– Ein Verfassungsrichter redet Klartext

 

KARLSRUHE. Bundesverfassungsrichter Peter Müller hat bei einer CDU-Veranstaltung im saarländischen Merzig mit einer „hedonistischen Elite“ abgerechnet, die „uns vorgibt, worüber wir noch reden dürfen und worüber nicht“. Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts sind zur politischen Neutralität verpflichtet, doch darüber setzte sich der ehemalige saarländische Ministerpräsident hinweg, indem er seine Rede als die eines „Privatmannes“ bezeichnete.

Müller, der im Herbst nach zwölf Jahren aus dem Amt scheidet, sagte laut Saarbrücker Zeitung: „Nicht jeder, der die Rechtsvergessenheit der EU kritisiert, ist ein Anti-Europäer. Nicht jeder, der die Freiheitsbeschränkungen während der Corona-Pandemie kritisch hinterfragt, ist ein Corona-Leugner. Nicht jeder, der über Ausländerkriminalität reden will, ist ein Ausländerfeind.“ Darüber müsse offen und ehrlich gesprochen werden.

Verfassungsrichter kritisiert Klimapolitik

Auch in die aktuelle Debatte um die Elektrifizierung des Verkehrs und des Heizens mischte sich der frühere CDU-Politiker ein. Zu den E-Autos sagte er: „Spielt es keine Rolle, wo die seltenen Erden herkommen, die in so einer Batterie verbraucht werden, unter welchem CO2-Einsatz sie gewonnen werden, daß ein Teil des Lithiums nachweislich durch Kinderarbeit gewonnen wird, daß die Entsorgung möglicherweise ökologisch hochproblematisch ist?“

Vieles auf Strom umzustellen, bedeute „mehr Kohlekraftwerke, mehr fossile Energien, mehr CO2, mehr Klimawandel und nicht weniger. Das ist die Wahrheit, über die man in diesem Land doch noch reden können muß.“

Keine rationalen Entscheidungen mehr

Die gesamte Klimapolitik trifft auf den Widerspruch des 67jährigen. Anstatt über die nicht mehr erreichbaren Pariser Klimaziele müsse jetzt mehr über die Anpassung an den Klimawandel gesprochen werden. Nur so könnten der Wohlstand gesichert und trotzdem die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten werden. „Permanent die Apokalypse auszurufen“, sei nicht vernünftig.

Mit rationalen Entscheidungen in einer Demokratie habe das „vergleichsweise wenig“ zu tun. „Am Ende ist der Umwelt nicht geholfen, dem Industriestandort Deutschland aber geschadet“. (fh)

(Quelle)

– politische Verfolgung

Sachsens Polizei- und Justizvollzugsbeamte werden einem Gesinnungs-TÜV unterworfen

Die politische Säuberung geht weiter: Die Kretschmer-Schuster-Regierung in Sachsen will mit neuem Gesinnungs-TÜV die “Verfassungstreue“ bei Sachsens Polizei– und Justizvollzugsbeamte “stärken”. Kritiker sprechen davon, dass mit dem neuen Gesetz Oppositionelle aus Polizei und Justiz entfernen werden sollen.

Sachsens Polizei- und Justizvollzugsbeamte müssen sich künftig vor Beginn ihrer Ausbildung und der damit verbundenen Übernahme in das „Beamtenverhältnis auf Widerruf“ einem umfassenden Gesinnungs-TÜV unterziehen. Ein entsprechendes „Gesetz zur Stärkung der Verfassungstreue“ hatte am Dienstag das sächsische Kabinett passiert und soll bis Herbst vom Sächsischen Landtag durchgewunken werden.

Wurde bislang nur ein polizeiliches Führungszeugnis, eine schriftliche Belehrung über die Verfassungstreue und die schriftliche Erklärung des Bewerbers über sein verfassungstreues Verhalten in den zurückliegenden Jahren verlangt, so greift das neue Gesetz weiter. Es schreibt zukünftig allen Bewerbern für Sachsens Polizei und Justizvollzugsdienst eine sogenannte „verdachtsunabhängigen Voranfrage“ beim Landesamt für Verfassungsschutz vor. Dabei werde geprüft, „ob etwas vorliegt und nicht etwa, dass man darüber hinaus noch etwas sucht“. Auch polizeiliche Datenbanken werden abgefragt, so Sachsens Innenminister Armin Schuster.

Ebenfalls kommt es via Gesetzt zu einer Kennzeichnungspflicht von Polizisten, die im Einsatz mit wechselnden Nummern versehen werden. Wie aus anderen Bundesländern bereits bekannt, sollen dieser Nummern für jedermann gut sichtbar und erkennbar angebracht werden und in jedem Fall aus dem Landeskürzel “SN” sowie einer fünfstelligen Ziffernfolge bestehen. Die Verjährungsfrist bei Disziplinarvergehen wird zudem auf bis zu zehn Jahre angehoben.

Sachsens knallgrüne Justizministerin Katja Meierbekannt geworden durch ihre gewaltverherrlichenden Texte, die sie als Sängerin in einer Punk-Band zum besten gab und berühmt für ihre Personalpolitik in ihrem Ministerium, die dafür sorgt, dass grüne Genossen in ihrem Haus mit gutbezahlten Posten versorgt werden, freut sich besonders. Denn “Sachverhalte” wie die aus dem vergangenen Jahr, wo es zu zwölf Vorfällen kam, die bei der sächsischen Polizei angesiedelt waren – wie: „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“, fehlende Distanz zu rechtsextremistischem Gedankengut sowie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit – können jetzt mit aller Härte bestraft werden. Linksextremistische, islamischen oder deutschenfeindlichen Vorfälle werden demnach nicht verfolgt.

Kritiker stellen fest, das somit die bisherige Agenda schonungslos weiter umgesetzt werde: “Kretschmers aus dem Westen importierter Innenminister Armin Schuster hat ein Gesetz vorbereitet, mit dem patriotische Oppositionelle noch schneller aus Polizei und Justiz entfernt werden können. Wer auch nur annähernd Kritik an den herrschenden Zuständen übt, droht der Rauswurf. Im Klartext: Das ist eine politische Säuberung”.  Der Staat nehme immer weiter diktatorische Züge an, während den Bürgern diese Maßnahmen als Demokratieförderung verkauft werde. “Und selbst der Name des geplanten Gesetzes ist eine Verhöhnung aller Bürger: “Gesetz zur Stärkung der Verfassungstreue”. Nunja, “Gesetz zur Entfernung politisch unbequemer Staatsdiener” dürfte es eher treffen”, so die Kritik. (SB)

(Quelle)

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„Ich bin nicht Kaiser Wilhelm“: Scholz zieht Kurs-Vergleich zum Ersten Weltkrieg

Erstellt: 

Von: Magdalena von Zumbusch

Scholz möchte Deutschland aus dem Ukraine-Krieg weitgehend heraushalten. Das betonte er mehrmals: In einer Sitzung wohl sogar mit einem Vergleich zum Ersten Weltkrieg.

München – Bundeskanzler Olaf Scholz fährt einen vorsichtigen Kurs im Umgang mit dem Ukraine-Krieg. Waffenlieferungen – vor allem der Bereitstellung schwerer Waffen an die Ukraine – stand der Kanzler zu Beginn des Krieges skeptisch gegenüber. Doch dann kam im April Bewegung in die Sache.

Dennoch bleibt er hinter den Wünschen der Ukraine zurück, der ukrainische Botschafter Melnyk etwa kritisierte den Kanzler wiederholt für seinen Kurs – jüngst etwa bezeichnete er ihn als Bremser.

Scholz bei Ukraine-Krieg zurückhaltend: „Ich bin nicht Kaiser Wilhelm

Ende April begründete der Kanzler seine Vorsicht wohl gar mit einem Vergleich zum Ersten Weltkrieg. Er werde nicht der Kanzler sein, der Deutschland versehentlich in den Krieg rutschen lasse, habe Scholz in einer Sitzung des Koalitionsausschusses gesagt: „Ich bin nicht Kaiser Wilhelm“, so seine Äußerung laut dem Spiegel. Das Zitat wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Koalitionskreisen bestätigt.

Kaiser Wilhelm II. wird von einigen Historikern ein großer Teil der Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs zugeschrieben, letztlich herrscht über die Rolle Kaiser Wilhelms II. aber Uneinigkeit. Für eine kriegstreibende Rolle sprechen unter anderem einige Reden des Kaisers, wie etwa ein Aufruf an das deutsche Volk vom 6. August 1914. Deren Originalaufzeichnung liegt zwar nicht vor, doch Wilhelm II. habe einige Monate vor Kriegsende eine Nachaufzeichnung vorgenommen, die der SWR 2 veröffentlicht hat. Von ähnlicher Kriegstreiberei ist der Kanzler Scholz sicherlich noch weit entfernt, wie Ausschnitte der Rede zeigen:

„Nun aber will man uns demütigen. Man verlangt, dass wir mit verschränkten Armen zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten. […] Es muss denn das Schwert nun entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf zu den Waffen! Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Vaterlande.

Um Sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das unsere Väter sich neu gründeten. Um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens. Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Ross. […] Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war.“

Auch der australische Historiker Christopher Clark sieht im Ukraine-Krieg und im Hinblick auf Deutschlands Gefahr, in den Krieg verwickelt zu werden, keine Parallelen zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. „Ich sehe da keine starke Analogie, ganz im Gegenteil“, sagte Clark der Deutschen Presse-Agentur.

Vor dem Angriff Russlands Ende Februar 2022 habe es allerdings Parallelen gegeben. „Das Katz-und-Maus-Spiel um die Mobilisierung der Truppen hat mich stark an den Winter von 1911/12 erinnert, als es entlang der Grenze zwischen Österreich-Ungarn und dem Russischen Reich immer wieder zu Mobilisierungen und Gegenmobilisierungen kam“, sagte Clark über die Phase kurz vor Eskalieren des Ukraine-Konflikts durch den russischen Angriff. Allerdings gebe es entscheidende Unterschiede – etwa, dass Europa damals binär in zwei große Bündnisse gespalten war. Im Ukraine-Krieg hingegen sei Russland seiner Ansicht nach „ziemlich isoliert“.

Andere sehen dabei wichtige Partner an Russlands Seite stehen, auch wenn das in der Öffentlichkeit nicht an die große Glocke gehängt wird. Die Großmacht China insbesondere hat mit Russland immer wieder Solidarität bekundet: Der chinesische Außenminister sprach sogar von einer „felsenfesten Freundschaft“. Clark hatte im Jahr 2012 eine berühmte Studie „Die Schlafwandler“ veröffentlich, in der er beschreibt, wie die europäischen Großmächte 1914 in den Ersten Weltkrieg schlitterten. (mvz mit dpa)

(Quelle)

persönliches Fazit:

… auch dieser Beitrag beweist die Verlogenheit und Pharrisäe dieser Protagonisten! Während Kaiser Willhelm durch überstaatliche Mächte und den sogenannten Alliierten und Assoziierten Mächten ROMs in den Krieg genötigt wurde, weil das Papsttum seine Absolution und Unfailbarkeit im Deutschen Reich nicht erreicht hatte, was einer der Gründe des Krieges war in den 1. WK förmlich gezwungen wurde, ist in der aktuellen Situation weder die BRD, die EU oder eines der Mitgliedstaaten der NATO angegriffen worden. Wie man angesichts dieser Tatsachen von „Friedliebigkeit“ eines nicht gewählten „Bundeskanzler“ die Rede sein kann oder Verteidigung, muss man wohl irgendwelchen geistigen Exerzitien persönlich erfahren haben.

– Ländereinführungsgesetz (neuen Bundesländer)

 

Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik (Ländereinführungsgesetz)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

LEinfG

Ausfertigungsdatum: 22.07.1990

Vollzitat:

„Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990 (GBl. DDR 1990 I S. 955)“

Fußnote

(+++ Textnachweis ab: 3.10.1990 +++)
Im beigetretenen Gebiet in Teilen fortgeltende Rechtsvorschrift der ehem. Deutschen Demokratischen Republik gem. Anlage II Kap. II Sachg. A Abschn. II nach Maßgabe d. Art. 9 EinigVtr v. 31.8.1990 iVm Art. 1 G v. 23.9.1990 II 885, 1150 mWv 3.10.1990.


Territoriale Gliederung

(1) Mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 werden in der DDR folgende Länder gebildet:

Mecklenburg-Vorpommern
durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Neubrandenburg, Rostock und Schwerin,

. ohne die Kreise Perleberg, Prenzlau und Templin;
Brandenburg
durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam,

. ohne die Kreise Hoyerswerda, Jessen und Weißwasser,
. zuzüglich der Kreise Perleberg, Prenzlau und Templin;
Sachsen-Anhalt
durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Halle und Magdeburg,

. ohne den Kreis Artern,
. zuzüglich des Kreises Jessen;
Sachsen
durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Dresden, Karl-Mark-Stadt/Chemnitz und Leipzig,

. ohne die Kreise Altenburg und Schmölln;
. zuzüglich der Kreise Hoyerswerda und Weißwasser;
Thüringen

durch Zusammenlegung der Bezirksterritorien Erfurt, Gera und Suhl,

. zuzüglich der Kreise Altenburg, Artern und Schmölln.

(Quelle)

 

Und hier ein Bild vom Original der Gesetzblattes der DDR, man achte auf das Datum:

 

– BVerfG, 17.12.1953 – 1 BvR 147/52

Fall:  Beamtenverhältnisse
Fundstellen: BVerfGE 3, 58; DVBl 1954, 86; DÖV 1954, 53; JZ 1954, 76; MDR 1954, 88; NJW 1954, 21
Gericht:  Bundesverfassungsgericht
Datum:  17.12.1953
Aktenzeichen:  1 BvR 147/52
Entscheidungstyp:  Urteil

Leitsätze

1. Wer an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt ist, für dessen Entscheidung es auf die Verfassungsmäßigkeit einer Norm ankommt, hat grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse, gegen die Norm selbst Verfassungsbeschwerde einzulegen. Ist jedoch die Norm bereits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde, so ist es nicht zu beanstanden, wenn das Gericht das Verfahren aussetzt, um dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, auch seinerseits Verfassungsbeschwerde einzulegen.
2. Alle Beamtenverhältnisse sind am 8. Mai 1945 erloschen.
3. Art. 129 WRV hat im nationalsozialistischen Staat seine Verfassungskraft verloren und sie auch später nicht wiedererlangt.
4. Die Geltung des Satzes, daß der Wechsel der Staatsform die Beamtenverhältnisse unberührt lasse, setzt voraus, daß es sich um echte Beamtenverhältnisse in traditionell-rechtsstaatlichem Sinne handelt, wie sie sich im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts in Deutschland entwickelt haben.
5. Die durch das nationalsozialistische Beamtenrecht geschaffenen rechtserheblichen Tatsachen und Rechtszerstörungen lassen sich nicht als nur tatsächliche Behinderungen der Geltung des „wirklichen Rechts“ beiseite schieben und nachträglich ungeschehen machen. Aus Gründen der Rechtssicherheit können sie nur durch neue gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt werden.
6. Die nach dem 8. Mai 1945 neu begründeten Dienstverhältnisse standen unter dem besonderen Vorbehalt des Eingriffes der Militärregierung zum Zwecke der politischen Überprüfung. Amtsentfernungen zu diesem Zwecke hatten in der amerikanischen Besatzungszone nicht eine Suspension, sondern eine endgültige Entlassung zur Folge.
7. Art. 33 Abs. 5 GG stellt nicht – wie Art. 129 WRV – wohlerworbene Rechte der Beamten unter Verfassungsschutz; er gewährleistet das Berufsbeamtentum als Einrichtung insoweit, als es sich in seiner hergebrachten Gestalt in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einfügen läßt.
8. Art. 131 GG ist nicht lediglich eine Zuständigkeitsnorm; er bezweckt auch inhaltlich eine besondere rechtliche Gestaltung bei der Regelung jenes Komplexes beamtenrechtlicher Verhältnisse, auf die wegen ihrer Eigenart die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) nicht im gleichen Maße angewandt werden können wie beim aktiven Dienst.
9. Die Einführung der zehnjährigen Wartefrist und des Rechtsstandes des Beamten zur Wiederverwendung, die Nichterneuerung der erloschenen Beamtenverhältnisse auf Widerruf und die Nichtberücksichtigung von Ernennungen und Beförderungen im Rahmen des § 7 G 131 verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG.
10. Das G 131 verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, soweit es
a) die Rechtsverhältnisse der betroffenen Beamten abweichend vom allgemeinen Beamtenrecht regelt;
b) die Rechtsstellung und Tätigkeit der früheren Beamten nicht bis ins einzelne berücksichtigt;
c) günstigere Landesregelungen zuläßt;
d) gewisse Ernennungen und Beförderungen nicht berücksichtigt;
e) die „Nichtbetroffenen“ günstiger behandelt;
f) in § 4 alter und neuer Fassung Stichtage festsetzt.
11. Die Einbeziehung der Hochschullehrer in das G 131 verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG.
12. Die die Beamten betreffenden Regelungen des G 131 verletzen nicht die Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 2 und 3 und Art. 139 GG.
13. Die vermögensrechtlichen Ansprüche der Versorgungsempfänger haben ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis, das in Art. 33 Abs. 5 GG eine verfassungsmäßige Sonderregelung gefunden hat; eine Kürzung ihrer öffentlich-rechtlichen Ansprüche für die Zukunft kann daher nicht gegen Art. 14 GG verstoßen.
14. Versorgungsempfänger, die ihre Bezüge aus Kassen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erhalten hatten, können ihre Ansprüche für die Übergangszeit, in der der Gesamtstaat handlungsunfähig war, nach den Grundsätzen über die Tragung des Betriebsrisikos nicht geltend machen; wenn das G 131 sie allein auf die von den Ländern in der Übergangszeit gewährten Zahlungen verweist, verstößt es nicht gegen Art. 14 GG.
15. Wenn das G 131 die verdrängten Versorgungsempfänger abweichend von den einheimischen behandelt, so berücksichtigt diese Unterscheidung den föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik; sie ist daher legitim, wenn sie nicht so dauerhaft und schwerwiegend ist, daß sie zu einer endgültigen Diskriminierung der verdrängten Versorgungsempfänger führt.
16. Die Kürzung des Witwengeldes bei besonders großem Altersunterschied verstößt nicht gegen Art. 3 und Art. 33 Abs. 5 GG.
17. Art. 33 Abs. 5 GG garantiert nicht den einmal erworbenen öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch in seiner vollen Höhe als wohlerworbenes Recht; er läßt Kürzungen zu, sofern der standesgemäße Unterhalt nicht beeinträchtigt wird, wie er für die einzelnen Beamtengruppen – unter Berücksichtigung des allgemeinen Lebensstandards – jeweils besonders zu bemessen ist.

Urteil

des Ersten Senats vom 17. Dezember 1953
– 1 BvR 147/52 –
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden des Ersten Staatsanwalts z. Wv. Dr. Ke. und 33 anderer Beschwerdeführer (Beamte und Versorgungsempfänger) gegen das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 307)
Entscheidungsformel:

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

I.

Der Zusammenbruch des Reiches im Mai 1945 hatte für zahlreiche Angehörige des öffentlichen Dienstes den Verlust ihres Amtes, ihres Arbeitsplatzes oder ihrer Versorgungsbezüge zur Folge. Dieses Schicksal traf vornehmlich die Vertriebenen und die Angehörigen aufgelöster Dienststellen. Aber auch bei weiterbestehenden Behörden in den westlichen Besatzungszonen sind viele Angehörige des öffentlichen Dienstes, die auf Grund von Anordnungen der Militärregierungen zum Zwecke der politischen Überprüfung von ihrem Amt oder Arbeitsplatz entfernt wurden, nicht wieder im öffentlichen Dienst verwendet worden.

Zunächst hatten weitgehend die Länder sich der Betroffenen angenommen. Ihre Fürsorge wies jedoch angesichts ihrer ungleichen Finanzkraft und der ungleichen Verteilung der Flüchtlinge nach der Höhe der Leistungen und der Abgrenzung des erfaßten Personenkreises erhebliche Unterschiede auf.

Eine erschöpfende und sachgerechte Lösung des mehr und mehr bedrückend gewordenen Komplexes der Rechtsverhältnisse der verdrängten und amtsentfernten Angehörigen des öffentlichen Dienstes war angesichts dieser Schwierigkeiten nur dem deutschen Gesamtstaat möglich. Das Problem erschien so bedeutsam, seine Lösung so vordringlich, daß schon das Grundgesetz nicht an ihm vorübergehen konnte. Bei der Vielzahl der zu lösenden Einzelfragen mußte es sich allerdings darauf beschränken, in Art. 131 GG dem Bundesgesetzgeber folgende Pflicht aufzuerlegen:

„Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienste standen, aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden, sind durch Bundesgesetz zu regeln. Entsprechendes gilt für Personen einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt waren und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen keine oder keine entsprechende Versorgung mehr erhalten.“

In Ausführung dieses Verfassungsauftrage erging das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl I S. 307; im folgenden: G 131); es trat rückwirkend am 1. April 1951 in Kraft.

Die Versorgungsverhältnisse wurden in mehreren wesentlichen Punkten abweichend vom allgemeinen Beamtenrecht geregelt; jedoch sieht § 78 für die Zukunft eine Anpassung an die versorgungsrechtliche Regelung des in Aussicht genommenen Bundesbeamtengesetzes vor; die damit beabsichtigte Verbesserung der Versorgungsverhältnisse ist durch § 192 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551; im folgenden: BBG) für die Zeit vom 1. September 1953 ab bewirkt worden. Weitere Verbesserungen der Rechtslage der unter Art. 131 GG fallenden Personen, vor allem auch eine Erweiterung des beteiligten Personenkreises, brachte das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 980; im folgenden: Erstes Änderungsgesetz). Es ist rückwirkend am 1. April 1951 in Kraft getreten, bestimmt jedoch in Art. V Abs. 1, daß Zahlungen auf Grund der neuen Vorschriften grundsätzlich erstmalig für die mit dem 1. September 1953 beginnenden Zeiträume geleistet werden.

II.

Die Beschwerdeführer zu 1 bis 33 fühlen sich durch zahlreiche Bestimmungen des G 131 – und zwar sowohl in seiner ursprünglichen als auch in der geänderten Fassung – in ihren Grundrechten verletzt. Sie haben Verfassungsbeschwerde erhoben mit dem Ziele, die im einzelnen bezeichneten Bestimmungen gemäß 95 Abs. 3 BVerfGG für nichtig zu erklären.

1. Der 1907 geborene Beschwerdeführer Ke. ist verdrängter Beamter im Sinne des Kapitels I Abschnitt I des G 131. Er war bis zur Kapitulation Erster Staatsanwalt am Oberlandesgericht Stettin. Im Juli 1948 wurde er aus britischer Gefangenschaft entlassen und am 22. Februar 1949 in die Gruppe V der Entlasteten eingereiht. Er ist bisher im Staatsdienst nicht wieder verwendet worden und erhält Übergangsgeld nach § 37 G 131.

2. Der Beschwerdeführer D. war bis Anfang Mai 1945 Oberbürgermeister der Stadt Apolda. Im Juli 1949, also nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, verließ er die sowjetische Besatzungszone, da er sich in seiner Freiheit bedroht fühlte. Er nahm Wohnsitz in Hessen; seine „Gleichstellung“ im Sinne des § 4 Abs. 2 G 131 hat der Beschwerdeführer beantragt, aber bisher nicht erreicht. Er hat bis zum 1. September 1953 keine Bezüge nach dem G 131 erhalten.

3. Die Beschwerdeführerinnen K. und Z. sind Witwen, deren Ehemänner Beamte in Ostpreußen und Schlesien waren. Sie erhalten Hinterbliebenenbezüge nach § 49 G 131. Da die Beschwerdeführerin Z. 24 Jahre jünger als ihr am 1. Oktober 1934 in den Ruhestand versetzter, am 6. Januar 1939 verstorbener Ehemann war, fand auf die Berechnung ihrer Hinterbliebenenbezüge § 40 G 131 Anwendung, der inzwischen durch § 192 Nr. 11 BBG aufgehoben worden ist. Die Berechnung ihrer Bezüge richtet sich nunmehr nach § 192 Nr. 14 BBG in Verbindung mit § 49 Abs. 1 G 131, § 192 Nr. 4 BBG in Verbindung mit § 29 G 131 und §126 BBG.

4. Die weiteren Beschwerdeführer sind nach der Kapitulation unmittelbar durch die amerikanische Militärregierung oder auf deren Veranlassung wegen Zugehörigkeit zur NSDAP aus ihrem Amt entfernt und im Entnazifizierungsverfahren entweder als Entlastete oder Mitläufer eingestuft worden. Die Beschwerdeführerin Ho. ist die Witwe eines solchen Beamten.

a) Der Beschwerdeführer Be. war seit Mai 1919 städtischer Beamter auf Lebenszeit, und zwar seit 1. Mai 1942 in der Stellung eines Oberamtmannes in München. Er wurde nach Abschluß der Entnazifizierung mit Wirkung vom 1. September 1948 in den Ruhestand versetzt und hat nach seiner Angabe 60 % seiner erdienten Versorgungsbezüge erhalten. Seit dem 1. September 1953 bezieht er volles Ruhegehalt, das ihm mit Wirkung vom 1. April 1951 ab nachgezahlt worden ist.

