Alles zum 2+4 Vertrag

 

hier bieten wir dir einen Quellenpool, um zu erkennen, was 1990 mit dem sogenannten “2+4-Vertrag” wirklich geschah. Viel Spaß bei der Erkenntnis:

Überleitungsvertrag 1990

 

Am 28. September 1990 ist vereinbart worden, dass der Überleitungsvertrag zusammen mit dem Deutschlandvertrag infolge der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags mit Wirkung vom Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands, dem 3. Oktober 1990, suspendiert und mit dem Inkrafttreten des letzteren ausdrücklich außer Kraft gesetzt wurde. Einzelne der im Überleitungsvertrag getroffenen Bestimmungen behalten jedoch ihre Geltung.

Immer noch gültig sind:

  • Erster Teil: Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 bis „… Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern“[3] sowie Absätze 3, 4 und 5,
  • Art. 2 Abs. 1,
  • Art. 3 Abs. 2 und 3,
  • Art. 5 Abs. 1 und 3,
  • Art. 7 Abs. 1 und
  • Art. 8.
  • Dritter Teil: Art. 3 Abs. 5 Buchstabe a des Anhangs,
  • Art. 6 Abs. 3 des Anhangs.
  • Sechster Teil: Art. 3 Abs. 1 und 3.
  • Siebter Teil: Art. 1 und Art. 2.
  • Neunter Teil: Art. 1.
  • Zehnter Teil: Art. 4.

(Quelle)

 

Zur Übersicht, was noch also geltend ist: 

Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen
(“Überleitungsvertrag”)

(in der gemäß Liste IV zu dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung) Amtlicher Text, BGBl. 1955 11 S. 405.


(Die ursprüngliche Fassung des Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26.5.1952 (BGBl. 1954 II S.157) ist nicht in Kraft getreten.)


Die Bundesrepublik Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Französische Republik sind wie folgt übereingekommen:

Erster Teil
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1 

(1) Die Organe der Bundesrepublik und der Länder sind gemäß ihrer im Grundgesetz festgelegten Zuständigkeit befugt, von den Besatzungsbehörden erlassene Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern

(3) Der in diesem Vertrag verwendete Ausdruck “Rechtsvorschriften” umfaßt Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen (mit Ausnahme gerichtlicher Entscheidungen), Direktiven, Durchführungsbestimmungen, Anordnungen, Genehmigungen oder sonstige Vorschriften ähnlicher Art, die amtlich veröffentlicht worden sind. Die Bezugnahme auf eine einzelne Rechtsvorschrift schließt alle und jeden ihrer Teile, einschließlich der Präambel, ein, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

(4) Die amtlichen Texte der in diesem Artikel erwähnten Rechtsvorschriften sind diejenigen Texte, die zur Zeit des Erlasses maßgebend waren.

5) Der Ausdruck “Besatzungsbehörden“, wie er in diesem Teil verwendet wird, bedeutet den Kontrollrat, die Alliierte Hohe Kommission, die Hohen Kommissare der Drei Mächte, die Militärgouverneure der Drei Mächte, die Streitkräfte der Drei Mächte in Deutschland, sowie Organisationen und Personen, die in deren Namen Befugnisse ausüben oder im Falle von internationalen Organisationen und Organisationen anderer Mächte (und der Mitglieder solcher Organisationen) – mit deren Ermächtigung handeln, schließlich die bei den Streitkräften der Drei Mächte dienenden Hilfsverbände anderer Mächte.

Artikel 2

(1) Alle Rechte und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der Besatzungsbehörden oder auf Grund solcher Maßnahmen begründet oder festgestellt worden sind, sind und bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt worden sind. Diese Rechte und Verpflichtungen unterliegen ohne Diskriminierung denselben künftigen gesetzgeberischen, gerichtlichen und Verwaltungsmaßnahmen wie gleichartige nach innerstaatlichem deutschem Recht begründete oder festgestellte Rechte und Verpflichtungen.

(2) Soweit nicht in Absatz (3) dieses Artikels oder durch besondere Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Drei Mächte oder der betreffenden Macht etwas anderes bestimmt ist, sind deutsche Gerichte und Behörden nicht zuständig in strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Verfahren, die sich auf eine vor Inkrafttreten dieses Vertrags begangene Handlung oder Unterlassung beziehen, wenn unmittelbar vor Inkrafttreten dieses Vertrags die deutschen Gerichte und Behörden hinsichtlich solcher Handlungen oder Unterlassungen nicht zuständig waren, ohne Rücksicht darauf, ob sich diese Unzuständigkeit aus der Sache oder aus der Person ergibt.

(3) Vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes (1) dieses Artikels und jeder anderen einschlägigen Bestimmung des Vertrags über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten oder der in seinem Artikel 8 aufgeführten Zusatzverträge dürfen deutsche Gerichte die ihnen nach deutschem Recht zustehende Gerichtsbarkeit ausüben:

(a) in nichtstrafrechtlichen Verfahren, für die das Privatrecht maßgebend ist:

(i) gegen juristische Personen, wenn die Gerichtsbarkeit der deutschen Gerichte vorher allein deswegen ausgeschlossen war, weil diese juristischen Personen der Kontrolle der Besatzungsbehörden nach den Gesetzen Nr. 52 des SHAEF und der Militärregierung, betreffend Sperre und Kontrolle von Vermögen, nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 9, betreffend Beschlagnahme und Kontrolle des Vermögens der I. G. Farbenindustrie, oder nach dem Gesetz Nr. 35 der Alliierten Hohen Kommission, betreffend Aufspaltung der Vermögens der I. G. Farbenindustrie A. G., unterworfen waren;

(ii) gegen natürliche Personen, es sei denn, daß solche Verfahren aus Pflichten oder Diensten für die Besatzungsbehörden entstehen oder Handlungen oder Unterlassungen im Zuge der Erfüllung solcher Pflichten oder der Leistung solcher Dienste betreffen oder aus Ansprüchen entstehen, auf die in Artikel 3 des Neunten Teils dieses Vertrags Bezug genommen wird. Für Unterhaltsklagen sind deutsche Gerichte jedoch nur zuständig, soweit Unterhalt für die Zeit nach Inkrafttreten dieses Vertrags verlangt wird;

(b) in Strafverfahren gegen natürliche Personen, es sei denn, daß die Untersuchung wegen der angeblichen Straftat von den Strafverfolgungsbehörden der betreffenden Macht oder Mächte endgültig abgeschlossen war oder diese Straftat in Erfüllung von Pflichten oder Leistung von Diensten für die Besatzungsbehörden begangen wurde.

Entsteht in einem strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Verfahren, auf das in diesem Absatz Bezug genommen wird, die Frage, ob jemand in Erfüllung von Pflichten oder Leistung von Diensten für die Besatzungsbehörden gehandelt hat, oder ob die Strafverfolgungsbehörden der betreffenden Macht oder Mächte die Untersuchung wegen der angeblichen Straftat endgültig abgeschlossen haben, so wird das deutsche Gericht eine Bescheinigung des Botschafters oder in seiner Abwesenheit des Geschäftsträgers der betreffenden Macht als schlüssigen Beweis für diese Frage in der in der Bescheinigung angegebenen Umfang anerkennen.

Artikel 5

(1) Alle Urteile und Entscheidungen in nichtstrafrechtlichen Angelegenheiten, die von einem Gericht oder einer gerichtlichen Behörde der Drei Mächte oder einer derselben bisher in Deutschland erlassen worden sind oder später erlassen werden, bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam und sind von den deutschen Gerichten und Behörden demgemäß zu behandeln und auf Antrag einer Partei von diesen in der gleichen Weise wie Urteile und Entscheidungen deutscher Gerichte und Behörden zu vollstrecken.

(3) Im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Urteilen können Einwendungen gegen einen durch Urteil festgestellten Anspruch durch ein Verfahren nach § 767 der deutschen Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen deutschen Gericht geltend gemacht werden.

Artikel 7

(1) Alle Urteile und Entscheidungen in Strafsachen, die von einem Gericht oder einer gerichtlichen Behörde der Drei Mächte oder einer derselben bisher in Deutschland gefällt worden sind oder später gefällt werden, bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam und sind von den deutschen Gerichten und Behörden demgemäß zu behandeln.

Artikel 8

Folgende Personen genießen in bezug auf Handlungen, die sie in Ausübung ihres Amtes vorgenommen haben, während ihrer Amtsdauer und nach deren Ablauf Immunität gegen gerichtliche Verfolgung im Bundesgebiet:

(a) Mitglieder der in Absatz (2) des Artikels 4 dieses Teils bezeichneten Gerichte;

(b) Mitglieder der in Absatz (1) des Artikels 6 des Dritten Teiles dieses Vertrags bezeichneten Gerichte, an deren Stelle das Oberste Rückerstattungsgericht tritt;

(c) von einer der Drei Mächte ernannte Mitglieder des gemäß Absatz (1) des Artikels 6 dieses Teils errichteten Gemischten Ausschusses und des in Absatz (5) des Artikels 7 dieses Teiles bezeichneten Gemischten Beratenden Gnadenausschusses;

(d) von einer der Drei Mächte ernannte Mitglieder des in Absatz (1) des Artikels 12 dieses Teils bezeichneten Prüfungsausschusses;

Während ihrer Amtsdauer genießen diese Personen im Bundesgebiet ferner die gleichen Vorrechte und Immunitäten, die Mitgliedern diplomatischer Missionen gewährt werden.

