– Freimaurer-“Horoskope”

Die Karte zeigt uns, wie sich England bereits schon im Jahre 1906 die Zukunft für Deutschland vorstellte.

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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„… Der Tag der Entscheidung zwischen deutscher Kaisermacht und der internationalen Macht (demokratisch- umstürzlerischem Prinzip) sind näher, als die dumpfen Träumer glauben und begreifen können. Unsere Zeit wird noch Blut sehen, denn auch diese gewaltige Frage, wird nur durch Blut und Eisen entschieden werden. Begreifen kann es nur der, der sich einen ungefähren Begriff machen kann von jener über alle Lande verbreiteten satanisch-schlauen Geheimorganisationen, die die ungeheure Macht des Goldes mit der Macht der Presse und der Führung der revolutionären Massen zusammengekuppelt hat und einheitlich leitet … Ein tiefer Denker und großer Organisator, der geistige Leiter der gewaltigen deutschen Armeen von 1870/71, Graf Moltke, hatte diese satanisch-schlaue Organisation erkannt. Moltke sagte: Sie (die Organisierten) werden durch ungekannte Obere zu gemeinsamen Zwecken folgerecht geleitet … Sie bilden einen Staat im Staate …“

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Im „Badischen Beobachter“, 1917, Nr. 247, lasen wir: „Bereits 1888 das Bulletin maçonnique mit der Republikanisierung Deutschlands; 1908 bezeichnet das Bulletin maçonnique den deutschen Kaiser, welcher bekanntlich der Loge nicht angehörte, als, durch seinen Ehrgeiz für alle Völker und auch auf das seinige gefährlich! Und ein italienischer Freimaurer, Aurelio Saffi, erklärte 1889: „Die Verbrüderung der Völker würde an dem … nicht mehr fernen Tag ins Leben treten, an welchem das Jung-Deutschland des Gedankens und der Arbeit an die Stelle des feudalen und kaiserlichen getreten sein werden.“ „Havas“ berichtet unterm 2. April 1917: „Mehrere (franz. maurischeZeitungen, besonders der „Figaro“, der „Matin“, das „Echo de Paris“: Man muß die Hohenzollern vollständig stürzen.“ Der Deputierte Galli schreibt im „Matin“: „Der Befreiungskrieg wird sich unbarmherzig gegen … ein Volk fortsetzen, welches als Haupt einen Chef hat, dessen Verbleiben auf dem Throne eine Herausforderung ist.“ Bedenkt man, daß in Paris schon anno 1910 der Untergang des Deutschen Reiches auf das Jahr 1913 prophezeit wurde, und das Mme. Lorenza (eine in politischen Kreisen angesehene „kluge“ Frau) 1910 „seherisch vorauskündete“, daß die Hohenzollern „viel später eintreffend als 1910 infolge des zu erwartenden europäischen Krieges den Thron verlieren“ würden, dann überraschte auch die Bemerkung der „Neuen Züricher Nachrichten“ vom 3. April 1917 nicht, die dahin lautet: Man konnte den Sturm, der in den Pariser Blättern gegen die Dynastie der Hohenzollern anhebt, längst kommen sehen …“

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Horoskop für Wilhelm II,
geboren am 27. Januar 1859, 3 Uhr nachmittags in Berlin.

Wir seiner Schwäche, der Sonne in Ihrem schwächsten Zeichen entgegenstehend; Mars und Neptun sind vereinigt im Meridian und die Sonne ist im Halbquadrat zu beiden; die Unglücksplaneten Neptun, Mars und Uranus — erhöht, und der Mond in Opposition zu Uranus. Der deutsche Kaiser hat ein höchst verhängnisvolles Horoskop, und während seiner Regierung wird er einen noch nie dagewesenen Sturz erleiden. Das Schicksal Kaiser Wilhelms ist ein solches, daß er nahezu seinen ganzen Besitz verlieren wird. Er wird niemals ein volkstümlicher Monarch sein. Mars in Meridian wird ihn in ständige Feindschaft verwickeln, und die Sonne in Opposition zu Saturn wird ihn seiner Macht unter den Völkern entblößen. Er wird sein königliches Gemahl plötzlich verlieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß sein Land übergeht in die Hände von Frankreich und Rußland. Diese wenigstens sind die zwei Mächte, welche ihm den Besitz des Reiches streitig machen, das er zu behalten machtlos ist. Kein unglückseligeres oder weniger königliches denn dies Horoskop des Kaisers, außer vielleicht das des Sultans der Türkei, ist zu finden unter den Herrschern von Europa. Der Kaiser wird plötzlich sterben und das Herz wird der Sitz der fatalen Affektive sein. Bevor das Jahr 1905 kommt, ist es wahrscheinlich, daß Deutschland teilweise in die Hände seiner Feinde übergegangen ist.

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Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Und noch vor wenigen Jahren verkündete das Logenblatt „Akazia“ das tiefsinnige Wort: „Zwischen der Großeloge in Ungarn und den französischen Freimaurern besteht vollste Interessengemeinschaft.“

Der erste Punkt der Ziele der internationalen GroßlogeEinführung der freimaurerischen Weltrepublik, verbunden mit der Idee des Sturzes des deutschen Kaisertums, wurde auch auf dem im April 1917 zu Paris stattgehabten Internationalen Freimaurerkongreß erneut verhandelt. Der Minister Bruder Costa von der Freimaurer-Republik Portugal war dort auch zugegen. „Wichtigster Gegenstand“ der Beratung war, in Deutschland selbst eine starke Bewegung gegen die Monarchie hervorzurufen; denn Grundlage des Weltfriedens müsse die Absetzung des deutschen Kaisers sein. In Amerika, so hieß es auf dem Kongreß, nähmen die Freimaurer den selben Standpunkt ein (Bruder Woodrow Wilson), und in Argentinien seien (von der Loge) große Kundgebungen gegen Deutschland veranstaltet wordenMan sieht, wie das internationale Freimaurertum den Geheimen Kabinettsrat der Entente allerorten bildete. Und man fragt sich, was wohl alles in Stockholm gegangen sein mochte gelegentlich der Vorbesprechungen der Sozialdemokraten aller Länder über einen Frieden, wenn Männer wie der Freimaurer Van der Velde (belgischer Staatsminister) dort ihren Bannkreis übten.

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Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Wie die Loge seit Anfang des Krieges allüberall Mobil gemacht hatte und Italien sein Hasardspiel von Beginn an der Feindseligkeiten nach dem Rezept Mazzinis gegen Deutschland und Österreich trieb, hat die Loge selbst zugestanden. Schon mit dem 31. Juli 1914 erließ der damalige Großmeister Ferrari (Inhaber des 33. Grades) ein Rundschreiben an alle italienischen Logen:
Die Ordensregierung wird mit allen nur irgendwie möglichen Anstrengungen sich bemühen, darauf hinzuwirken, daß die Aktion aller Großoriente (Großlogen der ganzen Erde) sich einträchtig und im Einklang mit den allgemein angenommenen Prinzipien der Freimaurerei (Demokratisierung aller Länder) vollziehen…
Diesem Rundschreiben ließ Ferrari am 6. September 1914 ein weiteres folgen, in dem er alle Logenbrüder seines Großorients die Stellung anwies, die sie im Weltkonflikt einzunehmen hätten: sobald der günstige Zeitpunkt eingetreten sei, müsse Italien in den Krieg eintreten. Inzwischen sollten die Brüder das nationale Gewissen in intensivster Weise daraufhin erziehen.

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Für unsere Betrachtung wichtig sind einige Sätze aus dem Buch des englischen Schriftstellers E. D. Morel, „Truth and War“, in denen von der „Geheimdiplomatie und dem Schicksals Englands“ die Rede ist:

Am 3. August 1914 hielt der englische Minister des Auswärtigen eine leidenschaftliche Rede zugunsten der Teilnahme Englands am Kriege Frankreichs gegen Deutschland. Angeblich war das Parlament völlig frei in seinen Entschlüssen. Zweimal im Jahre 1913, zweimal wieder 1914 war dem englischen Volke versichert worden, daß es in keiner Weise gebunden sei, an einen kontinentalen Kriege teilzunehmen. An jenem 2. August nun enthüllt Bruder Sir Edward Grey, daß mit Ermächtigung der englischen Regierung, richtiger unter Mitwissen der drei entscheidenden Mitglieder des Ministeriums, schon seit der Krise 1906 und seither wiederholte Konversationen der englischen Heeres- und Flottenleitung mit den Generalstäben der französischen Armee und Marine stattgefunden hatten, in welchen ein gemeinsamer Kriegsplan ausgearbeitet worden war…

Gewiß, diese Konversationen begründeten keine formelle juristische Verpflichtung zur Teilnahme am Kriege, aber mehr als das: eine Ehrenpflicht. Sir Edward Grey „teilt mit, daß … er an Frankreich bereits englische Hilfe versprochen habe und schloß mit der Erklärung, daß … die Ehre Englands in dieser Sache bereits engagiert sei, wie es auch tatsächlich der Fall war. Im ganzen Lande hatte die (Northcliffesche) Kriegspresse, die Times voran, schon tagelang alle Leidenschaften aufgepeitscht … Jene seit 1906 fortgesetzten geheimem … Konversationen hatten eine moralische Verpflichtung zur Teilnahme an einem deutsch- französischen Kriege begründet …

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Das „Berliner Tageblatt“, das in deutschen Logenkreisen großes Ansehen besitzt, war — wohl durch einen Eingeweihten, der die Mache der Weltloge nicht über sein Herz bringen konnte — in Besitz des „Entwurfes“ über die gegenseitige Konzession gelangt (dieser Entwurf war datiert vom 13./26. Mai 1914) und veröffentlichte denselben vor dem Kriegsausbruch. Der russische damalige Außenminister Ssasonow bestritt zwar im Juli 1914, das Bestehen einer solchen Militär- und Marinekonvention, obschon ein in deutsche Hände gekommener Brief des Adjutanten eines russischen Großfürsten an seinen in Paris weilenden Fürsten vom 12./25. Juli 1914 die freudige Hoffnung auf den „nun heraneilenden Krieg“ ausdrückte, den „diesmal keine Rasputins verhindern würden“. („Berliner Tagesblatt“, Auslandsausgabe, III. Jahrgang Nr. 43.) — Was sagten wir doch …? Russische Großfürsten standen im Bunde mit englischen Maurern … Und was sagte Großlogensekretär Bruder Ulisse Bacci vom 33. Grad?
Er sagte:
Es ist unerläßlich, daß die an der Regierung der Staaten befindlichen Männer entweder unsere Brüder seien oder gestützt werden!

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Und der „Badische Beobachter“ vom 1. Juni 1917, denn wir diesen Ausspruch Baccis entnehmen, bemerkt dazu:

„In England, Frankreich, Italien und Portugal ist schon seit Jahren ein Minister, der nicht der Loge angehört oder ihr genehm wäre, undenkbar. Zugleich muß man bedenken, daß die Logen nur reife, in selbstständiger und unabhängiger Lebensstellung befindlicher Männer als Mitglieder aufnehmen, daß heißt Personen, die … kraft ihrer Stellung im öffentlichen Leben sowohl, wie als Führer weiterer Volkskreise Einfluß für die Gesamtheit haben. Insbesondere ist die Loge bestrebt gewesen, die leitenden politischen Stellen mit .•.-Brüdern zu besetzen und in profanen Kreisen maßgebend Einfluß zu gewinnen… So werden die weitesten Kreise mit freimaurerischen Ideen erfüllt… Darum ist die Macht der internationalen Loge eine ebenso unheimliche wie unmeßbare… Das internationale Freimaurertum hat jedoch nicht nur den Weltkrieg vorbereitet und heraufbeschworen, es ist auch das Haupthindernis des Friedens!“

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Und die „Neuen Zürich Nachrichten“ schrieben in ihrem Leitartikel vom 4. Dezember 1915 u. a. folgende inhaltsschwere Sätze:

„.. Neben, und wenn es ihr gelingt, über den Staaten und den übrigen gesellschaftlichen Gebilden stehend, in ihrer Tyrannei tausendfach als unerträgliche Last empfunden, aber schwer faßbar, weil in die Nacht des Geheimnisses geduckt, beherrscht die Loge einen nur allzugroßen Teil der Menschheit. Mit der Prätension (in diesem Fall Anmaßung), die höchste Blüte der Kultur in sich darzustellen, rühmte sie sich von jeher als die alleinige Spenderin und Schützerin der Volksfreiheit, der Gerechtigkeit und Humanität… Aber… der Sekte entfiel bald die Friedensmaske und sie enthüllte ihr Medusenantlitz (d. i. ihr wahres Wesen des Schrecklichen)… Es war die Maurerei,… die den Machtkrieg zu einem Kulturkrieg stempelte… Gewohnt, politische Revolutionen in Szene zu setzen, schmählicher Bestechung jederzeit zugänglich, arbeitete die mit der ganzen ungeheuren Macht , worüber sie verfügt, mit einer Propaganda, die auch vor den verwerflichsten Mitteln nicht Halt macht, für den Sieg der Revolution… über jene Mächte, die noch das Prinzip der Autorität… anerkennen. Zu diesem Zwecke galt es vor allem (auch), Italien in das Wirrsal des Krieges hineinzuzerren usw. usw. So entpuppte sich die große ,Friedensspenderin’ als eine Faktion (d. i. eine parteisüchtige Gesellschaft), die den gräßlichsten Verrat an den Völkern… verübte… Jetzt ist es offenbar, was der maurerische Weltfriede, was maurerische Gerechtigkeit, Humanität, Freiheit zu bedeuten hat…
Und wie lautet das oberste Gebot ihrer Freiheit? Daß niemand sich mehr regen dürfe, als soweit es der Freimaurerei, dem Zar des Zaren, dem Könige aller Könige genehm ist! — Das sind die eigenen Worte des ,Bulletin du Grand Orient de France‘ 1889/90 und des ,Bulletin du Grand Orient de Belgigue‘ 1910/11.“

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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England ist deshalb, weil es das letzte Volk ist, das alt-arisch-germanischem Wesen entsprang, jetzt das führende Volk der Erde, das zugleich auch deutschen Wesens Untergang will, — vor ihm ging das Ripuarier- oder Frankenvolk aus deutschen Sproß hervor: es hat deshalb in zweiter Linie dem Deutschtum Haß geschworen. Zu allererst aber gliederte sich das Italienertum vom deutschen Geiste ab und nun kommt es jetzt an dritter Stelle als Deutschlands Feind. So wirken sich die Dinge aus.

Doch Deutschland wird bestehen, weil es sich nicht einseitig entfaltet, wie Italien-Frankreich-England, sondern seine Kräfte in seiner Volksseele zusammenhält — und das gilt trotz der Niederlage Deutschlands bei Ausgang des Krieges, denn Deutschland ward nicht besiegt, sondern glaubte an die Wahrhaftigkeit Bruders .•. Woodrow Wilsons und an die in allen Entente-Manifesten aufgestellten Grundsätzen von Wahrheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung!, und legte aus diesem Glauben heraus selbst die Waffen aus der Hand.

Trotz aller heutigen Wirrsale in Deutschland und Deutsch-Österreich wird jene Zeit kommen, wo deutscher Gemeinschaftsgeist sich zu neuem Wirken im Dienste der Weltkultur zusammenraffen wird. Es ist nicht möglich, daß der deutsche Geist der Göthe, Schiller, Lessing, Herder, Wieland, Kant, Gellert, Fichte, Beethoven, Mozart, wie eines Richard Wagner, Luther, Kepler usw. und, um auch einen der letzten bedeutendsten Führer des geistigen Neu-Deutschlands nicht zu vergessen, der Geist eines Dr. Rud. Steiner seelenlos verhallen wird . . . !

Denn Deutschland steht heute am Wendepunkt seiner Geschichte und seiner Geschicke, im Aszendenten seines zukünftigen Schicksals, das im Zeichen der Ich- oder Selbsterkenntnis des einzelnen Individuums stehen wird! Geläutert durch das Leid, das ein schwerer Kriegsausgang und eine bittere Revolution der Gesamtheit und dem Einzelnen brachte und noch bringen wird, wird erst wahr erkannt werden, was in der Lebensmöglichkeit des Germanen liegt, der sein „Germa“ — sein Schicksal — selbst in die Hand nehmen und seine eigene Werdemöglichkeit ohne Einspruch eines andern bestimmt wird!

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

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Fürst Mentschikoff
am 05. Januar 1914:

„Man darf nicht vergessen, daß Russland jetzt wie vor 100 Jahren für England nur als der ungeheure Amboß notwendig ist, auf dem es seine Politik schmiedet. Vor hundert Jahren hat England auf unserem Rücken Napoleon geschlagen. Jetzt geht es ans Werk, Deutschland zu schlagen mit seinem und dem französischen Hammer, wobei die ganze Last unserer Hilfe zufällt.“
(Vgl. Züricher Post Nr. 314 aus dem Jahr 1919)

Quelle:
Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg
Karl Heise Basel 1920

– Zur deutschen Kapitulation 1945

 