Der Beschwerdeführer Ga. wurde 1894 als Aspirant in den Dienst der Postverwaltung übernommen und mit Wirkung vom 31. Dezember 1938 zum Postamtmann bei der Oberpostdirektion in München befördert. Er ist nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens mit Wirkung vom 1. Juli 1948 in den Ruhestand versetzt worden. Der 1879 geborene Beschwerdeführer Wi. zwar zuletzt Regierungsvermessungsrat I. Klasse in Forchheim-Oberfranken, wurde am 4. August 1945 vom Dienst entfernt und erfolgreich entnazifiziert. Seit dem 1. Dezember 1946 erhält er die vollen Versorgungsbezüge seiner Besoldungsgruppe A 2 c 2.

b) Der 1900 geborene Beschwerdeführer Pf. war seit 1916 Gemeindebeamter auf Lebenszeit, und zwar seit 1936 in der Stellung eines Verwaltungsinspektors. Nach Rückkehr aus amerikanischer Gefangenschaft am 14. Juni 1945 war er noch kurze Zeit bei seiner Gemeinde Tutzing tätig. Nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens wurde er nicht wiederverwendet, erhielt jedoch als Gemeindebeamter zur Wiederverwendung Übergangsgeld nach § 37 G 131.

c) Der Beschwerdeführer S. war seit 1937 städtischer Ingenieur bei der Stadtverwaltung in München, seit 1938 als Beamter auf Lebenszeit. Nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens ist er nicht wieder als Beamter verwendet worden. Er erhält als Beamter zur Wiederverwendung, der vor dem 8. Mai 1945 noch nicht eine Dienstzeit von mindestens zehn Jahren abgeleistet hatte, keine Bezüge (§ 5 Abs. 2 in Verb. mit §37 G 131).

d) Der Beschwerdeführer St. war seit 1933 in der Gestütsverwaltung, zuletzt als Landstallmeister in einem zum ehemaligen Land Preußen, jetzt zu Hessen gehörenden Bezirk tätig, und zwar seit 1935 als Beamter auf Lebenszeit. Nach Abschluß seines Entnazifizierungsverfahrens ist er nicht wieder im Staatsdienst verwendet worden. Er erhält vom 1. April 1951 ab als Beamter zur Wiederverwendung Übergangsgeld.

e) Der am 11. Mai 1950 verstorbene Ehemann der Beschwerdeführerin Ho. war seit dem 28. April 1938 städtischer Beamter auf Widerruf im Dienst der Stadt Wunsiedel und wurde als sogenannter Altparteigenosse am 12. Juni 1945 auf Anordnung der Militärregierung vom Amt entfernt. Er fiel später unter die sogenannte Weihnachtsamnestie. Die Beschwerdeführerin fühlt sich dadurch benachteiligt, daß sie weder als Erbin ihres Mannes dessen Dienstbezüge für die Zeit zwischen Amtsentfernung und Tod noch als Witwe für die Zeit nach seinem Tode Hinterbliebenenbezüge erhalten hat. Sie hat verwaltungsgerichtliche Klage auf Feststellung der Fortdauer des Beamtenverhältnisses und ihrer Rechtsansprüche erhoben; das gerichtliche Verfahren ist bis zur Entscheidung über ihre Verfassungsbeschwerde ausgesetzt worden.

f) Der Beschwerdeführer Fl. war apl. Professor, die Beschwerdeführer Ba. und Gr. waren Dozenten an Universitäten im Lande Bayern, und zwar Ba. seit 1938, Gr. seit 1941 und Fl. seit dem 27. Oktober 1939, nachdem er sich vorher bereits in Göttingen habilitiert und 1936 in Erlangen umhabilitiert hatte. Die Beschwerdeführer fühlen sich dadurch benachteiligt, daß sie als Beamte auf Widerruf behandelt werden und daher nach § 6 G 131 als mit Ablauf des 8. Mai 1945 entlassen gelten.

g) Die Beschwerdeführer Bö., E., Ga., Gra., Hoe., L., Ma., Me., Mo., Ne., No., R., Sp., V., We. und Vo. waren ordentliche Professoren an bayerischen Universitäten oder Technischen Hochschulen, der Beschwerdeführer Bo. war planmäßiger a. o. Professor an der Universität Gießen, der Beschwerdeführer Li. ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt, der Beschwerdeführer Eb. war ordentlicher Professor an der Handelshochschule in Nürnberg, einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, die im Range einer Universität gleichsteht.

Nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens wurden die Professoren Vo., We., R., No., Me., Gra., Ga. und Bö. durch den Bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus wieder zu ordentlichen Professoren ernannt und gleichzeitig in den Ruhestand versetzt, also nicht emeritiert. Mit Wirkung vom 1. April 1951 erhalten die Beschwerdeführer R., Me., Gra. und Ga. die Bezüge eines Emeritus. Ferner haben die Beschwerdeführer Gra., R., No. und We. auch die Rechte eines Emeritus erhalten.

Die Beschwerdeführer Sp., Hoe., E., L. und Ma. erhalten als Beamte zur Wiederverwendung Übergangsgeld; Ma. wurde auf seinen Antrag auch als Privatdozent zugelassen und später außerplanmäßiger Professor. Der Beschwerdeführer Ne. ist wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Der erst seit dem 1. Oktober 1939 im Beamtenverhältnis stehende Professor V. erhält, da er noch nicht zehn Jahre im Amt war, keine Bezüge.

Der Beschwerdeführer Bo. erhält als Beamter zur Wiederverwendung vom Hessischen Staat Übergangsgeld. Der Beschwerdeführer Li. erhielt zunächst einen Unterhaltsbeitrag, seit Erreichung des 65. Lebensjahres erhält er Ruhegehalt. Der Beschwerdeführer Eb. erhielt nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens zunächst auf Grund bayerischer Bestimmungen eine Versorgung von monatlich 658.13 DM, seit dem 1. Oktober 1951 von 776.- DM. Nach § 4 Abs. 3 des bayerischen Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter § 63 des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 31. Juli 1952 (GVBl. S. 235; im folgenden: Bayer. G zu Art. 131 GG) erhält er die vollen Bezüge eines entpflichteten Hochschullehrers, ohne jedoch als Emeritus zu gelten. Der Beschwerdeführer Mo. wurde im September 1939 von seinen amtlichen Verpflichtungen entbunden, jedoch im Jahre 1942 „wieder in Dienst gestellt“. Nach Abschluß seines Entnazifizierungsverfahrens erhielt er zunächst Versorgungsbezüge; seit dem 1. April 1951 erhält er auch die Bezüge eines Emeritus.

III.

1. Alle Beschwerdeführer sind der Auffassung, daß ihre Beamten- und Versorgungsverhältnisse über den Zusammenbruch des Deutschen Reichs im Mai 1945 hinaus fortbestanden hätten und die Bundesrepublik wegen rechtlicher Identität mit dem Deutschen Reich aus jenen Rechtsverhältnissen verpflichtet sei. Das gelte auch, soweit der frühere unmittelbare Dienstherr eine Körperschaft außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes gewesen sei; denn mindestens das mittelbare Dienstverhältnis zum Deutschen Reich gemäß § 2 Abs. 1 DBG bestehe fort. Die Beamtenverhältnisse sind nach Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht durch die von der amerikanischen Militärregierung durchgeführten oder veranlaßten Entfernungen aus dem Amt beendet worden. Die Kontrollrats-Direktiven 24 und 38 sowie die Anweisung der amerikanischen Militärregierung Title 2-160.4 seien lediglich interne Anweisungen der Besatzungsmacht und hätten nicht objektives Recht schaffen können. Im übrigen ergebe eine richtige Auslegung der Direktiven sowie des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 (Bayer. GVBl. S. 145; Hess. GVBl. S. 57; RegBl. Württemberg-Baden S. 71; im folgenden: Befreiungsgesetz), daß es sich nicht um Entlassungen, sondern nur um Suspendierungen gehandelt habe. Das sei jetzt auch die herrschende Meinung in Rechtslehre und Rechtsprechung. Jedenfalls seien Entlastete und Mitläufer nach Abschluß des Entnazifizierungsverfahrens voll rehabilitiert. Damit sei festgestellt, daß in ihren Beamten- und Versorgungsverhältnissen keine Änderung eingetreten sei.

2. Die Beschwerdeführer tragen vor, daß das G 131 ihre unverändert gebliebenen Beamtenrechte teils entzogen, teils gemindert habe. Das verstoße gegen Grundrechte und andere Verfassungsbestimmungen und sei keine Regelung, wie sie Art. 131 GG vorschreibe.

Bei Beratung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat habe es an einer klaren Auffassung über die Rechtslage des von Art. 131 GG erfaßten Personenkreises gefehlt, da die Meinungen hierüber in Literatur und Rechtsprechung damals noch nicht geklärt gewesen seien. Art. 131 GG habe deshalb lediglich die Bundeskompetenz sichern und einen Rahmen festlegen wollen, ohne dem Gesetzgeber vorzuschreiben, wie er die betreffenden Rechtsverhältnisse zu regeln habe. Dagegen habe diese Vorschrift weder beabsichtigt noch sei sie – als Übergangsbestimmung – dazu in der Lage gewesen, den Bundesgesetzgeber von der Beachtung aller oder einzelner Grundrechte zu befreien. Aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates gehe eindeutig hervor, daß man kein Ausnahmerecht gegen die verdrängten und amtsentfernten Beamten habe schaffen wollen. Wenn überhaupt eine „konstitutive“ Regelung der unter Art. 131 GG fallenden Rechtsverhältnisse in Betracht komme, so sei sie nur im Rahmen der Grundrechte, insbesondere der naturrechtlich gebundenen Menschenrechte zulässig.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer zu 12 bis 33 scheidet bei den amtsentfernten Beamten jede konstitutive Regelung aus; denn ihr Dienstherr bestehe fort und ihre Ansprüche seien durch die Entnazifizierung nicht berührt worden. Ihnen gegenüber könne Art. 131 GG lediglich die Bedeutung haben, ihre nach Grund und Höhe feststehenden Ansprüche gegenüber dem öffentlich- rechtlichen Schuldner in Ländern und Gemeinden zu garantieren; hinsichtlich der heimatvertriebenen Beamten sei allerdings eine konstitutive Regelung im Rahmen der Grundrechte zulässig und sogar unumgänglich.

3. Von dieser ihrer grundsätzlichen Rechtsauffassung aus fühlen sich die Beschwerdeführer durch zahlreiche Bestimmungen des G 131 in ihren Grundrechten verletzt:

a) § 77 Abs. 1 GG 131 in Verbindung mit den die Rechtsverhältnisse der einzelnen Beschwerdeführer betreffenden Sonderbestimmungen bewirke eine entschädigungslose Enteignung, die nach Art. 14 Abs. 3 GG verfassungswidrig sei. Das gelte nicht nur für den Entzug der bereits vor dem 1. April 1951 entstandenen Gehalts- oder Versorgungsansprüche, sondern auch für die Streichung oder Kürzung künftiger Gehaltsforderungen. Hiermit würden einem begrenzten Personenkreis unter Verletzung des Gleichheitsprinzips Sonderopfer zugemutet, die nach herrschender Rechtsprechung als Enteignung zu qualifizieren seien; in jedem Falle würden durch die Bestimmungen des G 131 bestehende Rechte entweder gänzlich beseitigt oder in ihrem rechtlichen Kern vernichtet, so daß auch vom Standpunkt der sogenannten Schutzwürdigkeitstheorie aus der Tatbestand der Enteignung gegeben sei.

b) In der Beseitigung oder Umgestaltung ihrer Beamtenrechte erblicken die Beschwerdeführer weiterhin einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Diese Verfassungsbestimmung sichere mit der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums zugleich die wohlerworbenen Rechte der Beamten und verbiete, die Substanz der Beamtenrechte anzutasten. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehöre mindestens der Anspruch auf angemessene Versorgung, der nach dem G 131 nicht gesichert sei. Das gelte besonders für die Höhe des in § 37 vorgesehenen Übergangsgehaltes. Die rückwirkende Einführung der zehnjährigen Wartefrist beseitige unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG die bereits erworbene Rechtsstellung der Beamten auf Lebenszeit und entziehe ihnen Ansprüche auf Gehalt und Versorgung. Auch die Bestimmung über die Anrechnung privater Arbeitseinkünfte auf das Übergangsgeld und die Versorgungsbezüge (§§ 33, 37) widerspreche der Fürsorgepflicht des Staates und somit hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums.

Insbesondere sehen die Beschwerdeführer zu 12 bis 33 einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG darin, daß weder die Professoren noch die Dozenten im Stande der Emeriti oder „Extraemeriti“ belassen worden seien; dadurch seien wohlerworbene Rechte auf Verbindung zur Universität verletzt worden. Unter Hinweis auf die Literatur zu Art. 129 WRV legen die Beschwerdeführer dar, daß kraft der Doppelnatur des Hochschullehrerberufs mit dem öffentlichen Amt zugleich eine besondere körperschaftliche Stellung des Hochschullehrers in der Hochschule verbunden sei. Hochschulen seien nicht nur Staatsanstalten, sondern zugleich mit Autonomie ausgestattete Körperschaften des öffentlichen Rechts, an denen Gelehrte zu lebenslänglicher Arbeitsgemeinschaft mit den Aufgaben der Forschung und Lehre verbunden seien; in diese Körperschaften würden sie durch Habilitation (Gruppe der Privatdozenten, Dozenten und apl. Professoren) oder durch Berufung in ein Lehramt (Gruppe der beamteten Hochschullehrer) aufgenommen. Von jeher seien deshalb die Bestimmungen über Warte- und Ruhestand auf beamtete Hochschullehrer nicht angewandt worden, weil sie nicht nur das Ausscheiden aus dem Amt, sondern auch aus der Hochschulkorporation zur Folge haben würden. Die Hochschullehrer könnten statt dessen nur von ihren Amtspflichten entbunden, also emeritiert werden. Soweit das G 131 ihre Versetzung in den Ruhestand oder den Widerruf ihrer Beamtenverhältnisse unter Vorenthaltung des Standes eines Emeritus oder eines „Extraemeritus“ vorsehe, widerspreche es dem Art. 33 Abs. 5 GG.

Die Beschwerdeführer betonen jedoch vorsorglich, daß die Regelung des G 131 auf die Sonderstellung der Hochschullehrer nicht passe, sie also auch nicht betreffen könne. Auch der Berichterstatter im Bundestag, Abg. Dr. Kleindinst, habe betont, daß die Unterbringung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht in die gesetzliche Regelung einbezogen, sondern als Sache der Länder angesehen worden sei.

Die Vorschriften über einen Widerruf der Beamtenverhältnisse der Hochschullehrer oder über ihre Versetzung in den Ruhestand verletzen nach Ansicht der Beschwerdeführer auch den Art. 5 Abs. 3 GG, der die Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre garantiere.

Einen weiteren Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG enthalten nach Auffassung der Beschwerdeführer S., K. und Z. die Bestimmungen der §§ 7 und 40 G 131 über die Nichtberücksichtigung von Ernennungen und Beförderungen, die im Widerspruch zu beamtenrechtlichen Vorschriften oder wegen enger Verbindung zum Nationalsozialismus durchgeführt wurden, sowie über die Kürzung des Witwengeldes wegen besonders großen Altersunterschiedes der Eheleute.

c) Die Gesamtregelung des G 131 verletzt nach Ansicht der Beschwerdeführer das Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz, weil die völlig abweichende Behandlung des unter Art. 131 GG fallenden Personenkreises im Vergleich mit den aktiven Beamten auf Willkür beruhe. Besonders kraß sei das Mißverhältnis bei Pensionen und Hinterbliebenenbezügen; denn die „Einheimischen“ erhielten volle Pensionen und Hinterbliebenenbezüge, während die Ansprüche der Verdrängten deshalb gekürzt würden, weil sie ihre Bezüge früher von Kassen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erhalten hätten. Die amtsentfernten Mitläufer und Entlasteten seien willkürlich schlechter gestellt gegenüber denjenigen Mitläufern und Entlasteten, die entweder gar nicht vom Amt entfernt seien oder wiederverwendet würden.

Auch durch die §§ 7 und 40 G 131 werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt.

Innerhalb des G 131 wird – zum Teil aus sich widersprechenden Gründen – eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 3 GG darin gesehen, daß die einzelnen betroffenen Gruppen im Verhältnis zueinander ungleich behandelt seien: einige Beschwerdeführer fühlen sich dadurch benachteiligt, daß das G 131 nicht sämtliche betroffenen Personen völlig gleichstelle, daß insbesondere verschiedenartige Landesregelungen zugelassen würden; andere Beschwerdeführer folgern eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes daraus, daß die für die einzelnen Gruppen geltenden Bestimmungen zu sehr einander angeglichen und frühere Sondermerkmale, wie etwa diejenigen der Universitätslehrer, nicht gebührend berücksichtigt worden seien. Insbesondere wird in der Benachteiligung der amtsentfernten Mitläufer und Entlasteten gegenüber den amtsentfernten „Nichtbetroffenen“ (§ 62 Abs. 3 G 131) ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gesehen.

Auch die Festsetzung eines Stichtages gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und die Beschränkung der Gleichstellung gemäß § 4 Abs. 2 G 131 verstößt nach Ansicht des Beschwerdeführers zu 2 gegen das Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz.

d) Einige Beschwerdeführer sehen in der Bestimmung des § 77 G 131 einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG.

e) Eine Verletzung der Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG soll sich daraus ergeben, daß das G 131 unmittelbar bestimmte Beamtenrechte völlig oder teilweise entziehe, obgleich derartige Maßnahmen nur durch richterliche Straf- oder Disziplinarurteile angeordnet werden dürften. Außerdem verhänge das G 131 Strafen wegen eines Verhaltens, dessen Strafbarkeit zuvor nicht gesetzlich bestimmt gewesen sei (Art. 103 Abs. 2 GG). Endlich ergebe sich eine Doppelbestrafung und somit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 3 GG daraus, daß die Nachteile des § 7 G 131 auch solche Beamten träfen, gegen die bereits im Entnazifizierungsverfahren Sühnemaßnahmen verhängt worden seien.

4. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, daß das ganze G 131 verfassungswidrig und nichtig sei, mindestens aber die im einzelnen bezeichneten Bestimmungen verfassungswidrig und daher nichtig seien. Sie beantragen, das Gesetz oder die angegriffenen Einzelbestimmungen gemäß § 95 Abs. 3 BVerfGG für nichtig zu erklären.

IV.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin zu 34, die zur Zeit in Berchtesgaden wohnt, war Studienassessor im Sudetenland; er ist am 30. Juli 1941 in Rußland gefallen. Die Beschwerdeführerin erhielt zunächst Versorgungsbezüge nach den Bestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes und § 27 a des Fürsorge und Versorgungsgesetzes für die ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht bei besonderem Einsatz und ihre Hinterbliebenen vom 6. Juli 1939 (RGBl. I S. 1217) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einsatzfürsorge- und – versorgungsgesetzes vom 20. August 1940 (RGBl. I S. 1166; im folgenden: EWFVG). Nach Inkrafttreten des G 131 bezieht sie Hinterbliebenenbezüge nach § 49. Da diese Bestimmung in Verbindung mit § 29 G 131 auf den Abschnitt VIII des Deutschen Beamtengesetzes verweist, werden der Beschwerdeführerin seit dem 1. April 1951 die sich aus § 27 a EWFVG ergebenden höheren Beträge nicht gezahlt. Ihr Armenrechtsgesuch zur Klage auf Zahlung höherer Bezüge ist durch Beschluß des Landgerichts in München vom 20. August 1952 – 9 OH 44/1952 – abgelehnt, ihre Beschwerde durch das Oberlandesgericht in München vom 21. Oktober 1952 – 1 W 1341-52 – zurückgewiesen worden. Nach Erschöpfung des Rechtsweges im Armenrechtsverfahren hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, daß der Ausschluß der Anwendung des § 27 a EWFVG durch das G 131 und die dadurch bedingte nachträgliche Kürzung ihrer Bezüge wegen Verstoßes gegen Art. 3 und 14 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei; durch Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmungen hätten die Gerichtsbeschlüsse ihre Grundrechte verletzt. Die Beschwerdeführerin beantragt daher, die angefochtene Entscheidung gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben.

V.

Die Beschwerdeführer zu 12, 13, 15 bis 22 und 24 bis 33 haben ferner Verfassungsbeschwerde gegen § 1 des Bayer. G zu Art. 131 GG erhoben, mit dem Antrage, diese Vorschrift insoweit für nichtig zu erklären, als sie bestimmt, daß die §§ 5, 6, 35, 77 Abs. 1 G 131 in Verbindung mit den §§ 2-15 des bayerischen Gesetzes auf die planmäßigen ordentlichen und außerordentlichen Professoren und die Privatdozenten und außerplanmäßigen Professoren an den bayerischen wissenschaftlichen Hochschulen Anwendung finden.

Zur Begründung tragen die Beschwerdeführer vor: Das Bayer. G zu Art. 131 GG gehe in § 1 davon aus, daß das G 131 die durch die Eigenart des Berufs bedingten Rechte der Hochschullehrer vernichtet habe. Soweit daher §§ 5, 6, 35 und 77 Abs. 1 G 131 in ihrer Anwendung auf die Hochschullehrer grundgesetzwidrig seien, gelte das auch für die entsprechenden bayerischen Bestimmungen. Soweit sie also die Außerdienststellung und die Versetzung in den Ruhestand (§§ 4 und 11) und das Verbot der Nachzahlung (§ 8 Abs. 2 Satz 1) beträfen, verstießen sie gegen Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 14, Art. 33 Abs. 5 und Art. 139 GG.

VI.

Nach § 94 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung, dem Bundestag und Bundesrat, ferner den Landesregierungen von Bayern und Hessen, dem Bayerischen Landtag und dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Bundesregierung, die beiden Landesregierungen und das Bayerische Staatsministerium der Justiz haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Sie sind dem Standpunkt der Beschwerdeführer mit Rechtsausführungen entgegengetreten.

In der mündlichen Verhandlung waren die Bundesregierung, die Bayerische Landesregierung sowie sämtliche Beschwerdeführer außer denen zu 2, 6, 7 und 34 vertreten.

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerden gegen das G 131 sind zulässig.

1. Aus den Ausführungen der Beschwerdeführer ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß sie behaupten wollen, durch das Gesetz jedenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 3 und 14 GG verletzt zu sein. Das reicht für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden aus, ohne daß schon hier geprüft zu werden braucht, ob nach dem Vortrag der Beschwerdeführer auch die Verletzung anderer Grundrechte in Betracht kommen könnte. Bei der materiell-rechtlichen Prüfung der einzelnen Verfassungsbeschwerden wird zu beurteilen sein, ob sonstige von den Beschwerdeführern bezeichnete Grundrechte durch das G 131 verletzt sind.

2. Ein Verstoß gegen andere als die in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Bestimmungen des Grundgesetzes kann grundsätzlich mit der Verfassungsbeschwerde nicht gerügt werden. Soweit jedoch die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung von Grundrechten solche Verstöße behaupten, kann ihr Vorbringen als Anregung an das Bundesverfassungsgericht behandelt werden, von Amts wegen zu prüfen, ob eine Norm, durch die sie sich in ihren Grundrechten verletzt fühlen, auch wegen eines anderen Verstoßes gegen das Grundgesetz nichtig sei (vgl. BVerfGE 1, 264 [271]).

3. Die Verfassungsbeschwerden rügen eine unmittelbare und gegenwärtige Grundrechtsverletzung durch Gesetz (vgl. BVerfGE 1, 97 [103]). Dies folgt aus dem Hinweis der Beschwerdeführer auf § 77 G 131.

4. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde Ho. können deshalb bestehen, weil die Beschwerdeführerin zur Verfolgung ihrer vermeintlichen, durch das G 131 betroffenen Ansprüche bereits den Verwaltungsrechtsweg beschritten, das angerufene Gericht jedoch das Verfahren mit Rücksicht auf die Verfassungsbeschwerde ausgesetzt hat.

Solange ein Prozeß vor einem Gericht schwebt, besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse für eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Norm, deren Verfassungsmäßigkeit in dem gerichtlichen Verfahren zu prüfen ist. Ist jedoch bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Norm beim Bundesverfassungsgericht anhängig, so handelt das Prozeßgericht schon aus Gründen der Prozeßökonomie richtig, wenn es das bei ihm anhängige Verfahren aussetzt. Dadurch wird einmal vermieden, daß auch das Prozeßgericht neben dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Norm prüfen muß. Darüber hinaus wird den Beteiligten am Prozeßverfahren die Möglichkeit gegeben, sich der anhängigen Verfassungsbeschwerde gleichen Inhalts alsbald anzuschließen. Das wäre nicht der Fall, wenn das Gericht – bei Annahme der Verfassungswidrigkeit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG verfahren oder – bei Annahme der Verfassungsmäßigkeit – ein Endurteil erlassen würde. Die Beteiligten am Prozeßverfahren könnten dadurch mit ihrem Vorbringen in dem beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren ausgeschlossen und das Bundesverfassungsgericht könnte gehindert werden, ihren möglicherweise gewichtigen und erheblichen Sach- und Rechtsvortrag bei seiner grundsätzlichen Entscheidung über die bereits anhängige Verfassungsbeschwerde mit zu berücksichtigen.