Dritter Teil
INNERE RÜCKERSTATTUNG

Artikel 3

(5) Die Bundesrepublik verpflichtet sich ferner, (a) (gestrichen)

Anhang zum Dritten Teil
SATZUNG DES OBERSTEN RÜCKERSTATTUNGSGERICHTES

Artikel 6

 

3) Absatz (3), (4) und (5) des Artikels 2 und Absatz (4) und (5) des Artikels 3 dieser Satzung finden auf die Geschäftsstellenleiter des Gerichtes entsprechende Anwendung.

Sechster Teil
REPARATIONEN

Artikel 3

(1) Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen werden.

(3) Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund der in Absatz (1) und (2) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung dieser Organisationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht zugelassen.

Siebenter Teil
VERSCHLEPPTE PERSONEN UND FLüCHTLINGE

Artikel 1

Die Bundesrepublik verpflichtet sich:

(a) (gestrichen) (b) (gestrichen) (c) (gestrichen)

(d) die Fortführung der Arbeiten zu gewährleisten, die gegenwärtig vom Internationalen Suchdienst durchgeführt werden;

(e) die ordnungsgemäße Betreuung und Instandhaltung der Gräber alliierter ziviler Kriegsopfer (falls von den beteiligten Staaten nicht anderweitig vorgesehen), verschleppter Personen und nichtdeutscher Flüchtlinge im Bundesgebiet zu übernehmen und Pilgerfahrten von Angehörigen zu diesen Gräbern zu erleichtern;

(f) den Behörden der Drei Mächte und anderer beteiligter alliierter Staaten bei der Exhumierung und überführung der Leichen von Kriegsopfern die gleichen Möglichkeiten wie bisher zu gewähren.

Artikel 2

Die Bundesrepublik wird für die ordnungsgemäße Betreuung und Instandhaltung der Gräber alliierter Soldaten im Bundesgebiet (falls von den beteiligten Staaten oder den diesen Zwecken dienenden Organisationen dieser Staaten nicht anderweitig vorgesehen) Sorge tragen und die Tätigkeit dieser Organisationen erleichtern. Jede der Drei Mächte wird in ihrem Mutterland für die ordnungsgemäße Betreuung und Instandhaltung der Gräber deutscher Soldaten Sorge tragen und die Tätigkeit von Organisationen erleichtern, die diesen Zwecken dienen.

Neunter Teil
GEWISSE ANSPRÜCHE GEGEN FREMDE NATIONEN UND STAATSANGEHÖRIGE

Artikel 1

Vorbehaltlich der Bestimmungen einer Friedensregelung mit Deutschland dürfen deutsche Staatsangehörige, die der Herrschaftsgewalt der Bundesrepublik unterliegen, gegen die Staaten, welche die Erklärung der Vereinten Nationen vom 1.Januar 1942 unterzeichnet haben oder ihr beigetreten sind oder mit Deutschland im Kriegszustand waren oder in Artikel 5 des Fünften Teils dieses Vertrags genannt sind, sowie gegen deren Staatsangehörige keine Ansprüche irgendwelcher Art erheben wegen Maßnahmen, welche von den Regierungen dieser Staaten oder mit ihrer Ermächtigung in der Zeit zwischen dem 1. September 1939 und dem 5. Juni 1945 wegen des in Europa bestehenden Kriegszustandes getroffen worden sind; auch darf niemand derartige Ansprüche vor einem Gericht der Bundesrepublik geltend machen.

Zehnter Teil
AUSLÄNDISCHE INTERESSEN IN DEUTSCHLAND

Artikel 4

Die Bundesrepublik bestätigt, daß nach deutschem Recht der Kriegszustand als solcher die vor Eintritt des Kriegszustandes durch Verträge oder andere Verpflichtungen begründeten Verbindlichkeiten zur Bezahlung von Geldschulden und die vor diesem Zeitpunkt erworbenen Rechte nicht berührt.

(Quelle)

 

Zusammenfassung:

Es ist müßig, darüber zu diskutieren wie viele von den alten Bestimmungen verblieben sind und heute noch gelten. Fakt ist,  dass hie 1990 nicht die Okkupation (Besetzung) beendet und die volle Souveränität hergestellt worden sein. Dies widerspricht nicht nur der gepostete Inhalt, sondern auch die Logik. Wenn etwas tatsächlich beendet wurde, kann der Besatzer keinerlei Vorbehaltsrechte mehr inne haben.

Da die Besatzer jedoch nachweislich Vorbehaltsrechte immer noch besitzen, kann der Vorgang von 1990 maximal nur als Suspension (Aussetzung) verstanden werden. Dies wurde nicht nur im Notenaustausch vom Januar 1991 bestätigt sondern kann wie folgend entnommen werden:

 

 

kleiner Nachtrag:

 

Bundesministerium der Justiz Berlin, den 29. März 2004

Postanschrift:
Bundesministrium der Justiz,           Geschäftszeichen: E 4 -9161 II E2 
Hausanschrift: Mohrenstraßs 37                                                  10117 Berlin

Telefon: 0 18 88 5 80 – 0 (030) 20 25 – 70
bei Durchwahl: 0 18 88 5 80 – 95 14 (030) 20 25 – 95 14
Telefax: 0 18 88 5 80 – 95 25 (030) 20 25 – 95 25

 

Schutzbund der Kreditnehmer
Landesverband Hessen
Postfach 1253
35315 Homberg / Ohm

Betr.: Überleitungsvertrag
Bezug: Ihr Schreiben vom 20. März 2004

Sehr geehrter Herr Weisheit,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 20. März 2004, mit dem Sie sich nach der Geltung von Artikel 2 des Überleitungsvertrages erkundigt haben.
Ihre Annahme, wonach der Artikel 2 Abs. 1 des Überleitungsvertrages (BGBl. 1955 II S. 405) weiterhin in Kraft sei, ist zutreffend. In der Vereinbarung vom 27. / 28. September 1990 zu dem Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei
Mächten (in der geänderten Fassung) sowie zu dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen (in der geänderten Fassung) (BGBl. 1990 II S. 1386) ist unter Ziffer 3 bestimmt, dass unter anderem Artikel 2 Abs. 1 des Überleitungsvertrages in Kraft bleibt.

Mit freundlichen Grüßen                                                                 Im Auftrag
(Dr. Hiestand)

BGBl. 1955 II S. 405:
Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen
(“Überleitungsvertrag”)
(In der gemäß Liste IV zu dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland, geänderten Fassung) Amtlicher Text, BGBl. 1955 11 S. 405. Die ursprüngliche Fassung des Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26.5.1952 (BGBl. 1954 11 S. 157) ist nicht in Kraft getreten. Auszug aus dem Vertragstext:)
“Die Bundesrepublik Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Französische Republik sind wie folgt übereingekommen:
Erster Teil – Allgemeine Bestimmungen Artikel 2
(1) Alle Rechte und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der Besatzungsbehörden oder auf Grund solcher Maßnahmen begründet oder festgestellt worden sind, sind und bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt worden sind. Diese Rechte und Verpflichtungen unterliegen ohne Diskriminierung denselben künftigen gesetzgeberischen, gerichtlichen und Verwaltungsmaßnahmen wie gleichartige nach innerstaatlichem deutschem Recht begründete oder festgestellte Rechte und Verpflichtungen.”

BGBl. II 1990 S. 1386:
Bekanntmachung der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 zu dem Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten (in der geänderten Fassung) sowie zu dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der geänderten Fassung)
(2) Vorbehaltlich der Ziffer 3 wird der Vertrag vom 26. Mai 1952 zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der gemäß Liste IV zu dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung) (»Überleitungsvertrag«) gleichzeitig mit dem Deutschlandvertrag suspendiert und tritt gleichzeitig mit diesem außer Kraft; das gilt auch für die Briefe und die Briefwechsel zum Deutschlandvertrag und zum Überleitungsvertrag.
(3) Folgende Bestimmungen des Überleitungsvertrags bleiben jedoch in Kraft:
Erster Teil: Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 bis » . . . Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern« sowie Absätze 3, 4 und 5, Artikel 2 Absatz 1, Artikel 3 Absätze 2 und 3, Artikel 5 Absätze 1 und 3, Artikel 7 Absatz 1 Artikel 8 Dritter Teil: Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a des Anhangs

(Quelle)

– Könnte der Kaiser zurückkehren?

  Deutschland und die Monarchie
Könnte der Kaiser zurückkehren?

Von Reinhard Müller – Aktualisiert am 09.09.2022 – 19:12



Das Grundgesetz verbietet die Wiedereinführung der Monarchie. Aber die Republik trägt Überbleibsel des Dynastischen mit sich. Eine Analyse.