Vorbemerkung
Die rechtliche Bedeutung der deutschen Kapitulation vom 7. und 8. Mai
1945 ist streitig. Nach -einer Meinung handelte es sich um eine Kapitulation des deutschen Reiches, des deutschen Volkes oder der deutschen Regierung. Nach anderer Ansicht hatte die Kapitulation rein militärischen Charakter. Der vorliegende Bericht enthält sich jeglicher Stellungnahme. Er stellt einen Materialbeitrag, zu Vorgeschichte und Verlauf der Kapitulation dar, wobei der Auslegung des Begriffs: “unconditional surrender” durch die führenden Staatsmänner der Alliierten sowie den tatsächlichen Vorgängen der Kapitulation besondere Beachtung beigemessen wurde. Die rechtliche Würdigung des Kapitulationsvorganges bleibt einer späteren Untersuchung vorbehalten).
Der vorliegende Bericht behandelt nur diejenige Kapitulation, die am
7. Mai 1945 in Reims und am 8. Mai 1945 in Berlin von Vertretern des
Oberkommandos der Wehrmacht erklärt wurde. Die gesonderten Kapitulationen einzelner Teile der deutschen Wehrmacht sind nicht Gegenstand dieses Berichts. Die Kapitulationen der ehemaligen Verbündeten Deutschlands werden nur insoweit berührt, als sie zum Verständnis der deutschen Kapitulation notwendig sind.
Vorgeschichte der Kapitulation
Der Begriff: “unconditional surrende” wurde, soweit bekannt, in einer
amtlichen Verlautbarung erstmals während des Treffens von Casablanca (14.-26. Januar 1943) anläßlich einer Pressekonferenz von R o o s e v e I t erwähnt. Ein Pressebericht führt hierüber folgendes aus: “In this connection the President reminded his listeners of the famous American General, Ulysses Simpson Grant, whose initials U. S. were adapted to express his resoluteness in the nickname “Unconditional Surrender” Grant.
The democracies war plans were to compel the “unconditional.. surrender” of the Axis.
Mr. Churchill, who didnt refer to typewritten notes as did Mr. Roosevelt,
said he was in entire agreement with everything Mr. Roosevelt had said.
The Prime Minister declared that nothing could come between the two of them who were now such firm friends, and he described the conference here as the happiest in his long experience of such meetings.”
Roosevelt schlug abschließend vor, die Casablanca-Konferenz solle fortan “Unconditional-Surrender Meeting”; genannt werden).
Unconditional surrender wurde sodann auch im. Communique von
Casablanca mit folgenden Worten als das Kriegsziel der auf der Konferenz vertretenen Mächte bezeichnet:
The Casablanca Conference, therefore, was unique in the line of AngloAmerican conferences in that the anti-Axis forces were visibly on the offensive in Europe. There was the promise of achievement to support the terms which President Roosevelt and Prime Minister Churchill agreed should be imposed upon the enemy: Unconditional Surrender.
Nach Cordell H u I I ist das Prinzip des unconditional surrender
ursprünglich im State Department nicht erörtert worden. Vielmehr sei man dort ebenso überrascht gewesen wie Churchill, als der Präsident in Gegenwart des britischen Premierministers den Begriff unconditional surrender erwähnt habe. Es sei ihm berichtet worden, Churchill sei über diese Nachricht -wie vor den Kopf geschlagen gewesen. Hull fahrt wortlich fort: in our postwar planning discussions in the State Department, which had begun more than three years prior to the Casablanca Conference, we had not embraced the idea of unconditional surrender 12a).-
Die Frage des Ursprungs des Begriffs unconditional surrender als
Kriegsziel der Alliierten hat der britische Staatssekretär B e v i n im vergangenen Jahr erneut aufgegriffen, indem er am 23. Juli 1949 vor dem Unterhaus erklärte, daß viele der Schwierigkeiten der britischen Deutschlandpolitik von der Proklamierung der unconditional surrender ausgegangen seien. Weder er noch das britische Kabinett noch irgendein anderes Kabinett hätten vorher Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern. Bevin fuhr fort:
“It was just said and in therniddle of a war it left us with a Germany
without law, without a constitution, and without a single institutior to grapple with the situation”.
Churchill entgegnete in der gleichen Sitzung, daß er das erstemal den
Ausdruck von Roosevelt gehört habe. Er fügte hinzu:
“It was there on the spot and I had very rapidly to consider whether the state of our position in the world was such as would justify me in giving support to it. I did give support to it, but it was not the idea which I had formed in my own mind in the same way as it came to the Cabinet at home.”
Abschließend erklärte Churchill, das Kabinett hätte sich zweifellos gegen diesen Ausdruck ausgesprochen, wenn es Gelegenheit gehabt hätte, darüber zu beraten. In Anbetracht des Bündnisses mit den Vereinigten Staaten sei jedoch keine andere Möglichkeit gewesen, als  accomodate.
Auch S h e r w o o d zitiert Worte des Präsidenten, die auf völlig
unvorbereitete Erwähnung des unconditional surrender in Casablanca
deuten:
“… suddenly the Press conference was on and Winston and I had no time to prepare for it and the thought popped up in my mind that they had called Grant unconditional surrender and the next thing I knew I had said it.”
Entgegen den oben zitierten Außerungen berichtete jedoch Churchill am 17. November 1949 im Unterhaus, er habe nach einer Überprüfung der Unterlagen festgestellt, daß die Worte unconditional surrender schon vor der Konferenz von Casablanca zwischen Roosevelt und ihm bei zwanglosen Gesprächen. erwähnt, wurden. Am 19. Januar 1942, fünf Tage vor dem Ende der Konferenz, habe er Attlee, dem damaligen stellvertretenden Premierminister, in einem Telegramm folgendes mitgeteilt 17):
“We propose to draw up a statement of the work of the conference for
communication to the Press at the proper time. I should be glad to know what the War Cabinet would think of our including in this statement a declaration of the firm intention of the United States and the British Empire to continue the war relentlessly until we have brought about the unconditional surrender of Germany and Japan. The omission of Italy would be to encourage a breakup there. The President liked this idea as it would stimulate our friends in every country.
Attlee und Eden haben nach der genannten Unterhauserklärung Churchills am 2 1. Januar 1942 folgendes erwidert:
“The Cabinet were unanimously of the opinion that the balance of
advantage lay against excluding Italy because of misgivings which would inevitably be aroused in Turkey, in the Balkans, and elsewhere. Nor are we convinced that the effect on the Italians would be, good. Knowledge of rough stuff coming to them is surely more likely to have the desired effect on Italian, morals.
Hieraus ergibt sich, daß wenigstens das britische Kabinett über die Frage der bedingungslosen Kapitulation gehört wurde und hierzu in grundsätzlich bejahendem Sinn Stellung genommen hat. Das Kabinett wich in seiner Ansicht von derjenigen Churchills nur in der Frage des Ausschlusses von Italien ab.
Mit dieser Darstellung stehen auch die Ausführungen Churchills in Ein:-
klang, die er nach Abschluß der Konferenz in Casablanca am 11. Februar 1943. im britischen Unterhaus gemacht hat:
“It was only after full and cold, sober and mature consideration of all
these facts, on which our lives and liberties -certainly depend, that the President, with my full concurrence, as agent of the War Cabinet, decided that the note of the Casablanca Conference should be the unconditional surrender of all our foes.
Schließlich hat auch H o p k i n s) in seiner Niederschrift über den
Verlauf der Pressekonferenz bemerkt, daß Roosevelt beim Sprechen Notizenbenutzte. Nach den Photographien der Presse habe Roosevelt
mehrere beschriebene Blätter in Händen gehabt, die sorgfältig vorbereitet worden seien.
Es kann daher als feststehend angenommen werden, daß die Erwähnung der bedingungslosen Kapitulation während der Konferenz. von Casablanca nicht zufällig geschah, sondern von Roosevelt und Churchill vorher besprochen worden war, und ferner, daß mindestens das b r i t i s c h e Kabinett um seine Meinung befragt wurde und grundsätzlich zugestimmt hat.
Offenbar hat der unconditional surrender – Grundsatz im Lager der
Alliierten zahlreiche Gegner gehabt. Cordell H u ll, damals amerikanischer Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, teilt mit, daß er und viele seiner Mitarbeiter diesen Grundsatz aus zwei Gründen ablehnten, erstens weil er befürchtete, dieser Begriff werde den Widerstand der Achsenmächte versteifen . Zwar habe der Präsident selbst schon in Casablanca erklärt, bedingungslose Kapitulation bedeute nicht die Vernichtung der Völker Deutschlands, Italiens und Japans, sondern das Ende einer Weltanschauung, die auf Eroberung und Unterjochung fremder Völker ziele.
Der Ausdruck unconditional surrender habe aber eine weitere Verbreitung gefunden, als die genannte Modifikation durch Roosevelt und sei zu einer Waffe der Gegenpropaganda geworden.
Der zweite Grund sei der, daß der Grundsatz der bedingungslosen
Kapitulation logischerweise die siegreichen Nationen verpflichte, jede Phase der Regierung und der Verwaltung der eroberten Länder zu übernehmen.
Weder Amerika noch seine Alliierten seien darauf vorbereitet, eine derartige Verantwortung zu übernehmen.
Die letztgenannten Erwägungen sind es offenbar gewesen, die in der
Folgezeit wiederholt Anlaß gaben, den, Begriff unconditional surrenderin abschwächendem Sinne -auszulegen.
R o o s e v e l t selbst erklärte nach seiner Rückkehr von Casablanca in
einer Radioansprache am 12. Februar 1943 :
” … the only terms on which we shall deal with any Axis Government or any Axis factions are the terms proclaimed at Casablanca: unconditional surrender.
In our uncompromising policy we mean no harm to the common people
of the Axis nation. But we do mean to impose punishment and retribution in full upon their guilty, barbaric leaders.”
In ähnlichem Sinne äußerte sich C h u r c h i ll in seiner Unterhausrede
vom 11. Februar 1943.
” … our inflexible insistence upon unconditional surrender does not mean that we shall stain our victorious arms by any cruel treatment of whole populations.”
Offenbar kam es den Alliierten darauf an, den Verbündeten Deutschlands und Japans deutlich zu machen, daß ihre Behandlung nach der bedingungslosen Kapitulation verschieden von derjenigen der als Hauptgegner angesehenen Achsenmächte Deutschland und Japan sein werde. So führt Cordell H u l l folgendes aus.
“I thought that our principle of surrender should be flexible. In some cases the most severe terms should be imposed. I had Germany and Japan in mind in this connection. In other cases we would have Preliminary informal conversations that would result in substantial adjustments away from the terms of unconditional surrender. There I had in mind I t a I y and the Axis satellite states, Rumania, Hungary, Bulgaria and Finland.”
Formell wurde die Forderung auf bedingungslose Kapitulation zwar
auch gegenüber Italien, dessen Regierung nach dem Sturz Mussolinis einen Separatfrieden erstrebte, aufrechterhalten. C h u r c h i l I faßte die Italien gegenüber einzunehmende Haltung in einer Unterhausrede vorn 27. Juli 1943 wie folgtzusammen:
“We should let the Italians, to use a homely phrase, stew in their Own juice
for a bit and hot up,the fire to the utmost in order to accelerate the process, until we obtain from their Government or whoever possesses the necessary authority all the indispensable requirements we demand for carrying-on the war against our prime and capital foe, which is not Italy but Germany. It is the interest of I t a I y and also the interest of the Allies, that the unconditional surrender of Italy should be brought about wholesale and not piecemeal.”
Auch Viscount C r a n b o r n e betonte in seiner Rede vor dem Oberhaus am 5. August 1943, daß sowohl seine eigene wie die Regierung der Vereinigten Staaten bedingungslose Kapitulation von Italien fordere, indem er erklärte: “As the general policy of His Majestys Government and the, United States of America towards I t a I y there is no doubt at all Our aim, in twowords, is, unconditional surrender…. Lord Winster referred to-honourable
capitulation;. He seemed to think that that was alternative policy. It is not. It is the same thing, put in another, way They mean exactly the same. That has been bur policy, and it will continue to be our policy.”
Auch in dem Waffenstillstandsabkommen zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs einerseits sowie dem der Regierung von Italien andererseits,vom 29. September 1943 wird noch folgendes ausgeführt:
“These terms have been accepted unconditionally by Marshal Pietro Badoglio, head of the Italian Government, representing the Supreme Command of Italian Land, Sea and Air Forces duly authorized to that effect by the Italian Government.”
Trotz dieser Formulierung handelt es sich jedoch im Falle der Kapitulation Italiens um ein Abkommen, dessen Bestimmungen im Wege von Verhandlungen zwischen Vertretern des anglo-amerikanischen Vereinigten Generalstabs und Badoglio in Lissabon vereinbart wurden.
In seiner Unterhausrede vom 21. September 1943 unterstrich Churchill
den Unterschied zwischen der italienischen Kapitulation und derjenigen,
die Deutschland zugedacht war. Er führte aus:
“As the Armies of the British Empire and the United States march
forward in I t a I y as we shall march, the Italian people will be rescued
from their state of servitude and degradation, and will be enabled in due course to regain their rightful place among the free democracies of the modern world.
I cannot touch upon the matter of Italy without exposing myself to the
question, which I shall be most properly asked, Would you apply this line of argument to the G e r m a n people? I say, The case is different.”
Offenbar ging unter den Alliierten auch nach der italienischen Kapitulation und nach Kriegseintritt Italiens an der Seite der Alliierten der Streit um die Auslegung des Begriffes unconditional surrender weiter. Viscount C r a n b o r n e erklärte vor dem Oberhaus im September 1943:
“The question whether the terms imposed are dishonourable or not
depends upon the terms themselves. It was never the intention, of the Allies to impose intolerable terms upon the people of I t a I y and they have not in fact done so. The fact that General Eisenhower used the words honourable capitulation shows, I thi nk, that in his view the words mean the same thing.
There is no doubt that Marshal Badoglio himself realizes this because at present he is doing all he can to assist the Allies to drive out the Germans. The purpose of asking for unconditional surrender or for honourable capitulation, whicliever term is preferred, was of course to ensure that all facilities should be made available to the Allies to defeat Germany The phrase unconditional surrender does not mean dishonourable, capitulation. The two phrases un

– Kurienpriester outet Freimaurer im Vatikan

 

Von Cathwalk

Es ist eine unglaubliche Geschichte. Der katholische Priester und Kurienmitarbeiter (1974-79) Charles Murr schreibt in seinem neuen Buch „Murder in the 33rd Degree. The Gagnon Investigation into Vatican Freemasonry“ (erschienen am 21. Mai 2022) über Freimaurer im Vatikan – und outet dabei zwei hohe Geistliche als Freimaurer. Warum hat Murr das Buch geschrieben, warum jetzt? Er selbst sagt im Video (OnePeterFive): „Ich habe das Buch nicht geschrieben, um Geld zu verdienen … Ich wollte, dass es bekannt wird bevor ich sterbe.“ Murr war ein enger Freund und Sekretär von Édouard Kardinal Gagnon. Gagnon soll im Auftrag Pauls VI. untersucht haben, wer an der Kurie Freimaurer war (Gagnon Investigation).

Welche Namen werden genannt? Sebastian Kardinal Baggio und Erzbischof Annibale Bugnini. Murr schreibt, dass zwei Kardinäle, Dino Staffa und Silvio Oddi, Dokumente hätten, die Baggio und Bugnini schwer belasten würden. Damit seien sie 1974 zu Paul VI. gegangen. Bischof Gagnon wurde beauftragt diese Anschuldigungen zu untersuchen. Bischof Giovanni Benelli habe Gagnon dafür vorgeschlagen.

Der erste Beschuldigte, Kardinal Baggio, war der Präfekt der Bischofskongregation. Er habe als der „freimaurerische Botschafter am Heiligen Stuhl“ gegolten. Baggio habe dafür gesorgt, dass liberale Priester Bischöfe wurden. Diese „Baggio Boys“ sollten eine „progressive“ Agenda durchsetzen.

Der zweite Beschuldigte, Erzbischof Bugnini, war der Hauptverantwortliche der Liturgiereform, der Schöpfer der Neuen Messe. Wenn Bugnini Freimaurer gewesen war, wäre das ein unglaublicher Skandal. Denn dann könnte auch der Novus Ordo davon beeinflusst sein, die römische Liturgie von 1969. Murr jedenfalls sieht dies als klare Gefahr: „Bugninis freimaurerische Mitgliedschaft könnte sicherlich viel von dem erklären, was so drastisch falsch lief in der Kirche, liturgisch, doktrinär und moralisch.“

Kann bewiesen werden, dass Baggio und Bugnini Freimaurer waren? Murr berichtet über die Audienz von Gagnon bei Paul VI. am 16. Mai 1978, wenige Monate vor dem Tod des Papstes (6. August). Der Papst war zu dieser Zeit schon sehr krank und litt zusätzlich an Depressionen. Paul VI. soll zu Gagnon gesagt haben: „Benelli schlussfolgerte, dass die Berichte über Erzbischof Bugnini fundiert waren. Auf dieser Basis entschieden Wir, Seine Exzellenz in den Iran zu senden, als Unseren Nuntius.“ Dann soll Gagnon gefragt haben, was mit Baggio geschehe. Der Papst soll die Anschuldigungen gegen Baggio für falsch gehalten haben. Er habe seinen Staatssekretär Jean-Marie Villot gefragt, der die Anschuldigungen gegen Baggio „haltlos“ nannte. Baggio selbst habe im Gespräch mit dem Papst alles abgestritten und von „Verleumdung“ gesprochen, sowie die Entlassung Benellis gefordert. Gagnon habe die Einschätzung des Papstes nicht glauben können. Er sei schockiert gewesen, der Papst aber müde und erschöpft: „Sie haben einen alten, müden Mann vor sich, der an der Schwelle des Todes steht und sich in diesen Tagen vorbereiten muss, seinem Schöpfer zu begegnen …“ Murr berichtet weiter, dass Gagnon dies nicht gelten lassen wollte und empört geäußert habe: „Ein Freimaurer ernennt unsere Bischöfe!“ Dann soll er den Papst auf die Vatikanbank aufmerksam gemacht haben, die kurz vor dem „Kollaps“ stehe. Außerdem sei Villot der schlimmste Gegenspieler des Papstes. Paul VI. soll auf seinen Nachfolger verwiesen haben. Er solle sich darum kümmern. Gagnon habe enttäuscht die Audienz verlassen.

Und welcher Papst wurde ermordet? Das soll Johannes Paul I. gewesen sein. Kardinal Baggio hatte eine Audienz beim herzkranken Luciani-Papst. In dieser Audienz soll der Papst Baggio gebeten haben, seinen Posten als Präfekt der Bischofskongregation aufzugeben und Patriarch von Venedig zu werden. Baggio soll laut geworden sein, habe geschrieben und sich geweigert, zurückzutreten. In der folgenden Nacht starb der Papst, am 28. September 1978. Murr verbreitet im Buch und in YouTube-Videos (siehe unten) die These, dass der Papst nicht direkt ermordet, aber psychologisch in den Tod getrieben wurde. Sein Herz hätte der Bosheit und dem Druck nicht standgehalten.

Im selben Jahr begann der Pontifikat Johannes Pauls II. Gagnon ging auch zu ihm und kannte Erzbischof Lefebvre. Doch das sind Geschichten für weitere Artikel.

(Quelle)

– Könnte der Kaiser zurückkehren?

  Deutschland und die Monarchie
Könnte der Kaiser zurückkehren?

Von Reinhard Müller – Aktualisiert am 09.09.2022 – 19:12



Das Grundgesetz verbietet die Wiedereinführung der Monarchie. Aber die Republik trägt Überbleibsel des Dynastischen mit sich. Eine Analyse.

Gemäß Völkerrecht, kann jedes Volk seine politische Ausrichtung frei wählen und jederzeit verändern, wenn es dazu in der Lage ist. Das der Besatzer, über das Grundgesetz, seine Vorrechtsansprüche begründet und daran festhält, ist die eine Seite und Ausfluss seiner durch Okkupation zustehende Hoheitsrechte und steht somit dem Willen der Besatzungsmächte und deren Gehilfen (Verwaltung BRD) klar im widerspruch. So dass das deutsche Volk weder in seiner Gesamtheit noch sein völkerrechtlichen Souveränitätsanspruch verwehrt war/ist, wie es im Grundlagenvertrag und Teso-Beschluss (BVerfGE 77/137) zutreffend beschrieb. (Näheres findest du hierzu auf unserer Seite.)

Doch, wenn das deutsche Volk mit einer einfachen Mehrheit, seinen Willen zum Ausdruck bringt, hierzu müsste es aber als Solches auch rechtlich verbindlich erkennbar sein, infolge eine Verwaltungsaktes “Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit”. Bloße persönliche Meinungen, Annahmen oder Behauptungen Deutscher (Deutsche mit deutscher Staatsangehörigkeit) zu sein reichen eben nicht aus, weil all diese Meinungen, Annahmen oder Behauptungen keinerlei Rechtssicherheit begründen können, kann auch das Grundgesetz, den völkerrechtlichen Willen des deutschen Volkes nichts entgegenbringen außer bloße Gewalt der Unterdrückung, als Folge Sieger und Besiegte.

Die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz sind nur zur öffentlichen Ordnung „Odre Public“ eingeführt worden und es hat sich nur die politische Ausrichtung verändert, was keinen Einfluss auf das Rechtssubjekt, den Rechtskörper Deutsches Reich hat. Seit der Weimarer Republik, wurde nur die politische Ausrichtung ( Weimarer Republik, Nationalsozialismus, DDR und BRD) von anderen Staaten anerkannt. Damit ist aber kein neuer Staat entstanden. (Hierzu findest du mehr rechtlich-sachlich Informationen auf dieser Seite.) 

Der Unterlass sowie die Weigerung der öffentlichen Bekennung des tatsächlichen Vorhandenseins des deutschen Staatsvolkes  aus welchen Gründen auch immer, berechtigt den Treuhänder so lange zu bleiben, bis der Betreute sich rechtlich und öffentlich erkennbar macht. Unbewiesene Behauptungen reichen leider hierfür nicht aus.

 

 

– Die Balfour-Deklaration

 

Die Balfour-Deklaration war unter anderen von dem zionistischen Aktivisten Chaim Weizmann  und von dem britischen Unterhausabgeordneten  Sir Mark Sykes  vorbereitet worden. Das Mitglied der Manchester School for Zionism, Leon Simon , schrieb den Entwurf am 17. Juli 1917. In Form eines Briefes sandte dann der damalige britische Außenminister Arthur James Balfour März 1925 Palästina erstmals selbst bereiste, im November 1917 an Walter Rothschild, 2. Baron Rothschild , einen prominenten britischen Zionisten , die Antwort der britischen Regierung, die damit der zionistischen Bewegung ihre Unterstützung zusagte:

Verehrter Lord Rothschild,

ich bin sehr erfreut, Ihnen im Namen der Regierung Seiner Majestät die folgende Erklärung der Sympathie mit den jüdisch-zionistischen Bestrebungen übermitteln zu können, die dem Kabinett vorgelegt und gebilligt worden ist:

Die Regierung Seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Bestes tun, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, mit der Maßgabe, dass nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status der Juden in anderen Ländern in Frage stellen könnte.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Erklärung zur Kenntnis der Zionistischen Weltorganisation bringen würden.
Ihr ergebener Arthur Balfour“

– Der Vatikan gegen Europa

 

von
Edmond Paris

In die deutsche Sprache übersetzt: Renate Glingener
Teilweise überarbeitet und vorgetragen (YouTube) von Jörg (joggler66)

VORWORT
In meinem letzten Buch habe ich deutlich gemacht, dass ich mir keine Einmischung in den religiösen Bereich erlauben werde. “Der Vatikan”, sagte ich, “ist aufgrund seiner doppelten Natur – weltlich und geistlich zugleich – besonders anfällig für Zweideutigkeiten. Ich möchte daher betonen, dass ich nur die politische Seite betrachtet habe.”
In der vorliegenden Arbeit wurde derselbe Grundsatz befolgt. Ich habe mich darauf beschränkt, die historische Kontinuität der rückwärtsgewandten und bösartigen Politik des Vatikans sowie dessen überwältigende Verantwortung für die Katastrophen, die in den letzten fünfzig Jahren in Europa aufeinander folgten, aufzuzeigen.
Auf den folgenden Seiten werden der Betrug und die Verbrechen aufgedeckt, an denen der Heilige Stuhl, seine Vertreter in der ganzen Welt und seine national-sozialistischen und faschistischen Verbündeten beteiligt waren und die ihre beispiellose Heuchelei nicht zu verbergen vermochte.
Das Buch beginnt mit einer Anklageschrift gegen den Vatikan. Die Anklagen werden in den folgenden Kapiteln einzeln aufgegriffen, wo sie mit umfangreichen und unbestreitbaren Beweisen für eine fortgesetzte Kollaboration mit den Folterern der Menschheit, die die letzte Weltkatastrophe ausgelöst haben, einhergehen.
Aber diese Absprachen stehen durchaus in der Tradition des Heiligen Stuhls.
Sie reicht über viele Jahrhunderte zurück. Seit den Tagen Karls des Großen hat das Papsttum nicht aufgehört, sich unter allen Umständen auf die Deutschen zu stützen, um seine Autorität durchzusetzen und sie auf ganz Europa auszudehnen. Die Reformation hat zweifellos das jahrhundertelang gültige Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und Mitteleuropa gestört und einen Teil der deutschen Völker dem Gehorsam gegenüber dem Vatikan entzogen. Nur Österreich-Ungarn blieb völlig unterwürfig. Aber Schritt für Schritt und mit
unendlicher Geduld gewann die römische Kurie allmählich und ohne Unterbrechung den verlorenen Einfluss zurück und stellte gleichzeitig die gesamte geistige Vormachtstellung, die der Heilige Stuhl bei den Katholiken im Reich und im übrigen Europa genoss, in den Dienst der pan-germanischen Gelüste. So sollte Groß-Deutschland, wie das Habsburgerreich, als “weltlicher Arm” dienen, um den Einfluss des orthodoxen Russlands auf dem Balkan zu vernichten und die Autorität des Heiligen Stuhls im weltlichen Frankreich wiederherzustellen. Das Spiel ging 1918 verloren, wurde aber 1939 wieder aufgenommen, wobei der Vatikan genau die gleiche Karte spielte, die er auch heute noch spielt. Guy Emery Shipler fasste die Bedeutung dieser politischen Aktivität des Vatikans klar zusammen, als er schrieb: “Kein politisches Ereignis oder Umstand kann ohne das Wissen um die Rolle des Vatikans darin bewertet werden. Und es gibt keine bedeutende weltpolitische Situation, in der der Vatikan nicht eine wichtige, explizite oder implizite Rolle spielt”.
Ich habe mich hier, wie auch in dem früheren Buch, bemüht, die Leser mit den eigentlichen Texten bekannt zu machen, auf denen meine Überzeugung beruht, damit er sich ein Urteil über ihre Bedeutung und Tragweite bilden kann. Ebenso habe ich bei der Auswahl dieser Zitate auf Bücher und Zeitungen zurückgegriffen, die dem Heiligen Stuhl nicht feindlich gesinnt sind und deren Zeugnis daher umso überzeugender ist.

DIE POLITIK DES HEILIGEN STUHLS:
ANKLAGESCHRIFT

Die Kontinuität der antiliberalen Politik des Vatikans. – Das Verhängnis seines Abkommens mit der germanischen Welt. – Ein italienischer Abgeordneter ruft aus: “Die Hände des Papstes triefen vor Blut!” – Eine Untersuchung der Fakten offenbart die vorrangige Rolle des Vatikans bei der Vorbereitung der beiden Weltkriege. – Das Ergebnis: der unaufhaltsame Niedergang Europas. – Schweigen vor den Verbrechen, eine Folge des päpstlichen Absolutismus. – Das eiserne Zepter des neuen “Unterdrückers der Völker”. – Merkwürdiges Schicksal einer Religion, die “Seelen befreien” sollte. – Die Nachkriegszeit. Der Heilige Stuhl übernimmt wieder die Kontrolle über den germanischen “weltlichen Arm”. “Es hat sich nichts geändert. Der fromme Adenauer hat Hitler abgelöst …” – 1957: Großer Zusammenschluss der ehemaligen SS und Waffen-SS Europas. – Mit den “europäischen” Plänen beabsichtigt der Vatikan, Frank-reich Deutschland zu unterwerfen. Die Mittel, die es ihm ermöglichten, Frank-reich zu schwächen: der Krieg in Indochina, der “Putsch” von Suez, die Rebellion in Nordafrika. – Die gleiche Auflösungsaktion in Dunkelafrika und Madagaskar.