Aus diesem Grunde muß in derartigen besonders gelagerten Fällen ein Rechtsschutzinteresse für die Verfassungsbeschwerde trotz des anhängigen gerichtlichen Verfahrens bejaht werden. Die Verfassungsbeschwerde Ho. ist daher zulässig.

5. Während des Verfahrens ist das G 131 durch das Bundesbeamtengesetz und das Erste Änderungsgesetz in zahlreichen Bestimmungen – zum Teil mit rückwirkender Kraft – geändert worden. Dadurch haben sich jedoch die Verfassungsbeschwerden auch nicht insoweit erledigt, als sie die ursprüngliche inzwischen geänderte Fassung des G 131 betreffen. Denn materiell werden sowohl die Änderungen durch das Bundesbeamtengesetz als auch die meisten Änderungen durch das Erste Änderungsgesetz erst vom 1. September 1953 an wirksam, so daß eine in der Vergangenheit liegende etwaige Grundrechtsverletzung durch die Änderungsgesetze nicht beseitigt worden wäre.

6. Sämtliche Verfassungsbeschwerden sind auch rechtzeitig erhoben, da die Jahresfrist zur Anfechtung des rückwirkend in Kraft getretenen G 131 erst mit dem Zeitpunkt seiner Verkündung beginnt (vgl. BVerfGE 1, 415).

II.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 34 gegen den Beschluß des Landgerichts München ist nach Erschöpfung des Rechtswegs im Armenrechtsverfahren zulässig und rechtzeitig erhoben. Eine unmittelbare Verfassungsbeschwerde gegen das G 131 konnte die Beschwerdeführerin wegen Fristablaufs nicht erheben.

III.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 12 bis 33 ist auch insoweit zulässig, als sie sich gegen §1 des Bayer. G zu Art. 131 GG richtet. Denn die Beschwerdeführer haben hinreichend deutlich behauptet, daß sie durch diese Bestimmung unmittelbar in ihren Grundrechten aus Art. 3 und 14 GG verletzt seien.

C.

Die unmittelbar gegen das G 131 gerichteten Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.

I.

1. Die Beschwerdeführer, die am 8. Mai 1945 als Beamte im aktiven Dienst standen, gehen davon aus, daß ihr Beamtenverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus Bestand hatte. Das Bundesverfassungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, daß diese Auffassung nicht zutrifft.

a) Aus dem Wortlaut des Art. 131 GG ist für die Beantwortung der Frage nichts zu gewinnen. Denn aus der Tatsache, daß der Verfassungsgesetzgeber von Personen spricht, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienst standen, kann nicht geschlossen werden, daß er das Fortbestehen dieser Dienstverhältnisse über den 8. Mai 1945 hinaus annahm; ebensowenig ist der Schluß zwingend, der Gesetzgeber habe die Fortdauer der Dienstverhältnisse über den 8. Mai 1945 hinaus fingieren wollen. Daß mit dem Ausdruck „Regelung der Rechtsverhältnisse“ nicht schlechthin eine Regelung (bestehen gebliebener) öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse gemeint sein kann, ergibt sich schon daraus, daß Art. 131 GG nach einhelliger Auffassung auch solche Personen betrifft, die niemals in einem Dienstverhältnis zum Deutschen Reich oder zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Deutschen Reich gestanden haben.

Die Sperrvorschrift des Art. 131 Satz 3 GG, wonach bis zum Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes Rechtsansprüche nicht geltend gemacht werden können, hat nur prozessualen Charakter. Aus ihr kann deshalb nicht geschlossen werden, daß der Gesetzgeber das Bestehen solcher Ansprüche habe anerkennen wollen.

b) Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 131 GG und des G 131 bringt keine Klarheit.

aa) Im Parlamentarischen Rat wurde zwar die Frage erörtert, ob die früheren Beamtenverhältnisse über den Zusammenbruch hinaus fortbestanden haben. Eine einheitliche Auffassung hierüber konnte jedoch nicht erzielt werden. Zunächst verlangte ein Antrag der Deutschen Partei (Nr. 48 Drs. 442), daß „die Rechte der Berufsbeamten, die vor dem 8. Mai 1945 in ein Beamtenverhältnis nach dem Deutschen Beamtengesetz vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 39) berufen worden sind und wider Willen ausscheiden mußten oder bisher keine Verwendung mehr gefunden haben, unter Einschluß der Wehrmachtsbeamten, sowie die Rechte der ehemaligen Berufssoldaten und der Hinterbliebenen dieser Personengruppen … im Rahmen des Art. 129 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 geschützt“ bleiben sollten. Dieser Antrag, der offenbar das Fortbestehen der Beamtenrechte unterstellte, sie jedoch für die Zukunft nur im Rahmen der „wohlerworbenen Rechte“im Sinne des Art. 129 WRV schützen wollte, wurde nicht angenommen. Ein dem Parlamentarischen Rat überreichter Vorschlag des Beamtenschutzbundes wollte „die auf Grund der bisherigen Gesetze bestehende Rechtslage der öffentlichen Bediensteten, die sich vor dem 8. Mai 1945 im Dienst, im Wehrmachtsverhältnis oder im Ruhestand befanden, sowie ihrer Hinterbliebenen … wahren“ jedoch Einschränkungen durch Bundesgesetz zulassen, „die sich auf Grund des Zusammenbruchs oder seiner Folgewirkungen als unbedingt erforderlich erweisen“sollten. Auch diese Anregung fand jedoch keine Unterstützung. Der Redaktionsausschuß des Parlamentarischen Rates schlug mit der Drucksache Nr. 374 vom 16. Dezember 1948 eine Bestimmung vor, die ein Recht auf Wiedereinstellung ausdrücklich versagte und die Regelung der vermögensrechtlichen Ansprüche einem Bundesgesetz überließ.

Das gesamte Problem wurde ausführlich in der 30. Sitzung des Organisationsausschusses vom 13. Januar 1949 erörtert. Hierbei wies der Abgeordnete Dr. Dehler (S. 54) zur ratio des Entwurfs darauf hin, daß der Beamte einen doppelten Anspruch, auf das Amt und auf das Gehalt, habe. Es solle ganz allgemein geklärt werden, daß „niemand, der am 8. Mai 1945 Beamter und am Ende Beamter Hitlers war, … einen Anspruch auf das Amt“ habe, daß „aber seine vermögensrechtlichen Ansprüche … auf diesem Wege irgendwie geregelt werden“ sollten. Der Abgeordnete Mücke sprach sich dahin aus, daß man von einer „Wiedereinstellung“ nicht reden könne, da die Beamtenrechte in der Regel nicht untergegangen seien. Auf seinen Vorschlag einigte man sich dahin, durch eine Rahmenvorschrift im Grundgesetz die Regelung der Rechtsverhältnisse einem Bundesgesetz zu überlassen, jedoch die Frage der Wiedereinstellung nicht ausdrücklich zu erwähnen. Dementsprechend legte ein Unterausschuß einen Entwurf vor, der im wesentlichen der endgültigen Fassung entsprach und in den folgenden Beratungen durch Berücksichtigung der Flüchtlinge, der Angestellten und Arbeiter sowie durch Aufnahme einer Sperrvorschrift für die gerichtliche Geltendmachung ergänzt wurde.

In der folgenden 40. Sitzung des Hauptausschusses vom 14. Januar 1949 betonte der Abgeordnete Dr. Lehr (StenBer. S. 493), daß zu der in der Beamtenschaft entstandenen Beunruhigung kein Anlaß vorliege, daß die vorgesehene Fassung jedoch auf die Vermeidung einer untragbaren finanziellen Belastung des Bundes Rücksicht nehme. Der Sachverständige Dr. Ringelmann hob hervor, daß die von der Militärregierung aus dem Dienst entfernten Personen in der amerikanischen Besatzungszone keinen Anspruch auf Wiedereinstellung hätten, da sie nach der Kontrollrats- Direktive Nr. 24 aller ihrer Rechte verlustig gegangen seien und die Militärpersonen auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 34 ihre Rechtsansprüche verloren hätten. Der Abgeordnete Zinn wies insbesondere darauf hin, daß die Beamten vor dem 8. Mai 1945 in einem persönlichen Treueverhältnis zu Hitler gestanden hätten, so daß ein Anspruch auf Wiedereinstellung nicht anerkannt werden könne und in vermögensrechtlicher Hinsicht nur ein Ausgleich in Betracht komme.

Für die dritte Lesung des Hauptausschusses empfahl der Allgemeine Redaktionsausschuß (Drs. 543 vom 25. Januar 1949) erneut, ein Recht auf Wiedereinstellung ausdrücklich zu versagen und andere Ansprüche aus einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst vor dem 8. Mai 1945 durch Bundesgesetz „neu“ regeln zu lassen. Hiermit seien alle auf eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst vor dem 8. Mai 1945 gegründeten Ansprüche erfaßt, gleichgültig, ob das Dienstverhältnis am 8. Mai 1945 oder vor diesem Zeitpunkt erloschen sei. Entgegen diesem Vorschlag verblieb es im Ergebnis bei der ursprünglichen Fassung des Organisationsausschusses.

bb) Die Bundesregierung führt in der Begründung zum Entwurf des G 131 aus, daß die betroffenen Personen ihr Amt oder ihren Arbeitsplatz verloren hätten, „ohne daß ihr Dienst- oder Arbeitsverhältnis rechtsgültig beendet worden wäre“. Sie könnten jedoch „nach der derzeitigen Rechtslage keine Ansprüche aus ihrem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geltend machen, teils weil der Dienstherr weggefallen und kein Rechtsnachfolger an seine Stelle getreten ist, teils weil die Wirkungen der Anordnungen der Militärregierungen noch fortbestehen„. Aus diesen Gründen müsse der Entwurf „an die Rechtslage anknüpfen, die am 8. Mai 1945 bestand“. Damit sei aber keineswegs gesagt, daß die in der Zwischenzeit eingetretenen Ereignisse nicht berücksichtigt werden dürften. Für den Fall des Amtsverlusts infolge Behördenauflösung sehe schon § 43 DBG vor, daß die entbehrlich werdenden Beamten in den Wartestand versetzt werden könnten. Diese Regelung für einen im normalen Staatsleben äußerst seltenen Fall könne jedoch für die zahllosen nach dem Zusammenbruch ihres Amtes beraubten Beamten nicht angewendet werden. Daher sei der besondere Rechtsstand der „Außerdienststellung“ – später im Gesetz als Rechtsstand „zur Wiederverwendung“ bezeichnet geschaffen worden; er bringe zum Ausdruck, daß das Beamtenverhältnis noch nicht beendet sei, der Beamte aber kein Amt innehabe und keinen Dienst verrichte.

cc) Bei der Beratung des G 131 im Ausschuß für Beamtenrecht und im Plenum des Bundestages wurde das Fortbestehen der Dienstverhältnisse des betroffenen Personenkreises unterstellt und in erster Linie die Frage erörtert, ob der Auftrag des Grundgesetzes eine „konstitutive“ Regelung, also eine völlige Neugestaltung der Rechtsverhältnisse zulasse oder nicht.

Im Beamtenrechtsausschuß wurde die Auffassung vertreten, „daß eine Entscheidung, ob die Regelung gemäß Art. 131 GG deklaratorischen oder konstitutiven Charakter haben solle, von der Beantwortung der Frage, ob der Bund Rechtsnachfolger des Reiches ist, abhängt“ (Protokoll Nr. 16 S. 3). Hierüber konnte keine einhellige Meinung erzielt werden. Der Vertreter des Bundesinnenministeriums machte daher den Vorschlag, „im vorliegenden Falle der angelsächsischen Gesetzgebungstradition zu folgen und von einer Festlegung durch eine prinzipielle Entscheidung über die früheren Rechtsansprüche des betroffenen Personenkreises abzusehen“ (a.a.O. S. 6). In der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Beamtenrecht und des Ausschusses für Heimatvertriebene vom 21. September 1950 (Protokoll Nr. 41 des 25. Ausschusses) wurde erneut die Frage erörtert, ob der Bundesgesetzgeber die Rechtsverhältnisse der betroffenen Personen konstitutiv oder deklaratorisch zu regeln habe. Staatssekretär Ritter von Lex, der Vertreter des Innenministeriums, vertrat die Ansicht, daß die Mehrzahl der unter Art. 131 GG fallenden Personen Ansprüche nur gegen das Reich, nicht aber gegen den Bund habe, weshalb ihre Rechtsverhältnisse konstitutiv zu regeln seien (a.a.O. S. 3). Demgegenüber machten die Abgeordneten Dr. Kather, Dr. Kleindinst und Mücke (a.a.O. S. 3/4) geltend, daß der Bundesgesetzgeber nur zu einer deklaratorischen Regelung befugt sei, da Art. 131 GG das Fortbestehen der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse unterstelle. Die Abgeordneten Dr. Wuermeling und Dr. Kather stellten schließlich fest, es seien Personengruppen mit und ohne Rechtsanspruch gegen den Bund vorhanden; wenn man alle Personengruppen gleich behandeln wolle, so sei eine Erörterung der Rechtsfrage überflüssig (a.a.O. S. 4).

Im Plenum des Bundestages war man überwiegend der Ansicht, daß Art. 131 GG den Bundesgesetzgeber zu einer konstitutiven Regelung ermächtigt habe; dabei wurde die Frage der Übereinstimmung der neuen Vorschriften mit den Grundrechten nicht näher erörtert. Der Bundesminister des Innern, Dr. Heinemann, erklärte bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs (Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode, S. 3142 ff.), die Bundesregierung sei der Ansicht, daß der Parlamentarische Rat die Ansprüche der verdrängten Beamten und Wehrmachtsangehörigen nicht materiell geregelt, also weder aberkannt noch anerkannt habe (a.a.O. S. 3143). Der Bundesgesetzgeber habe deshalb die Ansprüche des betroffenen Personenkreises konstitutiv zu regeln. Von der Minderheit wurde dagegen geltend gemacht, daß das „Deutsche Beamtengesetz von 1937 noch in Kraft“ sei, daß also jeder, der einmal Beamter gewesen sei, es auch heute noch „mit allen Rechten und Pflichten“ sei (Dr. Richter alias Rösler, a.a.O. S. 3146), oder daß die betroffenen Personen einen „Rechtsanspruch und durchaus wohlerworbene Rechte“ hätten (Abgeordneter von Thadden, a.a.O. S. 3159). In der zweiten Beratung (a.a.O. S. 4985) bemerkte der Berichterstatter Abg. Dr. Kleindinst zu den grundsätzlichen Fragen folgendes:

„… Der Ausschuß hat bei seinen Beratungen auch die Rechtsfragen gewürdigt, die in der öffentlichen Erörterung der Aufgabe besonders im Schrifttum, in Denkschriften und in Gutachten Gegenstand der Auseinandersetzung und der Klärung gewesen sind, so die Frage der Identität von Bund und Reich, der Rechtsnachfolge des Bundes gegenüber dem Reich, der Fortgeltung des Versorgungsrechtes aufgelöster Einrichtungen und Körperschaften wie der ehemaligen Wehrmacht, des Reichsarbeitsdienstes und des Reichsnährstands, der Rechtswirkung der beamtenrechtlichen Staatsakte der ehemaligen nationalsozialistischen Reichsregierung und der deklaratorischen oder konstitutiven Aufgabe des Art. 131 des Grundgesetzes.

Der Ausschuß hat jedoch die Stellungnahme zu diesen Rechtsfragen nicht als ausschließliche Grundlage für seine Beschlüsse nehmen können. Dieser Verzicht war um so mehr geboten, als die Entscheidung der zum Teil stark umstrittenen Fragen die praktische Lösung der gestellten gesetzgeberischen Aufgabe nicht ermöglicht hätte. Denn die Bejahung der Identität von Bund und Reich löst die gestellten Fragen nicht unbedingt hinsichtlich der öffentlichen Bediensteten der Restverwaltungen des Landes Preußen, der Gemeinden, Gemeindeverbände und der Nichtgebietskörperschaften, und sie trägt nichts bei zu den Folgerungen, die sich für die Wiederverwendung und die Übernahme der finanziellen Lasten durch die Veränderungen in der Zuständigkeit durch das Grundgesetz ergaben. … Das Besoldungs- und Versorgungsrecht ist für die personellen Voraussetzungen eines regelmäßigen und geordneten Ablaufs der staatlichen Aufgaben vorgesehen, nicht aber für den Verlust von Verwaltungsgebieten, Dienstherren und Behörden größten Ausmaßes und für die Folgen des Unterganges großer Einrichtungen und Körperschaften. Die Beurteilung der rechtlichen Folgen von Staatsakten einer Diktatur auf dem Gebiete des Personalwesens, besonders in den Jahren des Krieges und der beginnenden Katastrophe, ist mit den Maßstäben des Verfassungs- und Rechtsstaates von heute nur mehr bedingt möglich.

… Bei dem starken Gegensatz, der zwischen der großen Zahl wiederzuverwendender oder zu versorgender öffentlicher Bediensteter und den durch die Folgen der Katastrophe von 1945 ohnedies überlasteten finanziellen Kräften der Bundesrepublik besteht, ist eine volle Erfüllung der durch die nationalsozialistische Regierung für ganz andere politische und wirtschaftliche Voraussetzungen und Hoffnungen begründeten Ansprüche oder verheißenen Leistungen nicht möglich …“

In der dritten Beratung nahmen insbesondere die Abgeordneten Dr. Wuermeling, Dr. Nowack und Dr. Reif zu dem hier erörterten Problem grundsätzlich Stellung.

Abgeordneter Dr. Wuermeling führte aus (a.a.O. S. 5089):

„… Die Tatsache, die den Gesetzesauftrag des Art. 131 des Grundgesetzes notwendig machte, ist der Zusammenbruch von 1945 mit seinen nur allzu bekannten Auswirkungen. Das hier geregelte Gebiet betrifft einen Teilausschnitt aus dem Chaos des Unrechts und der Ungerechtigkeit, das uns vom sogenannten Dritten Reich als schicksalsgeschlagenen Erben hinterlassen wurde. …

Man kann dieses Gesetz nicht ganz losgelöst von allen diesen drängenden Nachkriegsproblemen sehen, und in dieser Verbundenheit mit der Gesamtheit der Nachkriegsprobleme liegt die eigentliche Problematik dieses Gesetzes begründet. Als Mitglied desjenigen Ausschusses dieses Hauses, der sich nun sechs Monate lang unter Einsatz aller Kräfte bemüht hat, dem Personenkreis des Art. 131 nun endlich, endlich sein Recht werden zu lassen, darf ich mit besonderer Betonung darauf hinweisen, daß wir dieses Gesetz nicht ausschließlich unter formal-rechtlichen Gesichtspunkten sehen dürfen, sondern daß auch soziale, allgemeinpolitische, beamtenpolitische wie auch technische und nicht zuletzt auch finanzielle Gesichtspunkte für die Betrachtung und Beurteilung maßgebend sein müssen. Keine Schicht der Bevölkerung kann für sich das Recht in Anspruch nehmen, als einzige ihre Forderungen gegen die staatliche Gemeinschaft hundertprozentig erfüllt zu bekommen, während andere nicht weniger von der Katastrophe des Jahres 1945 betroffene Volkskreise ihre ebenfalls begründeten Rechtsansprüche noch nicht erfüllt sehen oder sich mit Teilleistungen abfinden müssen. Sicherlich weisen die Staatsdiener, also die Behördenbediensteten und die Berufssoldaten mit vollem Recht darauf hin, daß sie als Staatsdiener einen urkundlich begründeten Anspruch auf Erfüllung der Treuepflicht auch seitens der staatlichen Gemeinschaft haben und daß selbst im Konkurs des Privatrechts die in einem Betrieb Beschäftigten bezüglich ihrer Lohn- und Gehaltsforderungen bevorrechtet sind. Dieser Gesichtspunkt ist bei den Beratungen des Beamtenrechtsausschusses in einem solchen Ausmaß berücksichtigt worden, daß es für manchen nicht einfach sein wird, andere Volksschichten von der Richtigkeit des Ergebnisses der Beratungen, wie es Ihnen vorliegt, zu überzeugen. …“

Abgeordneter Dr. Nowack äußerte sich wie folgt (a.a.O. S. 5094):

„… Die FDP hat von Anfang an bei der Besprechung der rechtlichen Gestaltung dieses Gesetzes immer wieder zum Ausdruck gebracht, daß sie den Art. 131 des Grundgesetzes nur insoweit als konstitutiv aufgefaßt hat, als durch den Verlust des Krieges Verhältnisse eingetreten sind, deren Vorkommen und damit auch Regelung in den bestehenden gesetzlichen Vorschriften für Beamte und Berufssoldaten nicht vorgesehen war. Um nur zwei besonders gewichtige Punkte dieser Art anzuführen: der Wartestandsparagraph des Deutschen Beamtengesetzes, der im wesentlichen für die sogenannten politischen Beamten als Ausnahmebestimmung in Frage kommt, konnte nicht auf Zehntausende von Beamten Anwendung finden. Und das Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsgesetz sah natürlich keine Lösung vor für den Fall, daß die Wehrmacht in ihrer Gesamtheit an einem Tage entlassen würde. Insoweit, aber auch nur insoweit mußte also Art. 131 konstitutiv ausgelegt werden. Diese Notwendigkeit brauchte aber nicht zu verhindern, den Art. 131 soweit deklaratorisch aufzufassen, als er auf den bestehenden Gesetzen aufbaute …“

Abgeordneter Dr. Reif bemerkte (a.a.O. S. 5108):

„Da, wie wir eben gehört haben, auch im Hause offensichtlich die Auffassung vertreten wird, daß das Recht des Gesetzes über Art. 131 nicht konstitutiv sei, sondern daß es sich um eine Formulierung älterer Ansprüche handeln könne, da außerdem die Interessenten vielfach diese Auffassung vertreten und auch schon Prozesse angestrengt worden sind, lege ich Wert auf folgende Feststellung. Die Fassung der Formel für das Berufsbeamtentum hatte in der ursprünglichen Formulierung den Ausdruck „unter Wahrung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ vorgesehen. Über diese Formulierung war im Parlamentarischen Rat eine sehr lebhafte Diskussion entstanden, und wir haben, wie bei anderen schwierigen Fragen, in einem interfraktionellen Ausschuß versucht, hier einen Weg zu finden. Ich habe bei dieser sehr energisch geführten Diskussion im interfraktionellen Ausschuß Herrn Professor Schmid gefragt, ob seine Fraktion grundsätzlich das Institut des Berufsbeamtentums verneine oder ob es ihm nur darauf ankomme, nicht ohne weiteres Rechtsansprüche aus dem Dritten Reich zu übernehmen, wie wir es ja in den Ländern vielfach erlebt haben, daß auf dem Klagewege das Recht am Amt geltend gemacht und sogar erfüllt wurde. Es ist daraufhin – Herr Professor Schmid bejahte mir, daß es ihm nur auf die Frage der Kontinuität ankomme – beschlossen worden, den Ausdruck „unter Wahrung der hergebrachten Grundsätze“ zu ändern in den Ausdruck „unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze“. Unter dieser Voraussetzung ist die Formel im Grundgesetz zustande gekommen. Es ist gar kein Zweifel darüber, daß der Verfassungsgesetzgeber den Willen gehabt hat, die Kontinuität der Rechte nicht zuzulassen, sondern daß alles, was in bezug auf die Beamtenrechte im Grundgesetz und in weiteren Gesetzen ausgesprochen wird, neues Recht ist. Ich lege Wert darauf, bei dieser Gelegenheit diese Feststellung zu treffen, damit kein Irrtum über den Willen des Verfassungsgesetzgebers hier im Hause und bei eventuellen Versuchen, die Rechtsprechung im Sinne bestimmter Interessen in Anspruch zu nehmen, mehr möglich ist.“

Die Entstehungsgeschichte ergibt danach, daß im Parlamentarischen Rat und im Bundestag keine Klarheit über das Fortbestehen der früheren Beamtenverhältnisse erzielt wurde.

c) Eine Antwort auf die Frage, ob die Auffassung der Beschwerdeführer vom Weiterbestehen ihrer Rechte richtig ist, läßt sich nur gewinnen, wenn man die Ereignisse vom Mai 1945 in ihrer politisch-historischen und in ihrer staatsrechtlichen Bedeutung erkennt und dann prüft, ob die Annahme des unveränderten Weiterbestehens der Rechte der Beamten sich mit dem so gewonnenen Bilde vereinbaren läßt.