Gemäß Völkerrecht, kann jedes Volk seine politische Ausrichtung frei wählen und jederzeit verändern, wenn es dazu in der Lage ist. Das der Besatzer, über das Grundgesetz, seine Vorrechtsansprüche begründet und daran festhält, ist die eine Seite und Ausfluss seiner durch Okkupation zustehende Hoheitsrechte und steht somit dem Willen der Besatzungsmächte und deren Gehilfen (Verwaltung BRD) klar im widerspruch. So dass das deutsche Volk weder in seiner Gesamtheit noch sein völkerrechtlichen Souveränitätsanspruch verwehrt war/ist, wie es im Grundlagenvertrag und Teso-Beschluss (BVerfGE 77/137) zutreffend beschrieb. (Näheres findest du hierzu auf unserer Seite.)

Doch, wenn das deutsche Volk mit einer einfachen Mehrheit, seinen Willen zum Ausdruck bringt, hierzu müsste es aber als Solches auch rechtlich verbindlich erkennbar sein, infolge eine Verwaltungsaktes “Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit”. Bloße persönliche Meinungen, Annahmen oder Behauptungen Deutscher (Deutsche mit deutscher Staatsangehörigkeit) zu sein reichen eben nicht aus, weil all diese Meinungen, Annahmen oder Behauptungen keinerlei Rechtssicherheit begründen können, kann auch das Grundgesetz, den völkerrechtlichen Willen des deutschen Volkes nichts entgegenbringen außer bloße Gewalt der Unterdrückung, als Folge Sieger und Besiegte.

Die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz sind nur zur öffentlichen Ordnung „Odre Public“ eingeführt worden und es hat sich nur die politische Ausrichtung verändert, was keinen Einfluss auf das Rechtssubjekt, den Rechtskörper Deutsches Reich hat. Seit der Weimarer Republik, wurde nur die politische Ausrichtung ( Weimarer Republik, Nationalsozialismus, DDR und BRD) von anderen Staaten anerkannt. Damit ist aber kein neuer Staat entstanden. (Hierzu findest du mehr rechtlich-sachlich Informationen auf dieser Seite.) 

Der Unterlass sowie die Weigerung der öffentlichen Bekennung des tatsächlichen Vorhandenseins des deutschen Staatsvolkes  aus welchen Gründen auch immer, berechtigt den Treuhänder so lange zu bleiben, bis der Betreute sich rechtlich und öffentlich erkennbar macht. Unbewiesene Behauptungen reichen leider hierfür nicht aus.

 

 

Haager Landkriegsordnung 1907 (HLKO)

 

Übersetzung1

Abkommen 0.515.112
betreffend die Gesetze und Gebräuche
des Landkriegs2

Abgeschlossen in Den Haag am 18. Oktober 1907
Von der Bundesversammlung genehmigt am 4. April 19103
Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 12. Mai 19 10
In Kraft getreten für die Schweiz am 11. Juli 1910

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preussen; der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika; der Präsident der Argentinischen Republik; Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen usw., und Apostolischer König von Ungarn; Seine Majestät der König der Belgier; der Präsident der Republik Bolivien; der Präsident der Republik der Vereinigten Staaten von Brasilien; Seine Königliche Hoheit der Fürst von Bulgarien; der Präsident der Republik Chile; der Präsident der Republik Kolumbien; der einstweilige Gouverneur der Republik Kuba; Seine Majestät der König von Dänemark; der Präsident der Dominikanischen Republik; der Präsident der Republik Ecuador; der Präsident der Französischen Republik; Seine Majestät der König des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Irland und der Britischen überseeischen Lande, Kaiser von Indien; Seine Majestät der König der Hellenen; der Präsident der Republik Guatemala; der Präsident der Repbulik Haiti; Seine Majestät der König von Italien; Seine Majestät der Kaiser von Japan; Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Luxemburg, Herzog zu Nassau; der Präsident der Vereinigten Staaten von Mexiko; Seine Königliche Hoheit der Fürst von Montenegro; Seine Majestät der König von Norwegen; der Präsident der Republik Panama; der Präsident der Republik Paraguay; Ihre Majestät die Königin der Niederlande; der Präsident der Republik Peru; Seine Kaiserliche Majestät der Schah von Persien; Seine Majestät der König von Portugal und Algarbien usw.; Seine Majestät der König von Rumänien; Seine Majestät der Kaiser aller Reussen; der Präsident der Republik Salvador; Seine Majestät der König von Serbien; Seine Majestät der König von Siam; Seine Majestät der König von Schweden; der Schweizerische Bundesrat; Seine Majestät der Kaiser der Osmanen; der Präsident des Orientalischen Freistaats Uruguay; der Präsident der Vereinigten Staaten von Venezuela,in der Erwägung, dass bei allem Bemühen, Mittel zu suchen, um den Frieden zu sichern und bewaffnete Streitigkeiten zwischen den Völkern zu verhüten, es doch von Wichtigkeit ist, den Fall ins Auge zu fassen, wo ein Ruf zu den Waffen durch Ereignisse herbeigeführt wird, die ihre Fürsorge nicht hat abwenden können,

 

BS 11 409; BBl 1909 I 1

    1. Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
    2. Sogenanntes IV. Abkommen der Haager Friedenskonferenz von 1907. Die Schlussakte dieser Konferenz siehe in SR 0.193.212 am Schluss.
    3. BS 11 229

von dem Wunsche beseelt, selbst in diesem äussersten Falle den Interessen der Menschlichkeit und den sich immer steigernden Forderungen der Zivilisation zu dienen, in der Meinung, dass es zu diesem Zweck von Bedeutung ist, die allgemeinen Gesetze und Gebräuche des Krieges einer Durchsicht zu unterziehen, sei es, um sie näher zu bestimmen, sei es, um ihnen gewisse Grenzen zu ziehen, damit sie soviel wie möglich von ihrer Schärfe verlieren, haben eine Vervollständigung und in gewissen Punkten eine bestimmtere Fassung des Werkes der ersten Friedenskonferenz für nötig befunden, die im Anschluss an die Brüsseler Konferenz von 1874, ausgehend von diesen durch eine weise und hochherzige Fürsorge eingegebenen Gedanken, Bestimmungen zur Feststellung und Regelung der Gebräuche des Landkriegs angenommen hat. Nach der Auffassung der hohen vertragschliessenden Teile sollen diese Bestimmungen, deren Abfassung durch den Wunsch angeregt wurde, die Leiden des Krieges zu mildern, soweit es die militärischen Interessen gestatten, den Kriegführenden als allgemeine Richtschnur für ihr Verhalten in den Beziehungen untereinander und mit der Bevölkerung dienen. Es war indessen nicht möglich, sich schon jetzt über Bestimmungen zu einigen, die sich auf alle in der Praxis vorkommenden Fälle erstrecken. Andererseits konnte es nicht in der Absicht der hohen vertragschliessenden Teile liegen, dass die nicht vorgesehenen Fälle in Ermangelung einer schriftlichen Abrede der willkürlichen Beurteilung der militärischen Befehlshaber überlassen bleiben. In der Erwartung, dass später ein vollständigeres Kriegsgesetzbuch festgestellt werden könne, halten es die hohen vertragschliessenden Teile für zweckmässig, festzusetzen, dass in den Fällen, die in den Bestimmungen der von ihnen angenommenen Ordnung nicht einbegriffen sind, die Bevölkerung und die Kriegführenden unter dem Schutze und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts bleiben, wie sie sich ergeben aus den unter gesitteten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens. Sie erklären, dass namentlich die Artikel 1 und 2 der angenommenen Ordnung in diesem Sinne zu verstehen sind. Die hohen vertragschliessenden Teile, die hierüber ein neues Abkommen abzuschliessen wünschen, haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)

welche, nachdem sie ihre Vollmachten hinterlegt und diese in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind:

Art. 1
Die Vertragsmächte werden ihren Landheeren Verhaltungsmassregeln geben, welche der dem vorliegenden Abkommen beigefügten Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs entsprechen.

Art. 2
Die Bestimmungen der im Artikel 1 angeführten Ordnung sowie des vorliegenden Abkommens finden nur zwischen den Vertragsmächten Anwendung und nur dann, wenn die Kriegführenden sämtlich Vertragsparteien sind.

Art. 3
Die Kriegspartei, welche die Bestimmungen der bezeichneten Ordnung verletzen sollte, ist gegebenen Falles zum Schadenersatze verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden.

Art. 4
Dieses Abkommen tritt nach seiner Ratifikation für die Beziehungen zwischen den Vertragsmächten an die Stelle des Abkommens vom 29. Juli 18994 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs. Das Abkommen von 1899 bleibt in Kraft für die Beziehungen zwischen den Mächten, die es unterzeichnet haben, die aber das vorliegende Abkommen nicht gleichermassen ratifizieren sollten.