Der Warnschrei eines großen Schriftstellers:
“Meine Mutter, die unter grausamen Umständen unnötig ermordet wurde, wie unzählige andere unschuldige Opfer des Krieges, deren Martyrium nur dann einen Sinn hat, wenn wir, die Überlebenden, lernen können, die Tragödie künftiger Kriege zu verhindern.”
EMERY REVES,
Anatomie des Friedens

“Den Krieg zu fürchten ist nur ein falscher Humanismus!”
KARDINAL FRINGS,
ERZBISCHOF VON KÖLN

“Hitlers Krieg ist ein edles Unterfangen zur Verteidigung der europäischen Kultur.”
KARDINAL BAUDRILLART
(30. Juli 1941)

Der Zeitraum von etwa dreißig Jahren, den dieses Buch abdeckt, zeigt deutlich die historische Kontinuität der antiliberalen Politik des Vatikans und folglich den dauerhaften Charakter des Abkommens des Heiligen Stuhls mit der germanischen Welt. Dieses Abkommen, das man als fatal bezeichnen kann, wird in den folgenden Zeilen von René Boylesve (von der Academic francaise), einem Katholiken, aber Patrioten, während des Ersten Weltkriegs treffend beschrieben:

“Nein! Die Kirche sucht nicht die Tugend, sondern sich selbst, ihr Ziel und ihre Rekrutierung; ihr wahres Anliegen ist die ständige Vergrößerung ihrer Reihen, die Stärkung ihrer Macht. Wundert es Sie dann, dass sie Deutschland trotz seiner Verbrechen bevorzugt? Die Kirche und Deutschland? Aber sie sind Schwestern.
Beide lieben sich um ihrer selbst willen und sind von ihren eigenen Kräften hypnotisiert; beide kennen perfekte Organisation, Disziplin, Hierarchie und Missachtung der Freiheit; beide wissen ihre Methoden zu rechtfertigen; beide üben sich in Verstellung und Heuchelei aus; kurz, beide sind dem christlichen Geist entgegengesetzt.”

Spätere Ereignisse haben dieses sehr klare Urteil auf tragische Weise bestätigt.
Seit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs haben vier Päpste den Thron des heiligen Petrus bestiegen, und ihre Haltung gegenüber den beiden rivalisierenden Lagern in Europa war stets die gleiche: Die westlichen Demokratien und die mitteleuropäischen Reiche. Aber, wie wir sehen werden, ist es keine bloße Parteilichkeit, die man dem Heiligen Stuhl vorwirft, sondern in erster Linie seine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung beider Konflikte, seine unermüdliche Unterstützung des Aggressors.

Die Lobpreiser von Papst Pius XII. mögen sich das Gesicht verziehen, wenn ein italienischer Abgeordneter ausruft: “Die Hände des Papstes triefen vor Blut!”
Doch wenn man sich die Tatsachen in Erinnerung ruft, wird man eine schreckliche Anklage gegen den Vatikan erheben.

In Deutschland unterstützte die katholische Zentrumspartei (heute CDU und CSU) vor 1914 die Kriegsvorbereitungen der Reichsregierung von ganzem Herzen. Seine Chefs verkündeten bereits die “große politische und moralische Mission” Deutschlands in der Welt. “1914 erklärte Kardinal Faulhaber, dass Gott in Wirklichkeit deutsch sei”.

Papst Pius X. stachelte in seinem Hass auf die orthodoxen Christen Kaiser Franz Joseph von Österreich-Ungarn ständig dazu an, “die Serben zu züchtigen”. Nach Sarajewo, am 26. Juli 1914, schrieb Baron Ritter, der bayerische Vertreter beim Heiligen Stuhl, an seine Regierung: “Der Papst billigt die harte Behandlung Serbiens durch Österreich. Von den Armeen Rußlands und Frankreichs hat er im Falle eines Krieges gegen Deutschland keine große Meinung. Der Kardinalstaatssekretär sieht nicht, wann Österreich Krieg führen könnte, wenn es sich nicht jetzt dazu entschließt…” Dort ist der Stellvertreter Christi, der sanfte Friedensapostel, der heilige Papst des Friedens, der Heilige Pontifex, den fromme Autoren als „sterbend vor Kummer beim Anblick des Kriegsausbruchs“ darstellen. 

Auf Papst Pius X folgte Benedikt XV, “der ‘boche’ (französich abwertend für Deutscher) Papst”. Seine Versuche, zunächst Italien und dann die Vereinigten Staaten am Kriegseintritt an der Seite der Alliierten zu hindern, seine Intrigen, die darauf abzielen, die Alliierten zu spalten, seine Note für einen “Patt”-Frieden im Jahr 1917 (mit Hilfe von Msgr. Pacelli, päpstlicher Nuntius in München) schockieren sogar die französischen Katholiken, deren Patriotismus noch lebendig ist. Natürlich achtete der ‘boche’ Papst darauf, die Rechtsverletzungen,
die Torpedierung der neutralen Schiffe und die Exzesse der deutschen Armee nicht zu verurteilen.

Im Jahr 1922 legte Papst Pius XI. die Tiara an. Das Papsttum hatte den ersten Krieg verloren und war im Begriff, sich auf den zweiten vorzubereiten.

Was geschah in Europa in den Jahren zwischen den beiden Massakern?

In Italien fanden geheime Verhandlungen zwischen päpstlichen Agenten und Mussolini, dem “Mann der Vorsehung”, statt. Der Priester Don Sturzo, Chef der katholischen Gruppe, hat am 16. November 1922 mit allen Rechten den Duce gewählt. Es folgten die Lateranverträge, die den Zusammenschluss von Faschismus und Papsttum besiegelten, die Eroberung Äthiopiens – vom Klerus abgesegnet – und am Karfreitag 1939 die Aggression gegen Albanien.

In Deutschland setzten sich der päpstliche Nuntius in Berlin, Msgr. Pacelli, und Franz von Papen, Geheim-Kämmerer des Papstes, für eine “Union mit Rom” ein und konzentrierten sich auf den Sturz der Weimarer Republik. Die deutschen Katholiken standen dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber, erfuhren aber, dass der Papst selbst “Hitler wohlgesonnen” war. Folglich stimmte die
katholische Zentrumspartei, die Achse aller parlamentarischen Mehrheiten, am 30. Januar 1933 für Hitler. Auf diese Operation folgte, wie in Italien, der Abschluss eines für die römische Kirche äußerst vorteilhaften Konkordats. Der deutsche Episkopat schwört dem Führer die Treue, und die katholischen Jugendorganisationen schließen sich mit denen der Nazis zusammen. Im Jahr 1935 stimmte das Saarland nach einer günstigen Wahl-kampagne der Bischöfe von Trier und Speyer für den Wiederanschluss an das Reich. Der Hauptverfechter
des Papsttums – der germanische “weltliche Arm” – gewann von nun an sichtbar an Stärke.

In Spanien erschien hier und da die Jungfrau, und Christusfiguren vergossen Tränen. Dies waren untrügliche Zeichen, dass die Republik und ihr gottloses Regime nicht lange Bestand haben würden. Am 31. März 1934 wurde der Pakt von Rom unterzeichnet, der Mussolini und Hitler die Unterstützung des Aufstandes zusicherte. Der “Heilige Krieg” brach aus. Mitten im Krieg erkannte der Vatikan 1937 de jure (laut Gesetz) die Regierung Francos an, ihren Schwertträger, der später mit dem höchsten Orden Christi ausgezeichnet werden sollte.
“Gesegnet seien die Kanonen, wenn das Evangelium in ihrem Schlepptau blüht!”
Schon bald breitete die Katholische Aktion ihre Herrschaft der Tyrannei über das zerstörte Land aus. Pax Christi! 

In Belgien war es einmal mehr die katholische Aktion, die unter dem Titel Christus-Rex einen lokalen Nationalsozialismus einpflanzte und den Weg für Hitler, den modernen Messias, bereitete, der bald ein wenig unsanft an die Tür klopfen sollte. Mgr. Picard, Kanonikus Cardijn (der später von Papst Pius XII. in den Rang eines Monseigneurs erhoben wurde) und ihr Schützling, der unsagbare Leon Degrelle, widmeten sich dieser frommen Aufgabe.

In Frankreich segneten die Wortführer Roms die “starke” Politik ab; die Déats, die Doriots und die Bucards ahmten die Diktatoren nach. Die fünfte Kolonne ist organisiert, und schon Gustave Hervé schreit: “Pétain ist der richtige Mann für uns!”

In Österreich (das zur ersten Beute des Führers werden sollte) folgten die “christlichen” Kanzler aufeinander, beginnend mit dem Jesuiten Msgr. Seipel. Ihre reaktionäre Politik sollte 1938 mit der Eingliederung des Landes in das Hitlerreich enden. Der gesamte österreichische Episkopat, angeführt von Kardinal Innitzer, erklärte seine uneingeschränkte Unterstützung für den Anschluss. So sollten acht Millionen Österreicher dazu beitragen, die Reihen der deutschen
Katholiken zu füllen.

Auch in der Tschechoslowakei arbeitete die römische Kirche für den Führer, indem sie die separatistischen Slowaken unterstützte, an deren Spitze Mgr. Hlinka, mit seiner “Garde” nach dem Vorbild der Nazi-SA. Hitler annektierte “Sudetendeutschland”, zerstückelte das Land und schuf den Satellitenstaat Slowakei, in dem ein katholischer Prälat, Mgr. Tiso, die Rolle des Gauleiters übernahm. Er versprach, diesen Staat “nach christlichen Grundsätzen” zu organisieren, eine Politik, die ihren besonderen Ausdruck in der Deportation der slowakischen Juden nach Auschwitz fand.

Das katholische Polen erlag seinerseits den Schlägen des Führers, ohne dass Papst Pius XII. dagegen protestierte. Er versuchte sogar, Frankreich und England davon zu überzeugen, einen Kompromissfrieden zu akzeptieren, der die Abtrennung Polens zugunsten Deutschlands anerkennen würde. Auch hier
würden mehrere Millionen Katholiken dem Reich beitreten und so die Position Roms proportional stärken. Der Krieg brach aus. Im überfallenen Frankreich wird Pétain, der lange in Reserve gehaltene “Retter”, an die Macht gebracht. Dann kam die “Kollaboration” mit Hitler, die den Gläubigen vom französischen Episkopat unter der Leitung des Erzbischofs von Paris, Suhard, unablässig nahegelegt wurde. Dieselben Bischöfe sprachen sich für den Beitritt zur LVF (Légion des Volontaires Francais) aus. Am 30. Juli 1941 erklärte Kardinal Baudrillart sogar: Hitlers Krieg ist ein edles Unterfangen.

In einem zersplitterten Jugoslawien gründeten die vorläufigen Sieger den pseudounabhängigen Staat Kroatien. Wie in der Slowakei war der katholische Klerus im Parlament stark vertreten. Unter den wachsamen Augen von Msgr. Stepinac und dem päpstlichen Legaten Marcone wurden die Juden entweder deportiert oder massakriert und die orthodoxen Serben und ihr Klerus mit einer beispiellosen Grausamkeit ausgerottet, wenn sie nicht gerade durch Terror “bekehrt” wurden. Katholische Priester und Mönche predigten Mord und nahmen sogar daran teil, und Ante Pavelic, der Anführer der Ustascha, wurde mit großem Pomp von Papst Pius XII. empfangen.

In Russland waren Hitlers Truppen auf dem Vormarsch, und unter den SS-Leuten, die ihnen folgten, waren auch die Jesuitenbekehrer.

In Polen wurde das “Wartheland”, das für die deutsche Kolonisierung bestimmt war, wissenschaftlich “geräumt”. Alle Polen, die sich ihnen widersetzten, und insbesondere jüdische Polen, wurden vernichtet; der “Völkermord” durch Erschießen oder Vergasung hatte begonnen. Inzwischen, verschlangen die Lager von Auschwitz, Dachau, Belsen und andere ihre Insassen, die zuvor zu Skeletten abgemagert waren. Fünfundzwanzig Millionen Menschen (so die offizielle Zahl der UNO) sind in diesen Höllen des langsamen Todes umgekommen, ohne dass
der Stellvertreter Christi jemals seine Stimme erhoben hätte. Nicht nur das, er schickte auch keine Seelsorger in diese Lager.

Dann kam der Frieden!

Später befragt, sollte Papst Pius XII. sagen, dass er nichts von den deutschen Gräueltaten wusste; so wie er zweifellos auch nichts von denen in Kroatien und der Slowakei wusste; so wie er 1933 als Mgr. Pacelli nichts von den Pogromen, den immer mehr zunehmenden Attentaten in Deutschland oder den 40.000 Personen wusste, die bereits in fünfundvierzig Lagern vom Führer festgehalten wurden, der ihm versprochen hatte, dass er “die Antiklerikalen mundtot machen” würde.

Aber während der Nürnberger Prozesse, als diese Gräueltaten vor den Augen der ganzen Welt durch Millionen von Zeugenaussagen, unwiderlegbare Dokumente und Filme, die in ihrem Schrecken erschütternd sind, aufgedeckt wurden, was tat er da anderes, als den Schuldigen zu Hilfe zu eilen? Er rettete Franz von Papen, “den Mann, der zu viel wusste”, und mit ihm einige der schlimmsten Verbrecher – oder besser gesagt, einige der besten Arbeiter für die “gute Sache” –
diejenigen, die für die Zukunft gerettet werden müssen. Ebenso nahm er die fliehenden Mörder in seinen Klöstern auf und schickte sie später mit falschen Pässen in sichere Zufluchtsorte. So konnte der Anführer der blutrünstigen Ustascha, Ante Pavelic, “der Mann mit den zwanzig Kilogramm Menschenaugen”, das Monster, das Papst Pius XII. während des vierjährigen Massakers guten Wünschen und Segenswünschen überschüttete, dank ihm nach Argentinien gehen und den Reichtum, den er seinen Opfern geraubt hatte, friedlich genießen! 

Es gibt Gesetze zur Bestrafung derjenigen, die Straftäter verstecken und ihnen helfen, sich den polizeilichen Ermittlungen zu entziehen, und vor allem gibt es Gesetze, die den Zusammenschluss solcher Straftäter und die Vorbereitung von Verbrechen verhindern. Aber der Papst steht über dem Gesetz.

Dies wird von Camille Cianfarra selbstverständlich anerkannt, der schreibt: Das Ansehen des souveränen Papstes ist so groß, dass er, sollte er in der Verfolgung einer zum Scheitern verurteilten Politik jemals eine schwere Straftat begehen, dennoch immer auf die unsterbliche Ergebenheit und Loyalität des Klerus und seiner Herde zählen könnte.

In diesem Buch werden wir die “schweren Vergehen” aufdecken, die das Papsttum in einem Zeitraum von etwa dreißig Jahren begangen hat. Sie sind in der Tat so schwerwiegend, dass sie zu den schrecklichsten Massakern und zum unwiederbringlichen Niedergang Europas geführt haben. Sie waren so schwerwiegend und offensichtlich, dass Emilio Bonetti während des italienischen Wahlkampfes im April 1948 erklärte: “Der Papst ist ein Kriegsverbrecher!

Wie ist es denkbar, dass die “unsterbliche Hingabe” des Klerus und der
gläubigen Katholiken danach unberührt geblieben sein soll? Was den Klerus anbelangt, ist es nicht unvorstellbar, wenn man sich daran erinnert, dass der Jesuitengeneral Nickel noch im siebzehnten Jahrhundert in seinen Instruktionen schrieb: “Lasst uns unser Heimatland vergessen…. Die Gesellschaft kann nicht fortbestehen, wenn der nationale Geist nicht völlig entwurzelt wird“. Aber haben
die Gläubigen auch die Interessen ihres Landes und das Leben ihrer Kinder so leichtfertig behandelt, sobald die römische Kurie es für angebracht hielt, sie ihren geopolitischen Plänen zu opfern? War ihre “Loyalität” gegenüber dem souveränen Papst in der Lage, sich über alle natürlichen Gefühle hinweg-zusetzen, sogar so weit, dass ihnen Gräueltaten, die so ungeheuerlich waren, dass sie sie hätten
empören müssen, völlig gleichgültig waren – sagen wir nicht ihre christliche Nächstenliebe (das wäre sarkastisch), sondern ihre normale Menschlichkeit?

Muss man sagen, dass die Herde sich weigerte, in all diesen Unglücken den ewigen Stempel Roms zu erkennen? In der Tat wäre es höchst interessant zu wissen, was man dieser Fülle von Beweisen, die die Schuld Roms belegen, entgegensetzen könnte – außer leeren Worten -, von den kriegerischen Aufrufen an Franz Joseph, die den ersten Weltkrieg auslösten, bis zur schamlosen Rettung der Verbrecher des zweiten Weltkriegs. Kann man die Tatsache leugnen, dass zuerst Mussolini und dann Hitler mit denselben Mitteln von Don Sturzo und der katholischen Zentrumspartei an die Macht gebracht wurden? Kann man die begeisterte Unterstützung der Episkopate für die diktatorischen Regime leugnen, das hartnäckige Schweigen des Papstes zur Zeit der faschistischen und Nazi-Aggressionen, die Versuche, “Frieden” zu schließen, um den Diktatoren den Besitz ihrer Beute zu sichern, die Weigerung, die Massaker an unschuldigen Menschen und die Schrecken der Todeslager zu verurteilen?

Wie kann man darüber hinaus die direkte Unterstützung verkennen, die Papst Pius XII. bei der Verübung dieser Gräueltaten leistete, indem er einige seiner Prälaten zu Pro-Nazi-Agenten wie Msgr. Hlinka und Gauleitern wie Msgr. Tiso “auslieh”; indem er seinen persönlichen Nuntius nach Kroatien schickte, um zusammen mit Msgr. Stepinac die “Arbeit” von Ante Pavelic und seinen Ustaschis zu überwachen? Denn wohin man auch schaut, sieht man das gleiche “erbauliche” Schauspiel.

Doch die Gläubigen haben angesichts so vieler Verbrechen geschwiegen. Ist dies nicht die tödlichste aller Folgen des päpstlichen Absolutismus? Sicherlich wissen wir, dass Seine Heiligkeit aufgrund der direkten Kommunikation, die er mit dem Parakleten unterhält, unfehlbare Erklärungen ex cathedra über Glauben und Moral abgibt – zumindest seit 1870. Aber die Dekrete, die er unter dieser
erhabenen Inspiration verkündet, erstrecken sich im Prinzip nicht auf politische Fragen und erst recht nicht auf solche, die das Leben des Landes selbst betreffen.
Ein Katholik ist nicht verpflichtet, aus Gewissensgründen – zumindest soweit wir wissen – ein stilles “Amen” zu Machenschaften des Vatikans zu sagen, die sich gegen sein eigenes Land richten. Das war 1917 offensichtlich, wie wir uns noch erinnern werden. Aber die Zeiten haben sich geändert. Seitdem war der größte Alleinherrscher der zivilisierten Welt in der Lage, seiner Herde einen so engen Zwang, eine so vollständige Herrschaft aufzuerlegen, wie es sie seit der Zeit der
vergöttlichten Cäsaren, seit den Tagen der “Unterdrücker der Völker” des orientalischen Altertums nicht mehr gegeben hat. Ein seltsames Schicksal für eine Religion, die “Seelen befreien” sollte!

Ein merkwürdiges Schicksal ist es auch, durch den Willen seines Kopfes mit der kältesten Brutalität in Verbindung gebracht zu werden, die je von der Prahlerei der Macht oder der rasenden Begierde nach ihr. Diese monströse Vereinigung wurde am besten von Mgr. Tiso, dem Gauleiter der Slowakei, zur Schande des Vatikans beschrieben: “Der Katholizismus und der National-sozialismus haben viele Gemeinsamkeiten, und sie arbeiten Hand in Hand, um die Welt neu zu
gestalten.

Die Formel ist klar definiert, und es ist schwer vorstellbar, was der schlimmste Feind der römischen Kirche ihr hinzufügen könnte.

Dem wollen wir in diesem Buch nichts hinzufügen, außer der Feststellung, dass der Heilige Vater seit 1914 Hand in Hand mit den Deutschen (Nazis) und ihren Verbündeten zusammenarbeitet und dass der Anteil des Vatikans an der Verantwortung – nicht nur für die Anzettelung der Kriege des zwanzigsten Jahrhunderts, sondern auch für die Schrecken, die sie begleiteten – erschütternd ist.

So viel zur Vergangenheit, einer Vergangenheit, die schwer belastet ist. Die Gegenwart ist kaum besser und seit wieder ein prekärer Frieden in ein vom “Heiligen Krieg” Hitlers zerstörtes Europa zurückgekehrt ist, gibt es nur allzu viele Gelegenheiten, die Kontinuität der Politik des Vatikans zu beobachten, wie sie in diesem Buch dargelegt wird und wie sie sich in den letzten Jahren manifestiert hat.

Nachdem die Mörder und Folterknechte – in großer Zahl – gerettet worden waren, übernahm das Papsttum zunächst wieder unbehelligt die Kontrolle über den germanischen “weltlichen Arm”, der für den Moment entmutigt war. Dann kam die große katholische Zeit von Fulda und die Weihe an das Unbefleckte Herz der Jungfrau Maria durch Papst Pius XII., seines „guten Deutschlands“, das – wie diese zarte Geste zeigt – in den Augen Seiner Heiligkeit die Reinheit seines Gewandes in keiner Weise beschmutzt hatte. “Tausend Jahre werden nicht ausreichen, um die Schande Deutschlands zu tilgen”, rief Hans Frank vor dem Nürnberger Tribunal aus. Bei Papst Pius XII. geht das weitaus zügiger.

Dann kam der Regierungsantritt von Bundeskanzler Konrad Adenauer, dem Geheim-Kämmerer des Papstes, über den Abbé Boulier geschrieben hat: Es hat sich nichts geändert. Der fromme Adenauer hat Hitler abgelöst, aber er setzt seine Politik fort, dient denselben Interessen und wird von denselben Verbündeten unterstützt. Es ist in der Tat derselbe Kampf desselben Volkes gegen dieselben Feinde“.

Dies zeigt sich in der Tat an der massenhaften Rückkehr der berüchtigtsten Nazi-Persönlichkeiten in die Ministerien und alle Führungspositionen im Allgemeinen, einschließlich derjenigen der neuen Armee. Nein, daran hat sich nichts geändert, seit der “fromme Adenauer” sich nicht gescheut hat, in Köln zu verkünden, “Deutschland hat einen göttlichen Auftrag, Westeuropa zu retten”; Worte, die natürlich sehr bekannt klingen. Aber etwas noch Bemerkenswerteres sollte folgen: die Ankündigung eines bevorstehenden Treffens der ehemaligen SS und Waffen-SS Europas in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Emblem der “Bruderschaft des Kampfes“.

