungen in Deutschland mit Ausnahme der Besatzungstruppen leitet. Es ist beabsichtigt, die Größe der Stäbe in Deutschland auf ein Minimum beschränkt werden. Ein Hauptziel der der drei alliierten Regierungen ist es, die engste Integration des deutschen Volkes auf einer für beide Seiten vorteilhaften Grundlage zu erreichen. Integration des deutschen Volkes in einem demokratischen Bundesstaat im Rahmen eines europäischen Rahmen eines europäischen Verbundes zu erreichen.

b) Abkommen über die Drei-Mächte-Kontrolle für die West-Zonen Deutschlands”) vom 8. April 1949

Die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Vereinigten Staaten kommen überein vor dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts ein trizonales Fusionsabkommen zu schließen.

Die Vertreter der drei Besatzungsmächte werden die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um einen dreigliedrigen Kontrollmechanismus für die Westzonen Deutschlands einzurichten, der zum Zeitpunkt der Einsetzung einer provisorischen deutschen Regierung in Kraft treten wird.

Die folgenden Bestimmungen wurden vereinbart von die Regierungen; Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Vereinigten Staaten bilden die Grundlage für diese Vereinbarungen: –

  1. Eine Alliierte Hohe Kommission, bestehend aus einem Hohen Kommissar jeder Besatzungsmacht oder ihrem Vertreter besteht, ist die oberste alliierte Kontrollinstanz.
  2. Art und Umfang der von der Alliierten Hohen Kommission ausgeübten Kontrollen stehen im Einklang mit dem Besatzungsstatut und internationalen Vereinbarungen.
  3. Um der Bundesrepublik Deutschland eine stärkere Verantwortung für die inneren Angelegenheiten zu ermöglichen und die Belastung durch Besatzungskosten zu verringern Kosten zu reduzieren, wird das Personal auf ein Minimum beschränkt.
  4. In Ausübung der den Besatzungsbehörden vorbehaltenen Befugnisse zur Änderungen der Bundesverfassung zu genehmigen, bedürfen die Beschlüsse der Alliierten Hohen Kommission Einstimmigkeit erforderlich.
  5. In Ausübung der den Besatzungsbehörden vorbehaltenen Befugnisse zur In Fällen, in denen die Ausübung oder Nichtausübung der Befugnisse. Absatz 2 (g) des Besatzungsstatuts den Bedarf an Unterstützung aus von der Regierung der Vereinigten Staaten bereitgestellten Mitteln erhöhen würde, wird ein System der Stimmengewichtung. Nach diesem System haben die Vertreter der Besatzungsbehörden eine, Besatzungsbehörden über eine Stimmkraft verfügen, die im Verhältnis zu den Deutschland von ihren jeweiligen Regierungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Bestimmung soll jedoch nicht die derzeitige vorherrschende Stimme der Vereinigten Staaten in der Gemeinsamen Export-Import-Agentur und der Gemeinsamen Devisenstelle schmälern, solange diese Organisationen oder deren Nachfolgeorganisationen weiter bestehen und mit der Erfüllung mit der Wahrnehmung ihrer derzeitigen Aufgaben betraut sind. Keine der hiernach getroffenen Maßnahmen darf nicht im Widerspruch zu zwischenstaatlichen Vereinbarungen zwischen den Unterzeichnern oder gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung.
  6. In allen anderen Angelegenheiten wird mit Mehrheit abgestimmt.
  7. (a) Wird durch einen Mehrheitsbeschluß eine zwischenstaatliche Vereinbarung geändert, die sich auf einen der in Absatz 2 Buchstaben a) und b) des Besetzungsstatuts aufgeführt sind, so kann jeder abweichende Hohe Kommissar bei seiner Regierung Berufung einlegen. Dieser Einspruch dient der Aussetzung des Beschlusses bis zu einer Einigung zwischen den drei Regierungen.(b) Ist ein Hoher Kommissar der Auffassung, daß ein Mehrheitsbeschluß im Widerspruch steht zu einer zwischenstaatlichen Übereinkunft, die sich auf einen der in Absatz 2 a) und 2 b) des Besatzungsstatuts genannten Gegenstände bezieht, oder mit den Grundprinzipien für die Gestaltung der auswärtigen Beziehungen Deutschlands oder mit Angelegenheiten, die für die Sicherheit, des Ansehens und der Erfordernisse der Besatzungsmacht betreffen, kann er sich an seine Regierung wenden. Ein solcher Einspruch führt zu einer Aussetzung der Maßnahmen für 30 Tage und darüber hinaus, es sei denn, zwei der Regierungen erklären, daß die Gründe keine weitere Aussetzung rechtfertigen eine weitere Aussetzung.(c) Wird ein solcher Rechtsbehelf gegen eine Maßnahme der Alliierten Hohen Kommission eingelegt, die entweder die Ablehnung oder die Entscheidung über die Missbilligung deutscher Rechtsvorschriften, so werden diese Rechtsvorschriften für die Dauer der Beschwerdefrist vorläufig missbilligt.
  8. Ein Hoher Kommissar, der der Ansicht ist, dass eine Entscheidung, die mit weniger als Einstimmigkeit getroffenen Beschlusses, der eine andere, durch das Besatzungsstatut vorbehaltene Angelegenheit betrifft nicht im Einklang mit den grundlegenden dreiseitigen Politiken in Bezug auf Deutschland steht oder dass eine Landesverfassung oder eine Änderung derselben gegen das Grundgesetz verstößt, kann sich an seine Regierung wenden. Der Einspruch dient in diesem Fall der Aussetzung des Verfahrens für eine nicht mehr als 21 Tage ab dem Tag der Entscheidung, es sei denn, alle drei Regierungen etwas anderes vereinbaren. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Alliierten Hohen Kommission, die entweder die Missbilligung deutscher Rechtsvorschriften ablehnt oder beschließt, diese zu missbilligen Rechtsvorschriften, so werden diese Rechtsvorschriften für die Dauer der Beschwerdefrist vorläufig der Berufungsfrist.
  9. Alle Befugnisse des Alliierten Hohen Kommissariats werden einheitlich ausgeübt in Übereinstimmung mit der dreiseitigen Politik und den Direktiven. Zu diesem Zweck wird in jedem Bundesland die Alliierte Hohe Kommission durch einen einzigen Landeskommissar vertreten, der ihr gegenüber für alle dreiseitigen Angelegenheiten allein verantwortlich ist. In jedem Land muss der Landeskommissar, Kommissar ein Staatsangehöriger der alliierten Macht sein, in deren Zone das Land liegt. Außerhalb seiner eigenen Zone wird jeder Hohe Kommissar einen Beobachter entsenden einen Beobachter zu jedem der Landeskommissare zu Konsultations- und Informationszwecken. Dieser Absatz; ist nicht so auszulegen, daß er die Funktionen von Gremien einschränkt die aufgrund eines zwischenstaatlichen Abkommens eingerichtet wurden.
  10. Alle Weisungen und sonstigen Kontrollinstrumente sind soweit wie möglich an die Bundes- und/oder Landesbehörden zu richten.
  11. Das trizonale Fusionsabkommen bleibt in Kraft, bis es durch eine Vereinbarung zwischen den Regierungen geändert wird.

