8. Mai 1945
Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unterzeichnet (eigentlich am 9. 5. 1945 um 0 Uhr 16) in Anwesenheit der bevollmächtigten alliierten Generale die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst. Damit endet in Europa der Zweite Weltkrieg.
9. Mai 1945
In seiner Siegesrede versichert Stalin, die Sowjetunion beabsichtige nicht, »Deutschland zu zerstückeln oder zu vernichten«. Er rückt damit öffentlich von alliierten Teilungsplänen ab, die er noch auf der Konferenz in Jalta (4. – 11. 2. 1945) befürwortet hatte. Während des Zweiten Weltkriegs hatte Stalin gefordert, dass Deutschland Territorien abtreten müsse, vor allem im Osten, da Polen für den Verlust seiner Gebiete bis zur Curzonlinie (»Ostpolen«) entschädigt und deshalb nach Westen verschoben werden müsse (Heimstatt- und Kompensationstheorie auf der Kriegskonferenz in Teheran vom 28.11. – 1. 12. 1943). Konkrete Teilungspläne hatten Churchill (Nord- und Südtrennung Deutschlands entlang der Mainlinie) und Roosevelt (Zerstückelung Deutschlands in fünf Teilstaaten) vorgelegt.
11. Mai 1945
Die von Präsident Truman am 10. 5. 1945 gebilligte, geringfügig geänderte Direktive JCS 1067 vom 26. 4. 1945 schreibt der US-Militärregierung vor, Deutschland nicht zum »Zwecke seiner Befreiung« zu besetzen, sondern als »besiegten Feindstaat«. Untersagt sind Bestrebungen, die auf eine Fraternisation mit den Deutschen hinauslaufen oder ihren Mindestlebensstandard über das Niveau eines Nachbarstaats heben.
23. Mai 1945
Britische Truppen verhaften Hitlers Nachfolger Karl Dönitz mit seiner »Geschäftsführenden Reichsregierung« unter Graf Schwerin von Krosigk. Seitdem fehlt jede deutsche Zentralgewalt.
5. Juni 1945
Berliner Deklaration »in Anbetracht der Niederlage«: Die Regierungen der Vier Mächte übernehmen die »Oberste Regierungsgewalt in Deutschland« (supreme authority with respect to Germany), jedoch ohne Annexion. Seine Grenzen wollen sie später festlegen. Sie teilen das Territorium nach dem Stande vom 31. 12. 1937 in vier Besatzungszonen auf, Berlin unter einer Militärkommandantur in vier Sektoren. Die oberste Gewalt übernimmt der Kontrollrat aus den vier alliierten Oberbefehlshabern in Berlin: jeder in seiner Zone, gemeinsam und einstimmig in allen Deutschland als Ganzes betreffenden Angelegenheiten. Über die Besatzungszonen und den Kontrollmechanismus hatten sich die Siegermächte in den Londoner Protokollen der European Advisory Commission (EAC) verständigt: Im 1. Protokoll vom 12. 9. 1944 war Deutschland in seinen Grenzen vom 31. 12. 1937 in eine östliche (sowjetische), nordwestliche (britische) und südwestliche (amerikanische) Zone aufgeteilt worden, Groß-Berlin ebenfalls in drei Sektoren. Ergänzend wurde nachträglich am 14. 11. 1944 eine französische Besatzungszone beschlossen, die aus ursprünglich den USA und England zugewiesenen Gebieten bestand. – Im 2. Protokoll vom 14. 11. 1944 hatte die EAC das Dreimächte-Kontrollsystem geregelt, dem Frankreich am 1. 5. 1945 beitrat. Die Interalliierte Militärkommandantur für Berlin beginnt ihre Arbeit am 11. 7., der Alliierte Kontrollrat am 30. 8. 1945.