Eindringender Betrachtung ergibt sich dabei alsbald, daß eine Auffassung, die hier lediglich von einem „Wechsel der Staatsform“ sprechen und daraus „nach anerkannten Regeln des Staatsrechts“ ein Weiterbestehen der Beamtenrechte folgern möchte, an der Oberfläche der Dinge haften bleibt. Sie verharmlost die Ereignisse historisch-politisch, und sie verfährt auch methodisch unzulässig; denn die Einordnung eines staatsrechtlich relevanten Sachverhalts unter einen Rechtsbegriff kann nur auf Grund einer unmittelbaren und umfassenden Anschauung der tatsächlichen Verhältnisse und des politischen Zusammenhangs, in dem sie stehen, richtig vollzogen werden. Es ist nicht angängig, in einer vom Ergebnis her bestimmten Betrachtungsweise vorschnell einen staatsrechtlichen Begriff anzuwenden, der für ganz andere politische Vorgänge geprägt ist, um dann die erwünschten Folgerungen daraus in Form eines scheinbar logischen Schlusses zu ziehen.

Mit der Vorstellung, daß der Staat parteipolitisch neutral sein und den in ihm sich bewegenden und bekämpfenden politischen und gesellschaftlichen Mächten gleiche Chancen zur Mitwirkung bei der politischen Willensbildung einräumen müsse, hat der Nationalsozialismus in Deutschland endgültig brechen wollen. Er sieht im Staat nur eine Machtapparatur im Dienst „des Volkes“; da aber der Volkswille nur von einer einzigen politischen Partei bestimmt und dargestellt wird, ist der Staat praktisch ihr Werkzeug, und das bedeutet in Wirklichkeit das Werkzeug des sie unumschränkt beherrschenden politischen Führers. Nicht nur Verwaltung und Gesetzgebung sind Teile des politischen Führungsapparates. Es wurde sogar behauptet, daß aus dem „politischen Führungsauftrag des Führers“ auch seine Eigenschaft als oberster Gerichtsherr folge. Handlungen, die er als politischer Führer vornahm, konnten so als „höchste Justiz“ gewertet werden (so für die Morde am 30. Juni 1934: Carl Schmitt, DJZ 1934, 947). So wurde der Staat zur Diktatur, in der der mit schrankenloser Machtfülle ausgestattete Parteiführer den staatlichen Machtapparat, den er gleichzeitig technisch zu seinen äußersten Möglichkeiten anspannte, zur Durchsetzung seiner Pläne beliebig in Bewegung setzte. Diese Entwicklung hat sich im Deutschen Reich nach 1933 mit wachsender Schnelligkeit vollzogen. Der Grundsatz, daß die (allein zugelassene) Partei dem Staat befiehlt, ist früh verkündet und schon 1933 durch das Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat gesetzlich bekräftigt worden. In den folgenden Jahren wurde alle staatliche Tätigkeit immer schärfer und eindeutiger nach der Ideologie des Nationalsozialismus „ausgerichtet“, die Verbindung des Staates mit der NSDAP immer mehr, auch institutionell, verfestigt. Der Führererlaß vom 12. Dezember 1942 (RGBl. I S. 733) stellte die NSDAP organisatorisch unabhängig neben – und das heißt hier über – den Staat; ihre Rechtsstellung bestimmte sich nur noch durch die ihr von Hitler gestellten Aufgaben und nach Parteirecht. Der Staat war nun wirklich nur noch ein Machtapparat im Dienste der NSDAP.

Den so geschaffenen und in den Dienst einer einzigen politischen Richtung gestellten zentralen Machtstaat führte Hitler zur Durchsetzung seiner politischen Ziele in den Krieg gegen fast alle Großmächte der Welt. Als deren Kriegsziel ergab sich so von selbst nicht die „einfache“ militärische Besiegung des Reiches, sondern die „endgültige Vernichtung der nationalsozialistischen Tyrannei“ (so bereits Ziffer 6 der Atlantik-Charta, ebenso die Erklärung von Yalta und die Mitteilung über das Potsdamer Abkommen – ABl. KR, ErgBl. Nr. 1 S. 4 und 13 -), und das heißt bei der unlöslichen Verbindung der NSDAP mit dem Deutschen Staat die vollständige militärische Niederwerfung und die Zerstörung der staatsrechtlichen Organisation dieses Staates. Nur so war es möglich, den Staat aus der Verbindung mit der nationalsozialistischen Bewegung zu lösen und ihn von unten nach oben im demokratischen Sinne neu aufzubauen.

Dieses Kriegsziel hatten die Alliierten am 8. Mai 1945 im wesentlichen erreicht; die militärische Kapitulation bestätigte nur den vollständigen staatlichen Zusammenbruch (so die Viermächteerklärung vom 5. Juni 1945 – ABl. KR, ErgBl. Nr. 1 S. 7 -). In der Tat zeigt das an diesem Tage bestehende Bild – die vollständige Besetzung des deutschen Staatsgebiets, die Kapitulation der Wehrmacht, das Aufhören jeder staatlichen Verwaltungstätigkeit, die Auflösung aller Einrichtungen und Organisationen der den Staat allein tragenden politischen Partei und schließlich der Tod des alle politische, militärische und staatliche Gewalt in sich vereinigenden Staatsführers – alle Merkmale einer Katastrophe, die in der neueren Geschichte ohne Beispiel ist.

Zu diesem staatlichen Niederbruch trat eine wirtschaftliche und finanzielle Zerrüttung ohnegleichen, da das Reich, unter dem nationalsozialistischen System des zunehmenden Staatskapitalismus und unter dem Zwange der Kriegswirtschaft immer mehr zum größten Unternehmer und Arbeitgeber geworden, nun plötzlich handlungsunfähig wurde und als Wirtschaftssubjekt ausfiel. Große Teile des Volksvermögens waren vernichtet. War schon durch die Aufrüstung und fünfeinhalb Jahre „totaler Mobilmachung“ das gesunde Gleichgewicht der deutschen Wirtschaft empfindlich gestört, so daß die Inflation nur noch durch ständig zunehmende zwangswirtschaftliche Maßnahmen gewaltsam „zurückgestaut“ wurde, so hatten vollends die umfangreichen Kriegszerstörungen bei Produktions- und Verkehrsanlagen – verbunden mit dem Ausfall von Millionen für den Wirtschaftsprozeß unentbehrlicher Menschen -, zu einem unvorstellbaren wirtschaftlichen Substanzverlust geführt. Dieser Grad der Verarmung des deutschen Volkes läßt sich kaum in einem umfassenden statistischen Bilde wiedergeben; aber auch schon die auf Grund von Schätzungen ermittelten Schäden und Verluste sind eindrücklich genug (vgl. etwa „Die deutsche Wirtschaft zwei Jahre nach dem Zusammenbruch“, herausgegeben vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, 1947; Harmssen, Reparationen, Sozialprodukt, Lebensstandard, 1948, Heft 1 bis 4). Das einheitliche Wirtschaftsgebiet des Deutschen Reiches wurde auseinandergerissen, die deutsche Bevölkerung der abgetrennten Gebiete zwangsweise und überstürzt in das verbleibende Gebiet übergeführt. Ansprüche gegen das Reich aus Verträgen aller Art und aus Kriegs- und Vertreibungsschäden konnten nicht mehr realisiert, müssen vielmehr zum großen Teil als endgültig verloren betrachtet werden. Die Notwendigkeit, die hierdurch eingetretenen gewaltigen Vermögensverschiebungen wenigstens einigermaßen auszugleichen, zwang in der Folge zu neuartigen und radikalen gesetzgeberischen Maßnahmen (Währungsreform, Lastenausgleich).

Bei dieser Sachlage könnten Zweifel aufkommen, ob nach dem 8. Mai 1945 das Deutsche Reich als Staat überhaupt noch bestand. Diese Zweifel sind von beachtlichen Stimmen zu einer die Staatsqualität des Reiches verneinenden Lehre ausgebaut worden (Nawiasky, Die Grundgedanken des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 1950, S. 7/8; Kelsen, The legal status of Germany according to the declaration of Berlin, in „The American Journal of International Law“, Band 39, 1945, S. 518 f.). Diese Lehre konnte sich auf manche offiziellen Äußerungen und auf das tatsächliche Verhalten der Alliierten stützen, die in sämtlichen Zonen auch bisherige Länder als Staaten neu errichteten, ein Verfahren, das nur von der Annahme aus erklärbar ist, daß jede deutsche Staatsgewalt erloschen sei. Sie konnte weiter für sich geltend machen, daß eines der drei „klassischen“ Elemente des Staates, die Staatsgewalt, jedenfalls zunächst nicht mehr vorhanden gewesen sei, da die Regierung Dönitz, schon in ihrer formalen Legalität höchst zweifelhaft (siehe dazu BVerfGE 2, 1 [56 f.]), niemals tatsächliche Staatsgewalt hatte; endlich konnte darauf hingewiesen werden, daß die Siegermächte das Verschwinden der deutschen Staatsgewalt als so vollständig angesehen hätten, daß sie (in der „Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands …“ vom 5. Juni 1945 – ABl. KR, ErgBl. Nr. 1 S. 7 ff. -) auch die Befugnisse der Regierungen, Verwaltungen und Behörden der Länder, Städte und Gemeinden glaubten übernehmen zu müssen. Wäre dies tatsächlich voll durchgeführt worden, so wäre ohne weiteres klar, daß alle Beamtenverhältnisse zum Deutschen Reich, seinen Ländern und Gemeinden erloschen waren. Aber auch wenn man – mit der herrschenden Lehre (vgl. die Zitate bei Maunz, Deutsches Staatsrecht, 2. Aufl. 1952, S. 14, und die Ausführungen S. 16 zu 4) – das Weiterbestehen eines zunächst nur seiner Handlungsfähigkeit beraubten Deutschen Reiches annimmt, so muß doch ernstlich gefragt werden, ob das Rechtsverhältnis der Beamten, die nicht nur wirtschaftlich aufs engste mit dem Staat verbunden sind, sondern auch rechtlich die Staatsgewalt in erster Linie verkörpern, einen Zusammenbruch der gesamten staatlichen Organisation in dem oben umrissenen Ausmaße überdauern konnte. Das Bundesverfassungsgericht ist überzeugt, daß diese Frage verneint werden muß. Es ist zu dieser Auffassung gelangt vor allem auf Grund der Tatsache, daß das Beamtenverhältnis selbst im „Dritten Reich“ eine tiefgehende, sein Wesen berührende Umgestaltung erfahren hat.

d) Unmittelbar nach der „Machtübernahme“ begann die planmäßige Arbeit Hitlers und der NSDAP an der Zerstörung des parteipolitisch neutralen (Art. 130 WRV) Berufsbeamtentums, indem einerseits der verfassungsmäßige Schutz der Beamten gegenüber dem Gesetzgeber (Art. 129 WRV) beseitigt, andererseits das Beamtenverhältnis in ein besonderes persönliches Treueverhältnis zu Hitler selbst und in ein Abhängigkeitsverhältnis zu der den Staat beherrschenden Partei umgestaltet wurde.

aa) Im Beschluß vom 24. April 1953 – BVerfGE 2, 237 [248 ff.] – hat das Bundesverfassungsgericht dargelegt, auf welche Weise das nationalsozialistische Regime die formelle Verfassungskraft schlechthin beseitigt hat. Was dort für den besonderen Fall des Art. 153 Abs. 2 WRV ausgeführt ist, gilt entsprechend für Art. 129 WRV, durch den der demokratische Staat die wohlerworbenen Rechte der Beamten gewährleistet hatte. Bereits in der Rechtslehre der nationalsozialistischen Zeit war die Auffassung, daß Art. 129 WRV seine Verfassungskraft verloren habe, durchaus herrschend. So führt Fischbach in seinem Kommentar zum sogenannten Beamtenrechtsänderungsgesetz vom 30. Juni 1933 (RGBl. I S. 433) folgendes aus (S. 3):

„…Auch der Art. 129 RV, der von den wohlerworbenen Rechten der Beamten handelt, ist insoweit gegenstandslos geworden, weil der Staat es als eine Selbstverständlichkeit betrachten muß, sich ein zuverlässiges, in Notzeiten aber auch opferwilliges Beamtentum zu erhalten. Die Beamtenrechte sollen nicht um ihrer selbst willen, etwa als Standesvorrechte, sondern nur im eigensten Interesse von Staat und Volk geschützt sein. In diesem Sinne muß auch die durch das vorliegende Gesetz erfolgte Beseitigung so mancher sogenannter wohlerworbener Rechte betrachtet werden. …“

In Fischbachs Kommentar zum Deutschen Beamtengesetz (1. Aufl. 1937) heißt es auf S. 2 und 3:

„…seine besondere Stellung (des Berufsbeamtentums) innerhalb dieser Gemeinschaft beruht, ebenso wie die der Wehrmacht, nicht auf Vorrechten, sondern auf erhöhten Pflichten gegenüber Führer und Volk, wie sie im Treueid zum besonderen Ausdruck kommt. …“ Der nationalsozialistische Staat „umfaßt im Volksgenossen den ganzen Menschen …, vor allem auch in gesinnungsmäßiger Beziehung. Jede Tätigkeit, die sich der politischen Zielsetzung des Staates widersetzt, bedeutet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und zieht die entsprechenden Folgen für den einzelnen nach sich. Insofern haben die sog. Grundrechte ihre Geltung ebenso verloren wie die Weimarer Verfassung als solche, d. h. als Grundsatzregelung der Struktur und des inneren Gehalts des Staates, mag man auch einzelne Grundsätze der Weimarer Verfassung als einfache Gesetzesnormen weiter gelten lassen. …“

In Anmerkung 3 zu § 1 Abs. 3 DBG sagt Fischbach:

„Von Rechten, insbesondere sogenannten wohlerworbenen Rechten des Beamten, ist im Deutschen Beamtengesetz nicht mehr die Rede.“

Köttgen, der bereits im JöR Bd. 24 (1937) S. 5 bemerkt hatte, daß die Weimarer Verfassung nach allgemeiner Auffassung „jeden verfassungsrechtlichen Rang verloren habe und lediglich als Übergangsbestimmung in dem Umfange, in dem sie als vorläufig rezipiert gelten könne, vorerst noch anzuwenden sei“, führt im JöR Bd. 25 (1938) S. 1 ff. (S. 63/65) aus:

„Gewiß sind wohlerworbene Rechte im Sinne des Art. 129 der Weimarer Verfassung mit den Grundsätzen unseres heutigen Verfassungsrechts unvereinbar. Weiter wird man dem Beamten auch keinerlei subjektives Recht am Amte zuerkennen, … . Wohl aber bestehen keinerlei Bedenken, auf anderen Gebieten solche Rechte einzuräumen. Dies ist auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Versorgung geschehen, … . Im übrigen gilt von diesen subjektiven Beamtenrechten nichts anderes als von allen sonstigen Maßnahmen zur Sicherung der rechtlichen Stellung des Beamten, daß sie nur innerhalb des Behördenorganismus Geltung haben, also im Unterschied zu den wohlerworbenen Beamtenrechten der Weimarer Verfassung nicht gegen den Staat als solchen ausgespielt werden können. …“

Ebenso betont Brand in seinem Erläuterungswerk zur Reichsdienststrafordnung (3. Aufl. 1941) S. 77:

„Grundrechte, sog. wohlerworbene Rechte sind für den Beamten nicht mehr notwendig und gibt es nicht mehr.“

Gerber sagt in seinem Aufsatz „Staatsrechtliche Grundlinien des neuen Reiches“ (1933) auf S. 31 f.:

„Die Verfassung von Weimar ist außer Kraft, auch wenn das kein Gesetz verfügt hat … Die einzelnen Bestimmungen … sind deswegen, wenn nach ihrer Fortgeltung gefragt wird, daraufhin zu prüfen, ob und inwieweit sie Ausdrucksformen des neuen politischen Gehaltes des deutschen Staatslebens sein können. Vermögen sie es zu sein, gelten sie fort, sofern sie nicht ausdrücklich aufgehoben sind; andernfalls haben sie ihre Geltung verloren, … .

Das hat insbesondere von den Grundrechten zu gelten. Ihre Bedeutung lag weithin darin, das Wertsystem eines weltanschaulich zerklüfteten Staates zu sein. Die Gründung des Dritten Reiches auf die nationalsozialistische Weltanschauung und auf diese allein hat deswegen das Grundrechtssystem von Weimar beseitigt. An seine Stelle ist das nationalsozialistische Parteiprogramm getreten, das … zum Ausdrucksmittel der nunmehr allein herrschenden Gerechtigkeitsüberzeugung geworden ist; … .“

Dies ist auch die Auffassung E. R. Hubers, eines der führenden Verfassungstheoretiker der nationalsozialistischen Zeit. In seinem „Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches“ (2. Aufl., o. J.) heißt es auf S. 416:

„… Wenn aus diesem Verhältnis von Führer und Gefolgschaft im öffentlichen Dienst Pflichten des Reiches gegenüber dem Gefolgsmann abgeleitet werden, so werden damit insbesondere keine „wohlerworbenen Rechte“ anerkannt, die verfassungsmäßig verbrieft wären und auf die der Einzelne auch dann noch pochen dürfte, wenn die öffentliche Not das Reich zwingt, seine Leistungen einzuschränken. Der Begriff des „wohlerworbenen Rechts“, der in der Zeit ständestaatlicher Zersetzung entstanden und in der Zeit parteienstaatlicher Zerspaltung wieder aufgelebt ist, sicherte dem Diensttuenden einen Bereich zu, der für den Staat unter allen Umständen unantastbar war. Die herrschende Auffassung sah in ihm insbesondere die Garantie des ziffernmäßigen Höchstgehalts. Nicht solche starren Unantastbarkeiten sind der Inhalt der Rechtsstellung die dem Dienstpflichtigen heute zukommt. Sondern das Reich ist verpflichtet, das zu gewähren, was mit Rücksicht auf das Wohl der Volksgemeinschaft, auf die Art des Dienstes, auf Leistung, Dienstzeit, Alter und Familienverhältnisse dem einzelnen Diensttuenden gerechterweise zuzusprechen ist. Welche Leistungen danach dem einzelnen Diensttuenden zukommen, bestimmt das Gesetz, in dem der Wille des Führers zum Ausdruck kommt. …“

S. 54:

„… Der Bedeutungswandel anderer rezipierter Verfassungsbestimmungen drückt sich darin aus, daß sie aufgehört haben, Bestandteil der Verfassung, der politischen Grundordnung, zu sein, und nunmehr nur die Bedeutung einfacher Gesetze haben. Während sie in der Weimarer Verfassung zu den Grundlagen des politischen Systems gehörten, sind sie nun zu einfachen gesetzlichen Bestimmungen von verwaltungsrechtlicher, strafrechtlicher oder privatrechtlicher Bedeutung herabgesunken. Am deutlichsten zeigt sich das bei Vorschriften des Beamtenrechts. Die Anerkennung „wohlerworbener Rechte“ der Beamten gehörte zum Verfassungssystem des Weimarer Staates, während heute die übernommenen beamtenrechtlichen Vorschriften der Weimarer Verfassung nur ein Teil der allgemeinen Beamtengesetzgebung sind. Der Verfassungscharakter dieser Sätze ist durch die nationalsozialistische Revolution beseitigt worden – sie sind gewöhnliches Gesetzesrecht geworden…“

Dieser herrschenden Auffassung der Rechtslehre entsprachen Gesetzgebung und Verwaltungspraxis des nationalsozialistischen Staates. Formell gestützt auf das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 beseitigten das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 (RGBl. I S. 175) und das Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete des allgemeinen Beamten-, des Besoldungs- und des Versorgungsrechts vom 30. Juni 1933 (RGBl. I S. 433) in weitgehendem Umfang wohlerworbene Rechte der Beamten. Hierzu bemerkt Walz (Das Ende der Zwischenverfassung, 1933, S. 35), mit dem Gesetz zur Bereinigung des Berufsbeamtentums werde „ein Strich gesetzt unter die liberal-marxistische wirtschaftliche Interessenpolitik der „wohlerworbenen Rechte“ „. Am schärfsten kam dies in § 40 Abs. 4 des letztgenannten Gesetzes zum Ausdruck, wo angeordnet wird, daß der Gesetzgeber auch dann in die Beamtenrechte eingreifen darf, wenn besondere Zusicherungen, Vereinbarungen, Vergleiche, rechtskräftige Urteile oder Schiedssprüche vorliegen (vgl. hierzu W. Laforet, Deutsches Verwaltungsrecht, 1937, S. 118).

Der Reichsminister des Innern erklärte mit Rundschreiben vom 17. Juli 1933 (JöR Bd. 22, 1935, S. 125), daß seit der Übernahme der ausschließlichen Führung des Staates durch die Regierung der nationalsozialistischen Revolution „Eingaben und Anträge von Beamten und Beamtenorganisationen an die Behörden, insbesondere an die Ministerien, die sich mit Fragen der Besoldung, Einstufung, Laufbahn und dergleichen befassen, nicht nur unnötig, sondern auch unzulässig“ seien. Im Oktober 1933 löste der Reichsminister des Innern den Deutschen Beamtenbund auf und genehmigte den Reichsbund der deutschen Beamten als „Beamten-Einheits-Organisation“, deren satzungsgemäße Aufgabe die „Erziehung der Mitglieder zu vorbildlichen Nationalsozialisten und die Durchdringung des Beamtentums mit dem nationalsozialistischen Gedankengut“ war. Die Bestimmung über das Recht der Beamten auf Einsicht in ihre Personalakten (Art. 129 Abs. 3 Satz 3 WRV) wurde als durch die Verhältnisse überholt und ohne ausdrückliche Gesetzesanordnung außer Kraft getreten angesehen (Rundschreiben des Reichsministers des Innern vom 12. April 1934 in PrBesBl. 1934 S. 204; ebenso AV des RJM vom 18. Juli 1935, DJ S. 1020; zustimmend PreußOVG 95, 244 [247]).

Auch die Gerichte, insbesondere das Reichsgericht, haben während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft den Schutz der wohlerworbenen Rechte der Beamten durch Art. 129 WRV als beseitigt angesehen. Wenn sie die Bestimmung als fortgeltend ansahen, so maßen sie ihr – etwa in der Frage der Zulassung des ordentlichen Rechtswegs für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten – nur die Bedeutung eines einfachen Reichsgesetzes zu, das jederzeit durch einen Akt des einfachen Reichsgesetzgebers beiseite geschoben werden konnte. Jedenfalls ist in den Entscheidungen des RG, die sich nach 1933 mit Problemen des Art. 129 WRV befaßt haben (RGZ 142, 369; 146, 159; 147, 174; 150, 337; 151, 19; 155, 246; 158, 18; 160, 332; 166, 218; 168, 143) in keinem einzigen Falle der Art. 129 WRV zum Schutze wohlerworbener Rechte der Beamten gegenüber dem nationalsozialistischen Gesetzgeber angewandt worden (ebenso Schäfer, DVBl. 1953, 421 [423]).

Bei dieser Sachlage ist es verständlich, daß in der Rechtslehre (vgl. z. B. Heyland, Die Rechtsstellung der entfernten, erfolgreich entnazifizierten deutschen Beamten 1950, S. 63) die Auffassung vertreten wird, daß der Art. 129 „im nationalsozialistischen Staat anerkanntermaßen außer Kraft gesetzt worden“ war. Ob diese Auffassung zutrifft oder ob Art. 129 als einfaches Reichsgesetz ohne Verfassungskraft fortbestand, mag dahinstehen.

bb) Gleichzeitig und in deutlich erkennbarem innerem Zusammenhang mit diesem Abbau gerade derjenigen Rechte der Berufsbeamten, die ihre wirtschaftliche Stellung und damit ihre innere Unabhängigkeit gegenüber parteipolitischen Einflüssen stärken sollten, vollzog sich die rechtliche Umwandlung des Beamtenverhältnisses selbst in ein besonderes persönliches Treueverhältnis zu Hitler und in ein Abhängigkeitsverhältnis zur NSDAP.

Zunächst wurde von der personellen Seite her eine sogenannte Bereinigung im nationalsozialistischen Sinne durchgeführt. Beamte, die seit dem 9. November 1918 außerhalb der regelmäßigen Laufbahn in das Beamtenverhältnis eingetreten waren, ferner „nichtarische“ Beamte und solche Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr für jederzeitiges rückhaltloses Eintreten für den „nationalen Staat“ boten, wurden entfernt; Versetzungen in Ämter von geringerem Rang und geringerem planmäßigen Diensteinkommen, sowie Versetzungen in den Ruhestand „zur Vereinfachung der Verwaltung“ wurden zugelassen (§§ 2 bis 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933). Anstelle der so ausgeschiedenen Beamten sollten vorwiegend nationalsozialistisch bewährte Kräfte neu eingestellt oder befördert werden; gerade sie waren ihrer charakterlichen Veranlagung und politischen Überzeugung nach besonders geeignet für einen Beamtendienst, der nicht parteipolitisch neutral, sondern im Sinne des Programms der NSDAP geleistet werden sollte. So bestimmte etwa der Erlaß des Reichsverkehrsministers vom 12. August 1933 (RVerkBl. S. 91) folgendes:

„Bei der Neueinstellung von Personal müssen alle Behörden bestrebt sein, die Anstellung bewährter Kämpfer der NS- Bewegung, SA-, SS-Leute, alte Pg., sowie Angehörige des Stahlhelms zu fördern, soweit eine Einstellung nach Eignung und Persönlichkeit der Bewerber und nach den bestehenden Bestimmungen irgendwie verantwortet werden kann. Die Behörden haben sich deshalb beim Freiwerden von Dienst- und Arbeitsplätzen innerhalb der Verwaltung an die zuständigen Parteidienststellen zu wenden. Diese letzteren prüfen die bei ihnen eingehenden Gesuche um Anstellung im öffentlichen Dienst, scheiden aussichtslose Gesuche aus, sammeln die übrigen und machen den Behörden auf Anforderung geeignete Bewerber für den öffentlichen Dienst namhaft.“

Ähnlich wurde in allen Verwaltungen verfahren. In der Praxis wirkte sich dies so aus, daß neuerlich in weitem Maße wiederum „Außenseiter“ in die Verwaltung und gerade in ihre leitenden Stellungen eindrangen – ein deutlicher Beweis dafür, daß es nicht auf die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, sondern auf die Durchdringung des Beamtentums mit nationalsozialistischem Geist angekommen war.