e) Mitteilung der Außenminister an die Militärbefehlshaber zum Grundgesetz der Deutschen Bundesrepublik

An die Militärgouverneure, die Außenminister der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs übermitteln zu Ihrer Orientierung ihre Ansichten über das Grundgesetz. Es bleibt den Militärgouverneuren überlassen, die Art und Weise zu bestimmen, in der sie es für angemessen halten, diese Auffassungen dem Parlamentarischen Rat zu übermitteln.

Die Außenminister wünschen jedoch, dass sie übermittelt werden, bevor sich die Meinung im Parlamentarischen Rat herauskristallisiert hat, damit die nachstehenden Auffassungen in das Grundgesetz einfließen können:

(a) Die Außenminister können sich zur Zeit nicht darauf einigen, daß Berlin als Land in die Berlin als Land in die ursprüngliche Organisation der Bundesrepublik Deutschland einzubeziehen.

(b) Auf dem Gebiet der Finanzen werden alle Bestimmungen, die der Parlamentarische Rat vorschlägt, um sowohl den Ländern als auch dem Bund finanzielle Unabhängigkeit und ausreichende Mittel für die Tätigkeit in ihren jeweiligen Bereichen zu sichern, wohlwollend geprüft werden.

(c)In Bezug auf die Fragen des Artikels 36 (Artikel 95 [werden sie auch wohlwollend jede Formel berücksichtigen, die –

(I) eliminiert die durch das Londoner Abkommen definitiv ausgeschlossenen Angelegenheiten aus den föderalen Befugnissen;

(II) sichert den Ländern ausreichende Befugnisse zu, um sie in die Lage zu versetzen, unabhängige und tatkräftige Regierungsorgane zu sein;

(III) sichert der Bundesregierung ausreichende Befugnisse in den wichtigen Bereichen der Regierung, um sie in die Lage zu versetzen, die Bereiche wirksam zu behandeln in denen die Interessen mehrerer Länder; wesentlich und notwendig notwendigerweise betroffen sind.

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