Art. 5
Dieses Abkommen soll möglichst bald ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Den Haag hinterlegt werden. Die erste Hinterlegung von Ratifikationsurkunden wird durch ein Protokoll festgestellt,
das von den Vertretern der daran teilnehmenden Mächte und von dem niederländischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten unterzeichnet wird. Die späteren Hinterlegungen von Ratifikationsurkunden erfolgen mittels einer schriftlichen, an die Regierung der Niederlande gerichteten Anzeige, der die Ratifikationsurkunde beizufügen ist. Beglaubigte Abschrift des Protokolls über die erste Hinterlegung von Ratifikationsurkunden, der im vorstehenden Absatz erwähnten Anzeigen sowie der Ratifikationsurkunden wird durch die Regierung der Niederlande unverzüglich den zur zweiten Friedenskonferenz eingeladenen Mächten sowie den anderen Mächten, die dem Abkommen beigetreten sind, auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden. In den Fällen des vorstehenden Absatzes wird die bezeichnete Regierung ihnen zugleich bekanntgeben, an welchem Tage sie die Anzeige erhalten hat.

Art. 6
Die Mächte, die nicht unterzeichnet haben, können diesem Abkommen später beitreten. Die Macht, die beizutreten wünscht, hat ihre Absicht der Regierung der Niederlande schriftlich anzuzeigen und ihr dabei die Beitrittsurkunde zu übersenden, die im Archive der bezeichneten Regierung hinterlegt werden wird. Diese Regierung wird unverzüglich allen anderen Mächten beglaubigte Abschrift der Anzeige wie der Beitrittsurkunde übersenden und zugleich angeben, an welchem Tage sie die Anzeige erhalten hat.

Art. 7
Dieses Abkommen wird wirksam für die Mächte, die an der ersten Hinterlegung von Ratifikationsurkunden teilgenommen haben, sechzig Tage nach dem Tage, an dem das Protokoll über diese Hinterlegung aufgenommen worden ist, und für die später ratifizierenden oder beitretenden Mächte sechzig Tage, nachdem die Regierung der Niederlande die Anzeige von ihrer Ratifikation oder von ihrem Beitritt erhalten hat.

Art. 8
Sollte eine der Vertragsmächte dieses Abkommen kündigen wollen, so soll die Kündigung schriftlich der Regierung der Niederlande erklärt werden, die unverzüglich beglaubigte Abschrift der Erklärung allen anderen Mächten mitteilt und ihnen zugleich bekanntgibt, an welchem Tage sie die Erklärung erhalten hat. Die Kündigung soll nur in Ansehung der Macht wirksam sein, die sie erklärt hat, und erst ein Jahr, nachdem die Erklärung bei der Regierung der Niederlande eingegangen ist.

Art. 9
Ein im niederländischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten geführtes Register soll den Tag der gemäss Artikel 5 Absätze 3 und 4 erfolgten Hinterlegung von Ratifikationsurkunden angeben sowie den Tag, an dem die Anzeigen von dem Beitritt (Artikel 6 Absatz 2) oder von der Kündigung (Artikel 8 Absatz 1) eingegangen sind. Jede Vertragsmacht hat das Recht, von diesem Register Kenntnis zu nehmen und beglaubigte Auszüge daraus zu verlangen.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen in Den Haag, am achtzehnten Oktober neunzehnhundertsieben in einer einzigen Ausfertigung, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt bleiben soll und wovon beglaubigte Abschriften den zu der zweiten Friedenskonferenz eingeladenen Mächten auf diplomatischem Wege übergeben werden sollen.

(Es folgen die Unterschriften)

 

Anlage

Ordnung
der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs
I. Abschnitt
Kriegführende
I. Kapitel
Begriff des Kriegführenden

Art. 1
Die Gesetze, die Rechte und die Pflichten des Krieges gelten nicht nur für das Heer, sondern auch für die Milizen und Freiwilligenkorps, wenn sie folgende Bedingungen erfüllen:

    1.  wenn jemand an ihrer Spitze steht, der für seine Untergebenen verantwortlich ist,
    2. wenn sie ein festes, aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen,
    3. wenn sie die Waffen offen führen und
    4. wenn sie bei ihren Unternehmungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachten.

In den Ländern, wo Milizien oder Freiwilligenkorps das Heer oder einen Bestandteil des Heeres bilden, sind diese unter der Bezeichnung «Heer» inbegriffen.

Art. 2
Die Bevölkerung eines nicht besetzten Gebiets, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antriebe zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne Zeit gehabt zu haben, sich nach Artikel 1 zu organisieren, wird als kriegführend betrachtet, wenn sie die Waffen offen führt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachtet.

Art. 3
Die bewaffnete Macht der Kriegsparteien kann sich zusammensetzen aus Kombattanten und Nichtkombattanten. Im Falle der Gefangennahme durch den Feind haben die einen wie die anderen Anspruch auf Behandlung als Kriegsgefangene.

 

II. Kapitel
Kriegsgefangene
5

Art. 4
Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt der feindlichen Regierung, aber nicht der Gewalt der Personen oder der Korps, die sie gefangengenommen haben. Sie sollen mit Menschlichkeit behandelt werden. Alles, was ihnen persönlich gehört, verbleibt ihr Eigentum mit Ausnahme von Waffen, Pferden und Schriftstücken militärischen Inhalts.

Art. 5
Die Kriegsgefangenen können in Städten, Festungen, Lagern oder an anderen Orten untergebracht werden mit der Verpflichtung, sich nicht über eine bestimmte Grenze hinaus zu entfernen; dagegen ist ihre Einschliessung nur statthaft als unerlässliche Sicherungsmassregel und nur während der Dauer der diese Massregel notwendig machenden Umstände.

Art. 6
Der Staat ist befugt, die Kriegsgefangenen, mit Ausnahme der Offiziere, nach ihrem Dienstgrad und nach ihren Fähigkeiten als Arbeiter zu verwenden. Diese Arbeiten dürfen nicht übermässig sein und in keiner Beziehung zu den Kriegsunternehrnungen stehen.
Den Kriegsgefangenen kann gestattet werden, Arbeiten für öffentliche Verwaltungen oder für Privatpersonen oder für ihre eigene Rechnung auszuführen. Arbeiten für den Staat werden nach den Sätzen bezahlt, die für Militärpersonen des eigenen Heeres bei Ausführung der gleichen Arbeiten gelten, oder, falls solche Sätze nicht bestehen, nach einem Satze, wie er den geleisteten Arbeiten entspricht. Werden die Arbeiten für Rechnung anderer öffentlicher Verwaltungen oder für Privatpersonen ausgeführt, so werden die Bedingungen im Einverständnisse mit der Militärbehörde festgestellt. Der Verdienst der Kriegsgefangenen soll zur Besserung ihrer Lage verwendet und der Überschuss nach Abzug der Unterhaltungskosten ihnen bei der Freilassung ausgezahlt werden.

Art. 7
Die Regierung, in deren Gewalt sich die Kriegsgefangenen befinden, hat für ihren Unterhalt zu sorgen.

5    Die Genfer Abkommen von 1929 (SR 0.518.41 Art. 89) und von 1949 (SR 0.518.42 Art. 135) über die Behandlung der Kriegsgefangenen ergänzen dieses Kapitel in den Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Mächten. In Ermangelung einer besonderen Verständigung zwischen den Kriegführenden sind die Kriegsgefangenen in Beziehung auf Nahrung, Unterkunft und Kleidung auf demselben Fusse zu behandeln wie die Truppen der Regierung, die sie gefangengenommen hat.

Art. 8
Die Kriegsgefangenen unterstehen den Gesetzen, Vorschriften und Befehlen, die in dem Heere des Staates gelten, in dessen Gewalt sie sich befinden. Jede Unbotmässigkeit kann mit der erforderlichen Strenge geahndet werden. Entwichene Kriegsgefangene, die wieder ergriffen werden, bevor es ihnen gelungen ist, ihr Heer zu erreichen, oder bevor sie das Gebiet verlassen haben, das von den Truppen, welche sie gefangengenommen hatten, besetzt ist, unterliegen disziplinarischer Bestrafung. Kriegsgefangene, die nach gelungener Flucht von neuem gefangengenommen werden, können für die frühere Flucht nicht bestraft werden.

Art. 9
Jeder Kriegsgefangene ist verpflichtet, auf Befragen seinen wahren Namen und Dienstgrad anzugeben; handelt er gegen diese Vorschrift, so können ihm die Vergünstigungen, die den Kriegsgefangenen seiner Klasse zustehen, entzogen werden.

Art. 10
Kriegsgefangene können gegen Ehrenwort freigelassen werden, wenn die Gesetze ihres Landes sie dazu ermächtigen; sie sind alsdann bei ihrer persönlichen Ehre verbunden, die übernommenen Verpflichtungen sowohl ihrer eigenen Regierung als auch dem Staate gegenüber, der sie zu Kriegsgefangenen gemacht hat, gewissenhaft zu erfüllen. Ihre Regierung ist in solchem Falle verpflichtet, keinerlei Dienste zu verlangen oder anzunehmen, die dem gegebenen Ehrenwort widersprechen.

Art. 11
Ein Kriegsgefangener kann nicht gezwungen werden, seine Freilassung gegen Ehrenwort anzunehmen; ebensowenig ist die feindliche Regierung verpflichtet, dem Antrag eines Kriegsgefangenen auf Entlassung gegen Ehrenwort zu entsprechen.

Art. 12
Jeder gegen Ehrenwort entlassene Kriegsgefangene, der gegen den Staat, dem gegenüber er die Ehrenverpflichtung eingegangen ist, oder gegen dessen Verbündete die Waffen trägt und wieder ergriffen wird, verliert das Recht der Behandlung als Kriegsgefangener und kann vor Gericht gestellt werden.