Müssen wir uns an die entschlossene Politik des Heiligen Stuhls erinnern, die
darauf abzielte, Frankreich jene berühmten “europäischen” Pläne aufzuzwingen, die das Land in Wirklichkeit unweigerlich auf den Status eines deutschen Vasallen hätte reduzieren müssen: der gemeinsame Markt, Euratom – wobei letzteres im Bereich der Atomenergie an die Stelle der nicht mehr existierenden Europäischen Verteidigungsgemeinschaft tritt? Wir haben in einem früheren Buch gezeigt, wie eng die Verbindung ist, die in den Köpfen der römischen Geopolitiker ihre Bemühungen um die “Europäisierung” Frankreichs, d.h. um es Deutschland zu unterwerfen, mit denen, die sie in Suez, Marokko, Tunesien und jetzt in Algerien unternommen haben, um es ausbluten zu lassen und ihrer Gnade zu unterwerfen.

Zuvor hatte es den Krieg in Indochina gegeben, jenes katastrophale Abenteuer, das von der M.R.P. aus finanziellen Gründen und “zur Verteidigung der drei Bistümer von Tonkin”, wie Edouard Herriot sagte, über acht Jahre verlängert wurde. Die römische Kirche scheute sich bei dieser Gelegenheit nicht, als “Kolonialist” aufzutreten, indem sie ihre geistlichen und vor allem weltlichen Interessen in dieser Ecke Asiens vehement verteidigte. Es stimmt, dass es mit französischem Blut, französischem Gold und französischem Prestige erkauft
wurde, und dass die Verschwendung dieser Güter dem in Rom regierenden Tiaratragenden Machiavelli keineswegs missfiel.

In Dunkelafrika, in Madagaskar, wurde dieselbe Art von Aktivität durch die Tricks des Klerus und der Missionare ganz offen gegen Frankreich unternommen. Nichtsdestotrotz wird das Volk, das noch nicht in der Lage ist, sich selbst zu regieren, zur Rebellion angestachelt, ohne an die anarchischen Unruhen zu denken, die auf eine verfrühte “Unabhängigkeit” folgen werden. Rechnet die Kirche damit, den französischen Schutz durch eine eigene “Theokratie” zu ersetzen?

Wir bezweifeln, dass letztere sich “einpflanzen und anpassen” könnte, um den von den Geopolitikern der Sakristei geliebten Begriff zu verwenden. Es scheint uns, dass die römische Kirche ohne die Unterstützung des Westens bei diesen Völkern, die von Natur aus der apostolischen “Lehre” wenig zugeneigt sind, einige bittere Enttäuschungen erleben wird. Diese Völker – so jung sie auch sein
mögen – könnten ihrerseits den Sinn von Pax Christi kennenlernen wollen, so wie ein anderes Volk (in diesem Fall von sehr alter Kultur), wie uns La Croix berichtet: “Die Inder sehen das Papsttum nicht als spirituellen Führer. Für sie muss jede Verbindung mit dem Papsttum bedeuten, dass Indien in fremde Kriege hineingezogen wird“.

Man muss zugeben, dass die Inder einen scharfen Verstand haben. Wird die Zeit kommen, in der die westlichen Völker, zur Weisheit zurückkehrend, auch die Vatikanfrage in aller Ruhe im Licht der Geschichte prüfen werden? Wenn ja, dann werden sie bei einer bloßen Untersuchung der Tatsachen Folgendes erkennen: dass die römische Kirche, die räuberisch und kriegerisch ist, die Konflikte schürt und die Interessen und Leidenschaften der Welt mit unfehlbarem Verrat zu ihrem eigenen Vorteil wendet, weit davon entfernt ist, ihre Aufgabe als Hüterin zu erfüllen, immer die schlimmste Säerin von Zwietracht unter den Völkern gewesen ist, die sie zu befrieden und zu vereinen vorgibt.

DER BEWEIS
TEIL I
DER ERSTE WELTKRIEG
KAPITEL I
DIE LAGE IN EUROPA
AM VORABEND DES JAHRES 1914

Das Dreierbündnis – Papst Pius X., Papst der Österreichisch-Deutschen. – Der päpstliche Absolutismus: das Verhängnis des Klerikalismus. – Die Annäherung zwischen dem Vatikan und Berlin. – Die katholische Zentrumspartei unterstützt den preußischen Militarismus. – Die ausgeprägte Feindseligkeit des Vatikans gegenüber Frankreich. – Die Reise von Präsident Loubet nach Rom. – Der Papst weigert sich, ihn zu empfangen. – Der Vatikan ist nicht für eine französisch-italienische Annäherung, die das Dreierbündnis schwächen würde. – Das Gesetz
zur Trennung von Kirche und Staat wird in Frankreich verkündet. – Der Bruch mit dem Vatikan. – Frankreich wird vom Papsttum als Feind Nr. 1 behandelt. – Mgr. Cristiani, oder die Kunst der Geschichtsfälschung.

“Die Ansprüche der römisch-katholischen Kirche bedeuten eine Rebellion gegen die moderne Zivilisation und die Absicht, sie zu zerstören, auch auf die Gefahr hin, die Gesellschaft selbst zu zerstören. Um sich diesen Ansprüchen unterwerfen zu können, braucht die Kirche die Seelen von Sklaven!”
J. W. DRAPER
Professor an der Universität von New York

“Deutschland ist das Element, auf das der Heilige Vater große
Hoffnungen setzen kann und muss.”
MGR. FRUHWIRTH

„Man muss mit den Fäusten kämpfen. In einem Duell werden die Schläge weder gezählt noch gemessen… Im Krieg kämpft man nicht mit Nächstenliebe.”
PAPST PIUS X.

Seit 1882 hatte sich das Dreierbündnis Deutschland, Österreich und Italien vereint. Was diese Vereinigung für jeden Einzelnen bedeutete, verrät uns Graf Carlo Sforza, ehemaliger Außenminister des Königreichs Italien, in seinem Buch “L’ltalie telle que je 1’ai vue” („Italien, wie ich es gesehen habe“):

Bismarck schrieb am 10. Februar 1887 an Kalnocky: “Ein Vertrag wird immer seine Lücken haben, auch wenn er noch so sorgfältig abgefasst ist; wenn es nötig ist, wird es immer einen Weg geben, die klarsten Bestimmungen zu umgehen. Gegenwärtig ist es für uns wichtig, dass Österreich-Ungarn, sollte es in einen Krieg mit Russland eintreten, von Italien die Zusicherung erhält, dass es nicht angegriffen wird. Das kann nur durch die italienische Neutralität erreicht werden”.
Aus diesen beiden Sätzen geht der Gedanke eines Angriffskrieges gegen Russland hervor, den Italien niemals akzeptiert hätte…”

Sforza schildert die heimliche Genugtuung, mit der die Nachricht von der Ermordung des Erzherzogs Francois-Ferdinand in Sarajevo nicht nur vom Kaiser aufgenommen wurde, der damit von seinen dynastischen Problemen, die sich aus der nicht standesgemäßen Ehe des Erzherzogs ergaben, befreit war, sondern auch von der Günstlingspartei des Wiener Hofes und den Magnaten Ungarns, die in dieser Ermordung den lang ersehnten Vorwand sahen für die Zerschlagung Serbiens.

Den Beweis dafür liefere der Wortlaut des Wiener Memorandums, das die Unterstützung der deutschen Streitkräfte im Falle eines österreichisch–serbischen Krieges sicherstellen sollte. Es wurde vor der Ermordung verfasst und Wilhelm II. kurz nach dem Ereignis vorgelegt. Es enthielt ein Postskriptum, das diesen Mord als Beweis für die unversöhnliche Feindschaft zwischen der Monarchie und Serbien bezeichnete.

Wien achtete sehr darauf, das Memorandum nicht an seinen anderen Verbündeten, das demokratische Italien, zu senden. Darin wurde nämlich daran erinnert, dass der Botschafter Österreich-Ungarns in Rom, Merey, kurz vor dem Vertrag von Bukarest, der 1913 die serbischen Annexionen Mazedoniens und die Abtretung von Salonica an Griechenland billigte, dem Markgrafen San Giuliano ohne jegliche psychologische Vorbereitung den Entschluss der Monarchie zum
Angriff auf Serbien bekannt gab. Ministerpräsident Giolitti entgegnete, dass in einem solchen Fall der casus foederis (Bündnisfall) nicht gerechtfertigt sei, und bestand darauf, dass Deutschland Österreich davon abhalten solle, sich in dieses gefährliche Abenteuer zu stürzen.

Ohne Giolittis entschlossene und würdevolle Antwort wäre der europäische Krieg ein Jahr früher ausgebrochen”, fügt Sforza hinzu. Wie Kaiser Franz Joseph von Papst Pius X. zu dieser Aggression gegen Serbien gedrängt wurde, wird später zu sehen sein. Doch zunächst soll gezeigt werden, unter welchen Bedingungen er die Tiara erhiel.

Die Österreichisch-Deutschen wollen einen pro-deutschen Papst

“Es wurde allgemein angenommen”, schreibt Rene Bazin von der Academic francaise, “dass Kardinal Rampolla gewählt werden würde“… Er wurde als Frankreich wohlgesonnen angesehen… Als am Morgen des 2. August 1903 die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle versammelt waren, verlas Kardinal Puzyna, der vom alten Kaiser von Österreich, Franz Joseph, die Aufgabe übernommen hatte, die Wahl von Kardinal Rampolla zu verhindern, eine Passage in lateinischer Sprache, indem er behauptete, dass sein Herrscher gegen diese Ernennung sei.
Seine Missachtung der Realität war so groß, dass er sich durch seine Mission geehrt fühlte. Man hätte hoffen können, dass diese alten Missbräuche der weltlichen Macht in der Geschichte, die wir lesen, bleiben würde und nicht in das übergeht, was wir leben. Die Emotionen gingen hoch. Kardinal Rampolla hat sofort geantwortet: “Ich bedaure, dass bei einer Papstwahl von einer weltlichen Macht ein schwerer Schlag gegen die Freiheit der Kirche und die Würde des
Kardinalskollegiums geführt wurde und protestiere daher aufs Schärfste…’

Die abendliche Abstimmung ergab 35 Stimmen für Guiseppe Sarto (Pius X.) gegenüber 16 für Kardinal Rampolla. Am nächsten Morgen, den 4. August 1903, wurde er mit fünfzig Stimmen gewählt… Die Krönung des Papstes fand am Morgen des 9. August im Petersdom statt… Kardinal Macchi setzte dem Papst die Tiara auf das Haupt und sagte:
„Empfange die Tiara mit den drei Kronen und erkenne, dass du der Vater von Fürsten und Königen bist, der Richter der Welt…“ Unter den gegebenen Umständen war diese Floskel von grausamer Ironie, denn -so schien es zumindest – das gesamte Konklave hatte sich soeben dem Willen Seiner Apostolischen Majestät, des Kaisers von Österreich und König von Ungarn, gebeugt.

Das Wort “anscheinend” wird betont, denn auch wenn die Tatsache der österreichischen Intervention von dem bedeutenden Historiker Adrien Dansette bestätigt wird, ist der katholische Schriftsteller Charles Ledré nicht der Meinung, dass die Intervention wirklich notwendig war, um die Bekehrten zu überzeugen.
In der Tat ist es seiner Meinung nach “müßig, als Erklärung das von Österreich – in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Deutschland – bei der Wahl von Kardinal Rampolla eingelegte Veto anzuführen… Unter den Kardinälen, die entschlossen waren, Rampolla am Aufstieg auf den päpstlichen Thron zu hindern, befanden sich auch viele Politiker – Anhänger des Dreierbündnisses.”

Papst Pius X. bewies dies deutlich, als er bei seiner Thronbesteigung Kardinal Merry del Val, einen spanischen Prälaten und bekennenden Germanophilen, zum Staatssekretär wählte, entgegen dem Brauch, der verlangt, dass der neue Papst denjenigen in diesem Amt beläßt, der es unter seinem Vorgänger innehatte. Dies aber war zufällig Msgr. Rampolla.

 

 

– Staatsangehörigkeit im geteilten Deutschland

 

 

Der Teso-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts
RainerHofmann*
A. Einleitung

 

Mit Beschluß vom 21. Oktober 1987 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, daß dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen ihres ordre public die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes beizumessen ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik nach dortigen Vorschriften erfolgt ist, denen eine Entsprechung im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (RuStAG) fehlt. Mit diesem im Schrifttum der Bundesrepublik Deutschland stark beachteten Beschluß
hat der Zweite Senat aber nicht allein eine spezielle Problematik des Staatsangehörigkeitsrechts verbindlich gelöst; vielmehr enthält die Entscheidung auch grundsätzliche Ausführungen zur Staatsangehörigkeit im geteilten Deutschland und darüber hinaus zum rechtlichen Verhältnis zwischen Deutschem Reich, Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik. In mehrfacher Hinsicht erscheint sie daher als eine – notwendige – Ergänzung und Fortschreibung des Urteils zum Grundlagenvertrag vom 31.Juli 19733 und kann wohl als Formulierung der grundsätzlichen Konzeption des Gerichts zur Rechtslage Deutschlands und damit zusammenhängenden Fragen gesehen werden. Dies gilt vor allem für die Aussagen zur verfassungsrechtlichen Qualität des Wiedervereinigungsgebots und seines Inhalts sowie für die starke Betonung des im Völkerrecht verankerten Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes als essentiellen Faktoren rechtlichen und politischen Handelns in Fragen, die Deutschland als Ganzes betreffen oder in grundlegender Weise betreffen können. Es liegt auf der Hand, daß sich aus einer solchen Entscheidung Folgerungen über den Bereich des eigentlichen
Staatsangehörigkeitsrechts hinaus auf verfassungs- und völkerrechtliche Probleme der Rechtslage Deutschlands ergeben; angesichts der fortschreitenden Integration im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften könnte etwa die schon seit einiger Zeit diskutierte Frage der Vereinbarkeit von Westintegration und Wiedervereinigungsgebot im Lichte der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts neuerlich zu erörtern sein.

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B. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts
1. Sachverhalt und Prozeßgeschichte

Der Beschwerdeführer, Marco Teso, wurde 1940 in Meißen/Sachsen ehelich geboren. Sein Vater war italienischer Staatsangehöriger; seine Mutter hatte ihre deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund der damals geltenden Bestimmungen des RuStAG mit der Eheschließung verloren, erwarb sie aber nach Ehescheidung durch Einbürgerung, die sich nicht auf den Beschwerdeführer erstreckte, im Jahre 1944 zurück. Der Beschwerdeführer wuchs bei seiner Mutter in Sachsen auf. Nach Vollendung des 14. Lebensjahres erhielt er im Jahre 1954 einen Personalausweis der Deutschen Demokratischen Republik für deutsche Staatsangehörige, nachdem er schon 1948 in den Personalausweis seiner Mutter eingetragen worden war; später erhielt er dann einen Wehrpaß der Nationalen Volksarmee und endlich einen neuen Personalausweis der Deutschen Demokratischen Republik.
Im Jahre 1967 wandte sich der Beschwerdeführer an das italienische Generalkonsulat in Berlin (West), das ihm nach Feststellung seiner italienischen Staatsangehörigkeit einen italienischen Reisepaß erteilte. Mit diesem Reisepaß gelangte er 1969 in die Bundesrepublik Deutschland und erhielt hier 1970 einen Personalausweis.
In einem Verwaltungsverfahren auf Feststellung von Vermögensschäden nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz entschied die zuständige Behörde im Jahre 1974, daß der Beschwerdeführer weder deutscher Staatsangehöriger noch Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs.1 GG sei. Das Verwaltungsgericht wies die Klage auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises mit Urteil vom 4. Februar 1976 ab. Auf Berufung änderte das Oberverwaltungsgericht Münster das erstinstanzliche Urteil ab und verpflichtete in seiner Entscheidung vom 5. September 1978 die zuständige Behörde, dem Beschwerdeführer einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen. In der Revision stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. November 1982 das erstinstanzliche Urteil wieder her.

 

II. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zerfällt in zwei deutlich voneinander unterschiedene Teile: Im ersten Abschnitt wird untersucht, ob aus dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland folgt, daß der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik auch aufgrund einer Bestimmung, die im RuStAG keine Entsprechung findet, zugleich für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne der Art.16 Abs.1, 116 Abs.1 GG bewirkt und ob insoweit gegebenenfalls verfassungsrechtliche Grenzen zu beachten sind. Diese Frage wird vom Gericht grundsätzlich bejaht; die entscheidende Norm wird im Gebot der Wahrung der Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit gesehen, das wiederum eine normative Konkretisierung des im Grundgesetz, nämlich seiner Präambel, verankerten Wiedervereinigungsgebots ist. Die grundsätzliche Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik unterliegt allerdings den Grenzen des ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland.
In einem Zweiten, wesentlich umfangreicheren Abschnitt wird dann dieses auf der Grundlage des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland gewonnene Ergebnis daraufhin überprüft, ob ihm Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus allgemeinem Völkerrecht oder aus ihren vertraglichen Bindungen zur Deutschen Demokratischen Republik entgegenstehen. Dabei macht das Gericht grundsätzliche Ausführungen zur Rechtslage Deutschlands, der rechtlichen Bedeutung des im Völkerrecht verankerten Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes und zur Wirkung des Grundlagenvertrags auf die rechtlichen Beziehungen zwischen Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik, aber auch zum Umfang verfassungsgerichtlicher Kontrolldichte von Beurteilungen völkerrechtlicher Sachverhalte durch die zur Ausübung der auswärtigen Gewalt zuständigen Staatsorgane. Auf diese Erwägungen stützt der Senat seinen Schluß, daß der verfassungsrechtlich gebotenen rechtlichen Behandlung eines Erwerbs der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik als des – in den Grenzen des ordre publicgleichzeitigen Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland bindende Normen weder aus Völkerrecht noch aus ihren rechtlichen Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik entgegenstehen.

 

1. Die verfassungsrechtliche Prüfung

Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Ausführungen des Gerichts ist die Feststellung, daß der Beschwerdeführer weder durch Einbürgerung noch unmittelbar kraft einer Bestimmung des RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, wohl aber im Besitz der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik war. Ihr Erwerb, den auch das Oberverwaltungsgericht angenommen und das Bundesverwaltungsgericht aus revisionsrechtlichen Gründen nicht in Frage gestellt hatte, sei während des entscheidungserheblichen Zeitraums entweder unmittelbar kraft Gesetz oder kraft Einzelakt von Behörden der Deutschen Demokratischen Republik erfolgt. Hinsichtlich der einschlägigen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsrechts der Deutschen Demokratischen Republik hat sich das Gericht auf eine Aufzählung der nach diesen Vorschriften im vorliegenden Fall, insbesondere auch nach Auffassung des Schrifttums in der Deutschen Demokratischen Republik, möglichen Erwerbstatbestände beschränkt; angesichts der gerade hier bestehenden Unklarheiten, die sich fast notwendig aus der Entwicklung der herrschenden Auffassung in der Deutschen Demokratischen Republik zum Institut der deutschen Staatsangehörigkeit und der erst seit 1967 gesetzlich verankerten, besonderen Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ergeben, scheint dieses Vorgehen durchaus gerechtfertigt. Entscheidungserheblich war allein die Feststellung, daß der Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erworben hatte.
Wichtigste Grundlage für die Auffassung des Gerichts ist seine in Einklang mit seiner früheren Rechtsprechung stehende Haltung, der Präambel des Grundgesetzes rechtliche Bedeutung zuzumessen und in ihr insbesondere ein verfassungsrechtliches Wiedervereinigungsgebot verankert zu sehen. Allerdings komme den politischen Organen ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung zu, mit welchen politischen Mitteln und auf welchen politischen Wegen sie dieses Ziel zu erreichen oder ihm näher zu kommen suchen. Für die Abgrenzung der Befugnisse zwischen Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht wichtig ist die wiederholte Aussage, daß das Gericht einer Maßnahme des Gesetzgebers erst dann entgegentreten könne, wenn diese rechtlich oder tatsächlich einer Wiedervereinigung in Freiheit offensichtlich entgegenstehe.
Gestützt auf das Urteil zum Grundlagenvertrag weist der Senat dann darauf hin, daß aus dem Wiedervereinigungsgebot auch ein Wahrungsgebot abzuleiten sei, nämlich alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde. Dieses Wahrungsgebot, das für das Staatsangehörigkeitsrecht in Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG in der Verfassung selbst verankert sei, habe das Bundesverwaltungsgericht verkannt. Es beruhe auf der politischen Grundentscheidung des Verfassungsgebers, des Parlamentarischen Rates, nicht einen neuen (westdeutschen) Staat zu errichten, sondern das Grundgesetz als Reorganisation eines Teilbereiches des deutschen Staatesund somit seiner Staatsgewalt, seines Staatsgebietes und seines Staatsvolkes –
zu begreifen. Dieses Verständnis der historischen und politischen Identität der Bundesrepublik Deutschland liege dem Grundgesetz zugrunde; das Festhalten an der deutschen Staatsangehörigkeit in Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG und damit an der bisherigen Identität des Staatsvolkes des deutschen Staates sei normativer Ausdruck dieses Grundverständnisses.
Ausschlaggebend ist dann der Schluß des Gerichts, das Wahrungsgebot hinsichtlich des deutschen Staatsvolkes dynamisch zu sehen: Aus dem Wahrungsgebot folge namentlich die verfassungsrechtliche Pflicht, die Identität des deutschen Staatsvolkes zu erhalten; diese Pflicht sei jedoch nicht statisch auf den Kreis derjenigen Personen begrenzt, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes deutsche Staatsangehörige waren und jene, die später aufgrund der Bestimmungen des RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben und noch erwerben werden. Die im Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes enthaltene Wahrungspflicht gebiete es auch, die Einheit des deutschen Volkes als des Trägers des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts nach Möglichkeit zukunftgerichtet auf Dauer zu bewahren. Die – vom Senat so bezeichnete – statische Betrachtungsweise des Bundesverwaltungsgerichts stelle diese Einheit des ganzen deutschen Volkes in seinem jeweiligen Bestand als des Trägers des Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich in Frage und laufe dem genannten Wahrungsgebot des Grundgesetzes zuwider. Mithin bewirke der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich zugleich für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes. Mit anderen Worten: Um dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes in seiner staatsangehörigkeitsrechtlichen Ausprägung – nämlich dem Gebot der zukunftgerichteten Wahrung der Einheit des ganzen deutschen Volkes als des Trägers des völkerrechtlich-en Selbstbestimmungsrechts –
zu genügen, ist es verfassungsrechtlich geboten, daß für die
Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, ungeachtet seiner Rechtsgrundlage, grundsätzlich den Erwerb auch der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes bewirkt.
Danach überwindet das Gericht unter Hinweis auf seine frühere
Rechtsprechung den Einwand, daß der genannten Rechtswirkung von Hoheitsakten der Deutschen Demokratischen Republik entgegenstehe, daß die hierbei-geübte Hoheitsgewalt nicht dem Grundgesetz unterworfen sei: Das Grundgesetz gehe einerseits vom Fortbestand des deutschen Staatsvolkes aus, berücksichtige aber auch, daß die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich Staatsgebiet und Staatsvolk nicht ganz Deutschland umfasse. Auch nach Abschluß des Grundlagenvertrags sei die Deutsche Demokratische Republik ein anderer Teil Deutschlands, seien ihre Gerichte deutsche Gerichte. Von größter Bedeutung ist dann der diese Überlegungen abschließende Satz, daß erst dann, wenn eine Trennung der Deutschen Demokratischen Republik von Deutschland durch eine freie
Ausübung des Selbstbestimmungsrechts besiegelt wäre, sich die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübte Hoheitsgewalt aus der Sicht des Grundgesetzes als eine von Deutschland abgelöste fremdstaatliche Gewalt qualifizieren ließe.
Das Ergebnis des Gerichts beruht letztlich auf zwei ineinander verschränkten Begründungen: Das Staatsvolk Deutschlands, das deutsche Volk, ist aus der Sicht des Grundgesetzes nicht auf die Bürger der Bundesrepublik Deutschland mit deutscher Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes beschränkt, sondern umfaßt wegen des Gebots der Wahrung der Einheit des deutschen Staatsvolkes grundsätzlich auch alle Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik als eines anderen Teiles Deutschlands. Solange ferner eine Trennung der Deutschen Demokratischen Republik von Deutschland nicht durch eine freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts eben des ganzen deutschen Volkes besiegelt ist, läßt sich die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübte Hoheitsgewalt –
jedenfalls aus der Sicht des Grundgesetzes und auf die allein kommt es für die hier anstehende verfassungsrechtliche Prüfung an – nicht als eine von Deutschland abgelöste fremdstaatliche Gewalt qualifizieren.
Die Organe der Bundesrepublik Deutschland sind also von Verfassungswegen verpflichtet, für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschlanddenn nur über diese können sie verfügendem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich die  Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beizumessen; so wird die verfassungsrechtlich gebotene Einheit des deutschen Staatsvolkes gewährleistet.
In einem letzten Schritt setzt der Senat dann der genannten Rechtswirkung eine verfassungsrechtliche Grenze: den ordre public der Bundesrepublik Deutschland. Als Stütze der Heranziehung und Geltung des ordre public der Bundesrepublik Deutschland als verfassungsrechtlicher Maßstab für eine gewisse Einschränkung der Anerkennung von Hoheitsakten der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich des Staatsangehörigkeitsrechts bezieht sich der Senat auf zwei Entscheidungen aus dem Gebiet der innerdeutschen Rechtshilfe. Hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmung der Grenzen, die der ordre public der Bundesrepublik Deutschland dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zufolge des Erwerbs der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik setzt, beschränkt sich das Gericht in erster Linie auf die zutreffende Feststellung, daß im zu entscheidenden Fall kein Anlaß bestand, auf diese sicherlich schwierige Problematik in den Gründen des Beschlusses näher einzugehen. Immerhin findet sich der Hinweis, daß im Zusammenhang des Staatsangehörigkeitsrechts Inhalt und Wirkungsweise des ordre public sich vor allem aus den Grundwertungen dieses Rechtsbereiches und insbesondere aus dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes bestimmen. Wenn auch in der staatsangehörigkeitsrechtlichen Praxis im geteilten Deutschland die Fälle selten sein dürften, in denen ein Eingreifen des ordre public der Bundesrepublik Deutschland in Frage kommt, so ist auf diese jedenfalls grundsätzlich wichtige Problematik später noch einzugehen.