Über bevorzugte Beförderung wegen besonderer Verdienste um die NS-Bewegung bestimmte bereits ein Rundschreiben des Reichsministers des Innern vom 20. März 1934 (abgedruckt in DJ 1935 S. 1254) folgendes:

„Entsprechend der von einzelnen Reichsverwaltungen getroffenen Regelung bitte ich die obersten Reichsbehörden, Beamte, die sich im Kampf um die nationale Erhebung besonders verdient gemacht haben und die Gewähr bieten, daß sie auch fernerhin vorbildlich und erzieherisch im Sinne der nationalsozialistischen Bewegung wirken werden, nach Maßgabe verfügbarer geeigneter Stellen außer der Reihe zu befördern. In Zweifelsfällen empfiehlt sich vorheriges Benehmen mit dem zuständigen Gauleiter. Voraussetzung für die Beförderung ist, daß die Beamten nach Lebensalter und ihren dienstlichen Leistungen und Fähigkeiten den Anforderungen des höheren Amtes voll entsprechen.“

Seit 1935 wurde vor jeder Beförderung eines Beamten eine Dienststelle der NSDAP über seine weltanschauliche Zuverlässigkeit befragt.

Später wurde allgemein durch § 26 des Deutschen Beamtengesetzes die Ernennung zum Beamten davon abhängig gemacht, daß der Bewerber die Gewähr dafür biete, daß er jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten werde. Die Feststellung, ob das der Fall sei, sollte nach der Durchführungsverordnung vom 29. Juni 1937 (RGBl. I S. 669) „nach Anhörung der durch Anordnung des Stellvertreters des Führers mit der Ausstellung von politischen Begutachtungen beauftragten Hoheitsträger der NSDAP getroffen“ werden. In § 2 der Verordnung über die Vorbildung und die Laufbahnen der deutschen Beamten vom 28. Februar 1939 (RGBl. I S. 371) wurde schließlich betont, daß „die Bewerber … der Partei oder einer ihrer Gliederungen angehören oder angehört haben“ müssen und daß „bei der Auswahl … die persönliche Eignung und charakterliche Haltung maßgebend“ sei.

Entsprechend dieser Regelung hatte grundsätzlich der Austritt aus der NSDAP nachteilige Folgen für den Beamten. Hierzu bestimmte ein Runderlaß des RuPrMinIn vom 27. Februar 1936 (DJ S. 350):

„Der Stellvertreter des Führers wird den Austritt eines Beamten aus der NSDAP der obersten Dienstbehörde des Beamten mitteilen. Es ist dann in jedem Falle eine eingehende Prüfung vorzunehmen, aus welchen Gründen der Beamte aus der Partei ausgetreten ist. Hat er dies getan, weil er das Programm oder die politische Haltung der Partei ablehnt, so wird er nicht Beamter bleiben können. Aber auch wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann der Austritt eines Beamten aus der Partei bei den engen Beziehungen zwischen Partei und Staat darauf schließen lassen, daß dem Beamten die innige Verbundenheit mit dem nationalsozialistischen Staate oder daß ihm jedenfalls der erforderliche Opfersinn fehlt. Er muß dann mindestens damit rechnen, daß er bei bevorzugten Beförderungen ausgeschlossen und bei normalen Beförderungen zurückgestellt wird.“

Die Entfernung bestimmter Beamtengruppen und die Beschränkung der Neueinstellung auf nationalsozialistisch bewährte Personen reichte nicht aus, um den gesamten Beamtenkörper einheitlich „nationalsozialistisch auszurichten“. Da auch der nationalsozialistische Staat auf ein vorgebildetes Berufsbeamtentum nicht verzichten konnte, mußten in erheblicher Anzahl auch solche Berufsbeamte im Amt geduldet werden, die dem Nationalsozialismus neutral oder gar ablehnend gegenüberstanden, oder die, wenn sie auch formell der NSDAP angehörten, sich innerlich mehr oder weniger von ihr und ihrem Programm distanzierten. Um auch auf sie einzuwirken, wurde fortlaufend eine großangelegte „politische Schulung“ durchgeführt, die im wesentlichen dem Reichsbund der Deutschen Beamten oblag, aber auch durch die Ministerien gelenkt wurde. Neben zahlreichen Schulungskursen, die vor allem den Beamtennachwuchs möglichst frühzeitig im Sinne des Nationalsozialismus weltanschaulich formen sollten, wurde als Schulungsmittel vor allem die laufende Lektüre der nationalsozialistischen Presse angesehen. In einem Runderlaß des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern, zugleich im Namen sämtlicher Reichsminister, des Preußischen Ministerpräsidenten und sämtlicher Preußischen Staatsminister vom 3. Dezember 1935 (MinBl. 1935 Sp. 1443) heißt es darüber:

„(1) Der Beamte ist dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler durch den Eid, durch den er ihm Treue geschworen hat, zu unlösbarer Gefolgschaft verbunden. Er hat damit die Pflicht übernommen, in seinem amtlichen und außeramtlichen Wirken den auf das Wohl des ganzen Volkes gerichteten Willen des Führers und Reichskanzlers mit allen seinen Kräften in seinem Bereiche zu verwirklichen. Nichts kann den Beamten aber über den Willen des Führers gerade in den gegenwärtigen Zeitverhältnissen eingehender und lückenloser auf dem laufenden halten als das Organ zur Verlautbarung seiner Absichten und Ziele: die nationalsozialistische Tagespresse. Erst mit deren regelmäßigem Studium wird der Beamte in den Stand gesetzt sein, den Geist des Nationalsozialismus so erschöpfend zu erfassen und in sich aufzunehmen, daß er seine ganze Arbeit mit ihm durchdringen und damit dem Staatsleben die vom Führer gewiesene Richtung sichern kann.

(2) Ich halte es deshalb für selbstverständlich, daß jeder deutsche Beamte sich die Möglichkeit verschafft, ständig die nationalsozialistische Presse zu lesen, und auch davon täglichen Gebrauch macht. Dabei ist an erster Stelle das alte Kampfblatt der Bewegung „Der Völkische Beobachter“ zu nennen. …“

cc) Abgesehen von diesen unmittelbaren und mittelbaren Einwirkungen auf die personelle Zusammensetzung des Beamtenkörpers wurde das Beamtenverhältnis selbst in seiner rechtlichen Natur entscheidend umgestaltet.

Während noch nach der Verordnung des Reichspräsidenten über die Vereidigung der Beamten und Soldaten der Wehrmacht vom 2. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1017) der Beamte sich durch den Eid verpflichtete. „Volk und Vaterland Treue zu halten, Verfassung und Gesetze zu beachten und seine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen“, bestimmte das Gesetz über die Vereidigung der Beamten und der Soldaten der Wehrmacht vom 20. August 1934 (RGBl. I S. 785) folgenden Wortlaut des Beamteneides beim Eintritt in den Dienst:

„Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“

Gemäß § 3 des Gesetzes waren auch die im Dienst befindlichen Beamten unverzüglich in der vorbezeichneten Weise zu vereidigen.

Durch diesen Eid, dessen Wortlaut später durch § 4 des Deutschen Beamtengesetzes übernommen worden ist, wurde – wie Fischbach, Deutsches Beamtengesetz, 1937, S. 21 f., betont – „ein besonderes persönliches Band“ zwischen jedem Beamten und Hitler geschaffen, da der Treueid „im Gegensatz zum Eid der Systemzeit nicht einer abstrakten und abänderbaren Verfassung, sondern dem Führer persönlich geleistet“ wurde. Diese persönliche Bindung gab dem Beamtenverhältnis rechtlich eine neue, den bisherigen Inhalt umstürzende Grundlage. Während nach nationalsozialistischer Rechtsauffassung der bisherige Eid keine innere Bindung zeitigen konnte, da der Beamte der Weimarer Verfassung, „toten Buchstaben, geschaffen von Juden und Umstürzlern … keine Gefolgschaftstreue weihen“ konnte (so der Präsident des Rechnungshofs des Deutschen Reichs, Chefpräsident der Preußischen Oberrechnungskammer Dr. Müller in Deutsche Verwaltung 1939, 385), verpflichtete der neue Eid jeden Beamten, „die Treue dem Führer bis zum Tode zu halten“, so daß es sich „bei dem durch das Beamtenverhältnis begründeten Pflichtenverhältnis“ … um eine beinahe ordensmäßige Bindung an Führer und Reich handelte (Fischbach, a.a.O. S. 21). Besonders „aus der Nennung des Namens des Führers“ ist nach Fischbach (a.a.O. S. 56) „zu folgern, daß der Gesetzgeber die unmittelbare Bindung zwischen dem obersten Dienstherrn und dem Dienstverpflichteten herstellen wollte“. Freilich verpflichtete sich der Beamte durch den Treueid auch, die Gesetze zu beachten und seine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen. Gesetze und Amtspflichten wurden jedoch ausschließlich durch Hitler bestimmt, sei es, daß er die Gesetze als Chef der Regierung selbst beschloß, sei es, daß er sie durch den Reichstag als Akklamationsorgan beschließen ließ (vgl. BVerfGE 2, 237 [249]). Auf diese Weise wurde durch den Eid „gleichzeitig auch ein Treueverhältnis zur nationalsozialistischen Bewegung begründet“ (so Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, S. 136). Denn:

„… Erst im völkischen Reich hat der politische Eid wieder den Sinn einer unmittelbaren Treuebindung gegenüber dem Führer erhalten, die wesentlich auf die innere Gesinnung zielt und erst folgeweise auch das äußere Verhalten ergreift. Der Eid der Reichsminister, Reichsstatthalter und Landesminister (§ 157 des Deutschen Beamtengesetzes), der Eid der Soldaten und Beamten (Gesetz vom 20. Juli 1935, § 4 des Beamtengesetzes), der Eid der Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes (Art. 13 der Verordnung vom 1. Oktober 1935) – sie alle sprechen wesentlich die Verpflichtung zur Treue und zum Gehorsam gegenüber dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes aus. Nicht die Bindung an eine abstrakte Rechtsnorm oder an eine formale Institution, sondern die unmittelbare existentielle Verpflichtung des Gefolgsmannes auf die Person des Führers wird in diesen Eiden bekräftigt. Nicht die bloße äußere Legalität, sondern die aus der Gesinnung und der mannhaften Gesamthaltung rührende politische Treue wird feierlich gelobt. Der politische Eid begnügt sich nicht mit der äußeren Bewahrung des Rechts, sondern er verlangt innere Hingabe an den Führer und an die in ihm verkörperte politische Ordnung. Die durch diesen politischen Eid angelobte politische Treue gegenüber dem Führer des Volkes und Reiches ist die gestaltende und wesensbestimmende Kraft des öffentlichen Dienstes. …“ (E. R. Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl., o. J., S. 406/407).

Die „Treuepflicht“ gegenüber dem Führer kennzeichnet sich daher

„… als ein von Person zu Person geknüpftes unzerreißbares Band, das sämtliche Pflichten des Beamten gegenüber Volk, Reich und Bewegung zusammenfaßt und untereinander verbindet…“ (Wittland, Reichsdienststrafordnung, 2. Aufl., 1941, S. 81).

Indem Deutschland „mit dem persönlichen Treueid auf den Führer…zur Urform des politischen Gefolgschaftseides zurückkehrt“ und damit „die Zeit der sogenannten Verfassungseide… für uns ausgelöscht ist“ (Werner Weber, Der politische Eid, DJZ 1936, 279), werden auch die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Rechte des Beamten allein auf das „wechselseitige Treueverhältnis“ gegründet. „Nicht nur der Beamte ist dem Führer zur Treue verpflichtet, sondern auch dieser dem Beamten gegenüber. So hat der Führer eine besondere Fürsorgepflicht für den Beamten, muß ihn vor Beleidigungen schützen und ihm wirksamen Schutz in allen Lebenslagen gewähren. § 36 DBG. Er muß ihm ein standesgemäßes Gehalt und im Alter oder bei Dienstunfähigkeit ein Ruhegehalt gewähren und nach seinem Tode für seine Hinterbliebenen sorgen“ (Brand, Die Reichsdienststrafordnung, 3. Aufl., 1941, S. 72).

dd) Ergibt sich bereits aus der besonderen Form des politischen Eides, daß das Beamtenverhältnis im nationalsozialistischen Staat eine Rechtsgrundlage erhalten hat, die vom Bestehen der in Hitler verkörperten nationalsozialistischen Herrschaftsform schlechthin abhängig war, so zeigen vollends die Einzelregelungen des Deutschen Beamtengesetzes, daß die Grundlagen für ein Beamtentum, das Staat und Volk und nicht einer Partei zu dienen hatte, beseitigt waren.

Bereits die Präambel des Deutschen Beamtengesetzes, die nach nationalsozialistischer Rechtsauffassung für die Gesetzesauslegung besondere Bedeutung hatte, betont, daß „ein im deutschen Volk wurzelndes, von nationalsozialistischer Weltanschauung durchdrungenes Berufsbeamtentum, das dem Führer des Deutschen Reichs und Volkes, Adolf Hitler, in Treue verbunden ist, … einen Grundpfeiler des nationalsozialistischen Staates“ bildet.

Dementsprechend bestimmt § 1 DBG, daß der deutsche Beamte zum Führer und zum Reich in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis) steht und Vollstrecker des Willens des von der NSDAP getragenen Staates ist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DBG ist die Berufung in das Beamtenverhältnis ein Vertrauensbeweis der Staatsführung, den der Beamte dadurch zu rechtfertigen hat, daß er sich der erhöhten Pflichten, die ihm seine Stellung auferlegt, stets bewußt ist. „Führer und Reich verlangen von ihm echte Vaterlandsliebe, Opferbereitschaft und volle Hingabe der Arbeitskraft, Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten und Kameradschaftlichkeit gegenüber den Mitarbeitern. Allen Volksgenossen soll er ein Vorbild treuer Pflichterfüllung sein. Dem Führer, der ihm seinen besonderen Schutz zusichert, hat er Treue bis zum Tode zu halten“ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 DBG). Nach § 3 Abs. 2 DBG hat der Beamte „jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einzutreten und sich in seinem gesamten Verhalten von der Tatsache leiten zu lassen, daß die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in unlöslicher Verbundenheit mit dem Volke die Trägerin des deutschen Staatsgedankens ist. Er hat Vorgänge, die den Bestand des Reichs oder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gefährden könnten, auch dann, wenn sie ihm nicht vermöge seines Amtes bekanntgeworden sind, zur Kenntnis seines Dienstvorgesetzten zu bringen.“

Diese grundlegenden Bestimmungen begründen das Treueverhältnis zum Reich nur über Hitler und die Abhängigkeit vom Willen der NSDAP. Sie legen die dem Treueverhältnis bis zum Tode entsprechende Grundpflicht des Beamten dahin fest, daß er jederzeit für den von der NSDAP getragenen nationalsozialistischen Staat eintreten muß, und geben dadurch dem Beamtenverhältnis im nationalsozialistischen Staat ein besonderes rechtliches Gepräge. Man hat zwar darauf hingewiesen, daß „die Verfolgung der geistigen Genealogie des Deutschen Beamtengesetzes“ erkennen läßt, „daß das Gesetzgebungswerk des Jahres 1937… keine inhaltliche Neuschöpfung, sondern das Ergebnis einer langen organischen Rechtsentwicklung war,“ … „daß die nationalsozialistischen Zutaten nicht integrierender Bestandteil dieses Rechtssystems, sondern äußerliches Beiwerk waren, das in den Referentenentwurf des Reichsinnen- und des Reichsfinanzministeriums erst auf den Druck der NSDAP eingefügt wurde“ und daß „die gesunde Kernsubstanz des Gesetzes … unberührt geblieben“ sei (so Wichert, Deutsches Beamtengesetz, 1952, S. 20, 22). Eine solche Betrachtungsweise ist jedoch nur für diejenigen Bestimmungen gerechtfertigt, die den formal-organisatorischen Aufbau und den formal-rechtlichen Inhalt des Beamtenverhältnisses regeln. Insoweit betont auch Peters (Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 237) mit Recht, daß die gerade für das deutsche öffentliche Recht typische Rechtsinstitution des Beamtenverhältnisses formal vom Nationalsozialismus nicht allzu stark verändert worden sei. Aber eben diese auf Druck der NSDAP eingefügten Zutaten waren es, die den formal-rechtlichen Vorschriften des Gesetzes den veränderten sachlichen Gehalt geben; sie erst machen das formal zum Staate bestehende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum „nationalsozialistischen Beamtenverhältnis“. Das bestätigt sowohl die nationalsozialistische Rechtslehre wie auch die Rechtsprechung der Obersten Disziplinargerichte während der nationalsozialistischen Zeit.

In der nationalsozialistischen Rechtslehre wird zunächst die Umgestaltung des neutralen Fachbeamtentums zu einem in erster Linie politisch-gesinnungsmäßig bestimmten Beamtentum hervorgehoben, bei dem die fachliche Leistung hinter der politischen Gesinnung zurücktritt. Besonders charakteristisch hierfür sind die nachstehenden Ausführungen:
Köttgen, Vom Deutschen Staatsleben, JöR Bd. 24, 1937, S. 43/44:

„…Das Beamtentum des Zwischenreiches hatte versucht, im Machtkampf der politischen Parteien eine neutrale Position zu beziehen. Das Beamtentum war damit, soweit es nicht zum Parteibuchbeamtentum entartete, ausgesprochenes Fachbeamtentum geworden, dessen fachliche Fähigkeiten im Sinne liberaler Voraussetzungslosigkeit für wechselnde politische Ziele eingesetzt werden konnten. … Der Beamte, der gemäß § 1 des neuen Beamtengesetzes, Vollstrecker … des von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei getragenen Staates‘ ist, ist ebensowenig neutraler Fachmann wie der Soldat, sondern wurzelt im Boden der nationalsozialistischen Weltanschauung.

Arbeitsdienst, Wehrmacht und Beamtentum finden ihre geistigseelischen Voraussetzungen gleichmäßig in der Weltanschauung des Nationalsozialismus und sind in diesem gemeinsamen Ausgangspunkt ohne weiteres innerlich mit der Partei verbunden …“

Gerber, Politische Erziehung des Beamtentums im Nationalsozialistischen Staat, 1933, S. 27, 31:

„…Das Amt des Beamten ist also wesensmäßig politisch. Kraft seines Amtes ist der Beamte in den politischen Integrationsprozeß des Staates einbezogen … Auch die Ausmerzung von Beamten, deren Gesinnung eine solche enge persönliche Beziehung nicht zuläßt, bekommt daher ihren Sinn. Denn bei der durch den Treueid gesicherten politischen Abhängigkeit kommt es nicht darauf an daß der Beamte die Pflicht auf sich nimmt, die Gesetze treulich zu beobachten; das ist eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr geht es darum, daß der Beamte innerlich mit dem Führer als dem politischen Mittelpunkte des Staates lebt. …“

Fischbach, Deutsches Beamtengesetz, 1937:

S. 22: „… Die innere Verbundenheit des Beamten mit dem Führer und damit mit der Partei ist die unerläßliche Voraussetzung für seine Ernennung. Nur der darf zum Beamten ernannt werden, der neben der Eignung für das Amt die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit rückhaltlos (d. h. ohne ,wenn und aber‘) für den nationalsozialistischen Staat eintritt …“

S. 47: „… Beherrscht wird das Pflichtenverhältnis des Beamten von dem alles überdeckenden Grundsatz von der Pflicht jederzeitigen rückhaltlosen Eintretens für den nationalsozialistischen Staat, und zwar einerlei, ob der Beamte Parteigenosse ist oder nicht, ob er sich im Dienst befindet oder außerhalb des Dienstes … Es ist selbstverständliche Pflicht jedes Beamten, sich für die vom Führer gewollten staatlichen Ziele mit seinem ganzen Denken und Wollen einzusetzen (Gesinnungspflicht). Seine persönliche Bindung für einen bestimmten Zweck völkischen und staatlichen Seins ist nicht möglich ohne das unbedingte Vertrauen in die Führung. …Ein Beamter, der diesen Leitsatz nicht befolgt, kann im Beamtenverhältnis nicht geduldet werden; er ist, wenn nicht im übrigen eine dienststrafgerichtliche Ahndung begründet ist, in den Ruhestand zu versetzen …“

S. 2 f.: “ … Die für den bürgerlichen Rechtsstaat charakteristische Trennungslinie zwischen öffentlicher und privater Sphäre ist dem nationalsozialistischen Staat fremd. Dieser umfaßt im Volksgenossen den ganzen Menschen …, vor allem auch in gesinnungsmäßiger Beziehung. …“

Brand, Das Deutsche Beamtengesetz, 4. Aufl., 1942, S. 107:

„… Der Beamte muß beachten, daß die Ausbildung des Charakters im nationalsozialistischen Sinne wichtiger ist als die Fachkenntnisse …“

E. R. Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl., o. J., S. 445:

„…Nur wenn es gelang, die Beamtenschaft für diese neue politische Aufgabe mit allen ihren Folgewirkungen einzusetzen, war es möglich, das Berufsbeamtentum als Einrichtung des öffentlichen Dienstes im neuen Reich zu erhalten.

Voraussetzung dafür war ein doppeltes: einmal das vorbehaltlose Bekenntnis des Beamtentums zur nationalsozialistischen Weltanschauung; zum anderen die unbedingte Bindung an den Führer. Beides verlangt vom Beamtentum einen Wesenswandel, dessen außerordentliches Maß man nicht verkennen darf. Schon im absoluten Staat hat der Rationalismus, der dort um sich griff, die ursprüngliche weltanschauliche Bindung des Beamtentums aufgelöst; sie wurde durch die ,Staatsraison‘ ersetzt. Diese bloße Staatsraison – die ,Idee des Staates an sich‘ – muß heute im Beamtentum durch eine bedingungslose Bindung an die völkische Weltanschauung überwunden werden. Das Handeln des Beamten darf dort, wo es auf eine verantwortungsvolle Entscheidung ankommt, nicht bloß auf die rationale Technizität eines äußeren Ablaufs gerichtet sein, sondern es muß die Verwirklichung von Grundsätzen völkischer Weltanschauung bedeuten. Dieser Zustand aber kann nicht erreicht werden, indem man sich bloß loyal ,auf den Boden des neuen Staates‘ stellt und korrekt die ergangenen Gesetze ausführt. Nur wenn das Beamtentum in der Tiefe von völkischer Weltanschauung durchdrungen ist, wird es dahin kommen, daß jede Verwaltungshandlung und jeder Urteilsspruch eine selbstverständliche, instinktsichere Ausstrahlung völkischen Geistes ist.

Die zweite Voraussetzung ist die unbedingte Bindung an den Führer. Es wurde schon erwähnt, wie im späten Absolutismus im Beamtentum die unmittelbare Beziehung zum König durch die Beziehung auf den ,Staat an sich‘ verdrängt wurde; der Beamte war kein Gefolgsmann seines Königs mehr, sondern ein „Staatsorgan“. Diese Haltung des bloßen Staatsorgans muß im Beamtentum überwunden werden, indem die unmittelbare Beziehung auf die Person des Führers hergestellt wird. Natürlich handelt der Beamte mit Wirkung für den Staat, aber er kann dies nur, weil er als Gefolgsmann des Führers in dessen Namen und Auftrag tätig werden darf. Nicht den abstrakten Willen des Staates an sich hat der Beamte in die Tat umzusetzen, sondern der wirkliche Wille des Führers soll in ihm lebendig sein und durch sein Handeln in die Erscheinung treten …“

Entsprechend dieser ideologischen Neubegründung des „politischen“ Beamtenverhältnisses hebt die nationalsozialistische Rechtslehre die Bindung des Beamten an die Partei und demzufolge den bestimmenden Einfluß der NSDAP im Beamtenrecht besonders hervor.