Art. 13
Personen, die einem Heere folgen, ohne ihm unmittelbar anzugehören, wie Kriegskorrespondenten, Zeitungsberichterstatter, Marketender und Lieferanten, haben, wenn sie in die Hand des Feindes geraten und diesem ihre Festhaltung zweckmässig erscheint, das Recht auf Behandlung als Kriegsgefangene, vorausgesetzt, dass sie sich im Besitz eines Ausweises der Militärbehörde des Heeres befinden, das sie begleiteten.

Art. 14
Beim Ausbruch der Feindseligkeiten wird in jedem der kriegführenden Staaten und eintretenden Falles in den neutralen Staaten, die Angehörige eines der Kriegführenden in ihr Gebiet aufgenommen haben, eine Auskunftstelle über die Kriegsgefangenen errichtet. Diese ist berufen, alle die Kriegsgefangenen betreffenden Anfragen zu beantworten, und erhält von den zuständigen Dienststellen alle Angaben über die Unterbringung und deren Wechsel, über Freilassungen gegen Ehrenwort, über Austausch, über Entweichungen, über Aufnahme in die Hospitäler und über Sterbefälle sowie sonstige Auskünfte, die nötig sind, um über jeden Kriegsgefangenen ein Personalblatt anzulegen und auf dem laufenden zu erhalten. Die Auskunftstelle verzeichnet auf diesem Personalblatte die Matrikelnummer, den Vor- und Zunamen, das Alter, den Heimatort, den Dienstgrad, den Truppenteil, die Verwundungen, den Tag und Ort der Gefangennahme, der Unterbringung, der Verwundungen und des Todes sowie alle besonderen Bemerkungen. Das Personalblatt wird nach dem Friedensschlusse der Regierung des anderen Kriegführenden übermittelt.
Die Auskunftstelle sammelt ferner alle zum persönlichen Gebrauche dienenden Gegenstände, Wertsachen, Briefe usw., die auf den Schlachtfeldern gefunden oder von den gegen Ehrenwort entlassenen, ausgetauschten, entwichenen oder in Hospitälern oder Feldlazaretten gestorbenen Kriegsgefangenen hinterlassen werden, und stellt sie den Berechtigten zu.

Art. 15
Die Hilfsgesellschaften für Kriegsgefangene, die ordnungsmässig nach den Gesetzen ihres Landes gebildet worden sind und den Zweck verfolgen, die Vermittler der mildtätigen Nächstenhilfe zu sein, erhalten von den Kriegführenden für sich und ihre ordnungsmässig beglaubigten Agenten jede Erleichterung innerhalb der durch die militärischen Notwendigkeiten und die Verwaltungsvorschriften gezogenen Grenzen, um ihre menschenfreundlichen Bestrebungen wirksam ausführen zu können. Den Delegierten dieser Gesellschaften kann auf Grund einer ihnen persönlich von der Militärbehörde erteilten Erlaubnis und gegen die schriftliche Verpflichtung, sich allen von dieser etwa erlassenen Ordnungs- und Polizeivorschriften zu fügen, gestattet werden, an den Unterbringungsstellen sowie an den Rastorten der in die Heimat zurückkehrenden Gefangenen Liebesgaben zu verteilen.

Art. 16
Die Auskunftstellen geniessen Portofreiheit. Briefe, Postanweisungen, Geldsendungen und Postpakete, die für die Kriegsgefangenen bestimmt sind oder von ihnen abgesandt werden, sind sowohl im Land der Aufgabe als auch im Bestimmungsland und in den Zwischenländern von allen Postgebühren befreit. Die als Liebesgaben und Beihilfen für Kriegsgefangene bestimmten Gegenstände sind von allen Eingangszöllen und anderen Gebühren sowie von den Frachtkosten auf Staatseisenbahnen befreit.

Art. 17
Die gefangenen Offiziere erhalten dieselbe Besoldung, wie sie den Offizieren gleichen Dienstgrades in dem Lande zusteht, wo sie gefangen gehalten werden; ihre Regierung ist zur Erstattung verpflichtet.

Art. 18
Den Kriegsgefangenen wird in der Ausübung ihrer Religion mit Einschluss der Teilnahme am Gottesdienst volle Freiheit gelassen unter der einzigen Bedingung, dass sie sich den Ordnungs- und Polizeivorschriften der Militärbehörden fügen.

Art. 19
Die Testamente der Kriegsgefangenen werden unter denselben Bedingungen entgegengenommen oder errichtet wie die der Militärpersonen des eigenen Heeres. Das gleiche gilt für die Sterbeurkunden sowie für die Beerdigung von Kriegsgefangenen, wobei deren Dienstgrad und Rang zu berücksichtigen ist.

Art. 20
Nach dem Friedensschlusse sollen die Kriegsgefangenen binnen kürzester Frist in ihre Heimat entlassen werden.

 

III. Kapitel
Kranke und Verwundete

Art. 21
Die Pflichten der Kriegführenden in Ansehung der Behandlung von Kranken und Verwundeten bestimmen sich nach dem Genfer Abkommen.

 

II. Abschnitt
Feindseligkeiten6
1. Kapitel
Mittel zur Schädigung des Feindes, Belagerungen und Beschiessungen

Art. 22
Die Kriegführenden haben kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.

Art. 23
Abgesehen von den durch Sonderverträge aufgestellten Verboten, ist namentlich untersagt:

a) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen,

b) die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindli- chen Volkes oder Heeres,

c) die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Feindes, der sich auf Gnade oder Ungnade ergeben hat,

d) die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird,

e) der Gebrauch von Waffen, Geschossen oder Stoffen, die geeignet sind, un- nötige Leiden zu verursachen,

f) der Missbrauch der Parlamentärflagge, der Nationalflagge oder der militäri- schen Abzeichen oder der Uniform des Feindes sowie der besonderen Ab- zeichen des Genfer Abkommens,

g) die Zerstörung oder Wegnahme feindlichen Eigentums ausser in den Fällen, wo diese Zerstörung oder Wegnahme durch die Notwendigkeiten des Krie- ges dringend erheischt wird,

h) die Aufhebung oder zeitweilige Ausserkraftsetzung der Rechte und Forde- rungen von Angehörigen der Gegenpartei oder die Ausschliessung ihrer Klagbarkeit.

Den Kriegführenden ist ebenfalls untersagt, Angehörige der Gegenpartei zur Teilnahme an den Kriegsunternehmungen gegen ihr Land zu zwingen; dies gilt auch für den Fall, dass sie vor Ausbruch des Krieges angeworben waren.

Art. 24
Kriegslisten und die Anwendung der notwendigen Mittel, um sich Nachrichten über den Gegner und das Gelände zu verschaffen, sind erlaubt.

6   Das Genfer Abk. vom 12. Aug. 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (SR 0.518.51) ergänzt diesen Abschnitt in den Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Mächten (Art. 154 des erwähnten Abkommens).

Art. 25
Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschiessen.

Art. 26
Der Befehlshaber einer angreifenden Truppe soll vor Beginn der Beschiessung, den Fall eines Sturmangriffes ausgenommen, alles, was an ihm liegt, tun, um die Behörden davon zu benachrichtigen.

Art. 27
Bei Belagerungen und Beschiessungen sollen alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke und Verwundete soviel wie möglich zu schonen, vorausgesetzt, dass sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zwecke Verwendung finden. Pflicht der Belagerten ist es, diese Gebäude oder Sammelplätze mit deutlichen besonderen Zeichen zu versehen und diese dem Belagerer vorher bekanntzugeben.

Art. 28
Es ist untersagt, Städte oder Ansiedlungen, selbst wenn sie im Sturme genommen sind, der Plünderung preiszugeben.

 

II. Kapitel
Spione

Art. 29
Als Spion gilt nur, wer heimlich oder unter falschem Vorwand in dem Operationsgebiet eines Kriegführenden Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht in der Absicht, sie der Gegenpartei mitzuteilen. Demgemäss sind Militärpersonen in Uniform, die in das Operationsgebiet des feindlichen Heeres eingedrungen sind, um sich Nachrichten zu verschaffen, nicht als Spione zu betrachten. Desgleichen gelten nicht als Spione: Militärpersonen und Nichtmilitärpersonen, die den ihnen erteilten Auftrag, Mitteilungen an ihr eigenes oder an das feindliche Heer zu überbringen, offen ausführen. Dahin gehören ebenfalls Personen, die in Luftschiffen befördert werden, um Mitteilungen zu überbringen oder um überhaupt Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen eines Heeres oder eines Gebiets aufrechtzuerhalten.

Art. 30
Der auf der Tat ertappte Spion darf nicht ohne vorausgegangenes Urteil bestraft werden.

Art. 31
Ein Spion, welcher zu dem Heere, dem er angehört, zurückgekehrt ist und später vom Feinde gefangen genommen wird, ist als Kriegsgefangener zu betrachten und kann für früher begangene Spionage nicht verantwortlich gemacht werden.