 

2. Die völker- und deutschlandrechtliche Prüfung

Im zweiten, umfangreicheren Teil seines Beschlusses überprüft der Senat, ob seinem auf der Grundlage des Verfassungsrechts gefundenen und insoweit gebotenen Ergebnis Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus allgemeinem Völkerrecht oder ihren vertraglichen Bindungen mit der Deutschen Demokratischen Republik entgegenstehen. Die für eine Entscheidung eines Verfassungsgerichts in Staatsangehörigkeitsfragen auf den ersten Blick vielleicht überraschende Ausführlichkeit dieser Prüfung dürfte sich nicht zuletzt aus zwei miteinander verbundenen, verfassungs- und völkerrechtspolitischen Erwägungen erklären lassen: Dem Urteil zum Grundlagenvertrag war häufig vorgehalten worden, es habe das rechtliche Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland zu sehr aus der Sicht des bundesdeutschen Verfassungsrechts gewürdigt und dabei die völkerrechtliche Komponente vernachlässigt. Zum anderen spricht in der Tat einiges dafür, daß im Bereich der internationalen Rechtsbeziehungen, wo es im Hinblick auf die völkerrechtliche Rechtsquellenlehre auf eine stete und einheitliche Praxis der zuständigen Staatsorgane ganz besonders ankommt, die von der für die Ausübung der auswärtigen Gewalt zuständigen Exekutive geführte Politik gerade auch nach außen, im völkerrechtlich relevanten Bereich, vom Bundesverfassungsgericht als einem hierzu aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Stellung in erheblichem Umfange berufenen Staatsorgans auf ihre Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Völkerrecht und vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland überprüft wird; in den in der Praxis wohl ganz deutlich überwiegenden Fällen, in denen eine solche Prüfung zum Ergebnis führt, daß die völkerrechtlich relevante Politik nicht dem Völkerrecht widerspricht, wird eine verfassungsgerichtliche Entscheidung, so sie völkerrechtlichen Qualitätsansprüchen genügt, die Beachtlichkeit der völkerrechtlich relevanten Bekundungen der für die Ausübung der auswärtigen Gewalt in erster Linie zuständigen Staatsorgane stärken. Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei klargestellt, daß selbstverständlich weder eine verfassungswidrige noch eine offensichtlich völkerrechtswidrige auswärtige Politik vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung gebilligt werden darf, die Bundesrepublik Deutschland müsse im Völkerrechtsverkehr mit einer Stimme sprechen. Hinzuweisen ist aber schon an dieser Stelle auf einen erheblichen Unterschied in der Kontrolldichte des Bundesverfassungsgerichts: Im Hinblick auf die Auslegung der Verfassung ist es gegenüber allen anderen Staatsorganen mit der Befugnis ausgestattet, verfassungsrechtliche Fragen abschließend und für alle bindend zu entscheiden; dies beruht nicht zuletzt darauf, daß eine nationale Rechtsordnung ein mit abschließender Entscheidungsgewalt ausgestattetes Organ benötigt. Die Besonderheit der völkerrechtlichen Ordnung, in der es bekanntlich kein alle Rechtssubjekte bindendes, übergeordnetes internationales Organ gibt, bedingt nun, daß in vielen rechtlich umstrittenen Situationen eine eindeutige Einschätzung eines völkerrechtlich beachtlichen Akts als völkerrechtswidrig oder völkerrechtsgemäß nicht zu treffen ist. Dieser Befund rechtfertigt, unter verfassungs- wie völkerrechtlichem Blickwinkel, die Auffassung des Senats, den für die Ausübung der auswärtigen Gewalt zuständigen Staatsorganen bei der Prüfung ihrer Handlungen am Völkerrecht einen weiteren Beurtellungsspielraum zuzumessen als bei der Prüfung am Verfassungsrecht.
a) Die Prüfung des aus dem Verfassungsrecht gewonnenen Ergebnisses beginnt der Senat mit der Feststellung, daß die Bestimmung des Kreises der Staatsangehörigen durch einen Staat bestimmten Grenzen unterliege, die sich aus der Existenz und der Personalhoheit anderer Staaten ergeben; insbesondere dürfe die Staatsangehörigkeit nicht an sachfremde, mit dem jeweiligen Staat nicht in hinreichender Weise verbundene Sachverhalte geknüpft werden. Diese vom Völkerrecht gesetzten und von der Bundesrepublik Deutschland daher zu beachtenden Grundsätze würden nicht verletzt, wenn die Bundesrepublik Deutschland die Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik als zum Kreis der deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Grundgesetzes zählend betrachtet, den damit gegebenen Status aber immer erst dann aktualisiert, wenn diese in den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland gelangen und die Aktualisierung hinnehmen oder begehren. Eine solche Anknüpfung, die das aus der Staatsangehörigkeit folgende Rechte- und Pflichtenverhältnis gegenüber den in der Deutschen Demokratischen Republik lebenden deutschen Staatsangehörigen in keiner Weise aktualisiert,. ist der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich jedenfalls nicht verwehrt. Als Begründung hierfür nennt das Gericht die Rechtslage Deutschlands, die nicht nur durch die fortbestehenden Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Hauptsiegermächte, sondern vor allem auch durch den Umstand gekennzeichnet ist, daß dem deutschen Volk seit der Niederlage des deutschen Staates im Zweiten Weltkrieg versagt geblieben ist, in freier Selbstbestimmung über seine politische Form zu entscheiden.
aa) Die Ausführungen des Senats zur Rechtslage Deutschlands gründen sich eindeutig auf das Urteil zum Grundlagenvertrag, das jedoch in völkerrechtlicher Hinsicht klärend ergänzt wird. Danach ist der im Jahre 1871 gegründete deutsche Staat nicht untergegangen, sondern besteht fort; die Bundesrepublik Deutschland ist identisch mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich. Zur Stützung dieser sich aus dem Grundgesetz nach der verfassungsrechtlich ausschlaggebenden und bindenden Auslegung des Bundesverfassungsgerichts ergebenden Auffassung im Hinblick auf das Völkerrecht – und damit die völkerrechtliche Zulässigkeit des verfassungsrechtlich Gebotenen – führt der Senat aus, daß der im Jahre 1871 gegründete deutsche Staat weder mit der Kapitulation seiner Streitkräfte, der Auflösung der letzten Reichsregierung im Mai 194526, noch durch die Inanspruchnahme der obersten Gewalt in Bezug auf Deutschland, einschließlich der Befugnisse der deutschen Staatsgewalt, durch die vier Hauptsiegermächte am 5.Juni 1945 völkerrechtlich erloschen sei; vielmehr hätten die Vier Mächte ausdrücklich erklärt, daß die Inanspruchnahme dieser Gewalt nicht die Annektierung Deutschlands bewirke.
Auch bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik im Jahre 1949 sei dieser deutsche Staat nicht untergegangen; dies werde belegt etwa durch die Beschlüsse auf der Potsdamer Konferenz vom August 1945, die Ausübung der obersten Gewalt in bezug auf Deutschland als Ganzes in dessen auswärtigen Angelegenheiten etwa beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge oder der Wahrnehmung der Rechtsstellung Deutschlands im Rahmen von internationalen Organisationen, denen Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg beigetreten war.
bb) Am Fortbestehen des deutschen Staates habe das Inkrafttreten der Verfassungen der beiden Staaten in Deutschland im Jahre 1949 nichts geändert, da beide Vorgänge nicht einen völkerrechtlichen Tatbestand eines Staatsuntergangs erfüllten.
Weder das Grundgesetz noch die auf seiner Grundlage gebildeten Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland hätten das Inkrafttreten des Grundgesetzes als Untergang des deutschen Staates gewertet; vielmehr habe sich die Bundesrepublik Deutschland von Beginn an als mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich identisch betrachtet. An dieser Subjektsidentität habe nichts zu ändern vermocht, daß sich die gebietsbezogene Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes beschränke, da selbst eine endgültige Statusänderung von Teilen seines Staatsgebietes die Identität eines staatlichen Völkerrechtssubjekts nicht ändere
Diese Identität der Bundesrepublik Deutschland – in ihren gebietsbezogenen Grenzen – mit dem deutschem Staat sei auf der völkerrechtlichen Ebene auch von zahlreichen Staaten anerkannt worden. Als wichtigstes Beispiel wird genannt das Londoner Schuldenabkommen vom 27. Februar 1953, aufgrund dessen die Bundesrepublik Deutschland die Verbindlichkeiten Deutschlands schuldet und nicht etwa eine Schuld- oder gar nur Haftungsübernahme für die Verbindlichkeiten eines untergegangenen Schuldners vereinbart worden sei. Auch, die Praxis der Wiederanwendung zahlreicher Vorkriegsverträge belege dies: Es handele sich nämlich um die Fortführung desselben, lediglich suspendierten Vertragsverhältnisses zwischen denselben ursprünglichen Parteien und nicht um einen Neuabschluß von Verträgen mit einem Rechtsnachfolger auf deutscher Seite, weshalb auch die Wiederanwendungserklärungen von den Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland nicht nach den verfassungsrechtlichen Regeln des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge, nämlich Art.59 GG, behandelt worden seien.
Anhand grundlegender Bestimmungen der am 7. Oktober 1949 in Kraft getretenen Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik zeigt der Senat, daß – zumindest damals – auch die Deutsche Demokratische Republik vom Fortbestand des deutschen Staates ausging. Dies gelte auch für die Sowjetunion, wie sich aus dem Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjet der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 15.Januar 1955 über die Beendigung des Kriegszustands zwischen der Sowjetunion und Deutschland ergebe. Im gleichen Erlaß und vielen anderen völkerrechtlich beachtlichen Akten habe sich, die Sowjetunion im übrigen ihre Rechtspositionen aus dem Viermächtestatus in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin sowie in bezug auf eine Friedensregelung für Deutschland vorbehalten. Aus der New Yorker Erklärung der westlichen Hauptsiegermächte vom 18. September 1950 und insbesondere einer zugleich übermittelten, unveröffentlichten  “interprätative minute”; folge, daß auch sie vom Fortbestand des deutschen Staates ausgingen; so haben denn auch die Westmächte im Jahre 1951 den Kriegszustand mit Deutschland beendet. Ihre Rechtsauffassung, daß Deutschland als Völkerrechtssubjekt fortbestehe, habe sich in zahlreichen weiteren Vorgängen bekundet, von denen eine im Jahre 1985 abgegebene Erklärung des britischen Außenministers besondere Beachtung verdient. Auch hätten die Westmächte, gegenüber der Sowjetunion wie gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, bis in die Gegenwart an ihren Rechtspositionen in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin festgehalten.
cc) Für die Jahre nach 1949 beschränkt sich der Senat im übrigen auf die allerdings entscheidende – Feststellung, daß wie auch immer die statusrechtliche Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik seither – etwa im Hinblick auf ihren Beitritt zu den Vereinten Nationen und den Abschluß des Grundlagenvertrags – zu werten sei, dies jedenfalls völkerrechtlich nichts an der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat zu ändern vermocht hätte. Selbst wenn es sich bei der von der Deutschen Demokratischen Republik durchlaufenen Entwicklung um eine vollendete völkerrechtliche Sezession aus dem deutschen Staatsverband gehandelt hätte, was allein schon wegen des fortbestehenden Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen ausgeschlossen sei, hätte das den Fortbestand des deutschen Staates nicht beenden können: Die Sezession eines Teilgebietes beendet nicht die Subjektsidentität des verbleibenden Teils, sofern dessen Staatlichkeit – was bei der Bundesrepublik Deutschland unstreitig ist – erhalten bleibt.
Von ausschlaggebender Bedeutung ist nach Ansicht des Senats jedoch nicht der Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen, sondern der Umstand, daß eine endgültige Spaltung Deutschlands, d. h. eine völkerrechtliche Sezession der Deutschen Demokratischen Republik, nicht vom Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes gedeckt sei. Vielmehr halte das deutsche Volk in seiner überwiegenden Mehrheit sowohl in der Bundespublik Deutschland als auch in der Deutschen Demokratischen Republik an dem Willen fest, die Spaltung Deutschlands auf friedliche Weise zu überwinden und die volle staatliche Einheit wiederherzustellen.
Das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Volkes sei nach dem Zweiten Weltkrieg als Grundsatz des universalen Völkerrechts anerkannt worden; dies bekunde sich. in zahlreichen vertraglichen Festlegungen -und Äußerungen der Staatenpraxis außerhalb vertraglicher Rahmen. Die Bundesrepublik Deutschland habe von Anbeginn an das Selbstbestimmungsrecht des ganzen deutschen Volkes geltend gemacht, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Abschluß der sogenannten Ostverträge; sie habe auch nach Abschluß des Grundlagenvertrags mit der Deutschen Demokratischen Republik am Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes festgehalten.
Auf dieser rechtlichen und tatsächlichen Grundlage gelangt der Senat dann zum Ergebnis, daß es nach Maßgabe des Völkerrechts keine sachwidrige und damit auch keine völkerrechtswidrige Anknüpfung darstellt, wenn durch staatsangehörigkeitsrechtliche Regelungen der Bundesrepublik Deutschland die rechtliche Form und Gestalt des deutschen Volkes als Trägers des Selbstbestimmungsrechts im Sinne des allgemeinen universalen Völkerrechts bis zudem Zeitpunkt gewahrt bleiben soll, zu dem ihm die freie Ausübung dieses Rechts möglich wird. Der Senat läßt dann ausdrücklich offen, auf welche Art und Weise dieses Recht wahrzunehmen sei, um den Anforderungen an seine freie Ausübung zu genügen.
b) Nach dieser Prüfung am allgemeinen Völkerrecht wendet sich das Gericht der Frage zu, ob das verfassungsrechtlich gebotene und völkerrechtlich zulässige Ergebnis vertragliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik verletzt. Dabei kommt es zum Ergebnis, daß es weder der Protokollerklärung der Bundesrepublik Deutschland anläßlich der Unterzeichnung des Grundlagenvertrags noch ihrem Brief zur deutschen Einheit widerspreche, dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes beizumessen. Der Deutschen Demokratischen Republik sei bei Vertragsschluß bekannt gewesen, daß das Grundgesetz an der einen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten habe. Aber auch ungeachtet dieser Protokollerklärung und des Briefes verletze die genannte Rechtswirkung keine Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem Grundlagenvertrag: Sie widerspreche nicht der nach Maßgabe des Grundlagenvertrags zu respektierenden Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Deutschen Demokratischen Republik. Sie bedeute auch nicht Ausübung von Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf dem Staatsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik und hindere oder beeinträchtige diese nicht darin, die Staatsangehörigkeit ihrer Bevölkerung zu regeln; schließlich ergebe sich aus ihr auch nicht, daß die Bundesrepublik Deutschland Pflichten der deutschen Staatsangehörigen aus diesem Status in Anspruch nehmen dürfe, solange jene sich im Hoheitsbereich der Deutschen Demokratischen Republik befinden.
Bei Abschluß des Grundlagenvertrags war der Deutschen Demokratischen Republik die unterschiedliche Auffassung der Bundesrepublik Deutschland zur nationalen Frage ebenso bekannt wie deren Auffassung vom Bestehen zweier Staaten in Deutschland, die für einander nicht Ausland sind. Vor wie nach Abschluß des Grundlagenvertragg haben die Bundesregierungen wiederholt erklärt, daß im Abschluß dieses Vertrages eine völkerrechtliche Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik in dem Sinne, daß beide Staaten zueinander Ausland wären, nicht gesehen werden könne. Diese Bekundungen, etwa auch beim gleichzeitigen Beitritt der beiden Staaten zu den Vereinten Nationen, stellten nicht bloße Verbalvorbehalte dar, die am faktisch zu bemessenden Tatbestand einer
völkerrechtlichen Anerkennung nichts zu ändern vermochten; vielmehr verwahrten sie den Rechtsstandpunkt der Bundesrepublik Deutschland, daß sich ihr Rechtsverhältnis zur Deutschen Demokratischen Republik nicht ausschließlich nach Völkerrecht bemesse. Hiervon werde die Souveränität beider Staaten im Verhältnis zu dritten Staaten nicht berührt oder in Frage gestellt.
c) Im letzten Abschnitt des Urteils finden sich dann die anfangs angesprochenen Ausführungen des Senats zum Umfang seiner Kontrolle der völkerrechtlichen Beurteilung der Rechtslage Deutschlands und seiner Teile; diese möge zwar zwischen den Staaten umstritten sein, der völkerrechtlichen Beurteilung durch die zuständigen Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland könne das Bundesverfassungsgericht aber nur entgegentreten, wenn sie offensichtlich völkerrechtswidrig wäre. Davon könne jedoch keine Rede sein.

 

III. Würdigung des Beschlusses

Wie anfangs schon bemerkt, hat der Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts beträchtliche Auswirkungen über den Bereich des Rechts der Staatsangehörigkeit hinaus auf das rechtliche Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland. Angesichts der neuerlichen Aussagen zu Inhalt und rechtlicher Qualität des grundgesetzlichen Wiedervereinigungsgebots wird er aber auch im Rahmen des fortschreitenden Integrationsprozesses innerhalb der Europäischen Gemeinschaften zu beachten sein.

 

1. Grundsätzliche Vorbemerkung

Für die wegen der zunehmenden internationalen Verflechtung der Bundesrepublik Deutschland sicherlich zahlreicher werdenden verfassungsgerichtlichen Verfahren mit internationalrechtlichen Bezügen ist die Vorgehensweise des Gerichts bedeutsam, das auf dem Boden der Verfassung gewonnene Ergebnis an den Bindungen der Bundesrepublik Deutschland aus dem Völkerrecht zu überprüfen. Zwar ist in diesem Ansatz sicher nicht eine Hinwendung zu einem monistischen Verständnis des Verhältnisses von Völkerrecht und bundesdeutschem Verfassungsrecht zu sehen, in welchem dem Völkerrecht grundsätzlich der Vorrang zukäme, da sich aus anderen Entscheidungen der jüngeren Zeit vielmehr deutliche Hinweise
auf ein dualistisches Verständnis ergeben, zufolge dessen Normen des Völkerrechts nicht in das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland
transformiert und somit als nationale Normen anwendbar werden, sondern den deutschen Rechtsanwendern vom nationalen Recht der Befehl zur
Anwendung der völkerrechtlichen Norm als solcher erteilt wird; zutreffend scheint jedoch die Einschätzung, daß eine auf dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland – namentlich ihrer Verfassung – beruhende, von ihm möglicherweise zwingend gebotene Rechtsauffassung zu Sachverhalten mit internationalen Bezügen nur dann als sinnvoll erscheint, wenn sie Normen des Völkerrechts nicht widerspricht, da eine solche Auffassung nur unter diesen Voraussetzungen begründete Aussichten auf internationale Anerkennung und ;Beachtung finden kann.
Ein weiterer Grund für die sorgfältige Berücksichtigung gegebenenfalls
entgegenstehender völkerrechtlicher Bindungen der Bundesrepublik
Deutschland durch ihre Staatsorgane liegt in der vom Gericht in mehreren
Entscheidungen gerade aus jüngster Zeit betonten Aufgabe, das Entstehen
völkerrechtlicher Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihr zurechenbarer völkerrechtswidriger Handlungen ihrer Staatsorgane nach Möglichkeit zu vermeiden. Andererseits ist zu beachten, daß das Gericht hinsichtlich der völkerrechtlichen Beurteilung jedenfalls der
Rechtslage Deutschlands den zuständigen Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland, d. h. in erster Linie Regierung und Parlament, einen
verhältnismäßig weiten Freiraum zugesteht: Erst wenn eine solche Handlung offensichtlich völkerrechtswidrig wäre, könnte das Bundesverfassungsgericht ihr entgegentreten60. Hinsichtlich der Beachtlichkeit des Völkerrechts als Prüfungsmaßstab des Gerichts ergibt sich hieraus folgende Unterscheidung: In den Fällen, in denen eine eindeutige völkerrechtliche Bindung der Bundesrepublik Deutschland besteht, die auf Völkervertrags-oder Völkergewohnheitsrecht beruhen kann, behält sich das Bundesverfassungsgericht zwecks Vermeidung des Entstehens einer völkerrechtlichen Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland eine umfassende Prüfung vor; insofern besteht also kein Beurteilungsspielraum für Regierung, Parlament und Gerichte, der über das hinausgeht, was im Rahmen der Auslegung von Normen notwendig gegeben ist. In den in der Praxis sicher
zahlreichen Fällen, in denen sich eindeutige völkerrechtliche Regeln wegen
der besonderen Struktur des Völkerrechts nicht feststellen lassen, genießt
die Bundesregierung als das in erster Linie zur Wahrnehmung der auswärtigen Beziehungen befugte Staatsorgan einen wesentlich größeren Freiraum: Erst bei offensichtlich völkerrechtswidrigen Rechtsauffassungen wird das Bundesverfassungsgericht einschreiten. Hierin darf jedoch nicht eine Unterwerfung des Gerichts unter ein politisches Staatsorgan in Rechtsfragen gesehen werden; vielmehr trägt eine solche Haltung dem Umstand Rechnung, daß das Völkerrecht eine Rechtsordnung ist, in der mangels umfassend befugter, zentraler Entscheidungsinstanzen Rechtsbehauptungen eine ganz erhebliche Rolle bei der Herausbildung oder Festigung einer Norm oder einer Rechtslage spielen. Letztlich steht hinter der dargestellten Grundhaltung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts wohl auch ein Verständnis der Gewaltenteilung im Beder Handhabung auswärtiger Politik,- das der Exekutive eine ganz eindeutige Vorrangstellung gegenüber Legislative und judikative zuspricht.