Fischbach, Deutsches Beamtengesetz, 1937:

S. 23: „… Der Einfluß der Partei auf die Besetzung der Ämter ist dadurch gesichert, daß nach näherer Bestimmung des Führers und Reichskanzlers bei jeder Ernennung von Beamten der Stellvertreter des Führers oder die von ihm bestimmte Stelle zu hören ist … „

S. 34 (Zu § 1 Abs. 2 DBG): „… Hier ist ein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersten Ranges ausgesprochen, nämlich, daß die NSDAP den Staat (im engeren Sinne = Machtapparat) trägt und ihm ihren politischen Willen inspiriert oder vermittelt. Der Vollstrecker dieses Willens ist wiederum der Beamte. …“

S. 495 f.: Die Stellung der NSDAP im Staat ist verfassungsrechtlicher Art. Die Partei ist Trägerin des deutschen Staatsgedankens und mit dem Staat unlöslich verbunden. … Einen Zwiespalt zwischen Partei und Staat darf es nicht geben. …“

Wittland, Reichsdienststrafordnung. 2. Aufl. 1941, S. 84:

„… Wenngleich das Beamtenverhältnis keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen und Pflichten zwischen dem Beamten und der NSDAP vermittelt, verlangen Führer und Reich, daß der Beamte die Pflichten, die das Beamtenverhältnis ihm ihnen gegenüber auferlegt, als Nationalsozialist erfüllt. Diese Forderung ist unabhängig davon, ob der Beamte selbst Mitglied der NSDAP, ihrer Gliederungen oder der ihr angeschlossenen Verbände ist oder nicht.

Jeder Beamte … ist verpflichtet, Arbeitskameraden und unterstellte Beamte in der Erfassung des nationalsozialistischen Gedankenguts zu stärken und etwa auftretende Zweifel zu bekämpfen. … maßgebend für ihn ist die Bildung des politischen Willens durch die NSDAP. Der Beamte darf in seinem Amt und Dienstbereich keiner anderen politischen Willensbildung folgen, er hat die ihm obliegende ausführende Tätigkeit durch die nationalsozialistische Staatsführung bestimmen zu lassen. …“

Brand, Die Reichsdienststrafordnung, 3. Aufl., 1941:

S. 66 f.: „… Die Weltanschauung des Nationalsozialismus muß die feste und unverrückbare Grundlage der gesamten dienstlichen Tätigkeit des Beamten sein. … . Er hat nach § 4 DBG dem Führer des Deutschen Reiches eidlich Treue und Gehorsam gelobt und . … Er hat also nicht nur dem Führer, sondern auch der Partei die Treue zu halten. Er hat deshalb, auch wenn er nicht Parteigenosse ist, Vorgänge, die den Bestand des Reichs oder der NSDAP gefährden könnten, auch dann, wenn sie ihm nicht vermöge seines Amtes, sondern als Privatmann bekannt geworden sind, zur Kenntnis seines Dienstvorgesetzten zu bringen. …“

S. 68: „… . Der Beamte hat . Er darf sich daher nicht darauf beschränken, Anhänger des neuen Staates zu sein, d. h. mit ihm zu sympathisieren; vielmehr muß er für den Staat tätig sein. Er ist politischer Soldat in Zivil … Er muß in der Partei oder ihren Gliederungen positiv mitarbeiten. …“

Seel, Das Deutsche Beamtengesetz, 2. Aufl., 1939, S. 10 ff.:

„… Der Beamte ist nicht nur Diener am Staate und am Volk; er soll auch Diener an der nationalsozialistischen Idee sein, die den Staat trägt, und an der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, die mit dem Staat eine Einheit bildet. … Denn der Beamte soll der Vollstrecker des Willens des von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei getragenen Staates sein. … Durch alle diese Vorschriften ist der Einheit von Partei und Staat Rechnung getragen und die enge Verbundenheit des Beamten mit Führer und Partei sichergestellt…“

ee) Die Rechtsprechung der Dienststrafgerichte beweist, daß diese Erläuterungen der Rechtsvorschriften, die den materiellrechtlichen Gehalt des nationalsozialistischen Beamtenverhältnisses betreffen, nicht Deklamationen ohne praktische Bedeutung waren.

Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsdienststrafhofs lag „ein Dienstvergehen immer dann vor, wenn ein Beamter sich entsprechend seiner etwaigen nichtnationalsozialistischen Einstellung auch nur im geringsten betätigt, ja schon dann, wenn er diese seine Gesinnung irgend einem Dritten bekanntgibt“ (Urteil vom 3. Mai 1939, E 3, 1 [3]). Eine dem Nationalsozialismus entgegenstehende innere Einstellung des Beamten verstieß also nur dann nicht gegen die Rechtspflichten, die das Beamtenverhältnis im nationalsozialistischen Staat ihm auferlegte, wenn diese Gesinnung nach außen hin überhaupt nicht in Erscheinung trat. Kein Beamter konnte daher seiner nichtnationalsozialistischen Gesinnung gemäß handeln; denn wollte er Beamter bleiben, so mußte er sich nach außen hin wie ein Nationalsozialist betätigen. Verweigerte er diese äußerliche Erfüllung seiner Beamtenpflichten auch nur durch passives Verhalten, so mußte er bereits mit einer disziplinarischen Ahndung rechnen.

Der Reichsdisziplinarhof (später Reichsdienststrafhof) hat in folgenden Fällen auf Dienstentlassung erkannt: weil ein Beamter nicht der NSV beigetreten war, den „Deutschen Gruß“ nicht ordnungsgemäß entboten hatte und der Judenfrage verständnislos gegenüberstand; weil er sich an den Wahlen, insbesondere an der Wahl vom 29. März 1936 nicht beteiligt hatte und keiner nationalsozialistischen Organisation beigetreten war; weil er bei der Volksabstimmung vom 10. April 1938 die Frage verneint hatte, ob er mit der Wiedervereinigung Österreichs mit dem deutschen Reich einverstanden sei und für die Liste des Führers stimme; weil er aus religiösen Gründen den „Deutschen Gruß“ nicht in der vorgeschriebenen Form ausgeführt hatte; weil er bei der Eingliederung Österreichs das Flaggen abgelehnt und auch früher die Anbringung eines Transparents verhindert hatte (vgl. die Entscheidungen des Dienststrafhofs vom 3. Mai 1939, E 3, 1; vom 15. Februar 1937, Schulze-Simons-Foerster, 1937, 66; vom 29. Mai 1940, E 3, 40; vom 5. und 11. Februar 1936, Schulze-Simons-Foerster, 1937, 73 und 7; vom 16. Mai 1940, E 3, 21). In diesen Entscheidungen finden sich Ausführungen wie die folgenden:

„… Es ist zwar richtig, daß eine Pflicht für jedermann, sich an jeder Wahl zu beteiligen, nicht besteht. Am 29. März 1936 handelte es sich aber um eine ganz besondere Wahl, und der Angeschuldigte hatte als Beamter dem Dritten Reich und dem Führer gegenüber ganz besondere Pflichten. Es war eine Versagung der Gefolgschaft, wenn er sich ohne triftigen Grund von der Wahl fernhielt und dem Aufruf des Führers nicht folgte. … Seine Einstellung zum Dritten Reich ergibt sich schon daraus, daß er sich offensichtlich aus Grundsatz von allen Organisationen der NSDAP fernhält. Es vermag ihn nicht zu entschuldigen, daß er außerhalb der NSV jeden Monat einen Zentner Preßkohlen zu geben versprochen hat und seine Halbschwester und ihre Kinder unterstützt. Sein Fernhalten gerade von den gemeinsamen Veranstaltungen zeigt, daß er dem Wesen des Nationalsozialismus fremd und feindlich gegenübersteht. …“ (Schulze-Simons-Foerster, 1937, 66 [67]).

„… Der deutsche Beamte steht zum Führer und zum Reich in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (§ 1 Abs. 1 DBG). Dieses Beamtenverhältnis umfaßt die ganze Persönlichkeit des Beamten; hieraus ergeben sich auch besondere Pflichten des Beamten, vor allem die Treuepflicht gegenüber dem Führer. Ebenso wie das Beamtenverhältnis ist auch die Treuepflicht unteilbar. Dieser unterliegt der Beamte in seinem ganzen Verhalten und in jeder Lage seines Lebens. Während vor der Machtergreifung der Beamte des Zwischenreichs politisch neutral bleiben oder – außerhalb seiner amtlichen Tätigkeit – der Politik seines Dienstherrn sogar entgegenarbeiten konnte, verlangt der nationalsozialistische Staat von ihm das volle und rückhaltlose Eintreten für den Führer in und außer dem Amte. Dieses unbedingte Eintreten für den Führer muß von dem Beamten auch bei Ausübung seines Wahl- und Abstimmungsrechtes erwartet werden. Zwar sind auch jetzt noch Wahl und Abstimmung frei und geheim, die Wahlfreiheit … findet aber ihre natürliche Grenze in der besonderen Stellung des Beamten im nationalsozialistischen Staat, die wegen der Unteilbarkeit des Beamtenverhältnisses nur einheitlich beurteilt werden kann … Im nationalsozialistischen Staat gilt vielmehr der Grundsatz, daß ein Beamter, der einer vom Führer angeordneten Wahl oder Abstimmung fernbleibt, sich einer Dienstverfehlung schuldig macht (ebenso die Rechtsprechung des Reichsdisziplinarhofs, desgl. Foerster 1936 S. 82 und 1937 S. 66; Heyland, Deutsches Beamtenrecht S. 168; Nadler-Wittland-Ruppert, DBG, S. 178; Wittland, RDStO, S. 173). …Die Abstimmung ist zunächst eine politische Angelegenheit, aber da der Beamte wegen der Unteilbarkeit des Beamtenverhältnisses in und außer dem Amt auch in politischen Fragen Gefolgsmann seines Führers ist, kann es keine politische Frage geben, in welcher der Beamte sich zu seinem Führer in Widerspruch setzt … Es läßt sich daher mit der Stellung des Beschuldigten als Beamten im nationalsozialistischen Führerstaat und mit seinem Dienst- und Treueverhältnis zu Führer und Reich nicht vereinbaren und stellt eine gegen Führer und Reich gerichtete Handlung dar, wenn er bei der Volksabstimmung und Wahl zum Großdeutschen Reichstag am 10. April 1938 mit „Nein“ stimmte. … Ohne Bedeutung ist dabei, wie diese an und für sich dem Wahlgeheimnis unterliegende Tatsache bekanntgeworden ist. …“ (E 3, 40 [41, 42, 43]).

„Das Verhalten des Angeschuldigten stellt eine schwere Verletzung der Gehorsamspflicht dar. Daran kann es nichts ändern, wenn wirklich nur religiöse Bedenken den Ungehorsam veranlaßt haben. Nach außen tritt nur hervor, daß der Angeschuldigte als Beamter den deutschen Gruß nicht in der vorgeschriebenen und von jedem Beamten zu beachtenden Form erweist. Dadurch muß notwendig der Eindruck entstehen, er lehne den Führer ab und gehe darauf aus, seine Gegnerschaft öffentlich zu zeigen. Ein Beamter, der auch nur den Verdacht einer solchen Einstellung erweckt, weil er glaubt, seine eigenen Erwägungen in den Vordergrund stellen zu müssen und über die Richtigkeit der dienstlichen Anordnung nur sein eigenes Urteil als maßgebend anerkennen zu sollen, kann dem Beamtenstande nicht mehr angehören“ (Schulze-Simons-Foester, 1937, 73)

„… Es ist völlig abwegig, wenn er meint, daß die Grußpflicht seinen amtlichen Pflichtenkreis überhaupt nicht berühre. Das Bekenntnis zum Führer gehört vielmehr zu den vornehmsten Pflichten eines Beamten im Dritten Reiche. Auf religiöse Bedenken kann und darf sich der Angeschuldigte nicht berufen. Durch Verweigerung des Grußes wird notwendig der Verdacht erweckt, daß der betreffende Beamte nicht auf dem Boden des Dritten Reiches steht, vielmehr eine staatsfeindliche Gesinnung hegt. Der Angeschuldigte hat daher durch sein Verhalten die ihm obliegenden Pflichten auf das schwerste verletzt. …“ (Schulze- Simons-Foerster, 1937, 7).

„… daß der Beschuldigte seit 1933 bis zum Herbst 1938 … es unterlassen hat, bei gegebenen Anlässen seine Wohnung zu beflaggen und auch nicht im Besitz einer Hakenkreuzfahne gewesen ist, da er es nicht für notwendig gehalten hat, sich eine solche anzuschaffen. Bei der dienststrafrechtlichen Beurteilung … ist davon auszugehen, daß ein Beamter im heutigen Staat neben seinem völligen Aufgehen im Dienst nach § 3 Abs. 1 und 2 DBG in Treue zu dem Führer und der nationalsozialistischen Bewegung stehen muß. Er ist deshalb nicht nur verpflichtet, sich jeder gegensätzlichen und ablehnenden Haltung zu enthalten, sondern er muß darüber hinaus von nationalsozialistischer Weltanschauung durchdrungen sein und sich positiv im Sinne der von ihm gelobten Treuepflicht betätigen. Es genügt mithin keineswegs, daß der Beschuldigte nach seinen Angaben auf dem Boden des nationalsozialistischen Staates steht und diese Auffassung nicht nur beruflich, sondern auch außerberuflich zu erkennen gegeben haben will … war es vielmehr seine Aufgabe als Beamter, jederzeit die Ziele und Wünsche der Staatsführung und der NSDAP, die die Trägerin des Deutschen Staatsgedankens ist und in unlösbarer Verbundenheit mit dem Volke steht, nach Kräften zu fördern und zu erfüllen. Gegen diese hohe Pflicht hat sich … schwer verfehlt, indem er sich durch das jahrelange Nichtflaggen bewußt fortgesetzt der Mitwirkung an der Verwirklichung der erstrebten Ziele dadurch entzogen hat, daß er sich außerhalb der Volksgemeinschaft stellte, anstatt seine Verbundenheit mit ihr und der Staats- und Volksführung zu bekunden. …“ (E 3, 21 [22]).

Auch schon ein bloß passives Verhalten, wie die Nichtbeteiligung eines Behördenvorstehers bei der Straßensammlung für das Winterhilfswerk oder das ständige Fernbleiben von nationalsozialistischen Veranstaltungen wurden als Dienstvergehen angesehen (vgl. die Urteile des Reichsdisziplinarhofs vom 17. November 1936, Schulze-Simons- Foerster, 1937, 41; vom 15. Juni 1937, a.a.O., 26), weil der Beamte durch ein solches Verhalten zeige, daß er noch „eine Vorstellung von seiner Freiheit in der krassesten Form liberalistischer Auffassung“ habe. Die Ablehnung der Mitwirkung an einem Gemeinschaftswerk sei „in verwerflicher Ausnutzung der Freiheit, die ihm der Führer im Vertrauen auf die deutsche Seele gelassen“ habe, begangen.

Handelte ein Beamter dem nationalsozialistischen Parteiprogramm positiv zuwider, so wurde er gleichfalls disziplinarisch verfolgt. Dies geschah beispielsweise wegen Kaufs in einem jüdischen Kaufhaus in den Jahren 1935 bis 1937 (E 2, 69), wegen Aufnahme eines Darlehens bei einem Juden (DJ 1938, 1394), wegen Entfernung eines gegen den „politischen Katholizismus“ gerichteten Plakats (Schulze-Simons-Foerster, 1937, 42) oder deshalb, weil ein Beamter, dessen Frau Französin war, seinen Sohn in ein französisches Lyzeum geschickt hatte (Schulze- Simons-Foerster, 1936, 87).

ff) Die beiden großen Entwicklungslinien des nationalsozialistischen Beamtenrechts, die Aushöhlung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Beamtenrechte und die Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein persönliches Treueverhältnis zum „Führer“, wurden deutlich sichtbar in einem staatsrechtlichen Akt, der eine – in dieser Form selbst im nationalsozialistischen Regime seltene – offene Verwerfung auch der einfachsten rechtsstaatlichen Grundsätze darstellt. In der Sitzung des „Großdeutschen Reichstags“ vom 26. April 1942 erklärte Hitler: „Ich bitte … den Deutschen Reichstag um die ausdrückliche Bestätigung, daß ich das gesetzliche Recht besitze, jeden zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten, beziehungsweise denjenigen, der seine Pflichten nach meiner Ansicht und gewissenhaften Einsicht nicht erfüllt, entweder zur gemeinen Kassation zu verurteilen oder ihn aus Amt und Stellung zu entfernen, ohne Rücksicht, wer er auch sei oder welche erworbenen Rechte er besitze.“ Dann ließ er vom Reichstag folgenden Beschluß fassen:

„Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Führer in der gegenwärtigen Zeit des Krieges, in der das deutsche Volk in einem Kampf um Sein oder Nichtsein steht, das von ihm in Anspruch genommene Recht besitzen muß, alles zu tun, was zur Erringung des Sieges dient oder dazu beiträgt. Der Führer muß daher – ohne an bestehende Rechtsvorschriften gebunden zu sein – in seiner Eigenschaft als Führer der Nation, als Oberster Befehlshaber der Wehrmacht, als Regierungschef und oberster Inhaber der vollziehenden Gewalt, als oberster Gerichtsherr und als Führer der Partei jederzeit in der Lage sein, nötigenfalls jeden Deutschen – sei er einfacher Soldat oder Offizier, niedriger oder hoher Beamter oder Richter, leitender oder dienender Funktionär der Partei, Arbeiter oder Angestellter – mit allen ihm geeignet erscheinenden Mitteln zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und bei Verletzung dieser Pflichten nach gewissenhafter Prüfung ohne Rücksicht auf sogenannte wohlerworbene Rechte mit der ihm gebührenden Sühne zu belegen, ihn im besonderen ohne Einleitung vorgeschriebener Verfahren aus seinem Amte, aus seinem Rang und seiner Stellung zu entfernen.“

Die Tatsache, daß ein förmlicher Beschluß des zwar praktisch einflußlosen, aber als solennes Gesetzgebungsorgan immerhin noch bestehenden Reichstags herbeigeführt und daß dieser Beschluß im Reichsgesetzblatt (1942 I S. 247) veröffentlicht wurde, zeigt, daß es sich hier nicht nur um rhetorische Drohungen handelte, sondern daß mit vollem Bewußtsein äußerste rechtliche Folgerungen aus der bisherigen Entwicklung des Beamtenrechts gezogen wurden (vgl. hierzu auch Koellreutter, Deutsches Staatsrecht, 1953, S. 20, der ebenfalls in diesem Beschluß die Aufhebung aller rechtsstaatlichen Garantien erblickt). Das Beamtenverhältnis, das ein Treueverhältnis zum Führer geworden ist, wird nun auch rechtlich ganz zur Disposition des Führers gestellt. Auf seine persönliche Entscheidung hin wird der Beamte, der die Treuepflicht – wie Hitler sie auffaßt – verletzt, aus seinem Amt entlassen; er kann sich dieser Entscheidung gegenüber nicht mehr auf ein rechtlich geordnetes Dienstverhältnis zum Staate berufen, das ihm mindestens ein ordnungsmäßiges Verfahren sichern würde. Für die Erkenntnis der grundsätzlichen Bedeutung dieses Gesetzgebungsaktes kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang tatsächlich von ihm Gebrauch gemacht worden ist. Entscheidend ist, daß er die bedingungslose Bindung des Beamten an den Führer, dem gegenüber es kein formales Recht mehr gibt, auch in einem Satz des geschriebenen Rechts verwirklicht.

gg) Die Zerstörung des verfassungsrechtlichen Schutzes für die wohlerworbenen Rechte der Beamten, die Regelung der personellen Voraussetzungen für das Beamtenverhältnis in Verbindung mit der gesetzlichen Verpflichtung zum persönlichen Treueid auf Hitler und zur Vollstreckung des Willens des von der NSDAP getragenen Staates, sowie die Gerichtspraxis der obersten Disziplinargerichte ergeben mit aller Deutlichkeit, daß das Beamtenverhältnis im nationalsozialistischen Staat ein nur auf diesen Staat und die ihn tragende Ideologie der NSDAP zugeschnittenes Rechtsverhältnis sein sollte und war. Die auf diesem Rechtsverhältnis beruhenden gegenseitigen Treue- und Fürsorgepflichten zwischen Beamten und Staat waren allein auf das Vorhandensein und die Fortdauer eines bestimmten verfassungsrechtlichen Zustandes abgestellt. Daraus ergibt sich notwendig der dem nationalsozialistischen Beamtenverhältnis immanente Ausschluß gegenseitiger Rechte und Pflichten für den Fall, daß ein von der NSDAP getragener, mit ihr unlöslich verbundener Staat nicht mehr vorhanden sein würde.

Dagegen ist die Frage, ob auch der einzelne Beamte der NSDAP angehörte oder ihr innerlich nahestand, für die rechtliche Beurteilung des Beamtenverhältnisses als solchen ohne Bedeutung. Es ist bekannt und bedarf keiner Betonung, daß nicht entfernt alle Beamten innerlich mit dem Nationalsozialismus sympathisierten, daß – abgesehen von den überzeugten Nationalsozialisten und den bewußten Opportunisten – zahlreiche Beamte nur deshalb „positiv“ mitgearbeitet haben, weil sie glaubten, sich der Entwicklung der politischen Verhältnisse aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus nicht entgegenstellen zu dürfen, oder weil sie aus besonderem Pflichtgefühl heraus „Schlimmeres zu verhüten“ meinten. Neben nationalsozialistischen Schädlingen leisteten daher zahlreiche Beamte ihren Dienst in treuer und sachlicher Arbeit zum wirklichen Wohl der Allgemeinheit, während wieder andere im Rahmen des Möglichen sogar dem Nationalsozialismus Widerstand entgegenzusetzen suchten. Das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis jedoch, in dessen Rahmen alle Beamten tätig waren und überhaupt nur tätig sein konnten und aus dem allein sie ihre Rechtsansprüche herleiten konnten, war stets und ausschließlich das soeben rechtlich qualifizierte, auf den von der NSDAP getragenen Staat gegründete und Hitler verpflichtete Beamtenverhältnis.

Mit dem Zusammenbruch des von der NSDAP beherrschten Staates und der Beseitigung der NSDAP, die durch die Erste Proklamation des Generals Eisenhower – Militärregierung Deutschland, Kontrollgebiet des Obersten Befehlshabers – aufgelöst und nach Abschnitt XI Nr. 38 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20. September 1945 für völlig und endgültig aufgelöst und als illegal erklärt wurde, war den Beamtenverhältnissen des nationalsozialistischen Staates die rechtliche Grundlage entzogen. Bereits der totale Zusammenbruch des Reiches, der einen völligen Neuaufbau der Staats- und Verwaltungsorganisation auf einer wesensmäßig anderen staatspolitischen, wirtschaftlichen und finanziellen Grundlage erforderlich machte, legte – wie die Ausführungen zu C I 1 c beweisen – die Annahme nahe, daß die Rechtsverhältnisse des öffentlichen Dienstes nicht unverändert fortbestehen konnten. Beruht jedoch darüber hinaus das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis auf einer Rechtsgrundlage, die eine unlösliche Verbindung des Staates mit einer bestimmten Partei und ihrem Führer zur entscheidenden Voraussetzung für das Bestehen des Rechtsverhältnisses macht und wird der wesentliche Inhalt des Dienstverhältnisses gerade von dieser besonderen Struktur des Staates her bestimmt, so muß das Rechtsverhältnis ohne formellen Beendigungsakt erlöschen, wenn mit dem Zusammenbruch zugleich diese bisherige Struktur beseitigt wird.

Die zum Deutschen Reich bestehenden (unmittelbaren und mittelbaren) Beamtenverhältnisse sind daher mit dem Zusammenbruch von selbst erloschen. Für die rechtliche Betrachtung muß daher angenommen werden, daß alle Beamtenverhältnisse zu demselben Zeitpunkt ihr Ende erreicht haben. Als solcher Zeitpunkt kann nur der 8. Mai 1945 in Betracht kommen, da die an diesem Tage vollzogene Kapitulation der Wehrmacht den Zusammenbruch des Staates sichtbar gemacht hat. Deshalb hat auch Art. 131 GG mit Recht an diesen Zeitpunkt angeknüpft.

e) Entgegen dieser Auffassung hat die bisherige Rechtsprechung die verfassungsrechtlichen und historisch-politischen Verhältnisse beim Zusammenbruch in ihrer Bedeutung für den Fortbestand der Beamtenverhältnisse nicht richtig gesehen und deshalb überwiegend das Fortbestehen aller unmittelbaren und mittelbaren Beamtenverhältnisse über den Zusammenbruch hinaus angenommen. Zur Begründung wird im wesentlichen darauf hingewiesen, daß der Wechsel der Staatsform das gegenüber dem Staat bestehende Beamtenverhältnis nicht berühren könne. Auch positivrechtlich ergebe sich das Fortbestehen der Beamtenverhältnisse aus dem Umstand, daß das im Rahmen der Artikel II und III des Gesetzes Nr. 1 der Militärregierung Deutschland – KontrollGebiet des Obersten Befehlshabers – (ABl. MilReg. Deutschland, Kontroll-Gebiet der einundzwanzigsten Armeegruppe, Nr. 3 S. 1) fortgeltende Deutsche Beamtengesetz die Gründe für die Beendigung der Beamtenverhältnisse abschließend aufzähle, dabei aber nicht den Zusammenbruch des Staates und den Wechsel der Staatsform als Beendigungsgrund vorsehe (vgl. besonders auch Heyland, Die Rechtsstellung der entfernten, erfolgreich entnazifizierten deutschen Beamten, 1950, S. 33).