 

III. Kapitel
Parlamentäre

Art. 32
Als Parlamentär gilt, wer von einem der Kriegführenden bevollmächtigt ist, mit dem anderen in Unterhandlungen zu treten, und sich mit der weissen Fahne zeigt. Er hat Anspruch auf Unverletzlichkeit, ebenso der ihn begleitende Trompeter, Hornist oder Trommler, Fahnenträger und Dolmetscher.

Art. 33
Der Befehlshaber, zu dem ein Parlamentär gesandt wird, ist nicht verpflichtet, ihn unter allen Umständen zu empfangen. Er kann alle erforderlichen Massregeln ergreifen, um den Parlamentär zu verhindern, seine Sendung zur Einziehung von Nachrichten zu benutzen.
Er ist berechtigt, bei vorkommendem Missbrauch den Parlamentär zeitweilig zurückzuhalten.

Art. 34
Der Parlamentär verliert seinen Anspruch auf Unverletzlichkeit, wenn der bestimmte, unwiderlegbare Beweis vorliegt, dass er seine bevorrechtigte Stellung dazu benutzt hat, um Verrat zu üben oder dazu anzustiften.

 

IV. Kapitel
Kapitulationen

Art. 35
Die zwischen den abschliessenden Parteien vereinbarten Kapitulationen sollen den Forderungen der militärischen Ehre Rechnung tragen. Einmal abgeschlossen, sollen sie von beiden Parteien gewissenhaft beobachtet werden.

 

V. Kapitel: Waffenstillstand

Art. 36
Der Waffenstillstand unterbricht die Kriegsunternehmungen kraft eines wechselseitigen Übereinkommens der Kriegsparteien. Ist eine bestimmte Dauer nicht vereinbart worden, so können die Kriegsparteien jederzeit die Feindseligkeiten wieder aufnehmen, doch nur unter der Voraussetzung, dass der Feind, gemäss den Bedingungen des Waffenstillstandes, rechtzeitig benachrichtigt wird.

Art. 37
Der Waffenstillstand kann ein allgemeiner oder ein örtlich begrenzter sein. Der erstere unterbricht die Kriegsunternehmungen der kriegführenden Staaten allenthalben, der letztere nur für bestimmte Teile der kriegführenden Heere und innerhalb eines bestimmten Bereichs.

Art. 38
Der Waffenstillstand muss in aller Form und rechtzeitig den zuständigen Behörden und den Truppen bekanntgemacht werden. Die Feindseligkeiten sind sofort nach der Bekanntmachung oder zu dem festgesetzten Zeitpunkt einzustellen.

Art. 39
Es ist Sache der abschliessenden Parteien, in den Bedingungen des Waffenstillstandes festzusetzen, welche Beziehungen sie auf dem Kriegsschauplatze untereinander und mit der Bevölkerung unterhalten können.

Art. 40
Jede schwere Verletzung des Waffenstillstandes durch eine der Parteien gibt der andern das Recht, ihn zu kündigen und in dringenden Fällen sogar die Feindseligkeiten unverzüglich wieder aufzunehmen.

Art. 41
Die Verletzung der Bedingungen des Waffenstillstandes durch Privatpersonen, die aus eigenem Antrieb handeln, gibt nur das Recht, die Bestrafung der Schuldigen und gegebenenfalls einen Ersatz für den erlittenen Schaden zu fordern.

 

III. Abschnitt:
Militärische Gewalt auf besetztem feindlichen Gebiete7

Art. 42
Ein Gebiet gilt als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet. Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann.

Art. 43
Nachdem die gesetzmässige Gewalt tatsächlich in die Hände des Besetzenden übergegangen ist, hat dieser alle von ihm abhängenden Vorkehrungen zu treffen, um nach Möglichkeit die öffentliche Ordnung und das öffentliche Leben wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten, und zwar, soweit kein zwingendes Hindernis besteht, unter Beachtung der Landesgesetze.

Art. 44
Einem Kriegführenden ist es untersagt, die Bevölkerung eines besetzten Gebiets zu zwingen, Auskünfte über das Heer des anderen Kriegführenden oder über dessen Verteidigungsmittel zu geben.

Art. 45
Es ist untersagt, die Bevölkerung eines besetzten Gebiets zu zwingen, der feindlichen Macht den Treueid zu leisten.

Art. 46
Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden. Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden.

Art. 47
Die Plünderung ist ausdrücklich untersagt.

Art. 48
Erhebt der Besetzende in dem besetzten Gebiete die zugunsten des Staates bestehenden Abgaben, Zölle und Gebühren, so soll er es möglichst nach Massgabe der für die Ansetzung und Verteilung geltenden Vorschriften tun; es erwächst damit für

7   Das Genfer Abk. vom 12. Aug. 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten
(SR 0.518.51) ergänzt diesen Abschnitt in den Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Mächten (Art. 154 des erwähnten Abkommens).

ihn die Verpflichtung, die Kosten der Verwaltung des besetzten Gebiets in dem Umfange zu tragen, wie die gesetzmässige Regierung hierzu verpflichtet war.

Art. 49
Erhebt der Besetzende in dem besetzten Gebiet ausser den im vorstehenden Artikel bezeichneten Abgaben andere Auflagen in Geld, so darf dies nur zur Deckung der Bedürfnisse des Heeres oder der Verwaltung dieses Gebiets geschehen.

Art. 50
Keine Strafe in Geld oder anderer Art darf über eine ganze Bevölkerung wegen der Handlungen Einzelner verhängt werden, für welche die Bevölkerung nicht als mitverantwortlich angesehen werden kann.

Art. 51
Zwangsauflagen können nur auf Grund eines schriftlichen Befehls und unter Verantwortlichkeit eines selbständig kommandierenden Generals erhoben werden. Die Erhebung soll soviel wie möglich nach den Vorschriften über die Ansetzung und Verteilung der bestehenden Abgaben erfolgen. Über jede auferlegte Leistung wird den Leistungspflichtigen eine Empfangsbestätigung erteilt.

Art. 52
Naturalleistungen und Dienstleistungen können von Gemeinden oder Einwohnern nur für die Bedürfnisse des Besetzungsheers gefordert werden. Sie müssen im Verhältnisse zu den Hilfsquellen des Landes stehen und solcher Art sein, dass sie nicht für die Bevölkerung die Verpflichtung enthalten, an Kriegsunternehmungen gegen ihr Vaterland teilzunehmen. Derartige Natural- und Dienstleistungen können nur mit Ermächtigung des Befehlshabers der besetzten Örtlichkeit gefordert werden. Die Naturalleistungen sind soviel wie möglich bar zu bezahlen. Andernfalls sind dafür Empfangsbestätigungen auszustellen; die Zahlung der geschuldeten Summen soll möglichst bald bewirkt werden.

Art. 53
Das ein Gebiet besetzende Heer kann nur mit Beschlag belegen: das bare Geld und die Wertbestände des Staates sowie die dem Staate zustehenden eintreibbaren Forderungen, die Waffenniederlagen, Beförderungsmittel, Vorratshäuser und Lebensmittelvorräte sowie überhaupt alles bewegliche Eigentum des Staates, das geeignet ist, den Kriegsunternehmungen zu dienen. Alle Mittel, die zu Lande, zu Wasser und in der Luft zur Weitergabe von Nachrichten und zur Beförderung von Personen oder Sachen dienen, mit Ausnahme der durch das Seerecht geregelten Fälle, sowie die Waffenniederlagen und überhaupt jede Art von Kriegsvorräten können, selbst wenn sie Privatpersonen gehören, mit Beschlag belegt werden. Sie müssen aber zurückgegeben werden; die Entschädigungen sind beim Friedensschluss zu regeln.

Art. 54
Die unterseeischen Kabel, die ein besetztes Gebiet mit einem neutralen Gebiete verbinden, dürfen nur im Falle unbedingter Notwendigkeit mit Beschlag belegt oder zerstört werden. Sie müssen gleichfalls zurückgegeben und die Entschädigungen beim Friedensschluss geregelt werden.

Art. 55
Der besetzende Staat hat sich nur als Verwalter und Nutzniesser der öffentlichen Gebäude, Liegenschaften, Wälder und landwirtschaftlichen Betriebe zu betrachten, die dem feindlichen Staate gehören und sich in dem besetzten Gebiete befinden. Er soll den Bestand dieser Güter erhalten und sie nach den Regeln des Niessbrauchs verwalten.

Art. 56
Das Eigentum der Gemeinden und der dem Gottesdienste, der Wohltätigkeit, dem Unterrichte, der Kunst und der Wissenschaft gewidmeten Anstalten, auch wenn diese dem Staate gehören, ist als Privateigentum zu behandeln. Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden.

Geltungsbereich des Abkommens am 1. April 1986
Geltungsbereich des Abkommens am 1. April 1986
* Vorbehalte siehe Vorbehalte.