 

2. Die staatsangehörigkeitsrechtlichen Auswirkungen

Wenn auch die staatsangehörigkeitsrechtlichen Ausführungen des Beschlusses notwendig eng mit den Aussagen zur Rechtslage Deutschlands verbunden sind, sollen doch seine wichtigsten staatsangehörigkeitsrechtlichen Auswirkungen getrennt aufgezeigt werden. Wichtig ist hierfür zunächst, daß das Gericht offenbar unterscheidet zwischen denjenigen Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik, auf welche auch die Erwerbstatbestände des RuStAG von 1913 zutreffen und die auch ganz überwiegend als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes angesehen wurden und werden, und solchen Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik, welche die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund von dortigen Vorschriften erworben haben, die keine Entsprechung in den Erwerbstatbeständen des RuStAG oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen der im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsordnung finden.
a) Hinsichtlich der ersten Gruppe, welche die ganz überwiegende
Mehrheit der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik darstellt, ist auch weiterhin davon auszugehen, daß  diese Personen, die also die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund eines Erwerbstatbestandes des dortigen Rechts erworben haben, der eine Entsprechung im RuStAG findet, die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes unmittelbar erlangt haben und nicht etwa – wie der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall – kraft einer Akzeptanznorm der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsordnung.
Diese Auffassung läßt sich zu Recht aus Art. 123 Abs. 1 GG begründen,
wonach das RuStAG fortgilt, soweit es nicht dem Grundgesetz widerspricht. Dies bedeutet, daß die Bestimmungen des RuStAG ungebrochen als fortgeltend anzusehen sind und Art. 123 Abs. 1 GG nicht etwa einen neuerlichen Geltungsgrund oder Geltungsbefehl darstellt. Andererseits bedarf es aber für eine Rechtsfolgenanordnung, nämlich des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes, die nicht in dem nach Art. 123 Abs.1 GG fortgeltenden Recht enthalten war, einer eigenen Geltungsgrundlage im Recht der Bundesrepublik Deutschland, falls sie in deren Hoheitsbereich bindend sein soll. b) Diese Akzeptanznorm findet das Bundesverfassungsgericht – im Unterschied zum Bundesverwaltungsgericht – im Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes, dem es ein staatsangehörigkeitsrechtliches Wahrungsgebot entnimmt.
Dies bedeutet zunächst, daß das Gericht, was angesichts mancher Diskussionen der jüngeren Zelt durchaus beachtlich ist, ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung bestätigt, wonach der Präambel des Grundgesetzes rechtliche Bedeutung zuzumessen und in ihr insbesondere ein verfassungsrechtliches Wiedervereinigungsgebot verankert sei. Dieses Wiedervereinigungsgebot bedinge nicht nur die Pflicht aller Verfassungsorgane, im Rahmen eines grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums in ihrer Politik auf die Erreichung dieses Ziels hinzuwirken, sondern führe auch zu einem Wahrungsgebot, nämlich alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde; für den Bereich des Staatsangehörigkeitsrechts sei dieses Wahrungsgebot in Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG von der Verfassung selbst konkretisiert. Aus der Präambel und Art. 146 GG folge eindeutig der Wille des Verfassungsgebers, die Bundesrepublik Deutschland als
Reorganisation eines Teilbereiches des deutschen Staates, seiner Staatsgewalt, seines Staatsgebietes und seines Staatsvolkes, zu begreifen. Das Festhalten an der einen deutschen Staatsangehörigkeit in Art.116 Abs.1, 16 Abs.1 GG und damit an der Identität des Staatsvolkes des deutschen Staates wird als deutlichstes Zeichen des Verständnisses von der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat gewertet.
Aus einer Verknüpfung dieser Subjektsidentität mit dem Wahrungsgebot folgert der Senat, daß es Aufgabe aller Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland sei, die Einheit des deutschen Staatsvolkes nach Möglichkeit zukunftgerichtet auf Dauer zu erhalten. Dies ist deshalb entscheidend, weil das Gericht schon an dieser Stelle vom deutschen Volk als Träger des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts spricht, des Rechts, das für die Begründung seiner Auffassung zur Rechtslage Deutschlands von ausschlaggebender Bedeutung ist. In der Tat wird allein dadurch, daß grundsätzlich jeder Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, ungeachtet der Qualität des Erwerbsgrundes, zugleich den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes bewirkt, verhindert, daß eine möglicherweise in der Zukunft noch zunehmende Zahl von Staatsbürgern der Deutschen Demokratischen Republik nicht zugleich auch deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes sind; eine solche Entwicklung führte zweifellos zu einer erheblichen Schwächung der staatsangehörigkeitsrechtlichen Einheit des deutschen Volkes und damit der rechtlichen Wirkkraft seines Anspruches auf Beachtung seines völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts. Wichtig er-; scheint auch der Umstand, daß das Bundesverfassungsgericht mehrfach äußert und damit zugleich wohl auch betont, daß die grundsätzliche Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes durch den Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland eintritt; dem dürfte die zutreffende völkerrechtliche Erwägung zugrundeliegen, daß es der Bundesrepublik Deutschland, wegen der dargestellten Besonderheiten der Rechtslage Deutschlands, von Völkerrechts wegen zwar gestattet ist, grundsätzlich alle Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik als deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes zu behandeln, sofern diese es wünschen, andererseits aber nicht etwa Drittstaaten in ihrem Rechtsverkehr mit der Deutschen Demokratischen Republik an diese Auffassung der Bundesrepublik Deutschland von Völkerrechts wegen gebunden sind, wobei es fraglosvorrangiges Ziel ihrer Politik bleiben muß, die Beachtung dieser Rechtsauffassung durch solche Drittstaaten zu erreichen.
Im Ergebnis führt dies dazu, daß die Staatsorgane der Deutschen Demokratischen Republik, obwohl in der Ausübung ihrer Hoheitsgewalt nicht dem Grundgesetz unterworfen, durch bestimmte Rechtsakte den Status eines deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Grundgesetzes vermitteln.
Diesen Umstand hinnehmen zu müssen, erscheint in der Tat als die allein mögliche Rechtsfolge der im Grundgesetz nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verankerten Grundlage des Staatsverständnisses, daß die Bundesrepublik Deutschland, was Staatsvolk und Staatsgebiet angeht, nicht ganz Deutschland umfaßt, sondern auch die Deutsche Demokratische Republik ein anderer Teil Deutschlands ist und damit auch alle ihre Staatsbürger grundsätzlich deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes sind. Schon an dieser Stelle findet sich der für die deutschlandrechtlichen Problemkreise grundlegende Satz, daß erst die in freier Ausübung des Selbstbestimmungsrechts vollzogene Abtrennung der Deutschen Demokratischen Republik von Deutschland die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübte Hoheitsgewalt aus der Sicht des Grundgesetzes als fremdstaatliche Gewalt qualifizierte. Dies hätte zur, Folge, daß staatsangehörigkeitsrechtlichen Hoheitsakten dieser dann fremdstaatlichen Gewalt auch nicht mehr die grundsätzliche Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes zugemessen werden könnte; ferner wäre es dann äußerst fraglich, ob die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland weiterhin in völkerrechtlich zulässiger Weise wenigstens diejenigen Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik als deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes ansehen dürfte, welche die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik aufgrund von Vorschriften erworben haben, die eine Entsprechung im RuStAG finden. Das Ergebnis, daß grundsätzlich alle Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik zugleich auch deutsche Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes sind,nerweist sich somit als folgerichtiger Schluß des dem Staat Bundesrepublik Deutschland zugrundeliegenden Ziels, alle rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des ganzen deutschen Volkes nach Möglichkeit zu erhalten bzw. zu schaffen.
Die Erhaltung gerade der rechtlichen Einheit des deutschen Volkes als
Trägers des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts erscheint als essentielle Voraussetzung für ein aussichtsreiches Bemühen um die Anerkennung und Durchsetzung des Anspruches auf freie Ausübung dieses Selbstbestimmungsrechts. Dieser Umstand verlangt und rechtfertigt es, staatsangehörigkeitsrechtlichen Hoheitsakten der Staatsorgane der Deutschen Demokratischen Republik als zwar nicht dem Grundgesetz unterworfene, aber gleichwohl als deutsche Hoheitsgewalt zu qualifizierende Staatsgewalt grundsätzlich Rechtswirkung für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland beizumessen.
c) Diese Rechtswirkung gilt aber nicht ausnahmslos, sondern nur
grundsätzlich, und findet ihre verfassungsrechtliche Grenze am ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland.
aa) Auf den ersten Blick fällt auf, daß der Senat den ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und nicht des Deutschen Reiches heranzieht. Dies wäre damit zu begründen gewesen, daß es sich bei der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes eben nicht allein um die Staatsangehörigkeit der Bürger der Bundesrepublik Deutschland handelt, sondern von ihr alle diejenigen Personen umfaßt werden, die staatsangehörigkeitsrechtlich mit dem Deutschen Reich verbunden und Angehörige des deutschen Volkes als seines Staatsvolkes sind.
Die (gesamt-)deutsche Staatsangehörigkeit stellte dabei einen der Restbestände fortgeltenden Reichs- oder gesamtdeutschen Verfassungsrechts dar. Der Grund der Entscheidung des Gerichts für die Heranziehung des ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland mag darin gesehen werden, daß dies eher mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats vereinbar ist; ist die Bundesrepublik Deutschland mit dem Rechtssubjekt Deutsches Reich identisch, so läßt es sich auch begründen, den ordre public ihrer Rechtsordnung als Maßstab für die Akzeptanz staatsangehörigkeitsrechtlicher Hoheitsakte der Behörden der Deutschen Demokratischen Republik als zwar deutscher, aber nicht der Rechtsordnung des Grundgesetzes unterworfener Staatsgewalten heranzuziehen.
Schließlich ist zu betonen, daß jedenfalls im Hinblick auf Fragen der deutschen Staatsangehörigkeit zwischen beiden Vorstellungen, denen es letztlich vor allem um die Erhaltung der Einheitlichkeit der deutschen Staatsangehörigkeit als essentielle Voraussetzung der weitestmöglichen Bewahrung der Einheit des deutschen Staatsvolkes gehen muß, inhaltlich keine großen Unterschiede bestehen. Angesichts des deutlich pragmatischen Ansatzesdes Senats, der sich, was angesichts der Auseinandersetzungen im Schrifttum nur als bewußter Schritt zu verstehen ist, jeglicher ausdrücklicher Stellungnahme zum sogenannten Theorienstreit enthält, erscheint es folgerichtig, eine für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserhebliche Frage in den Gründen des Beschlusses nicht näher zu erörtern.
Letztlich nicht völlig zu überzeugen vermag schließlich der Einwand,
die Heranziehung des ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sei systemwidrig, weil auf dieses Rechtsinstitut dann zurückzugreifen sei, wenn die Anwendung fremden Rechts Grundwertungen der eigenen Rechtsordnung, insbesondere der Verfassung widerspreche. Nach der Entscheidung des Senats ergebe sich aber die Beachtlichkeit bestimmter staatsangehörigkeitsrechtlicher Hoheitsakte der Deutschen Demokratischen Republik aus dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes; weshalb sich die Anwendung des ordre public letztlich gegen die eigene Verfassung richte. Diese Auffassung übersieht, daß der Senat mehrfach betont hat, daß es sich bei der in der Deutschen Demokratischen Republik
ausgeübten Hoheitsgewalt zwar nicht um fremdstaatliche, sondern um
deutsche, aber nicht dem Grundgesetz unterworfene Staatsgewalt handelt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Bundesrepublik Deutschland sich mit dem Rechtssubjekt Deutschland hinsichtlich des Staatsvolkes nicht als völlig identisch sieht und im Interesse der weltestmöglichen Wahrung der Einheit des deutschen Staatsvolkes die Beachtlichkeit bestimmter staatsangehörigkeitsrechtlicher Hoheitsakte der Deutschen Demokratischen Republik hinnimmt, bedeutet die Lösung des Senats, daß das Rechtsinstitut des ordre public, präziser als bisher zumeist
formuliert, bei der Anwendung nicht nur fremdstaatlichen Rechts, sondern jedes nicht unter der Geltung des Grundgesetzes gesetzten Rechts eingreifen kann.
bb) Durchaus in Einklang mit dem erwähnten pragmatischen Vorgehen
enthält der Beschluß keine umfangreichen Darstellungen zum Inhalt des ordre public der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf von der Deutschen Demokratischen Republik gesetzte staatsangehörigkeitsrechtliche Hoheitsakte. Dies war im zu entscheidenden Fall in der Tat nicht notwendig. Immerhin findet sich in Übereinstimmung mit einem Verständnis des ordre public als eines funktionalen, auf den jeweiligen Bereich des betroffenen Rechtsgebietes bezogenen Begriffs der Hinweis, daß sich der Inhalt. des ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in Fragen des Staatsangehörigkeitsrechts vor allem an den grundlegenden Wertungen dieses Rechtsgebiets, namentlich am Wiedervereinigungsgebot zu orientieren hat.
Für Einbürgerungen in der Deutschen Demokratischen Republik, die
aufgrund von Vorschriften erfolgen, die im RuStAG keine Entsprechung
finden, und deren Beachtlichkeit daher auf der Grundlage der Akzeptanznorm Wiedervereinigungsgebot beruht, folgt im Hinblick auf das grundlegende Ziel, die Einheit des deutschen Staatsvolkes weitestmöglich zu wahren, daß solche Einbürgerungen grundsätzlich zu akzeptieren sind, sie also zugleich den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im: Sinne des Grundgesetzes bewirken. Ausnahmen sind Wohl nur dann denkbar, wenn sich im Einzelfall deutlich zeigt, daß die eingebürgerte Person über keinerlei Bindungen an Deutschland, an das deutsche Staätsvolk verfügt.
Problematisch erscheinen vor allem die Fälle, in denen der Eingebürgerte durch sein Verhalten nachhaltig gegen das, Wiedervereinigungsgebot als Kriterium der inhaltlichen Bestimmung des ordre public verstoßen hat.
Die Frage der Beachtlichkeit von in der Deutschen Demokratischen
Republik vorgenommenen Ausbürgerungen läßt sich einmal dadurch lösen, daß man die Wirkkraft der grundgesetzlichen Akzeptanznorm Wiedervereinigungsgebot auf solche Hoheitsakte nicht erstreckt; eines Rückgriffes auf den ordre public der Rechtsordnung der Bundesrepublik
Deutschland bedarf es dann nicht76. Aber auch bei Anwendung des staatsangehörigkeits- und grundrechtlich bestimmten ordre public käme Ausbürgerungen durch Hoheitsakte der Deutschen Demokratischen Republik wegen der grundlegenden Bestimmung des Art. 16 Abs.1 GG nur dann Rechtswirkung im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes zu, wenn die zugrundeliegende- Norm des Staatsbürgerschaftsrechts der Deutschen Demokratischen Republik in Inhalt und Anwendung eine Entsprechung im RuStAG fände. Der Senat mußte zu der Frage von Ausbürgerungen im zu entscheidenden Fall nicht Stellung nehmen; ob aus der Formulierung, daß dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen des ordre public die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beizumessen ist, gefolgert werden kann, daß der Senat die Akzeptanznorm Wiedervereinigungsgebot nur auf den Erwerb, nicht aber auf Verlust und Entzug der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik angewendet wissen will, was der ersten Lösung entspräche, muß offen bleiben. Immerhin ist zu unterstreichen, daß sich hinsichtlich der Behandlung von Entlassungen aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Praxis der Behörden der Bundesrepublik Deutschland aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Änderungen ergeben.
d) Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Senat betont, daß eine Aktualisierung der Rechte und Pflichten aus der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes gegenüber Staatsbürgern der Deutschen Demokratischen Republik nur dann nicht gegen völker- und deutschlandrechtliche Bindungen der Bundesrepublik Deutschland verstößt und somit rechtmäßig ist, wenn sich die Berechtigten im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und die Inanspruchnahme dieses Status begehren oder jedenfalls hinnehmen. In diesem Fall handelt es sich eindeutig nicht um einen Eingriff in die Hoheitsgewalt der Deutschen Demokratischen Republik. Die einschlägige Praxis der Behörden der Bundesrepublik Deutschland scheint, nach anfänglichen Unklarheiten und abgesehen von einigen Einzelfällen, diesen vom Bundesverfassungsgericht bestätigten  Vorgaben zu entsprechen Hinsichtlich der vor allem politisch immer wieder umstrittenen Frage der Anerkennung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ergibt sich aus dem Beschluß, daß eine solche Anerkennung in dem – von der Deutschen Demokratischen Republik in der Vergangenheit immer wieder geforderten – Sinne, daß der Besitz der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ein gleichzeitiges Innehaben der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes ausschließe, wegen Verstoßes gegen das Wiedervereinigungsgebot in seiner Ausformung des staatsangehörigkeitsrechtlichen Wahrungsgebotes verfassungswidrig wäre. In diesem Bereich hat das Bundesverfassungsgericht den für die Deutschlandpolitik zuständigen Staatsorganen eine klare Richtschnur gegeben. Im Ergebnis haben also grundsätzlich alle Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, jedenfalls für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, zwei Staatsangehörigkeiten: die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik und die unter be- …………………………………

…..völkerrechtlich als occupatio bellica, nicht als eine den völkerrechtlichen Untergang bewirkende debellatio anzusehen, was sich nicht zuletzt aus den einschlägigen, völkerrechtlich beachtlichen Handlungen und Aussagen der vier Hauptsiegermächte ergibt: Einmal stellten diese klar, daß die Inanspruchnahme der obersten Gewalt in bezug auf Deutschland nicht dessen Annektierung bedeute zum anderen haben sie sich bis zum heutigen Tag ihre Rechte in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin vorbehalten.

Die Bundesrepublik Deutschland ist als Völkerrechtssubjekt identisch
mit dem im Jahre 1871 gegründeten deutschen Staat, was im Grundgesetz deutlich zum Ausdruck kommt und im völkerrechtlichen Verkehr von vielen Staaten anerkannt wurde. Diese Subjektsidentität wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß sich die gebietliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes beschränkt, da selbst eine endgültige Statusänderung von Teilen seines Staatsgebiets nach Völkerrecht die Identität eines staatlichen Völkerrechtssubjekts nicht verändert.

Selbst wenn man in der von der Deutschen Demokratischen Republik
seit dem Jahre 1949 durchlaufenen rechtlichen Entwicklung eine vollendete völkerrechtliche Sezession aus dem deutschen Staatsverband sähe, was schon allein wegen des fortbestehenden Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen ausgeschlossen ist, bewirkte dies in keinem Fall den Untergang des deutschen Staates. Da selbst eine vollendete, völkerrechtlich wirksame Sezession eines Teilgebietes nicht die völkerrechtliche Subjektsidentität des verbleibenden staatlichen Teils verändert85, kann die von der Deutschen Demokratischen Republik durchlaufene Entwicklung die genannte Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem fortbestehenden deutschen Staat nicht beeinträchtigen.
– Die im Rahmen der auf diese Sezession der Deutschen Demokratischen Republik zielende Politik erfolgte Aufnahme der beiden Staaten in Deutschland in die Vereinten Nationen bewirkt, daß die Deutsche Demokratische Republik spätestens seit diesem Zeitpunkt als Staat im Sinne des Völkerrechts anzusehen ist. Die Spaltung Deutschlands in diese beiden Staaten ist jedoch nicht vom völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrecht gedeckt, dessen Träger das ganze deutsche Volk ist.

Der Umstand, daß dem deutschen Volk der ihm in seiner Gesamtheit
zustehende Anspruch auf freie Ausübung des vom allgemeinen Völkerrecht mittlerweile als essentielle Grundlage der internationalen Rechtsordnung anerkannten Selbstbestimmungsrechts vorenthalten wurde, erlaubt es der Bundesrepublik Deutschland, in ihrem Verhältnis zur Deutschen Demokratischen Republik vom Fortbestand auch staatsrechtlicher Bindungen auszugehen. Es ist der Bundesrepublik Deutschland auf dieser Rechtsgrundlage vom Völkerrecht nicht untersagt, die Deutsche Demokratische Republik im bilateralen Verhältnis nicht als Ausland, sondern als nicht dem Grundgesetz unterworfenen Teil Deutschlands anzusehen. Dieser Umstand gestattet ihr von Völkerrechts wegen auch das Festhalten an der einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit.

Das gleiche Ergebnis läßt sich auch auf den fortbestehenden Viermächte-Status Deutschlands als Ganzen und Berlins stützen, der einem einseitigen Ausscheiden der Deutschen Demokratischen Republik aus diesem Status und damit dem fortbestehenden deutschen Staatsverband entgegensteht. –
Die von den zuständigen Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland durchgängig bis auf den heutigen Tag befolgte, völkerrechtlich relevante Praxis, die Deutsche Demokratische Republik im Rechtsverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht völkerrechtlich anzuerkennen gestattet es dieser vor dem Völkerrecht, ihr Verhältnis zur Deutschen Demokratischen Republik als nicht ausschließlich vom allgemeinen Völkerrecht bestimmt anzusehen.