Diese formale Begründung hält einer näheren Prüfung nicht stand.

aa) Die Auffassung, daß der Wechsel der Staatsform das Beamtenverhältnis unberührt lasse, ist zwar grundsätzlich richtig. Es ist oben schon dargelegt, daß es der Sachlage nicht gerecht wird, die Ereignisse vom Mai 1945 als bloßen „Wechsel der Staatsform“ zu bezeichnen. Außerdem setzt die Geltung jenes Satzes aber auch voraus, daß es sich wirklich um „Beamtenverhältnisse“ im traditionell-rechtsstaatlichen Sinne handelt, wie sie sich im Laufe des 19. Jahrhunderts in Deutschland entwickelt haben. Der Satz, daß der Wechsel der Staatsform das Beamtenverhältnis nicht berührt, ist überhaupt nur sinnvoll, wenn angenommen wird, daß dieses Verhältnis den Beamten mit dem Staat als einer von seinem jeweiligen obersten Repräsentanten einerseits, von den politischen Gruppen andererseits unabhängigen, in diesem Sinn neutralen Rechtsperson verbindet. Nur dann kann auch die Rechtspflicht des Staates zur Treue und Fürsorge unabhängig von der jeweiligen Staatsform gelten. Deshalb war es selbstverständlich, daß der Fortbestand der Beamtenverhältnisse durch den Übergang von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Demokratie im Jahre 1918 rechtlich nicht berührt werden konnte. Denn wenn auch der Beamte dem Monarchen Treue und Gehorsam zu schwören hatte, so tat er dies doch als Beamter des Staates (vgl. z. B. den Wortlaut der Eidesformel für die Reichsbeamten nach der Verordnung vom 29. Juni 1871 – RGBl. S. 303 -: „…als Beamter des Deutschen Reiches…in dieser meiner Eigenschaft“) und gegenüber dem Monarchen als dem über den Parteien stehenden Repräsentanten des Staates, der auch seinerseits an die von ihm beschworene Verfassung gebunden war. Hinzu kam, daß – anders als im absoluten Staat- die Rechte und Pflichten der Beamten durch Gesetze bestimmt wurden, die nur unter parlamentarischer Mitwirkung zustande kamen. Rechtlich stand also das Rechts- und Treueverhältnis des Beamten zum Staate durchaus im Vordergrund. Durch eine Änderung der Staatsform konnte sich daher der Staat auch nicht ohne weiteres von seinen eigenen Rechtspflichten aus dem beamtenrechtlichen Rechtsverhältnis gegenüber den Beamten lösen; vielmehr hätte es hierzu eines besonderen rechtswirksamen Gesetzgebungsaktes bedurft.

Durch Art. 130 WRV war die Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses eindeutig dahin klargestellt worden, daß die Beamten Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei, also des gesamten Staates und Volkes seien. Deshalb konnte keine Rede davon sein, daß die Beamtenverhältnisse etwa von selbst erloschen wären, als der Nationalsozialismus die parlamentarische Demokratie durch die Diktatur beseitigte; um sie zu beenden oder in ihrem Wesen umzugestalten, bedurfte es vielmehr besonderer gesetzgeberischer Maßnahmen, wie sie der nationalsozialistische Gesetzgeber auf der von ihm geschaffenen verfassungsrechtlichen Grundlage auch tatsächlich getroffen hat.

Grundsätzlich anders dagegen war die Rechtslage beim Zusammenbruch im Jahre 1945. Inzwischen waren die unter C I 1 d geschilderten Wesenswandlungen des Beamtenverhältnisses eingetreten. „Das vorbehaltlose Bekenntnis des Beamtentums zur nationalsozialistischen Weltanschauung“ und „die unbedingte Bindung an den Führer“ verlangten „vom Beamtentum einen Wesenswandel, dessen außerordentliches Maß man nicht verkennen darf“ (vgl. E. R. Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl., o. J., S. 445). Gegenüber der Bindung des Beamten an den Staat lag nunmehr das Schwergewicht auf der lebenslänglichen Bindung an die Person des Führers und eine von ihm gelenkte, den Staat beherrschende und mit ihm „unlöslich verbundene“ Partei. Diese rechtliche Bindung an die politische Auffassung einer einzelnen Partei steht in schärfstem Widerspruch zum Begriff eines Beamtentums, das dem Staat und Volk als Ganzem verpflichtet ist. Ein auf solcher Rechtspflicht beruhendes Rechtsverhältnis verliert seine entscheidende Grundlage, wenn der Staat von der ihn beherrschenden Partei befreit und die Partei selbst für illegal erklärt wird.

Demgegenüber kann nicht geltend gemacht werden, daß auch der heutige Staat von seinen Beamten verlangt, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten (§ 52 Abs. 2 BBG). Denn die freiheitliche demokratische Grundordnung ist nicht das politische Programm einer Partei, sondern ein umfassendes Staatsprinzip, das Raum läßt für die Betätigung mehrerer, den demokratischen Gedanken in verschiedenen Abwandlungen vertretender Parteien.

Die durch die nationalsozialistische Gesetzgebung herbeigeführte Umgestaltung des hergebrachten Beamtenverhältnisses in ein neuartiges, einer Partei verpflichtetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis kann auch nicht etwa mit der Erwägung als irrelevant betrachtet werden, daß sie auf einem Rechtsbruch beruhe und daher nach Beseitigung der nationalsozialistischen Herrschaft als rechtlich nicht vorhanden angesehen werden müsse. Zwar mag das hier, wie auf manchen anderen Gebieten, vom Nationalsozialismus gesetzte Recht in einem höheren, philosophischen Sinne „Unrecht“ darstellen. Aber es würde eine in hohem Grade unrealistische Betrachtungsweise sein, diesen Gedanken positiv- rechtlich dahin auszubauen, daß dieses (formale) Recht ex post als nichtig und die dadurch bewirkte Umwandlung des Beamtenverhältnisses als nicht vorhanden betrachtet würde. Ein solche Auffassung würde übersehen, daß es auch eine „soziologische“ Geltung von Rechtsvorschriften gibt, die erst dort bedeutungslos wird, wo solche Vorschriften in so evidentem Widerspruch mit den alles formale Recht beherrschenden Prinzipien der Gerechtigkeit treten, daß der Richter, der sie anwenden oder ihre Rechtsfolgen anerkennen wollte, Unrecht statt Recht spräche. Diese äußerste Geltungsgrenze ist hier nicht erreicht; die nationalsozialistischen Rechtsvorschriften auf dem Gebiete des Beamtenrechts sind nach den verfassungsrechtlichen Grundlagen, die sich das „Dritte Reich“ selbst geschaffen hatte, formell ordnungsmäßig erlassen worden, sie sind von den Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft hingenommen worden (von den unmittelbar Betroffenen weithin sogar mit innerer Zustimmung) und haben jahrelang unangefochten bestanden. Die hiermit geschaffenen rechtserheblichen Tatsachen und namentlich auch Rechtszerstörungen lassen sich nicht als nur tatsächliche Behinderungen der Geltung des „wirklichen Rechts“ beiseite schieben und nachträglich wieder ungeschehen machen. Aus Gründen der Rechtssicherheit können sie nur durch neue gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt werden. Davon geht auch der Bundesgesetzgeber im Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 291) mit Selbstverständlichkeit aus. In gleicher Weise behandelt auch die gesamte Gesetzgebung zur Wiedergutmachung und Rückerstattung die in einem höheren Sinne rechtswidrigen Akte des Nationalsozialismus nicht als von Anfang an nichtig, sondern gibt den Betroffenen lediglich Ausgleichsansprüche (vgl. hierzu insbesondere BGHZ 5, 76 [94 bis 102]).

bb) Sind demnach die im nationalsozialistischen Staat begründeten oder umgestalteten Beamtenverhältnisse ihrem Wesen naß nicht geeignet, die nationalsozialistische Staatsform zu überdauern, so kann auch nichts Gegenteiliges aus der positiven Bestimmung über die Fortgeltung des Deutschen Beamtengesetzes selbst gefolgert werden. Es ist schon an sich nicht schlüssig, aus dem Fortgelten einer Norm auch das Fortbestehen aller unter der Geltung dieser Norm begründeten Rechtsverhältnisse zu folgern. Im übrigen hat das Deutsche Beamtengesetz nach dem 8. Mai 1945 nicht in seiner ursprünglichen, sondern in einer von den nationalsozialistischen Bestimmungen gesäuberten, sich auf seine „technischen“ Bestandteile beschränkenden und daher wesensmäßig völlig geänderten neuen Fassung fortgegolten, ganz abgesehen davon, daß – wie die späteren Ausführungen zu C I 2 ergeben – auch die fortgeltenden Bestimmungen durch weitere beamtenrechtliche Regelungen der Besatzungsmächte überlagert und inhaltlich geändert wurden. Das fortgeltende „entnazifizierte“ Beamtengesetz aber konnte weder die nationalsozialistischen Beamtenverhältnisse rückwirkend zu parteipolitisch neutralen, nur dem Staate und Volke als solchen verpflichteten Beamtenverhältnissen umgestalten, noch konnte es ohne ausdrückliche Bestimmung die bisherigen nationalsozialistischen Beamtenverhältnisse für die Zukunft zu inhaltlich wesensverschiedenen, den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums entsprechenden Beamtenverhältnissen umgestalten.

cc) Endlich versagt auch der Hinweis darauf, daß ein Erlöschen der nationalsozialistischen Beamtenverhältnisse deshalb ausgeschlossen sei, weil das Beamtengesetz die Gründe für die Entstehung und Beendigung des Beamtenverhältnisses abschließend geregelt und jeweils besondere förmliche Verfahren dafür vorgesehen habe, der totale Zusammenbruch des Staates jedoch und die Beseitigung der NSDAP nicht als Beendigungsgründe vorgesehen seien. Abgesehen davon, daß derartige Beendigungsgründe wohl in keinem Beamtengesetz enthalten sind, wäre die Annahme ungereimt, daß gerade der Nationalsozialismus, der sein Regime als die endgültige Gestalt des deutschen Staates ansah, den totalen Zusammenbruch des Staates und die Beseitigung der NSDAP als Beendigungsgründe für das Beamtenverhältnis hätte ins Auge fassen sollen.

Allerdings hat das Reichsgericht aus der abschließenden Regelung der Beendigungsgründe des Beamtenverhältnisses im Beamtenrecht den Rechtsgedanken entwickelt, daß angesichts der Formenstrenge des Beamtenrechts der sonst auch im öffentlichen Recht anwendbare Grundsatz von Treu und Glauben hier nur mit Einschränkungen und nur unter Berücksichtigung der Eigenart dieses öffentlich-rechtlichen Verhältnisses angewandt werden könne (RGZ 143, 77 [81]; 158, 235 [238 f.]; auch 125, 315 [318] und 126, 243 [244]). Diese Rechtsgrundsätze sind jedoch in einem äußerlich in geordneten Bahnen verlaufenden Staatsleben entwickelt worden und haben auch nur dort ihre volle Berechtigung. Sie sind daher nicht geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, daß das Beamtenverhältnis auch einen totalen Zusammenbruch des Staates überdauern müsse. Daß der Gedanke der Formenstrenge des Beamtenrechts nach Staatskatastrophen, wie im Jahre 1945, sich nicht ohne Einschränkungen durchführen läßt, hat auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt (vgl. BGHZ 2, 198 [202]; 3, 1 [29]; 6, 348 [350] und die dort zitierte weitere Entscheidung vom 29. Mai 1952 – III ZR 223/5 1 -).

f) Da alle Beamtenverhältnisse mit dem 8. Mai 1945 erloschen sind, kommt es nicht darauf an, ob bei Weiterbestehen dieser Rechtsverhältnisse die Bundesrepublik Deutschland wegen Identität mit dem Deutschen Reich aus ihnen verpflichtet wäre. Im übrigen mag bemerkt werden, daß die auf völkerrechtlich- politischem Gebiet entwickelte Identitätslehre, die übrigens nicht unbestritten ist (vgl. dazu etwa Maunz, Deutsches Staatsrecht, 2. Aufl. 1952, S. 15ff.; BGHZ 8, 169 [175], neuerdings auch OLG Hamm, NJW 1953, 1710), für sich allein noch keinen Schluß darauf zuläßt, daß ein bestimmtes Rechtsverhältnis, das vor dem Zusammenbruch zum Deutschen Reich bestand, fortbesteht und sich ohne weiteres mit der Bundesrepublik fortsetzt. Denn man dürfte auch dann die eingreifenden Veränderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Deutschen Reiches nicht übersehen und müßte berücksichtigen, daß die für den Inhalt und Zweck gerade des Beamtenverhältnisses entscheidende Grundlage weggefallen ist.

2. a) Wenn auch alle Beamtenverhältnisse mit dem Zusammenbruch erloschen sind, so läßt sich doch an der Tatsache nicht vorbeigehen, daß in einem zunächst beschränkten und sich dann rasch erweiternden Umfang öffentlicher Dienst geleistet wurde und dabei auch frühere Beamte in zahlreichen Fällen an ihren bisherigen Dienststellen Verwendung fanden. Dies war sachlich veranlaßt durch die Notwendigkeit, gewisse öffentliche Aufgaben weiterzuführen, und beruhte formell auf der Proklamation Nr. 1 des Obersten Befehlshabers der Alliierten Streitkräfte, nach deren Ziffer IV alle Beamten verpflichtet waren, „bis auf weiteres auf ihren Posten zu verbleiben und alle Befehle und Anordnungen der Militärregierung oder der Alliierten Behörden, die an die deutsche Regierung oder an das deutsche Volk gerichtet sind, zu befolgen und auszuführen“. Alle diese neuen Dienstverhältnisse standen also unter dem sich aus der Proklamation ergebenden Vorbehalt, daß die Militärregierung jederzeit in die Beziehungen zwischen den Dienstherren und den bei ihnen Beschäftigten eingreifen könne. Dieser Vorbehalt mußte sich als Besatzungsrecht gegenüber jedem wie immer gearteten Dienstverhältnis deutschen Rechts durchsetzen, selbst gegenüber einem etwa neu begründeten Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Das bestätigte insbesondere das Gesetz Nr. 6 der Militärregierung Deutschland – Kontroll-Gebiet des Obersten Befehlshabers (ABl. MilReg. Deutschland, Kontroll-Gebiet der einundzwanzigsten Armeegruppe, Nr. 3 S. 14), wonach die Militärregierung an geltende Vorschriften über die Beendigung eines Beamten- oder Angestelltenverhältnisses nicht gebunden war.

Für die rechtliche Beurteilung von Maßnahmen, die gegen weiterbeschäftigte frühere Beamte auf Grund des Vorbehalts ergriffen wurden, ist es ohne Bedeutung, welche Rechtsnatur das neue Dienstverhältnis hatte. Es kann insbesondere dahingestellt bleiben, ob angesichts des vorläufigen Verwaltungsaufbaues nach der Kapitulation in besonderen Fällen Beamtenverhältnisse auf Lebenszeit alsbald oder erst nach fortschreitender Konsolidierung des Verwaltungsaufbaues, insbesondere nach Bildung der Länder oder erst nach Erlaß entsprechender ausdrücklicher beamtengesetzlicher Regelungen begründet werden konnten.

Von dem Vorbehalt der Proklamation Nr. 1 ist in weitem Maße, besonders bei der „Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“, Gebrauch gemacht worden. Damit erhebt sich die Frage, ob die Entfernung dieser weiterbeschäftigten Beamten zum Zwecke der politischen Überprüfung schon als solche – ohne Rücksicht auf das Ergebnis der politischen Überprüfung – eine endgültige Entlassung aus dem neuen Dienstverhältnis oder eine bloße Suspension darstellt.

Während es noch bis in die Zeit der Währungsreform (1948) allgemeine Rechtsansicht war, daß es sich bei den von der Militärregierung vorgenommenen oder veranlaßten Entlassungen um endgültige Maßnahmen handele und daß den Betroffenen ein Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung oder auf Zahlung irgendwelcher Bezüge nicht zustehe (vgl. BGHZ 2, 117 [129]), gingen Rechtsprechung und Rechtslehre erst im Anschluß an ein Urteil des hamburgischen Verwaltungsgerichts vom 10. Juni 1948 (MDR 1948, 261) – besonders in der britischen Zone – mehr und mehr dazu über, jene Entlassungen rechtlich nur als Suspensionen anzusehen. Auch der Bundesgerichtshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen (BGHZ 2, 117 [121], zuletzt im Urteil vom 18. Mai 1953: BGHZ 10, 30 [37]). Wenn er ausführt, daß es bei einem so schwerwiegenden und rechtsstaatlich ungewöhnlichen Eingriff, wie es der Verlust aller aus dem Beamtenverhältnis herrührenden Rechtsansprüche durch einen formlosen Verwaltungsakt darstelle, eines eindeutigen und klaren Aktes der Besatzungsmacht bedurft hätte – den er in der KontrollratsDirektive Nr. 24 nicht erkennen will – so ist dies verständlich bei seiner Prämisse, daß alle Beamtenverhältnisse über den 8. Mai 1945 hinaus fortbestanden hätten.

b) Demgegenüber ist jedoch von der oben geschilderten Rechtslage auszugehen, daß alle Beamtenverhältnisse mit Rücksicht auf den vollständigen Zusammenbruch Deutschlands und im Hinblick auf die besondere Natur des Beamtenverhältnisses im nationalsozialistischen Staate am 8. Mai 1945 erloschen sind. Die von der – hier allein in Betracht kommenden – amerikanischen Militärregierung vorgenommenen oder veranlaßten Entfernungen aus dem Amt zum Zwecke der politischen Überprüfung betrafen also ausschließlich neu begründete Dienstverhältnisse. Diese Entfernungen müssen als endgültige Entlassungen angesehen werden:

Auszugehen ist von der Kontrollrats-Direktive Nr. 24 vom 12. Januar 1946. Sie bestimmt in Nr. 1 als Zweck und Ziel

„Die Entfernung (removal) aller Mitglieder der Nationalsozialistischen Partei, die ihr aktiv und nicht nur nominell angehört haben, und aller derjenigen Personen, die den Bestrebungen der Alliierten feindlich gegenüberstehen, aus öffentlichen und halböffentlichen Ämtern … Diese sind durch solche Personen zu ersetzen, die nach ihrer politischen und moralischen Einstellung für fähig erachtet werden, die Entwicklung wahrer demokratischer Einrichtungen in Deutschland zu fördern.“

Nr. 2 erläutert den Begriff der Personen, „die der Partei „aktiv und nicht nur nominell angehört haben“ „, und bestimmt im Zusammenhang damit unter Nr. 2 b, daß „diese Begriffsbestimmung … notwendigerweise zumindest die Prüfung aller Personen in öffentlichen Ämtern“ nach sich zieht, „sofern diese nicht nur gewöhnliche Arbeiten verrichten“.
Nach Nr. 2 e bedeutet der Ausdruck „Entfernung“, daß der Betroffene „forthwith and summarily“ zu entlassen und „seinem Einfluß…ein Ende zu setzen“ ist. Nach Nr. 2 f haben „Personen, die aus öffentlichen Ämtern entfernt werden,…keinen Anspruch auf Ruhegehälter oder andere Beamtenrechte“.

Nach Nr. 3 umfaßt der Ausdruck „Entfernung“ („removal“) auch „Ausschluß“ („exclusion“). „Die einschlägigen Normen und Vorschriften sind daher in dem Sinne anzuwenden, daß sie sich nicht nur auf die Entfernung …, sondern auch auf deren Ausschluß von solchen Ämtern und Stellungen beziehen.“

Nr. 5 sieht eine Nachprüfung der Entscheidungen vor und bestimmt, daß ein Betroffener, der „nur ein nomineller Nationalsozialist und weder ein Militarist noch eine den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehende Person ist, … ungeachtet der zwingenden Vorschriften dieser Direktive im Amte verbleiben“ kann.

Nr. 6 behandelt die Entfernung und den Ausschluß von Personen nach Ermessen. Sie betrifft „die große Zahl von Deutschen, deren Verbindung und Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten Umfang und Art nach ebenso wie ihre früheren und gegenwärtigen Beweggründe Zweifel unterliegen“. Diese können „nach Ermessen“ beschäftigt oder in ihrem Amt oder ihrer Stellung von Bedeutung belassen werden. Die „Personen, die in dem Ermessen unterliegende Kategorien fallen, sollen jedoch nur dann in ihren Stellungen belassen werden, wenn anderes geeignetes Personal nicht zur Verfügung steht, und nur solange, bis anderes geeignetes Personal verfügbar wird“.

Nach Nr. 7 Abs. 1 ist „die Belassung Deutscher in Ämtern … oder ihre Neueinsetzung… als vorläufige Maßnahme anzusehen und unterliegt späterer Nachprüfung“.

Nr. 13 endlich bestimmt, daß die dem Ausschluß nach Ermessen unterliegenden Personen „nicht eingestellt oder in Beschäftigung behalten werden sollen, falls andere politisch zuverlässigere, wenn auch sachlich weniger geeignete Personen zur Verfügung stehen“.

c) Aus dem klaren Wortlaut der Direktive und aus dem von ihr verfolgten Zweck ergibt sich, daß an einen endgültigen Ausschluß aus dem Dienstverhältnis gedacht war, auch soweit er nicht zwingend vorgeschrieben, sondern dem Ermessen überlassen war. Auch die hinsichtlich ihrer politischen Zuverlässigkeit als „zweifelhaft“ geltenden Personen sollten nach Möglichkeit durch andere, politisch zuverlässigere Personen ersetzt werden. Deshalb kann nicht an einen nur vorübergehenden Ersatz für die Dauer der politischen Überprüfung gedacht gewesen sein. Die im Rahmen der Entnazifizierung getroffenen Maßnahmen sollten nicht vorwiegend dazu dienen, die Fortführung der öffentlichen Verwaltung vorübergehend zu gewährleisten; sie sollten vor allem die Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus herbeiführen. Es war ein grundlegendes Anliegen des deutschen Volkes, nach dem Zusammenbruch die Verwaltung von Grund auf neu aufzubauen (Bayer. VerfGHE Bd. 68, NF 5, 1952, II. Teil, 166 [192]). Dies konnte nicht dadurch geschehen, daß Nationalsozialisten vorübergehend entfernt und daß die frei gewordenen Stellen für die Dauer der Suspension von unbelasteten Personen verwaltet wurden. Es war vielmehr der sich aus der Gesamtregelung der Direktive ergebende Wille der Besatzungsbehörden und damit die Pflicht aller deutschen Verwaltungen, möglichst weitgehend Nationalsozialisten aus ihren Diensten zu entfernen und die auf diese Weise frei gewordenen Arbeitsplätze mit demokratisch zuverlässigen Personen zu besetzen (vgl. auch BVerfGE 2, 105 [110 f.]). Wenn der Kontrollrat einerseits die Entfernung einer bestimmten Personengruppe vorschrieb und andererseits ihre Ersetzung durch einen anderen Personenkreis anordnete, so muß daraus sein Wille entnommen werden, den Entfernten jeden Anspruch auf Amt und Bezüge zu nehmen, zumal im anderen Falle im Laufe der Zeit zahlreiche Doppelbesetzungen vorhandener Stellen unvermeidlich gewesen wären.

d) Hiergegen ist zunächst eingewandt worden (Fischer, DÖV 1950, 298), eine richtige Übersetzung der Nr. 2 f. der Direktive Nr. 24 ergebe, daß die aus öffentlichen Ämtern entfernten Personen lediglich während der Zeit dieser Entfernung keinen Rechtsanspruch auf Ruhegehalt oder andere Beamtenrechte haben, also nur suspendiert werden sollten. Abgesehen davon, daß unter dem Ausdruck „removal“ der Ausschluß unter Verlust aller bisherigen Rechte zu verstehen ist (so Black’s Law Dictionary, 4. Aufl., 1951; Basedow, Wörterbuch der Rechtssprache, Teil II: Englisch-Deutsch, 1947; Muret-Sanders, Enzyklopädisches englisch-deutsches und deutsch-englisches Wörterbuch, 19.Aufl., 1910), spricht aber gegen die von Fischer vertretene Ansicht der Umstand, daß der Verlust des Anspruchs auf „pension“ bei einer nur vorübergehenden Entfernung aus dem Dienst unverständlich wäre.