 

Vorbehalte
Deutschland

Mit folgendem Vorbehalt zu Art. 44 der Anlage:
«Die deutsche Delegation kann den Art. 44a8 nicht annehmen, und ich erlaube mir mit einigen Worten unsere ablehnende Haltung zu begründen. Der Art. 22a9, der auf deutschen Vorschlag hin eingefügt wurde, lautet:
‹Den Kriegführenden ist es untersagt, Angehörige der Gegenpartei zur Teilnahme an den Kriegsunternehmungen gegen ihr Land zu zwingen; dies gilt auch für den Fall, dass sie vor Ausbruch des Krieges angeworben waren.›
Man muss zugeben, dass die Worte ‹Teilnahme an den Kriegsunternehmungen› verschieden ausgelegt werden können. Eine genauere Umschreibung erscheint uns aber unmöglich. Wenn man die auf Grund von Art. 22a10 verbotenen Handlungen genauer umschreiben will, wie dies Art. 44a11 möchte, besteht die Gefahr, dass dadurch entweder die Freiheit zu militärischen Handlungen über das richtige Mass hinaus eingeengt wird, oder aber, dass man zu einer Auslegung kommt, wonach dann gemäss dem Sprichwort «qui dicit de uno negat de altro» alle Handlungen erlaubt wären, die im Abkommen nicht ausdrücklich verboten werden. Wir wollen weder das eine noch das andere. Auf keinen Fall könnten wir eine Auslegung annehmen, durch die tatsächlich der Gedanke der Menschlichkeit und Zivilisation bedeutend abgeschwächt werden könnte. Von jenem Gedanken aber liessen wir uns leiten, als wir den Art. 22a12 vorschlugen. Aus diesen Gründen werden wir gegen den Art. 44a13 stimmen.» (Übersetzung des französischen Originaltextes)

Japan

Unter Vorbehalt von Art. 44 der Anlage.

Österreich

Mit folgendem Vorbehalt zu Art. 44 der Anlage:
«Nachdem die Delegation von Österreich-Ungarn den neuen Art. 22a14 unter der Bedingung angenommen hat, dass Art. 44 der heute geltenden Übereinkunft15 unverändert beibehalten werde, kann sie dem von der Zweiten

8    Es handelt sich um Art. 44a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 44.
9    Es handelt sich um Art. 22a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 23 Abs. 2.
10    Es handelt sich um Art. 22a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 23 Abs. 2.
11    Es handelt sich um Art. 44a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 44.
12    Es handelt sich um Art. 22a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 23 Abs. 2.
13    Es handelt sich um Art. 44a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 44.
14    Es handelt sich um Art. 22a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 23 Abs. 2.
15    Gemeint ist Art. 44 des R vom 29. Juli 1899 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (SR 0.5 15.111 Beilage).

Kommission vorgeschlagenen Art. 44a16 nicht zustimmen.» (Übersetzung des französischen Originaltextes)

 

Sowjetunion

Mit folgendem Vorbehalt zu Art. 44 der Anlage:
«Die russische Delegation hat die Ehre, zu erklären, dass sie, nachdem sie den neuen, von der deutschen Delegation vorgeschlagenen Art. 22a17 in der Meinung angenommen hat, er ersetze den heutigen Art. 44 des Reglementes von 189918, Vorbehalte anbringt in bezug auf die neue Fassung des erwähnten Art. 44a19Übersetzung des französischen Originaltextes)

 

Ungarn

Gleicher Vorbehalt wie Österreich.

 

 

16    Es handelt sich um Art. 44a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 44.
17    Es handelt sich um Art. 22a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 23 Abs. 2.
18    SR 0.515.111 Beilage
19    Es handelt sich um Art. 44a des Entwurfes. In der endgültigen Fassung hiervor ist es Art. 44

 

 

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916

 

!!! Werter Leser,
auf Grund der Urschrift Fraktur und Änderung in lateinische Schriftart wird es ihnen so vorkommen als wären viele Rechtschreibfehler in dem Text enthalten. Aber Fraktur kannte keine Umlaute und es handelt sich um alte Rechtschreibung. Wir haben alles so belassen ohne es auf die heutige Rechtschreibung anzupassen.

 

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916

§ 1. Jeder männliche Deutsche vom vollendeten siebzehnten bis zum vollendeten sechzigsten Lebensjahre ist, soweit er nicht zum Dienste in der bewaffneten Macht einberufen ist, zum vaterländischen Hilfsdienst während des Krieges verpflichtet.
§ 2. Als im vaterländischen Hilfsdienst tätig gelten alle Personen, die bei Behörden, behördlichen Einrichtungen, in der Kriegsindustrie, in der Land- und Forstwirtschaft, in der Krankenpflege, in kriegswirtschaftlichen Organisationen jeder Art oder in sonstigen Berufen oder Betrieben, die für Zwecke der Kriegführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar Bedeutung haben, beschäftigt sind, soweit die Zahl dieser Personen das Bedürfnis nicht übersteigt. Hilfsdienstpflichtige, die vor dem 1. August 1916 in einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebe tätig waren, dürfen aus diesem Berufe nicht zum Zwecke der Überweisung in eine andere Beschäftigung im vaterländischen Hilfsdienst herausgezogen werden.
§ 3. Die Leitung des vaterländischen Hilfsdienstes liegt dem beim Königlich Preußischen Kriegsministerium errichteten Kriegsamt ob.
§ 4. Über die Frage, ob und in welchem Umfang die Zahl der bei einer Behörde beschäftigten Personen das Bedürfnis übersteigt, entscheidet die zuständige Reichs- oder Landeszentralbehörde im Einvernehmen mit dem Kriegsamt. Über die Frage, was als behördliche Einrichtung anzusehen ist, sowie ob und in welchem Umfang die Zahl der bei einer solchen beschäftigten Personen das Bedürfnis übersteigt, entscheidet das Kriegsamt nach Benehmen mit der zuständigen Reichs- oder Landeszentralbehörde. Im übrigen entscheiden über die Frage, ob ein Beruf oder Betrieb im Sinne des § 2 Bedeutung hat, sowie ob und in welchem Umfang die Zahl der in einem Beruf, einer Organisation oder einem Betriebe tätigen Personen das Bedürfnis übersteigt, Ausschüsse, die für den Bezirk jedes Stellvertretenden Generalkommandos oder für Teile des Bezirks zu bilden sind.
§ 5. Jeder Ausschuß besteht aus einem Offizier als Vorsitzenden, zwei höheren Staatsbeamten, von denen einer der Gewerbeaufsicht angehören soll, sowie aus je zwei Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Den Offizier sowie die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestellt das Kriegsamt, in Bayern, Sachsen und Württemberg das Kriegsministerium, dem in diesen Bundestaaten [sic] auch im übrigen der Vollzug des Gesetzes im Einvernehmen mit dem Kriegsamt zukommt. Die höheren Staatsbeamten beruft die Landeszentralbehörde oder die von ihr zu bestimmende Behörde. Erstreckt sich der Bezirk eines Stellvertretenden Generalkommandos auf die Gebiete mehrerer Bundestaaten, so werden die Beamten von den zuständigen Behörden dieser Bundestaaten berufen; bei den Entscheidungen des Ausschusses wirken die Beamten des Bundestaats mit, dem der Betrieb, die Organisation oder der Berufsausübende angehört.
§ 6. Gegen die Entscheidung des Ausschusses (§ 4, Abs.2) findet Beschwerde an die beim Kriegsamt einzurichtende Zentralstelle statt, die aus zwei Offizieren des Kriegsamts, von denen der eine den Vorsitz führt, zwei vom Reichskanzler ernannten Beamten und einem von der Zentralbehörde des Bundestaats zu ernennenden Beamten, dem der Betrieb, die Organisation oder der Berufsausübende angehört, sowie je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besteht; für die Bestellung dieser Vertreter gilt § 5 Satz 2. Werden Marineinteressen berührt, so ist einer der Offiziere vom Reichs-Marineamte zu bestellen. Bei Beschwerden gegen Entscheidungen bayerischer, sächsischer oder württembergischer Ausschüsse ist einer der Offiziere von dem Kriegsministerium des beteiligten Bundestaats zu bestellen.