17. Juli – 2. August 1945
Die Potsdamer Konferenz der »Großen Drei« (Truman, USA; Stalin, Sowjetunion; Churchill, ab 28. 7. Attlee, Großbritannien) beschließt, Deutschland zu entmilitarisieren, zu entnazifizieren, zu demokratisieren, zu dekartellisieren und nach dem Prinzip der Selbstverwaltung von unten nach oben zu dezentralisieren. Geplant sind deutsche Zentralverwaltungen unter Staatssekretären für Finanzen, Transport, Verkehr, Außenhandel und Industrie. Deutschland ist als wirtschaftliche Einheit zu betrachten, seine Industrie zu kontrollieren, seine Land- und Friedenswirtschaft zu fördern, sein Lebensstandard jedoch unter dem Niveau der europäischen Länder zu halten. Reparationen sind in der jeweiligen Besatzungszone aus der laufenden Produktion, aus Demontagen und Auslandsguthaben zu befriedigen; die Sowjetunion erhält 10 Prozent der demontierten Industrieanlagen aus den Westzonen ohne Gegenleistung und 15 Prozent gegen Naturalien bzw. Rohstoffe. Nordostpreußen mit Königsberg (westliche Zusage, dies bei der Friedensregelung zu unterstützen) und »die früher deutschen Gebiete« östlich Oder und westlicher Neiße sowie die »frühere« Freie Stadt Danzig kommen vorbehaltlich der endgültigen Regelung der Grenzen auf der Friedenskonferenz unter sowjetische bzw. polnische »Verwaltung«. Die in Polen, der CSR und in Ungarn zurückgebliebene deutsche Bevölkerung soll »in ordnungsgemäßer und humaner Weise« ausgesiedelt werden. Frankreich tritt den Beschlüssen am 7. 8. 1945 unter Vorbehalten bei. Sie beziehen sich u. a. auf die vorgesehene Errichtung gesamtdeutscher Zentralverwaltungen, die im Herbst 1945 am französischen Veto im Kontrollrat scheitern. Die Potsdamer Konferenz bestätigt, dass die Anti-Hitler-Koalition (Bündnis der Westmächte mit der Sowjetunion) auch nach dem Kriegsende in Europa trotz aller Meinungsverschiedenheiten fortbesteht. Konflikte werden aber nur vorübergehend durch dilatorische, d. h. aufschiebende Formelkompromisse überbrückt.
10. Sept. – 2. Okt. 1945
Auf der ersten Konferenz des in Potsdam beschlossenen Rats der Außenminister in London verlangt Frankreich die Abtrennung des Rhein-Ruhr-Gebiets. Die Sowjetunion fordert eine deutsche Zentralregierung sowie eine Viermächte-Ruhrkontrolle. Die USA schlagen einen Viermächtevertrag über die Entmilitarisierung Deutschlands für 25 Jahre vor (Byrnes-Plan).
25. April – 12. Juli 1946
Der Rat der Außenminister erzielt auf seiner Konferenz in Paris (erste Sitzungsperiode: 25. 4. – 16. 5., zweite Sitzungsperiode: 15. 6. – 12. 7.) keinen Konsens in der Deutschlandfrage. US-Außenminister Byrnes regt erneut an, Deutschland 25 bzw. 40 Jahre lang zu entwaffnen, die vier Sektoren zusammenzulegen und einen Friedensvertrag abzuschließen. Der sowjetische Außenminister Molotow kritisiert die westliche Besatzungspolitik: Er fordert einen deutschen Zentralstaat, die Viermächte-Ruhrkontolle, die »wirtschaftliche« Entmilitarisierung Deutschlands und – wie auf der Krimkonferenz in Jalta vom 4. – 11. 2. 1945 empfohlen – zehn Milliarden Dollar Reparationen als 50-prozentigen sowjetischen Anteil.
6. September 1946
In seiner Stuttgarter Rede kündigt Außenminister Byrnes den Wandel der amerikanischen Besatzungspolitik an. Sie wolle dem deutschen Volk »zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt« verhelfen und dem demokratischen, föderativen und wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands dienen. Der französische Anspruch auf das Saarland werde anerkannt, der Umfang der an Polen abzutretenden Gebiete dagegen endgültig erst auf der Friedenskonferenz festgelegt. – Der sowjetische Außenminister Molotow bezeichnet daraufhin am 17. (16.?) 9. 1946 die Oder-Neiße-Linie als endgültige deutsch-polnische Grenze.
20. Nov. 1945 – 1. Okt. 1946
Vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg werden die NS-Hauptkriegsverbrecher – wie zwischen den Alliierten vereinbart – angeklagt. Zwölf von ihnen werden wegen Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt, sieben zu Haftstrafen und drei freigesprochen (Hjalmar Schacht, Franz von Papen und Hans Fritsche). NSDAP-Führerkorps, Gestapo, Sicherheitsdienst (SD) und Schutzstaffel (SS) werden als verbrecherische Organisationen eingestuft. Als letzter verbüßt Rudolf Heß (»Stellvertreter des Führers«) seine Strafe im Spandauer Gefängnis, wo er am 17. 8. 1987 laut Obduktionsbefund Selbstmord begeht. Zwölf Nachfolgeprozesse (1946 – 1949) befassen sich u. a. mit dem Auswärtigen Amt (Wilhelmstraßenprozess), dem IG-Farben-, dem Flick- und dem Kruppkonzern, mit dem Oberkommando der Wehrmacht und SS-Behörden, ferner mit SS-Ärzten, SS-Juristen und Militärs. Die von den Militärgerichten verurteilten Kriegsverbrecher sind, soweit sie nicht hingerichtet werden, später unter dem Einfluss des Kalten Krieges größtenteils amnestiert worden.