Die von den zuständigen Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Abschluß des Grundlagenvertrags zwischen den beiden Staaten in Deutschland abgegebenen, völkerrechtlich beachtlichen Bekundungen und Erklärungen bewirken, daß das Festhalten am Fortbestand der einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit die nach Maßgabe der Bestimmungen. des Grundlagenvertrages von der Bundesrepublik Deutschland zu achtende Selbständigkeit; und Unabhängigkeit der Deutschen Demokratischen Republik nicht verletzt. Dies steht unter der Voraussetzung, daß die Bundesrepublik Deutschland Pflichten aus diesem staatsangehörigkeitsrechtlichen Status nicht im Hoheitsbereich der Deutschen Demokratischen Republik in Anspruch nimmt, sondern die aus diesem Status folgenden Rechte und Pflichten immer erst dann aktualisiert, wenn die Betroffenen in den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland gelangen und die Aktualisierung hinnehmen oder begehren. – Im Hinblick auf die Sicherung der effektiven Möglichkeit der freien Ausübung des vom allgemeinen Völkerrecht verbrieften Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes ist eine auf die Wahrung der Einheitlichkeit der deutschen Staatsangehörigkeit als völkerrechtlich ausschlaggebendes Bestimmungsmerkmal der Zugehörigkeit zum deutschen Volk als
des Trägers des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts zielende
Rechtsauffassung auch in der vom Grundgesetz geforderten, auf die Zukunft bezogenen Ausrichtung von Völkerrechts wegen zulässig.
Unter den deutschlandrechtlichen Aussagen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts verdient, insbesondere im Vergleich mit dem Inhalt des Urteils zum Grundlagenvertrag, die Heranziehung des völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrechts des ganzen deutschen Volkes als Grund für die völkerrechtliche Zulässigkeit der Rechtsauffassung der Bundesrepublik Deutschland zu den mit der Rechtslage Deutschlands zusammenhängenden Rechtsfragen besondere Beachtung und Zustimmung. Zum einen trägt der Senat damit der jüngeren völkerrechtlichen Entwicklung Rechnung und stützt sich hierbei auf ein Rechtsinstitut, dessen deutschlandrechtliche Auswirkungen sich den für den Völkerrechtsverkehr zuständigen Organen dritter Staaten gut vermitteln lassen sollten. Zum anderen steht zu befürchten, daß mehr als 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die deutschlandrechtliche Rechtsauffassung der Bundesrepublik Deutschland, wenn sie ausschließlich auf den fortbestehenden Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen und Berlins gestützt würde, Gefahr liefe, im Völkerrechtsverkehr als zunehmend unbeachtlich angesehen zu werden, weil sie im Rahmen einer allein auf die Effektivität bezogenen Sichtweise nicht mehr stichhaltig erschiene. Es überzeugt daher, daß der Senat für die völkerrechtliche Zulässigkeit der dargestellten Rechtsauffassung der Bundesrepublik Deutschland die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes und nicht den fortbestehenden Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen als ausschlaggebend erachtet.

 

4. Europarechtliche Auswirkungen

Ausgelöst durch die Vereinbarung der Verwirklichung des Binnenmarktes innerhalb der Europäischen Gemeinschaften und die an Intensität zunehmenden Bemühungen um eine stärkere politische und rechtliche Integration ihrer Mitgliedstaaten hat in jüngster Zeit die Diskussion um die bisweilen in Frage gestellte Vereinbarkeit von Westintegration und Wiedervereinigung eine deutliche politische und publizistische Belebung erfahren. Eine gründliche Untersuchung, ob sich insoweit aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere aus dem hier dargestellten Beschluß, klare verfassungsrechtliche Vorgaben und Grenzen ableiten lassen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Immerhin sollen jedoch zumindest einige für die künftige Europapolitik einer jeden Bundesregierung beachtliche Grundaussagen zueinander in Bezug gesetzt werden.
Für den Prozeß der europäischen Einigung ist zunächst von Bedeutung,
daß sehr vieles dafür spricht, daß die Bezugnahme auf ein vereintes Europa in der Präambel des Grundgesetzes keineswegs auf die früheren oder jetzigen Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften oder auch des Europarats beschränkt ist. Insoweit bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse die in Gang gekommene gedankliche und auch tatsächliche Wandlung in den nicht dem Europarat angehörenden Staaten Europas hervorbringen wird.
Für die fortschreitende Integration im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften ist aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts von Bedeutung, daß das Bundesverfassungsgericht gerade in jüngster Zeit zum einen wiederholt hat, daß die Mitgliedstaaten auch weiterhin die Herren der Gemeinschaftsverträge sind und daß ferner den Europäischen Gemeinschaften weder eine Rechtsprechungsgewalt zur unbegrenzten Kompetenzerweiterung noch die territoriale Souveränität noch die Gebiets- und Personalhoheit der Mitgliedstaaten übertragen worden ist; auch beträfen ihre auswärtigen Kompetenzen begrenzte Bereiche. Im Zusammenhang mit den deutschlandrechtlichen Aussagen im Urteil zum Grundlagenvertrag und im Teso-Beschluß wird hieraus zu Recht gefolgert, daß der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf das verfassungsrechtlich vorgeschriebene Ziel ihrer Politik, dem ganzen deutschen Volk durch eine entsprechende Ausübung seines Rechts auf freie Selbstbestimmung auch die Wiedervereinigung zu ermöglichen, ein gewisser europarechtlicher Rahmen gesetzt wird. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der im Teso-Beschluß bestätigten früheren Rechtsprechung, daß bei der Verfolgung des Wiedervereinigungsgebots den politischen Organen ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt, und aus diesem Gebot nicht gefolgert werden könne, es müßten bestimmte Handlungen zu diesem Zwecke vorgenommen werden. Das Gericht hat auch wiederholend betont, daß es dem Gesetzgeber erst dann entgegentreten könnte, wenn eine seiner Maßnahmen, im vorliegenden Bereich also die Ratifizierung auf die weitere Integration innerhalb der Europäischen Gemeinschaften bezogener Verträge, rechtlich oder tatsächlich einer Wiedervereinigung in Freiheit offensichtlich entgegenstünde.
Es wäre nun sicher nicht zutreffend, zwischen dem Wiedervereinigungsgebot und dem ebenfalls in der Verfassung verankerten Ziel der Schaffung eines vereinten Europas einen -unvereinbaren Gegensatz herzustellen.
Die Entscheidung darüber, welches der beiden Ziele sich aufgrund der
jeweiligen politischen Gegebenheiten gerade mit mehr Aussicht auf Erfolg vorantreiben läßt, bleibt grundsätzlich den für die Ausübung der auswärtigen Gewalt zuständigen Staatsorganen vorbehalten. Die Grenzen des genannten Gestaltungsspielraums wären wohl erst dann überschritten, wenn die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Integration rechtliche Bindungen einginge, die der Verwirklichung der auf einer freien Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des ganzen deutschen Volkes beruhenden Wiedervereinigung der beiden Staaten in Deutschland rechtlich
oder tatsächlich eindeutig. entgegenstünden. Es erscheint daher angezeigt, daß die Bundesregierung zunächst im Rahmen aller auf eine fortschreitende europäische Integration zielenden Verhandlungen auf diese spezifisch deutschlandrechtlichen Aspekte hinweist und sie soweit als möglich in die künftige Politik der Europäischen Gemeinschaften. gegenüber den europäischen Nicht-Mitgliedstaaten einzubringen sucht. Erforderlich erscheint jedenfalls, bei der Unterzeichnung und Ratifikation eines weiteren europarechtlichen Integrationsinstruments durch die Abgabe entsprechender Vorbehalte oder Erklärungen völkerrechtlich verbindlich zu bekunden, daß die Bundesrepublik Deutschland davon ausgeht, daß die europäische Integration einer auf die freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des ganzen deutschen Volkes gestützten Wiedervereinigung nicht entgegensteht und in einem solchen Falle eine entsprechende Überprüfung und
gegebenenfalls Erweiterung der Gemeinschaftsverträge nicht ausgeschlossen ist. Die bei der Unterzeichnung der Gründungsvertrage von Europäischer Wirtschaftsgemeinschaft und Europäischer Atomgemeinschaft in Rom im Jahre 1957 zu Protokoll gegebene einschlägige Erklärung der Bundesregierung hat den bisherigen Integrationsprozeß offenkundig nicht behindert; es ist nicht einzusehen, warum gleiches nicht auch für die künftige Entwicklung, auch unter Berücksichtigung einer neuerlichen klarstellenden Bekundung durch die Bundesregierung, gelten sollte. Ohnehin
muß eine auf europäische Integration zielende Politik, die sich auf die
bisherigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften oder die des Europarats beschränkt und nicht gleichzeitig, wenigstens als mittelfristiges Ziel, die Überwindung der Teilung Europas und eine möglichst weitgehende Einbindung der anderen europäischen Staaten anstrebt, als europapolitisch verfehlt angesehen werden.
Nur hingewiesen werden soll abschließend auf eine aktuelle Auswirkung
der verfassungsrechtlichen Bindungen aus dem Wiedervereinigungsgebot auf die bevorstehende Verwirklichung des Binnenmarktes in bezug auf den innerdeutschen Handel. Bisher besitzen die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften die auch tatsächlich mit einiger Aussicht auf Erfolg durchsetzbare Möglichkeit, in der Deutschen Demokratischen Republik produzierte Waren, die im Rahmen des innerdeutschen Handels in die Bundesrepublik Deutschland gelangt waren, an ihren Grenzen entweder einer Nachverzollung zu unterwerfen oder ihre Einfuhr ganz zu untersagen. Mit dem vorgesehenen Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften könnte die Gefahr eines zunehmenden und nurmehr schwer zu unterbindenden Mißbrauchs des innerdeutschen Handels entstehen. Ob etwa die grundsätzliche Belegung von Waren aus der Deutschen Demokratischen Republik bei ihrer Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland an der innerdeutschen Grenze als der Außengrenze der Europäischen Gemeinschaften mit einer – gegebenenfalls dem Endverbraucher in der Bundesrepublik Deutschland zu erstattenden –
Einfuhrabgabe mit den Grundprinzipien des innerdeutschen Handels vereinbar wäre, der immerhin im Urteil zum Grundlagenvertrag ausdrücklich erwähnt wurde, erscheint jedenfalls zweifelhaft; ob eine solche Maßnahme daher im Hinblick auf das Wahrungsgebot des
Grundgesetzes verfassungsrechtlich zulässig wäre, läßt sich ebenfalls nicht ohne weiteres bejahen. Außerdem erscheint es fraglich, ob eine solche Maßnahme, die auch mit nicht unerheblichen Verwaltungskosten verbunden wäre, dem befürchteten Mißbrauch tatsächlich entscheidend entgegenwirken könnte.

 

C. Ausblick

Fast 15 Jahre nach seinem Urteil zum Grundlagenvertrag hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit dem Teso-Beschluß die Auffassung des Gerichts zur Rechtslage Deutschlands inhaltlich weitgehend bestätigt und um die seinerzeit nicht erforderlichen Ausführungen zur Problematik der Staatsangehörigkeit im geteilten Deutschland ergänzt. Wie auch immer man zur juristischen Richtigkeit des Beschlusses stehen mag, ist doch zu begrüßen, daß in einer so zentralen Frage deutschen Verfassungsrechts den zuständigen politischen Staatsorganen der Bundesrepublik Deutschland mit dieser neuerlichen Entscheidung eine: aktuelle Leitlinie gegeben, ein Stück mehr an in diesem delikaten Problemfeld so notwendiger Rechtssicherheit geschaffen wurde. Vor allem erscheint wichtig daß die verfassungsrechtliche Würdigung um umfangreiche Darlegungen zur völkerrechtlichen Zulässigkeit der nach Auffassung des Senats verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsauffassung der Bundesrepublik
Deutschland vervollständigt wurde; dieser schon grundsätzlich überzeugende Ansatz erfährt weiteres Gewicht durch die herausragende Bedeutung, die dem Umstand beigemessen wird, daß dem ganzen deutschen Volk bislang sein ihm von Völkerrechts wegen zustehender Anspruch auf freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts vorenthalten wurde. In der Tat liegt hier, und nicht so sehr im alleinigen Verweis auf den fortbestehenden Viermächtestatus Deutschlands als Ganzen und Berlins, die aussichtsreichste Chance, dem Ziel der Schaffung der Möglichkeit einer freien Entscheidung zur Wiedervereinigung der beiden Staaten in Deutschland auch auf internationaler Ebene näher zu kommen. Gerade in einer Zeit, die in Europa von sich ankündigenden tiefgreifenden Veränderungen – zumal im Verhältnis von (Völker-)Recht und Politik –
gekennzeichnet ist, erscheint es notwendig, politische Optionen in einen zumindest nachvollziehbaren rechtlichen Rahmen zu stellen.

Gesamtstaatliche Aspekte der Rittersturzkonferenz 1948

– Ausarbeitung –
Dr. Jörg D. Krämer

WD 1 3010 – 038/08

2008 Deutscher Bundestag

 

– Zusammenfassung –
Im Rahmen der Konferenz im Hotel Rittersturz bei Koblenz vom 8. – 10. Juli 1948 diskutierten die Ministerpräsidenten der drei Westzonen die sog. „Frankfurter Dokumente“, in denen die Westalliierten Vorgaben für die Gründung eines westdeutschen Staates gemacht hatten, nicht ohne deutliche Kritik zu äußern und eigene Vorschläge zu unterbreiten. Den Ministerpräsidenten war bereits vor der Konferenz bewusst, dass angesichts der aktuellen Situation der Rückübertragung von Souveränitätsrechten an die Deutschen in den Westzonen Vorrang vor der staatlichen Einheit der Nation zu geben war. Nach den Erfahrungen der ersten und letzten gemeinsamen Ministerpräsidentenkonferenz in München 1947 verzichteten die westdeutschen Ministerpräsidenten auf Einladungen an Vertreter der sowjetisch besetzten Zone und zementierten damit die Abkehr von gemeinsamen ost- und westdeutschen Verhandlungen über die Zukunft Deutschlands, obwohl die Westalliierten dies ausdrücklich offen gehalten hatten.
Die Rittersturzkonferenz war gleichwohl bemüht, zumindest symbolisch, beispielsweise durch die Wahl des Tagungsortes oder die Hinzuziehung einer Westberliner Vertreterin, und begrifflich, durch eine ungewöhnliche staatsrechtliche Terminologie, die Teilung Deutschlands nicht zu präjudizieren. So entschied man sich bewusst für Koblenz als Tagungsort in der französischen Zone, um den Anspruch der Länder der französischen Zone auf Zugehörigkeit zur amerikanischen und britischen Zone („Bizone“) zu unterstreichen. Immer wieder betonten alle Teilnehmer, dass man an der Einheit der Nation festhalten wolle und diesem langfristigen Ziel durch den provisorischen Charakter der „Verfassungsgebenden Versammlung“, der „Verfassung“ und der „Staatsgründung“ Ausdruck verleihen wolle. So einigte man sich auf einen „Parlamentarischen Rat“ anstelle einer „Verfassungsgebenden Versammlung“, auf ein „Grundgesetz“ anstelle einer
„Verfassung“ und ein „Provisorium“ anstelle einer Weststaatsgründung.
Die späteren Entscheidungen des Parlamentarischen Rates verwässerten die Absichten der Ministerpräsidenten hinsichtlich des provisorischen Charakters deutlich.

Inhalt
1. Einleitung
2. Gesamtsstaatliche Aspekte der Konferenz
2.1. Der Tagungsort
2.2. Die Einladungen
2.3. Die Frage der Länderneugliederung
2.3.1. Exkurs: Gebietsansprüche im Westen Deutschlands
2.4. Begriffe
2.4.1. „Parlamentarischer Rat“ statt „Verfassungsgebende Versammlung“
2.4.2. „Grundgesetz“ statt „Verfassung“
2.4.3. „Provisorium“ statt „Staatsgründung“
3. Die Koblenzer Beschlüsse und ihre gesamtstaatlichen Folgen

1. Einleitung
Nachdem es den Vier Mächten (UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich) auf der Konferenz des Rates der Außenminister vom 25. November bis 15. Dezember 1947 nicht gelungen war, zu einheitlichen Antworten auf drängende Fragen über die Zukunft Deutschlands zu gelangen, entschieden sich die Westalliierten zu einer Konferenz ohne Beteiligung der UdSSR, der sog. Londoner Sechs-Mächte-Konferenz. Die westlichen Siegermächte – allen voran die USA – waren nunmehr entschlossen, die Konsequenzen aus dieser Entwicklung zu ziehen und dem wirtschaftlichen und politischen Aufbau in den Westzonen Vorrang vor einer staatlichen Einheit Deutschlands zu geben.
Am 23. Februar 1948 kamen in London Vertreter Großbritanniens, der USA und Frankreichs mit Vertretern Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande zu einer gemeinsamen Konferenz zusammen. Aus Rücksicht auf die UdSSR fand die Sechs-Mächte-Konferenz formal „nur“ auf Botschafterebene statt. Die mitunter kontroverse und schwierige Auseinandersetzung in London fand ihren Niederschlag auf dem „Umweg“ über die „Londoner Empfehlungen“ in den sog. „Frankfurter Dokumenten“, drei Schriften, die den Ministerpräsidenten der Westzonen durch die drei Militärgouverneure am 1. Juli 1948 in Frankfurt überreicht wurden. Darin waren Aufforderungen zur Schaffung einer künftigen deutschen Verfassung föderalen Typs durch Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung bis zum 1. September 1948 (Dokument I), Grundzüge für eine Überprüfung der Ländergrenzen bzw. Grundzüge einer Länderneugliederung (Dokument II) und Grundzüge der künftigen Beziehung zwischen alliierter Besatzungsbehörde und deutscher Regierung (Dokument III) formuliert.
Die Westalliierten wollten die Weichen für die politische Struktur stellen und ein Verfahren für die Gründung eines Weststaates festlegen. Die Ministerpräsidenten erbaten sich für eine Antwort Zeit, um zu einer gemeinsamen politischen Linie zu gelangen.
„Ende der Besatzungsherrschaft“ und „Einheit der Nation“, so kurz könnte man die beiden Grundanliegen deutscher Politik in den Jahren 1947/1948 zusammenfassen. Die weltpolitische Lage, das war den Konferenzteilnehmern im Hotel Rittersturz bewusst, ließ das Ziel der Einheit der Nation augenblicklich eher unrealistisch erscheinen. Neben dem bereits erwähnten Dissens zwischen den Westalliierten und der UdSSR, der sich auch in einem Dissens zwischen ost- und westzonalen Länderchefs niederschlug, sind noch die Währungsreform und die Berlin Blockade zu nennen – letztere fand ihren Höhepunkt während der Rittersturzkonferenz. Darüber hinaus hatte die UdSSR am 20. März 1948 den gemeinsamen Alliierten Kontrollrat in Berlin verlassen.
Die Ministerpräsidenten hatten die Übergabe der „Frankfurter Dokumente“, in Verbindung mit Äußerungen von britischer und französischer Seite, als Aufforderung für kritische Einwände und Gegenvorschläge aufgefasst – ein wahrgenommener Gestaltungsspielraum, den ihnen die Westalliierten eigentlich nicht zugedacht hatten.
Die vorliegende Ausarbeitung konzentriert sich ausschließlich auf die gesamtstaatlichen Aspekte der Konferenz. Wesentliche Konfliktpunkte der Westalliierten und der Ministerpräsidenten in Fragen des Besatzungsstatuts, der ökonomischen Zukunft oder anderer, nicht gesamtstaatlicher Aspekte, werden ausgeklammert.

2. Gesamtstaatliche Aspekte der Konferenz
2.1. Der Tagungsort
Bereits vor der gescheiterten Außenministerkonferenz im November/Dezember 1947 hatten die Amerikaner deutsche Politiker über den Plan zur Errichtung eines westdeutschen Staates unterrichtet; dabei blieb offen, ob ein solcher westdeutscher Staat mit oder ohne die Länder der französischen Zone errichtet werden könnte. Frankreich war – nachdem sich die britische und amerikanische Zone bereits 1946 zur Bizone zusammengeschlossen hatten – erst auf der Außenministerkonferenz im Herbst 1947 bereit, einer Fusion der drei westlichen Besatzungszonen zu einer „Trizone“ zuzustimmen, stellte dafür aber Bedingungen: Dazu gehörten u. a. die Anerkennung der Abtretung des Saargebiets an Frankreich und eine ausgedehnte Besatzungszeit. Hatte Frankreich ursprünglich das Ziel verfolgt, Deutschland in souveräne Einzelstaaten aufzuteilen, so war die französische Regierung nunmehr bereit, einem lockeren Staatenbund zuzustimmen, dessen Hauptgewicht bei den Ländern liegen sollte. Vor diesem Hintergrund ist der Tagungsort Koblenz nicht zufällig gewählt worden: Die Zusammenkunft aller westdeutschen Länderchefs in Koblenz (damals Sitz der rheinland-pfälzischen Landesregierung und Teil der französischen Zone) sollte ein Zeichen für die Zugehörigkeit der französischen Zone zum westalliierten Teil des besetzten
Deutschlands und zu einem möglichen westdeutschen Staat sein. Entsprechend begrüßte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Peter Altmeier, die Gäste: „Ich brauche Ihnen nicht besonders zu versichern, mit welchen Gefühlen unser Volk die Tatsache der Einberufung dieser Konferenz in die französische Zone aufgenommen hat, weil dadurch die Länder der französischen Zone aus ihrer Isolierung herausgetreten und zusammen mit den acht Ländern der Bizone zu gemeinsamer Zukunftsarbeit verbunden worden sind.“
In der gleichen Rede machte Altmeier auch deutlich, dass „an diesem Tisch immer noch Plätze unbesetzt sind, weil die Verhältnisse, auf die wir zu unserem tiefen Bedauern keinen Einfluss haben, eine Zusammenkunft aller Länder in dieser Stunde noch nicht ermöglicht haben“. Damit spielte Altmeier auf das Fehlen der Vertreter der Ostzone an.