§ 7. Die nicht im Sinne des § 2 beschäftigten Hilfsdienstpflichtigen können jederzeit zum vaterländischen Hilfsdienst herangezogen werden. Die Heranziehung erfolgt in der Regel zunächst durch eine Aufforderung zur freiwilligen Meldung, die das Kriegsamt oder eine durch Vermittlung der Landeszentralbehörde zu bestimmende Stelle erläßt.
Wird dieser Aufforderung nicht in ausreichendem Maße entsprochen, so wird der einzelne Hilfsdienstpflichtige durch besondere schriftliche Aufforderung eines Ausschusses herangezogen, der in der Regel für jeden Bezirk einer Ersatzkommission zu bilden ist und aus einem Offizier als Vorsitzenden, einem höheren Beamten und je zwei Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besteht. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden Ausschlag. Für die Bestellung des Offiziers sowie der Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gilt § 5 Satz 2; den höheren Beamten beruft die Landeszentralbehörde oder die von ihr zu bestimmende Behörde. Jeder, dem die besondere schriftliche Aufforderung zugegangen ist, hat bei einer der nach § 2 in Frage kommenden Stellen Arbeit zu suchen. Soweit hierdurch eine Beschäftigung binnen zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung nicht herbeigeführt wird, findet die Überweisung zu einer Beschäftigung durch den Ausschuß statt. Über Beschwerden gegen die Überweisung entscheidet der bei dem Stellvertretenden Generalkommando gebildete Ausschuß (§ 4 Abs.2). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 8. Bei der Überweisung zur Beschäftigung ist auf das Lebensalter, die Familienverhältnisse, den Wohnort und die Gesundheit sowie auf die bisherige Tätigkeit des Hilfsdienstpflichtigen nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen; desgleichen ist zu prüfen, ob der in Aussicht gestellte Arbeitslohn dem Beschäftigten und etwa zu versorgenden Angehörigen ausreichenden Unterhalt ermöglicht.
§ 9. Niemand darf einen Hilfsdienstpflichtigen in Beschäftigung nehmen, der bei einer der im § 2 bezeichneten Stellen beschäftigt ist oder in den letzten zwei Wochen beschäftigt gewesen ist, sofern der Hilfsdienstpflichtige nicht eine Bescheinigung seines letzten Arbeitgebers darüber beibringt, daß er die Beschäftigung mit dessen Zustimmung aufgegeben hat. Weigert sich der Arbeitgeber, die von dem Hilfsdienstpflichtigen beantragte Bescheinigung auszustellen, so steht diesem die Beschwerde an einen Ausschuß zu, der in der Regel für jeden Bezirk einer Ersatzkommission zu bilden ist und aus einem Beauftragten des Kriegsamts als Vorsitzendem sowie aus je drei Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besteht. Je zwei dieser Vertreter sind ständig, die übrigen sind aus der Berufsgruppe zu entnehmen, welcher der beteiligte Hilfsdienstpflichtige angehört. Erkennt der Ausschuß nach Untersuchung des Falles an, daß ein wichtiger Grund für das Ausscheiden vorliegt, so stellt er eine Bescheinigung aus, die in ihrer Wirkung die Bescheinigung des Arbeitgebers ersetzt. Als wichtiger Grund soll insbesondere eine angemessene Verbesserung der Arbeitsbedingungen im vaterländischen Hilfsdienst gelten.
§ 10. Die Anweisung für das Verfahren bei den in § 4 Abs.2, § 7 Abs.2, §9 Abs.2 bezeichneten Ausschüssen erläßt das Kriegsamt. Für die Berufung der Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in die Ausschüsse (§§ 5, 6, § 7 Abs.2, § 9 Abs.2) durch das Kriegsamt sind Vorschlagslisten wirtschaftlicher Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einzuholen. Soweit zur Wahrnehmung der Obliegenheiten der in § 9, Abs.2 bezeichneten Ausschüsse bereits ähnliche Ausschüsse (Kriegsausschüsse usw.) bestehen, können sie mit Zustimmung des Kriegsamts an die Stelle jener Ausschüsse treten.

§ 11. In allen für den vaterländischen Hilfsdienst tätigen Betrieben, für die Titel VII der Gewerbeordnung gilt und in denen in der Regel mindestens fünfzig Arbeiter beschäftigt werden, müssen ständige Arbeiterausschüsse bestehen. Soweit für solche Betriebe ständige Arbeiterausschüsse nach § 134h der Gewerbeordnung oder nach den Berggesetzen nicht bestehen, sind sie zu errichten. Die Mitglieder dieser Arbeiterausschüsse werden von den volljährigen Arbeitern des Betriebs oder der Betriebsabteilung aus ihrer Mitte in unmittelbarer und geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Das Nähere bestimmt die Landeszentralbehörde. Nach denselben Grundsätzen und mit den gleichen Befugnissen sind in Betrieben der im Abs.1 bezeichneten Art mit mehr als fünfzig nach dem Versicherungsgesetze für Angestellte versicherungspflichtigen Angestellten besondere Ausschüsse (Angestelltenausschüsse) für diese Angestellten zu errichten.
§ 12. Dem Arbeiterausschusse liegt ob, das gute Einvernehmen innerhalb der Arbeiterschaft des Betriebs und zwischen der Arbeiterschaft und dem Arbeitgeber zu fördern. Er hat Anträge, Wünsche und Beschwerden der Arbeiterschaft, die sich auf die Betriebseinrichtungen, die Lohn- und sonstigen Arbeitsverhältnisse des Betriebs und seiner Wohlfahrtseinrichtungen beziehen, zur Kenntnis des Unternehmers zu bringen und sich darüber zu äußern. Auf Verlangen von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Arbeiterausschusses muß eine Sitzung anberaumt und der beantragte Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt werden.
§ 13. Kommt in einem Betriebe der im § 11 bezeichneten Art bei Streitigkeiten über die Lohn- oder sonstigen Arbeitsbedingungen eine Einigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeiterausschusse nicht zustande, so kann, wenn nicht beide Teile ein Gewerbegericht, ein Berggewerbegericht, ein Einigungsamt einer Innung oder ein Kaufmannsgericht als Einigungsamt anrufen, von jedem Teile der in § 9 Abs.2 bezeichnete Ausschuß als Schlichtungsstelle angerufen werden. In diesem Falle finden die §§ 66, 68 bis 73 des Gewerbegerichtsgesetzes entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß ein Schiedspruch auch dann abzugeben ist, wenn einer der beiden Teile nicht erscheint oder nicht verhandelt, sowie daß Personen, die an der einzelnen Streitsache als Arbeitgeber oder als Mitglied des Arbeiterausschusses beteiligt gewesen sind, bei dem Schiedspruch nicht mitwirken dürfen. Besteht in einem für den vaterländischen Hilfsdienst tätigen Betriebe, für den Titel VII der Gewerbeordnung gilt, ein ständiger Arbeiterausschuß weder nach der Gewerbeordnung oder den Berggesetzen noch nach § 11 Abs.2 oder Abs.3 dieses Gesetzes, so kann bei Streitigkeiten zwischen der Arbeiterschaft und dem Arbeitgeber über die Lohn- oder sonstigen Arbeitsbedingungen der in § 9 Abs.2 bezeichnete Ausschuß als Schlichtungsstelle angerufen werden; das gleiche gilt für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Bestimmungen des Abs.1 Satz 2 gelten entsprechend. Unterwirft sich der Arbeitgeber dem Schiedsspruch nicht, so ist den beteiligten Arbeitnehmern auf ihr Verlangen die zum Aufgeben der Arbeit berechtigende Bescheinigung (§ 9) zu erteilen. Unterwerfen sich die Arbeitnehmer dem Schiedsspruch nicht, so darf ihnen aus der dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Veranlassung die Bescheinigung nicht erteilt werden.

§ 14. Den im vaterländischen Hilfsdienst beschäftigten Personen darf die Ausübung des ihnen gesetzlich zustehenden Vereins- und Versammlungsrechts nicht beschränkt werden.
§ 15. Für die industriellen Betriebe der Heeres- und Marineverwaltung sind durch die zuständigen Dienstbehörden Vorschriften im Sinne der §§11 bis 13 zu erlassen.
§ 16. Die auf Grund dieses Gesetzes der Landwirtschaft überwiesenen gewerblichen Arbeiter unterliegen nicht den landesgesetzlichen Bestimmungen über das Gesinde.
§ 17. Die durch öffentliche Bekanntmachung oder unmittelbare Anfrage des Kriegsamts oder der Ausschüsse erforderten Auskünfte über Beschäftigungs- und Arbeitsfragen sowie über Lohn- und Betriebsverhältnisse sind zu erteilen. Das Kriegsamt ist befugt, den Betrieb durch einen Beauftragten einsehen zu lassen.
§ 18. Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark oder mit einer dieser Strafen oder mit Haft wird bestraft:1. wer der auf Grund des § 7 Abs.3 angeordneten Überweisung zu einer Beschäftigung nicht nachkommt oder sich ohne dringenden Grund beharrlich weigert, die ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten; 2. wer der Vorschrift in § 9 Abs.1 zuwider einen Arbeiter beschäftigt; 3. wer die im § 17 vorgesehene Auskunft innerhalb der festgesetzten Frist nicht erteilt oder bei der Auskunfterteilung wissentlich unwahre oder unvollständige Angaben macht.

§ 19. Der Bundesrat erläßt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen; allgemeine Verordnungen bedürfen der Zustimmung eines vom Reichstag aus seiner Mitte gewählten Ausschusses von fünfzehn Mitgliedern. Das Kriegsamt ist verpflichtet, den Ausschuß über alle wichtigen Vorgänge auf dem laufenden zu halten, ihm auf Verlangen Auskunft zu geben, seine Vorschläge entgegenzunehmen und vor Erlaß wichtiger Anordnungen allgemeiner Art seine Meinungsäußerung einzuholen. Der Ausschuß ist zum Zusammentritt währen der Unterbrechung der Verhandlungen des Reichstags berechtigt. Der Bundesrat kann Zuwiderhandlungen gegen die Ausführungsbestimmungen mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark oder mit einer dieser Strafen oder mit Haft bedrohen.
§ 20. Das Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in kraft. Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens; macht er von dieser Befugnis binnen einen Monats nach Friedensschluß mit den europäischen Großmächten keinen Gebrauch, so tritt das Gesetz außer kraft.

Quelle: „Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst. Vom 5. Dezember 1916”, Reichs-Gesetzblatt, S. 1333.

 

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