15./17. Juli 1947
An die Stelle der überholten US-Direktive JCS 1067 (11. 5. 1945) tritt die neue Direktive JCS 1779: Danach soll die deutsche Selbstverantwortlichkeit auf Länderebene gefördert, die Demontage auf Kriegsindustrien beschränkt, der Lebensstandard erhöht und die Unabhängigkeit von Subventionen erstrebt werden.
25. Nov. – 15. Dez. 1947
Die Londoner Konferenz des Rats der Außenminister scheitert, da die Differenzen in der Deutschlandfrage nicht mehr zu überbrücken sind. Hauptstreitpunkte: Reparationen, Demontagen, Marshallplan, Bizone, Oder-Neiße-Linie, Friedensvertrag, deutsche Einheit und Verfassung. Die Londoner Konferenz, die ergebnislos abgebrochen und vertagt wird, beendet die Bemühungen der vier großen Siegermächte um eine gemeinsame Deutschlandpolitik.
23. Februar – 6. März 1948
Die erste Sitzungsperiode der Londoner Sechsmächtekonferenz (Westmächte und Beneluxstaaten), zu der die Sowjetunion nicht eingeladen wird, empfiehlt, ein föderatives Regierungssystem in Westdeutschland zu errichten und es am Marshallplan und an der Ruhrkontrolle zu beteiligen. Wie zuvor bereits Großbritannien, so verzichtet unter amerikanischem Einfluss nun auch Frankreich auf eine eigenständige Politik gegenüber der Sowjetunion und Deutschland.
20. März 1948
Aus Protest gegen die Empfehlungen der Londoner Sechsmächtekonferenz und die Gründung der Brüsseler »Westunion« verlässt der sowjetische Militärgouverneur Sokolowskij den Alliierten Kontrollrat. Er ist damit gesprengt und tagt nicht wieder. Der Brüsseler Fünfmächtepakt zwischen England, Frankreich und den Beneluxstaaten vom 17. 3. 1948 (Westunion) richtete sich als erstes Nachkriegsbündnis in Europa gegen die Sowjetunion und nicht mehr – wie noch der englisch-französische Vertrag von Dünkirchen vom 4. 3. 1947 – gegen Deutschland.
20. April – 2. Juni 1948
Die zweite Sitzungsperiode der Londoner Sechsmächtekonferenz beschließt, dem deutschen Volk zu ermöglichen, »auf der Basis einer freien und demokratischen Regierungsform« seine Einheit wiederherzustellen und allmählich »volle Regierungsverantwortung« zu übernehmen. Die Militärgouverneure werden beauftragt, die westdeutschen Ministerpräsidenten zur Einberufung einer »Verfassunggebenden Versammlung« zu ermächtigen. Die empfohlene internationale Ruhrkontrolle und die militärische Sicherheitsbehörde sollen vor allem französische Vorbehalte zerstreuen.
23. – 24. Juni 1948
Die Warschauer Achtmächtekonferenz (Sowjetunion, Albanien, Bulgarien, Jugoslawien, Polen, Rumänien, CSR, Ungarn) wirft der Londoner Sechsmächtekonferenz vor, Deutschland durch ihre Beschlüsse zu spalten, »antidemokratischen Geist« zu propagieren und die »Oder-Neiße-Friedensgrenze« zu gefährden. Sie fordert unter Berufung auf Potsdam (17. 7. – 2. 8. 1945) eine gesamtdeutsche »demokratische« Regierung und einen Friedensvertrag.
5. – 8. April 1949
Auf ihrer Deutschlandkonferenz in Washington beschließen die Außenminister Acheson (USA), Bevin (Großbritannien) und Schuman (Frankreich): 1. die Bizone (1. 1. 1947) durch Fusion mit dem französischen Besatzungsgebiet zur Trizone zu erweitern; 2. die Militärregierung zu beenden, indem Alliierte Hohe Kommissare politische Kontrollbefugnisse und die Oberbefehlshaber nur noch militärische Funktionen wahrnehmen; 3. die endgültige Fassung des Besatzungsstatuts; 4. das Demontageprogramm zu reduzieren und die Industrieproduktion anzukurbeln.
23. Mai – 20. Juni 1949
Letzte Konferenz des Rats der Außenminister in Paris: Die Sowjetunion befürwortet, den Alliierten Kontrollrat wieder zu beleben, einen Friedensvertrag abzuschließen und einen paritätisch besetzten gesamtdeutschen Staatsrat zu bilden. Die Westmächte schlagen vor, dass die Länder der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) dem soeben verabschiedeten Bonner Grundgesetz beitreten. Die Konferenz bestätigt das Ende der Berlin-Blockade (12. 5. 1949) und die Freizügigkeit des Verkehrs in Deutschland, scheitert jedoch ansonsten am unüberbrückbaren Dissens in der Deutschlandfrage.
https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/deutschland-chronik/131163/8-mai-1945/