2.2. Die Einladungen
Vermutlich um den Erfolg der Verhandlungen nicht zu gefährden, verzichteten die Ministerpräsidenten auf die Einladung ostdeutscher Vertreter, obwohl eine solche Einladung durch die Militärgouverneure der Westzonen ausdrücklich freigestellt worden war und sogar im Vorfeld gewünscht wurde. Hätten die Ministerpräsidenten der drei Westzonen sich für eine Beteiligung sowjetzonaler Ministerpräsidenten entschieden, hatten die Westalliierten für diesen Fall eine Kontaktaufnahme mit der Sowjetischen Militäradministration vorgesehen.
Eine Beteiligung ostdeutscher Vertreter hätte die formale Geltung der Frankfurter Dokumente für ganz Deutschland unterstrichen. Die negativen Erfahrungen der Münchener Konferenz ein Jahr zuvor dürfte die Entscheidung gegen eine Beteiligung von Vertretern aus der SBZ maßgeblich beeinflusst haben.
Von dieser ersten und zugleich letzten gemeinsamen Ministerpräsidentenkonferenz in München im Juni 1947 zogen sich die ostzonalen Länderchefs geschlossen zurück, was der bayerische Ministerpräsident Ehard als vorweggenommenen Vollzug der deutschen Teilung bewertete. Die Entscheidung gegen die Einladung und damit für eine „westzonale“ und nicht gesamtstaatliche Konferenz auf dem Rittersturz lag also bei den Ministerpräsidenten der drei Westzonen.
Unter den Gästen befand sich außerdem auch die amtierende Oberbürgermeisterin von Berlin, Louise Schröder (SPD), die von Ministerpräsident Altmeier „in unserer Mitte als Gast“ begrüßt wurde. Louise Schröder folgte einer einstimmig beschlossenen Einladung der westdeutschen Ministerpräsidenten, hatte aber nur beratende Stimme. Denn tatsächlich war Louise Schröder nicht als offizielle Vertreterin Berlins, sondern als Gast anwesend. Louise Schröder nutzte ihre Begrüßung u. a. zu einem Plädoyer für eine gesamtstaatliche Perspektive für Berlin: „Eins aber wollen wir als Berliner: verbunden bleiben mit unserem großen deutschen Staat, verbunden bleiben mit dem deutschen Volk in seiner Gesamtheit.“ In ihrem Schlusswort appellierte Schröder erneut an die Konferenzteilnehmer, „…dass nichts Endgültiges geschaffen wird, sondern erst dann eine
Entschließung gefasst wird, wenn Berlin mit den übrigen Zonen wieder zu einer Einheit gekommen ist.
Obwohl es sich bei der Rittersturzkonferenz um eine Konferenz der Ministerpräsidenten handelte, waren auch Parteivertreter von CDU, CSU und SPD anwesend, die ihren Teil zu Verlauf und Ergebnis der Konferenz beitrugen, ohne dass ihnen offiziell Zutritt zur Konferenz gewährt worden war. Am Vortag der Rittersturzkonferenz kamen der SPD-Parteivorstand und die SPD-Ministerpräsidenten auf Jagdschloss Niederwald zu einer Vorbesprechung zusammen. Die CDU-Vertreter Altmeier, Arnold, Bock und Wohlleb besprachen sich ebenfalls am Vortag unter dem Vorsitz Adenauers.
Mit Blick auf die gesamtstaatlichen Aspekte der Konferenz soll auch hier darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den anwesenden Parteivertretern ausschließlich um Vertreter aus den Westzonen handelte: Konrad Adenauer (CDU), Erich Ollenhauer (SPD), August Haußleiter (CSU) und Otto Schefbeck (CSU). Der Bayerische Ministerpräsident Ehard (CSU) beurteilte die Anwesenheit der Parteivertreter wie folgt: „…dass während der Koblenzer Konferenz die Möglichkeit bestand, einen Gedankenaustausch mit den gleichzeitig auf dem Rittersturz anwesenden Vorsitzenden der großen Parteien zu pflegen, hat nicht unwesentlich zur Herstellung jener einmütigen Stellungnahme der Ministerpräsidenten beigetragen. Es muss festgestellt werden, dass es sich hier um eine durchaus produktive, der Sache dienliche Anteilnahme der maßgebenden Parteien handelte, deren Haltung für die Gestaltung der deutschen Frage von entscheidender Bedeutung ist.“

2.3. Die Frage der Länderneugliederung
Am Abend des ersten Verhandlungstages auf dem Rittersturz hatten sich bereits einige grundlegende Übereinstimmungen in den Positionen der Ministerpräsidenten ergeben.
Unter gesamtstaatlichen Aspekten ist u. a. der Konsens über das weitere Vorgehen in Fragen der Neugliederung der Ländergrenzen zu erwähnen. Dieser wurde als eine rein deutsche Angelegenheit gewertet und sollte von einer gesamtdeutschen Perspektive aus angegangen werden. Ein abschließender Reformvorschlag blieb somit aus. Stattdessen ergab sich am Ende der Konferenz eine Mehrheit für die Befassung des „Parlamentarischen Rats“ mit der Länderneugliederung.
Dieser Zurückstellung der Länderneugliederung lagen zwei wesentliche gesamtstaatlich motivierte Befürchtungen zu Grunde: Einerseits befürchtete man, dass eine Reform der Ländergrenzen im aktuellen Zustand der Besatzung einen zu starken Einfluss der Besatzungsmächte bedeute und die innerstaatlichen deutschen Gesichtspunkte damit in den Hintergrund treten könnten.
Andererseits hegten die Ministerpräsidenten die Befürchtung, dass vor allem die Reform der Ländergrenzen im südwestdeutschen Raum eine langwierige Auseinandersetzung der betroffenen Länder untereinander und mit der französischen Besatzungsmacht zur Folge hätte, was eine Vereinigung der französischen Zone mit der Bizone verzögern würde und aus gesamtstaatlicher Perspektive nicht wünschenswert sei. Das Gespenst einer Weststaatsgründung ohne Beteiligung der französischen Zone spukte immer noch in den Köpfen der Beteiligten, zumal US-Amerikaner und Briten einen solchen Schritt noch wenige Wochen zuvor als Möglichkeit in Erwägung gezogen hatten. Dies ging vor allem auf den amerikanischen Wunsch nach zügiger Staatsgründung zurück.
In der Diskussion über die Länderneugliederungen spielte der gesamtdeutsche Aspekt auch über die beiden genannten Aspekte hinaus eine nicht unerhebliche Rolle. Wenn es galt, eigene regionale Interessen zu verteidigen, setzten die Ländervertreter in ihrer Argumentation gerne auf eine gesamtdeutsche Karte: Wegen der Gefahr der Isolierung des Ruhrgebietes und der daraus folgenden Gefahren für Gesamtdeutschland sollte beispielsweise Nordrhein-Westfalen nicht verändert werden; Rheinland/Pfalz sollte beibehalten werden, weil die Franzosen sonst leichteres Spiel für die Gründung eines linksrheinischen Rheinland-Staates hätten haben können – eine Auflösung des Landes hätte darüber hinaus Rückwirkungen auf den Bestand von Nordrhein-Westfalen (Ruhrgebiet!); Rheinland/Pfalz hatte die Rückführung des Saargebiets als „nationalpolitische Aufgabe“ bezeichnet und hoffte in diesem Zusammenhang selbst auf einen möglichen Gebietszuwachs; Württemberg-Baden begründete die Schaffung eines großen Südwest-Staates gesamtdeutsch, da auf diese Weise ein ausgewogener Föderalismus zustande käme; ihre gesamtdeutsche Aufgabe als Handels- und Hafenstädte führten Bremen und Hamburg als Grund für ihre Selbstständigkeit an.

2.3.1. Exkurs: Gebietsansprüche im Westen Deutschlands
Die Notwendigkeit zur Schaffung einer handlungsfähigen deutschen Exekutive, wie sie von der Konferenz auf dem Rittersturz geplant war, hatte auch gesamtstaatliche Hintergründe im Kontext vorhandener Gebietsansprüche im Westen Deutschlands: Frankreich hatte Anspruch auf den badischen Hafen Kehl erhoben, Dänemark unterstützte Tendenzen in Schleswig-Holstein zur Bildung eines eigenständigen Landes Südschleswig, und die Beneluxstaaten hatten Gebietsforderungen an der Westgrenze erhoben. Um die deutschen Interessen gegenüber diesen Forderungen tatsächlich vertreten zu können, war ein rascher Prozess notwendig, der zu einer handlungsfähigen deutschen Exekutive, also einer kurzfristigen Rückübertragung von Souveränitätsrechten führte. Der westdeutschen Politik war klar, dass diese Territorialfragen – im Gegensatz zu Territorialfragen im Osten Deutschlands – möglicherweise im deutschen Interesse gelöst werden könnten. Auch das mag ein gesamtstaatlicher Aspekt für den durch die Ministerpräsidenten auf dem Rittersturz eingeschlagenen Weg gewesen sein.

2.4. Begriffe
Aus dem Dilemma des kurzfristigen Ziels der Rückübertragung von Souveränitätsrechten in den Westzonen und der daraus abzusehenden langfristigen Folgen für die Einheit der Nation versuchten die Ministerpräsidenten der Westzonen durch eine eigenwillige
Begrifflichkeit zumindest verbal zu entkommen. Reinhold Maier schreibt in seinen Memoiren zur Rittersturzkonferenz, es sei eine „schauderhafte Gewissensqual“ gewesen; und zur Lage der Deutschen (in Anlehnung an Hegel): „Deutschland ist der Widerspruch, dass es ein Staat sein muss, aber nicht sein kann.“ Man hatte sich im Vorfeld der Konferenz im Prinzip damit abgefunden, der Ablösung der Besatzungsherrschaft den Vorrang vor der Einheit der Nation zu geben, nun versuchte man, diese politische Festlegung in einer unüblich juristisch-staatsrechtlichen Terminologie möglichst zu verschleiern. Die damals bedeutende Zeitschrift „Die Gegenwart“ bemerkte dazu treffend: „Die Ministerpräsidenten wollen eine genau abgegrenzte stellvertretende Macht auf sich nehmen und nach bestem Wissen und Gewissen anwenden, aber sie wünschen nicht, sich mit dem Anschein einer souveränen Macht bekleidet zu sehen.“ Die Bemühungen, durch Sprachakrobatik staatsrechtlich gesicherte Formulierungen möglichst zu umgehen, um damit den provisorischen Charakter des zukünftigen Gebildes und seines Zustandekommens zu betonen, werden im Folgenden anhand einiger wesentlicher Begriffe aufgezeigt.

2.4.1. „Parlamentarischer Rat“ statt „Verfassungsgebende Versammlung“
Wichtigster Verhandlungsgegenstand in Koblenz, so Rainer Volk, war das in Dokument I enthaltene Recht der Ministerpräsidenten auf Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung.
Die Unionsvertreter einigten sich bereits in der Vorbesprechung zur Rittersturzkonferenz unter dem Vorsitz Konrad Adenauers darauf, eine „Verfassungsgebende Versammlung“, wie sie in den Frankfurter Dokumenten enthalten war, abzulehnen und stattdessen einen „Parlamentarischen Rat“ durch die Länderparlamente wählen zu lassen. Dieser „Parlamentarische Rat“ sollte die „vorläufige organisatorische Grundlage für die Zusammenfassung der drei Zonen schaffen, ein Wahlgesetz für ein künftiges vom Volke gewähltes Parlament vorbereiten und überhaupt die Interessen der deutschen Bevölkerung gegenüber den Besatzungsmächten zur Geltung bringen“. Deutliche Worte fand auch der liberale Ministerpräsident von Württemberg-Baden, Reinhold Maier, in seiner Eingangsrede: „Diese absolute Übereinstimmung scheint mir zunächst in der Tatsache, dass niemand der Herren einen Weststaat bzw. eine Verfassungsgebende Nationalversammlung wünscht.“
Auch vor dem Hintergrund, dass man sich auf die Bildung eines Provisoriums verständigen wollte, schien es für die Konferenzteilnehmer zu Recht als ein Widerspruch, eine „Verfassungsgebende Versammlung“ einzuberufen, das Ergebnis aber nur „Provisorium“ zu nennen. In dieser Logik lag auch die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die „Körperschaft“, die das „Provisorium“ ausarbeiten sollte, in einer indirekten Wahl einzuberufen, also durch die Länderparlamente und nicht, wie von den Westalliierten vorgesehen, durch eine direkte Wahl. Die Frage des Zustandekommens des „Gremiums“, das an Stelle einer Verfassungsgebenden Versammlung gewählt werden sollte, war Gegenstand ausgiebigster Debatten.

2.4.2. „Grundgesetz“ statt „Verfassung
In den Memoiren Reinhold Maiers liest man zur Entstehungsgeschichte des Begriffs „Grundgesetz“ auf der Rittersturzkonferenz: „Verfassung gehört [..] zu den Requisiten eines regelrechten Vollstaates. Einen solchen wollten wir aber gerade nicht. Da kam irgendjemand mit dem Wort „Grundgesetz“ anstelle von Verfassung. Heute geht dieses Wort jedermann absolut selbstverständlich über die Lippen. Damals war es aber vielleicht in engsten Fachkreisen bekannt, aber sonst ungebräuchlich. Wie vom Himmel gefallen stand das Wort vor uns und bemächtigte sich unserer Köpfe und Sinne, gewiss nicht der Herzen. Machen wir doch ein Grundgesetz, das keinen Vollstaat voraussetzt!
Das neue jungfräuliche Wort vermochte so schön trügerisch von der Realität jener Tage wegzuführen.“
Die „Realität dieser Tage“ war die Erkenntnis, dass die Spaltung Deutschlands durch die Ministerpräsidenten nicht geschaffen würde, sondern vielmehr schon vorhanden war. „Trügerisch“ war man dennoch bemüht, der Einheit der Nation symbolisch und begrifflich eine Perspektive zu geben. Das sollte sich auch in der Vorläufigkeit der zu schaffenden „Verfassung“, in deren provisorischem Charakter, widerspiegeln. Max Brauer (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, brachte diesen Gedanken bereits am ersten Konferenztag ein, indem er die Idee einer Präambel ins Spiel brachte, die die Vorläufigkeit einer Verfassung betonen sollte.
Mit der Entscheidung für ein „Grundgesetz“ war auch eine Entscheidung gegen einen Volksentscheid vorbestimmt. Die Ministerpräsidenten erklärten, dass ein Volksentscheid dem Grundgesetz ein Gewicht verleihen würde, das nur einer endgültigen Verfassung zukommen sollte. In der Mantelnote zu den Koblenzer Beschlüssen weisen die Ministerpräsidenten in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass eine deutsche Verfassung erst dann geschaffen werden könne, „wenn das gesamte deutsche Volk die Möglichkeit besitzt, sich in freier Selbstbestimmung zu konstituieren“.
Carlo Schmid definierte das „Grundgesetz“ als für die „einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebiets der Westmächte“ gedacht. Also nicht „Regierung“, sondern „Verwaltung“. Rainer Volk hält es für „wichtig, dass eben nicht von ‚Regierung’ die Rede ist. Dieser Unterschied ist wichtig, weil in Rüdesheim später die Wortbedeutung in ihrer Deutlichkeit verwischt wird.“

2.4.3. „Provisorium“ statt „Staatsgründung
Die Meinungslage zu Beginn der Konferenz auf dem Rittersturz war vor allem auf Seiten der SPD-Vertreter uneinheitlich. Die SPD-Länderchefs Max Brauer (Erster Bürgermeister Hamburgs) und Wilhelm Kaisen (Bürgermeister von Bremen) waren Befürworter der Staatsgründung, konnten sich eine Verfassungsgebende Versammlung vorstellen, legten aber Wert darauf, dass eine einheitliche Regelung wichtiger sei als das Beharren auf diesen Standpunkten. Der hessische Ministerpräsident Stock (SPD) äußerte ebenfalls seine Zustimmung zu einer Staatsgründung, lehnte aber eine Verfassungsgebende Versammlung ab, weil deren Einberufung ihm zu zeitaufwendig schien. Die SPD-Länderchefs Hinrich Wilhelm Kopf (Niedersachsen) und Hermann Lüdemann (Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) waren gegen die Staatsgründung und vertraten mit dieser Position die Parteilinie des SPD-Parteivorstands. Am 29. Juni 1948 hatte dieser in einem Beschluss festgehalten, dass die Londoner Empfehlungen ungeeignet seien, die Souveränität Deutschlands wiederherzustellen, die Vorschläge liefen vielmehr auf ein weiteres Provisorium hinaus: „Weststaatsgründung ist Verrat an den Bürgern im Osten“. Der liberale Ministerpräsident von Württemberg-Baden, Maier, hielt ebenfalls eine Staatsgründung ohne Nationalversammlung für sinnvoll. Ebenso wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Karl Arnold (CDU) begründete sein Parteifreund Lorenz Bock (Württemberg-Hohenzollern) seine Ablehnung einer Staatsgründung: „Würde man für die drei Zonen das tun, dann würde das heißen, einen Weststaat zu schaffen, und ich habe keinen Zweifel, dass die Russen sofort mit einem Oststaat antworten werden, und dann wäre das rechtlich vollzogen, was z. Zt. schon geschehen ist, nämlich die Teilung Deutschlands in ein Ostdeutschland und in ein Westdeutschland.“
Ein klares Ja zu Dokument I gab lediglich der bayerische Ministerpräsident Ehard.
Ehard (CSU) argumentierte, dass, wenn man sich nicht auf die Bedingungen des Ostens für den Erhalt der deutschen Einheit einlassen wolle, die Gründung eines westdeutschen Teilstaates erforderlich sei.
Carlo Schmid (SPD) hatte in einem Namensbeitrag für das Schwäbische Tageblatt bereits Mitte Juni 1948 mit deutlichen Worten den provisorischen Charakter einer möglichen Weststaatsgründung beschrieben: „Den Deutschen, die glauben könnten, dass wir mit dieser Formulierung einen Verzicht leisten, sei gesagt, dass ein Staat ein Staatsvolk voraussetzt und dass es ein westdeutsches Staatsvolk nicht gibt, sondern nur ein gesamtdeutsches.“ Damit nahm Carlo Schmidt eine dezidiert andere Haltung ein als der SPD-Parteivorstand und einige der SPD-Länderchefs.
In Dokument III der Frankfurter Dokumente ist nicht von „politischer“ Einheit, sondern nur von administrativer und wirtschaftlicher Einheit die Rede. Daraus schlossen einige Anwesende, dass das zukünftige Gebilde gar keine Staatsqualität haben solle. Die Diskussionen um das zukünftige staatliche Gebilde bestechen durch unpräzise Formulierungen. Der Bayerische Ministerpräsident Ehard etwa, ein hervorragender Jurist, spricht von „…irgendeiner Organisation, die über den Ländern so etwas Ähnliches wie eine Regierungsgewalt schafft.“
Es soll wohl vor allem das Verdienst Carlo Schmidts gewesen sein, dass sich die SPD und damit letztendlich auch die Rittersturzkonferenz auf ein Provisoriumskonzept verständigte.
In der Mantelnote zu den Koblenzer Beschlüssen machten die Ministerpräsidenten ihre Vorbehalte gegen eine Staatsgründung deutlich: „…unbeschadet der Gewährung möglichst vollständiger Autonomie an die Bevölkerung dieses Gebietes [der drei Westzonen] [muss] alles vermieden werden [..], was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde; […] die Ministerpräsidenten [müssen] besonderen Wert darauf legen, dass bei der bevorstehenden Neuregelung alles vermieden wird, was geeignet sein könnte, die Spaltung zwischen West und Ost weiter zu vertiefen.“

3. Die Koblenzer Beschlüsse und ihre gesamtstaatlichen Folgen
Die Koblenzer Beschlüsse wurden am 10. Juli 1948 von den elf Ministerpräsidenten der damaligen westdeutschen Länder veröffentlicht. Darin wurde festgestellt, dass die Weststaatsgründung lediglich ein Provisorium sein sollte, um einen gesamtdeutschen Staat anzustreben. Obwohl die deutsche Einheit zu dieser Zeit schon in weite Ferne gerückt war, waren sich die Ministerpräsidenten einig, dass diese Einheit weiterhin erklärtes Ziel sein sollte. Peter Altmeier (CDU) machte dies auf der Rittersturzkonferenz besonders pathetisch deutlich, als er in seiner Eröffnungsrede den in Koblenz geborenen Joseph Görres zitierte: „Was alle uns eint, ist dieselbe Liebe, die gleiche Treue, dasselbe Vaterland!“ Die Ergebnisse von Koblenz waren durch zwei gesamtstaatliche Faktoren maßgeblich geprägt: Zum einen sahen die Ministerpräsidenten keine ausreichende deutsche Souveränität für eine Staatsgründung, zum anderen wollten sie nicht die Verantwortung für die Teilung Deutschlands übernehmen. „Mit der Theorie, nur ein Provisorium zu schaffen, ließ sich sowohl die Frage der fehlenden Souveränität als auch das Problem der Verantwortung für die Teilung Deutschlands zumindest entschärfen.“
Die späteren Entscheidungen des Parlamentarischen Rates verwässerten die Absichten der Ministerpräsidenten hinsichtlich des provisorischen Charakters deutlich: Die Beschlüsse der Rittersturzkonferenz sind keine geradlinige Fortsetzung der Frankfurter Dokumente. Vielmehr sind sie in wesentlichen Punkten eine Art Gegenvorschlag (Karl Arnold). Nur verbal, in Punkt 1 der Mantelnote, akzeptieren die Ministerpräsidenten den Staatsgründungsauftrag der Alliierten, alle anderen Punkte wehren dieses Ansinnen ab. Juristisch betrachtet kommt somit etwas anderes heraus, als es die Alliierten
vorgeschlagen hatten: Ein mit einem Verwaltungs- und Organisationsstatut ausgestattetes Vereinigtes Wirtschafts– und Verwaltungsgebiet. Entsprechend enttäuscht reagierten die Alliierten, vorneweg die US-Amerikaner, hatten sie doch wesentlichen Anteil am Zustandekommen der Frankfurter Dokumente. General Clay bezeichnete die Vorschläge der Rittersturzkonferenz als „…catastrophic disregard of the seriousness of the total European situation.“ Und weiter: „…that the counterproposals of the Ministers President should be flatly rejected and they should be informed that the proposals made to them as a result of the London meeting are governmental procedures which the Ministers President have no authority to modify.“ An anderer Stelle bemerkt der „Political Advisor for Germany“, Murphy, dass die ablehnende Haltung zur Staatsgründung in der Furcht liege, mitverantwortlich für die deutsche Teilung zu sein.
„Ganz ohne Zweifel stellte die Verabschiedung des Grundgesetzes – trotz aller terminologischer Vorbehalte – den Erlass einer Verfassung dar; ebenso bedeutete die Gründung der Bundesrepublik Deutschland eben doch eine Staatsbildung. In Westdeutschland war – gemäß dem Willen der Alliierten – ein stabiler demokratischer Staat entstanden. Trotz aller Bekenntnisse zur Deutschen Einheit hatte die Rittersturzkonferenz der westdeutschen Ministerpräsidenten de facto die unaufhaltsame Teilung Deutschlands bestätigt.
Das Spannungsverhältnis zwischen Einheit und Demokratie, das die deutschen Demokraten seit 1848 gespalten hatte, wurde auf dem Koblenzer Rittersturz zum letzten Mal ausgetragen und – in der Folge – von den Alliierten zugunsten der Demokratie schieden. Die politische Großwetterlage erwies sich für die Behandlung der Deutschen Frage als bestimmend.“

(bundestag-Rittersturzkonferenz-1948)

 

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