Es ist weiter geltend gemacht worden, daß es sich bei der auf der Grundlage der Kontrollrats-Direktive Nr. 24 erfolgten Entfernung eines Beamten aus dem Dienst schon deshalb nicht um eine Entlassung handeln könne, weil die Direktive nicht objektives Recht, sondern lediglich eine interne Anweisung des Kontrollrats an die Militärregierungen sei. Einer Klärung der Rechtsnatur der Direktive bedarf es jedoch nicht, da sich für den Bereich der amerikanischen Zone feststellen läßt, daß die Militärregierung die von ihr durchgeführten oder veranlaßten „Entfernungen“, „Entlassungen „und „Ausschlüsse“als endgültige Beendigung der Beamtenverhältnisse gewollt hat. Dies ergibt sich eindeutig aus der Militärregierungsanweisung (Military Government Regulation) Title 2-160.4, die unter b und c folgendes bestimmt:

„b) Demnach ist ein früherer Behördenbediensteter, der auf Befehl der Militärregierung entlassen worden ist, nicht mehr Behördenbediensteter und hat keinen Anspruch irgendwelcher Art der sich von deutschen Behördengesetzen ableiten ließe.

c) Das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus (MGR 24 – 500) gibt den Kammern keinerlei Vollmacht zur Wiederherstellung der Beamtenrechte eines früheren, von der Militärregierung entlassenen Behördenbediensteten. Eine günstige Kammerentscheidung läßt lediglich die Wiedereinstellung eines früheren Behördenbediensteten in demselben Sinn zu, wie jede andere Person, die vom Gesetz nicht betroffen ist oder von einer Kammer als unbedenklich festgestellt wurde, zur Wahl in ein Amt oder zur Ernennung in den Behördendienst zugelassen werden kann. Artikel 64 des Gesetzes macht es eindeutig klar, daß der Betroffene aus einer Kammerentscheidung, die ihn als Minderbelasteten, Mitläufer oder Entlasteten einstufte, keinerlei Anspruch auf Wiedereinstellung oder Schadensersatz ableiten kann.“

Wenn es sich auch bei dieser „Military Government Regulation“ ebenfalls um eine interne Anweisung und nicht um geltendes Recht handelt (vgl. Booß, DÖV 1949, 331), so ergibt sich doch aus ihr mit aller Deutlichkeit die Auffassung, die die verantwortlichen Stellen der amerikanischen Militärregierung im Zeitpunkt des Ausspruches der von ihnen vorgenommenen oder veranlaßten Entlassungen vertreten haben. Deshalb ist sie für die Auslegung jener Verwaltungsakte von entscheidender Bedeutung. Auf Bestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes kann es im Hinblick auf das Gesetz Nr. 6 der amerikanischen Militärregierung nicht ankommen.

Auch die Praxis der Spruchkammern spricht nicht gegen die hier vertretene Auffassung. Denn zunächst wurden gegenüber den amtsentfernten Beamten Sühnemaßnahmen überhaupt nicht angeordnet, weil man allgemein annahm, daß solche Maßnahmen bei endgültigen Entlassungen nicht erforderlich und überhaupt ohne jede Wirkung seien (vgl. Schullze, Kommentar zum Befreiungsgesetz, 3. Aufl., 1948, Art. 17 Anm. 20, Art. 18 Anm. 4). Dabei war freilich übersehen worden, daß solche Maßnahmen auch für etwaige künftige Beamtenverhältnisse der entlassenen Beamten erhebliche Bedeutung gewinnen konnten; denn gerade bei ihrer Neueinstellung mußte sich das Problem ergeben, ob und in welchem Umfang ihr früherer Rang und ihre früheren Rechte berücksichtigt werden durften. Immerhin offenbart jene Praxis eindeutig, daß man davon ausging, die Amtsentfernung sei eine echte Entlassung.

Der Annahme, daß die Beamtenverhältnisse durch die Entfernung zum Zwecke der politischen Überprüfung endgültig beendet worden sind, stehen auch nicht Art. 58 Abs. 4 und Art. 59 Abs. 2 des Befreiungsgesetzes entgegen. Wenn nach diesen Vorschriften das „Beschäftigungs- und Betätigungsverbot“ bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch die Spruchkammer gilt und sich nach der Entscheidung die „Beschränkungen“ hinsichtlich Beschäftigung und Betätigung nach den auferlegten Sühnemaßnahmen bestimmen, so ist damit lediglich klargestellt, daß eine Beschäftigung vor der Entscheidung der Spruchkammer – und zwar nicht nur bei der bisherigen Dienststelle – verboten, nach der Entscheidung der Spruchkammer im Rahmen der auferlegten Sühnemaßnahmen gestattet ist. Daraus läßt sich jedoch keinesfalls ein Anspruch auf Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses herleiten. Vielmehr geht das Befreiungsgesetz von der Endgültigkeit der von der Militärregierung vorgenommenen oder veranlaßten Entlassungen aus (vgl. Priese-Pokorny, Kommentar zum Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus, 1946, Erl. I und II zu Art. 64).

Art. 64 des Befreiungsgesetzes bestimmt, daß der Betroffene aus einer Kammerentscheidung, die ihn als Minderbelasteten, Mitläufer oder Entlasteten einstuft, keinerlei Anspruch auf Wiedereinstellung oder Schadensersatz herleiten kann. Die aus politischen Gründen entfernten Beamten können daher nicht mit der Behauptung gehört werden, sie seien aus dem Spruchkammerverfahren z. B. als Mitläufer hervorgegangen und daher nicht so stark belastet, daß sie nicht hätten Beamte bleiben dürfen, sie seien also wieder einzustellen (vgl. Jellinek, DÖV 1949, 67; Priese-Pokorny, a.a.O., Erl. III zu Art. 64). Wenn das Befreiungsgesetz in Artikel 17 und 18 unter den besonderen Sühnemaßnahmen für Minderbelastete und Mitläufer – ebenso wie die Kontrollrats-Direktive Nr. 38 – bei Beamten auch die Kürzung des Ruhegehalts oder die Versetzung in den Ruhestand oder in ein anderes Amt oder ähnliche Möglichkeiten vorsieht, so erklärt sich dies schon daraus, daß Personen, die unter das Gesetz fielen, noch im Amt geblieben sein konnten. Dies gilt besonders für die Weiterbeschäftigung der sogenannten Spezialisten oder der aus anderen Gründen von der Militärregierung geduldeten Personen. Artikel 62 des Befreiungsgesetzes berücksichtigt ausdrücklich die Möglichkeit einer Einstufung solcher Personen als Mitläufer und – unter besonderen Umständen – auch in eine Gruppe der stärker Belasteten. Im übrigen konnten solche Sühnemaßnahmen auch für „entlassene“ Beamte von Bedeutung sein, weil sie den Status bestimmten, den der entlassene Beamte bei einer erneuten Einstellung zu erhalten hatte.

Es ist schließlich behauptet worden, daß die Entfernung eines Beamten zum Zwecke der politischen Überprüfung rechtlich schon deshalb nicht als Entlassung aus dem Dienst qualifiziert werden könne, weil auch die Besatzungsmächte von rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgingen, und daß daher angenommen werden müsse, sie würden ein gerichtliches Verfahren vorgesehen haben, wenn sie endgültige Dienstentlassungen der auf Lebenszeit angestellten Beamten beabsichtigt hätten. Diese Argumentation ist nicht zwingend. Die amerikanische und die britische Militärregierung haben nämlich auch im Bereich des allgemeinen Beamtenrechts zur Verhängung disziplinarischer Maßnahmen – einschließlich der Entlassung – ein Verwaltungsverfahren mit Nachprüfung im Beschwerdeweg als ausreichende Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze angesehen (§ 42 Abs. 3 des am 15. März 1949 in Kraft getretenen Gesetzes Nr. 15 – Verwaltungsangehörige der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes -: WiGBl. 1949 Beilage Nr. 2); sie haben erst auf nachdrückliche Vorstellungen deutscher Dienststellen durch das am 20. Mai 1949 in Kraft getretene Änderungsgesetz zum Gesetz Nr. 15 (WiGBl. 1949 Beilage Nr. 4 S. 4) den Wirtschaftsrat ermächtigt, ein Gesetz über die gerichtliche Entscheidung der in 42 Abs. 3 vorgesehenen Beschwerde zu erlassen.

e) Von dieser Beurteilung der Rechtsnatur der Entfernung eines Beamten zum Zwecke der politischen Überprüfung gingen auch sämtliche Länder der amerikanischen Besatzungszone aus. Schon die bayerische Verordnung Nr. 113 vom 29. Januar 1947 (GVBl. S. 82) bestimmte in Art. 1 Abs. 1, daß das Dienstverhältnis der bei einer Behörde oder Dienststelle vormals verwendeten Beamten, die in der Zeit nach dem 31. März 1945 wegen ihrer Verbindung mit dem Nationalsozialismus entfernt worden waren, gleichviel in welcher Form die Entfernung erfolgte (Entlassung, Dienstenthebung usw.), mit dem Tage der Bekanntgabe der Entfernung beendigt sei. Nur amtsentfernte „Nichtbetroffene“ hatten nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung einen Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung, während Entlastete wiedereingestellt werden sollten, Mitläufer lediglich wiedereingestellt werden konnten (Art. 8 Abs. 1, 7 Abs. 1 der VO). Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Verordnung Nr. 113 für nichtig erklärt (Entscheidung vom 24. April 1950, GVBl. S. 97), jedoch nicht wegen ihres Inhalts, sondern lediglich wegen der Nichtigkeit der in Anspruch genommenen Ermächtigung.

Nach den Hessischen Richtlinien für die Beschäftigung der vom Befreiungsgesetz betroffenen Beamten, Angestellten und Arbeiter vom 26. Februar 1947 (ABl. des Hessischen Ministeriums für politische Befreiung 1947 Nr. 12 S. 46 und Nr. 24 S. 95/96) gelten die amtsentfernten Beamten „als entlassen mit allen sich aus ihrer Dienstenthebung ergebenden Rechtsfolgen“. Nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über den Abschluß der politischen Befreiung in Hessen vom 30. November 1949 (GVBl. S. 167) können „Betroffene der Gruppen 3, 4 oder 5, die aus ihrem Amt, ihrer Stellung oder ihrem Dienstverhältnis entfernt worden sind, … einen Anspruch auf Wiedereinstellung, Gehalt oder Pensionszahlung oder Schadenersatz nicht ableiten“.

Eine gleiche Bestimmung wie in Hessen gilt für das Gebiet der Freien Hansestadt Bremen nach § 6 des bremischen Gesetzes zum Abschluß der politischen Befreiung vom 4. April 1950 (GBl. S. 43).

Nach den vom Staatsministerium des Landes Württemberg-Baden erlassenen Grundsätzen für die Wiedereinstellung im öffentlichen Dienst vom 5. Dezember 1946 („Das Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus nebst Ausführungsbestimmungen für den Bereich des Landes Württemberg- Baden“, herausgegeben vom Ministerium für politische Befreiung Württemberg-Baden, E III) gelten amtsentfernte Beamte „nach den ausdrücklichen, verbindlichen Anweisungen der Militärregierung (Militärregierungsanweisung 2-160.4) als entlassen mit der Folge des Verlustes ihrer sämtlichen Beamtenrechte“.

Dieser Rechtsauffassung entsprach es, daß amtsentfernte Beamte, die wieder in den Landesdienst eingestellt wurden, unter Aushändigung einer Ernennungsurkunde neu in das Beamtenverhältnis berufen wurden.

Auch aus den gesetzlichen Vorschriften, die in der britischen Zone erlassen wurden, ergibt sich keineswegs, daß der Gesetzgeber von der sogenannten Suspensionstheorie ausgegangen wäre. Das Zentraljustizamt für die britische Zone läßt in der Verordnung über „die Behandlung von der Entnazifizierung betroffener Richter“ vom 4. Januar 1949 (VOBl. brZ S. 15) die Frage „Suspension oder Entlassung?“ ausdrücklich offen (vgl. amtliche Begründung im Zentral-Justizblatt 1949 S. 10). Ein Anspruch auf Wiedereinstellung – zum Teil in geminderter Rechtsstellung wird in Niedersachsen lediglich den Nichtbetroffenen, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auch den Entlasteten gewährt, in keinem Lande aber dem Mitläufer, gegen den keine Sühnemaßnahmen verhängt worden waren (Zweite niedersächsische Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des Beamten-, Besoldungs- und Versorgungsrechts vom 15. März 1949 -GVBl. S. 57 -; Erste Verordnung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zur Sicherung der Währung und öffentlichen Finanzen vom 19. März 1949 – GVBl. S. 25 -; schleswigholsteinisches Gesetz zur Fortführung und zum Abschluß der Entnazifizierung vom 10. Februar 1948 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 6. Juli 1948 – GVBl. S. 199 – und Erste Verordnung zur Sicherung der öffentlichen Finanzen auf dem Gebiete des Beamtenrechts in Schleswig-Holstein vom 28. März 1949 – GVBl. S. 55 -).

Dasselbe Bild ergibt sich für die französische Zone nach der badischen Landesverordnung über die Rechtsverhältnisse der aus politischen Gründen aus dem Amt entfernten Beamten vom 6. August 1949 (GVBl. S. 289), dem Gesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse der aus politischen Gründen vom Amt entfernten Beamten im Lande Württemberg-Hohenzollern vom 22. Dezember 1948 (RegBl. S. 181) und nach dem rheinlandpfälzischen Landesgesetz über die Rechtsstellung früherer Angehöriger des öffentlichen Dienstes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. April 1950 (GVBl. S. 165).

Sprechen mithin sogar von dem Standpunkt aus, daß die ursprünglichen Beamtenverhältnisse über den 8. Mai 1945 hinaus fortbestanden hätten, entscheidende Gründe gegen die sogenannte Suspensionstheorie, so läßt sich diese Auffassung noch weniger von der hier gewonnenen Erkenntnis aus halten, daß alle Beamtenverhältnisse am 8. Mai 1945 erloschen sind. Die Entfernung aus den nach dem 8. Mai 1945 neu begründeten Dienstverhältnissen kann nur als endgültige Entlassung angesehen werden, da diese Dienstverhältnisse von vornherein unter dem Vorbehalt des Eingriffs durch die Militärregierung standen.

3. Das Gesamtergebnis der bisherigen Ausführungen ist also für den Bereich der hier allein in Betracht kommenden amerikanischen Besatzungszone das folgende:

Die am 8. Mai 1945 bestehenden Beamtenverhältnisse zum Deutschen Reich, den Ländern, Gemeinden und anderen Dienstherren sind mit dem an diesem Tage eingetretenen Zusammenbruch des Reiches erloschen. Soweit nach diesem Zeitpunkt mit den früheren Beamten neue Dienstverhältnisse nicht begründet oder soweit neu begründete Dienstverhältnisse durch Entlassung zum Zwecke der politischen Überprüfung beendet und dann nicht wieder erneuert worden sind, stehen den früheren Beamten Rechtsansprüche weder gegen den Bund noch gegen ein Land, eine Gemeinde oder einen sonstigen Dienstherrn zu.

Angesichts dieser Rechtslage ist die Frage, ob Art. 131 GG eine Neugestaltung bestehen gebliebener Beamtenverhältnisse zuläßt, gegenstandslos, da es innerhalb des Kreises der unter Art. 131 GG fallenden Personen solche weiterbestehenden Beamtenverhältnisse nicht gibt. Daß Art. 131 nicht etwa nur die Regelung fortbestehender Rechtsverhältnisse betrifft, ergibt sich schon daraus, daß er nach allgemeiner, durch das G 131 bestätigter Auffassung auch für solche früheren Beamten gelten soll, die als Volksdeutsche im Dienstverhältnis fremder Staaten standen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 d). Insoweit kann daher nur eine „konstitutive“ Regelung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Bundesgesetzgebers in Betracht kommen (BVerfGE 1, 167 [177]).

Von dieser objektiven Rechtslage aus gesehen ist es der Sinn des Art. 131, daß der Bundesgesetzgeber durch ihn den Auftrag erhielt, sich des großen Kreises der Beamten anzunehmen, die durch den Zusammenbruch ihrer Rechte verlustig gegangen waren – also auch solcher Beamten, die erst während der nationalsozialistischen Zeit Beamte geworden waren und daher niemals in einem von rechtsstaatlichen Grundsätzen beherrschten Beamtenverhältnis gestanden hatten. Der neue demokratische Staat hat diese früheren Beamten nicht durchweg sich selbst oder der allgemeinen öffentlichen Fürsorge überlassen. Er hat vielmehr in seiner Verfassung dem Gesetzgeber einen umfassenden Fürsorgeauftrag erteilt. Er hat ihnen nicht Rechte genommen; diese hatten sie vielmehr weithin schon durch die von der nationalsozialistischen Regierung vollzogene Abkehr von einer rechtsstaatlichen Ordnung des Beamtenrechts eingebüßt und schließlich als Folge des von dieser Regierung herbeigeführten Zusammenbruchs endgültig verloren. Er hat ihnen vielmehr, und zwar ungeachtet ihres persönlichen Verhaltens, soweit es nicht durch besonders intensive Beteiligung an nationalsozialistischen Unrechtshandlungen belastet war, weitgehend neue Rechtsansprüche gegen den demokratischen Staat gewährt – Ansprüche, im Gegensatz zum Beamtenverhältnis während der nationalsozialistischen Zeit, die mit echten rechtsstaatlichen Garantien ausgestattet sind. So ist mit Recht das G 131 als soziale Tat gewertet worden; die Bundesrepublik hat sich hier – ihrer Verfassung gemäß (Art. 20, 28 GG) – als sozialer Rechtsstaat bewährt.

In der Art, wie er den verfassungsrechtlichen Fürsorgeauftrag erfüllen wollte, hatte der Gesetzgeber weitgehende Freiheit. Immerhin bestanden einerseits rechtliche Schranken, andererseits in der Natur der Sache liegende Richtpunkte, an die sich die Regelung zu halten hatte. Es handelte sich um einen Personenkreis, dessen wirtschaftliche Versorgung früher den besonderen Regeln unterworfen gewesen war, wie sie sich seit den Beamtengesetzen des 19. Jahrhunderts allmählich herausgebildet hatten. Es lag also nahe, auch die neue Fürsorgeregelung in Anlehnung an diese Grundsätze auszugestalten. Das empfahl sich auch deshalb, weil damit an die in den Ländern getroffene vorläufige Regelung angeknüpft werden konnte. So wurde man auch dem Sinn des Art. 33 Abs. 5 GG am besten gerecht, dem es entspricht, daß auch Fürsorgeregelungen für ehemalige Berufsbeamte in Anlehnung an die herkömmlichen Grundsätze des Berufsbeamtentums gestaltet werden; deshalb konnten zum Beispiel Ansprüche nach Art und Dauer des früheren öffentlichen Dienstes abgestuft werden, soweit nicht die Art des Dienstes, als rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechend, eine Berücksichtigung überhaupt ausschloß (vgl. §, 3 Ziff. 4 G 131). Bei der Bemessung der Höhe der Ansprüche durfte der Gesetzgeber andererseits die allgemeine Lage der übrigen Bevölkerungskreise nicht unberücksichtigt lassen, die vielfach von den Kriegsfolgen wirtschaftlich aufs härteste betroffen waren; ebensowenig konnte er Ansprüche gewähren, die mit den finanziellen Möglichkeiten des Staates nicht in Einklang standen. Schließlich durfte auch nicht übersehen werden, daß Wiedergutmachungsleistungen an die vom Nationalsozialismus geschädigten Berufsbeamten zu erfüllen waren, die als Sühne für geschehenes Unrecht gegenüber den allgemeinen Ausgleichs- und Fürsorgeansprüchen den Vorrang genießen mußten.

Als wichtigste grundrechtliche Schranke war das Gebot des Gleichheitssatzes zu beachten. Dieser bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken, „Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden“ zu behandeln. Aber auch nach dieser Formel bleibt dem Gesetzgeber noch immer ein weiter Spielraum für die Betätigung seines Ermessens; er muß ihm auch bleiben, wenn anders es ihm gelingen soll, vielfältiger Lebensverhältnisse durch eine einheitliche und daher notwendig gewisse tatsächliche Verschiedenheiten vernachlässigende Regelung Herr zu werden. Es lassen sich viele Regelungen denken, die sich hiernach noch im Rahmen des Gleichheitssatzes halten, und unter diesen die geeignetste auszuwählen, muß der Gesetzgeber frei sein. Es ist nicht Sache eines Gerichts, auch nicht des Bundesverfassungsgerichts, die vom Gesetzgeber gewählte Lösung auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen oder zu untersuchen, ob sie vom Standpunkt einer beteiligten Interessentengruppe aus die „gerechteste“ denkbare Lösung darstelle. Das Bundesverfassungsgericht kann daher nur die Überschreitung gewisser äußerster Grenzen beanstanden; es kann dem Gesetzgeber erst dann entgegentreten, wenn für eine von ihm angeordnete Differenzierung zwischen verschiedenen Personengruppen sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar sind, so daß ihre Aufrechterhaltung einen Verstoß gegen das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden darstellen würde. Das Gericht kann in diesem Falle auch nur die vom Gesetzgeber getroffene Regelung für nichtig erklären, nicht aber eine andere an ihre Stelle setzen.

4. Von den so gewonnenen rechtlichen Grundlagen aus ergibt sich, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Grundrechtsverletzungen nicht vorliegen.

a) Von Enteignung kann nicht gesprochen werden, weil Ansprüche, die als Eigentum angesehen und enteignet werden könnten, nicht bestanden.

b) Es ist fraglich, ob die von den Beschwerdeführern erhobene Rüge einer Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde zulässig ist; denn es kann zweifelhaft sein, welchen Sinn die uneingeschränkte Aufnahme des Art. 33 GG in den Katalog des § 90 Abs. 1 BVerfGG hat. Es ist sowohl die Ansicht vertretbar, daß der einzelne Beamte gegen jede ihn benachteiligende gesetzliche Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG Verfassungsbeschwerde erheben kann, als auch die, daß § 90 Abs. 1 BVerfGG die Verletzung eines echten verfassungsmäßigen Individualrechts voraussetzt, die Verfassungsbeschwerde also nicht auf die Verletzung der an den Gesetzgeber gerichteten Bestimmung des Abs. 5 des Art. 33 GG gestützt werden kann. Das mag aber dahinstehen; denn die Rüge einer Verletzung des Abs. 5 des Art. 33 GG kann jedenfalls im Rahmen einer sonst zulässigen Verfassungsbeschwerde als Anregung an das Bundesverfassungsgericht aufgefaßt werden, von Amts wegen zu prüfen, ob eine Norm, die aus anderen Gründen zulässigerweise als verfassungswidrig angefochten wird, auch wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG nichtig sei (BVerfGE 1, 264 [271]). Die Prüfung der angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen ergibt jedoch keinen solchen Verstoß.

Art. 33 Abs. 5 GG stellt nicht, wie Art. 129 WRV, die wohlerworbenen Rechte unter Verfassungsschutz. Er gewährleistet vielmehr das Berufsbeamtentum als Einrichtung insoweit, als es sich in seiner hergebrachten Gestalt in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einfügen läßt (Grewe, Inwieweit läßt Art. 33 Abs. 5 GG eine Reform des Beamtenrechts zu? – 39. DJT, 1951, S. 9 -). Aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes ergibt sich, daß die Institution des Berufsbeamtentums ursprünglich „zur Wahrung der Legalität der Verwaltung durch unabhängige Berufsbeamte“ erwähnt werden sollte (vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Strauß in der 12. Sitzung des Ausschusses für Kompetenzabgrenzung vom 14. Oktober 1948). Im Laufe der Verhandlungen erhielt die umstrittene Bestimmung in der 27. Sitzung des Hauptausschusses vom 15. Dezember 1948 (Wortprotokoll S. 328) auf Antrag der FDP (PR Drs. 381 ) folgende Fassung: „Die hergebrachten Grundsätze über die Rechtsstellung der Berufsbeamten sind für die gesetzliche Regelung maßgebend“. Diese Fassung wurde in der 3. Lesung beibehalten. In der 4. Lesung des Hauptausschusses vom 5. Mai 1949 (Wortprotokoll S. 751) wurde sie jedoch auf Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses wie folgt geändert: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln“. Diese Fassung wurde in der Schlußsitzung des Parlamentarischen Rates vom 6. Mai 1949 (StenBer. S. 181) aufrechterhalten. Gerade aus der Änderung gegenüber der vorletzten Fassung ergibt sich, daß der Parlamentarische Rat dem Gesetzgeber einen größeren Spielraum lassen wollte, um die Beamtengesetzgebung den Erfordernissen des Neuaufbaus anzupassen. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sollten dabei „berücksichtigt“, nicht aber unter allen Umständen „beachtet“ werden (vgl. Grewe, a.a.O. S. 16).

Mit dieser Darstellung des sachlichen Inhalts des Art. 33 Abs. 5 GG ist jedoch noch nichts darüber ausgesagt, ob diese Bestimmung im Rahmen des Art. 131 GG überhaupt unmittelbar anzuwenden ist. Holtkotten (Bonner Komm., Art. 131, S. 31 ) vertritt hierzu die Auffassung, daß Art. 33 Abs. 5 GG sich nur auf den „aktiven“ Dienst „im Sinne seines in die Zukunft weisenden Neuaufbaues“ bezieht. In der Tat unterscheidet das Grundgesetz selbst deutlich zwischen der allgemeinen Regelung des Beamtendienstes im neuen Staat und der Sondervorschrift des Art. 131 GG, die der abschließenden Regelung eines aus dem Zusammenbruch herrührenden beamtenrechtlichen Übergangsproblems gilt. Das ist für das Ausmaß der Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums von besonderer Bedeutung. Art. 131 GG ist nicht lediglich eine Zuständigkeitsnorm; er bezweckt auch inhaltlich eine besondere rechtliche Gestaltung bei der Regelung jenes Komplexes beamtenrechtlicher Verhältnisse, auf die wegen ihrer Eigenart die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht im gleichen Maße angewandt werden können wie beim aktiven Dienst. Soweit es sich also um die Neuordnung der Rechtsverhältnisse von Beamten handelt, deren Dienstverhältnis erloschen war, könnten die Bestimmungen des G 131 allenfalls dann beanstandet werden, wenn sie sich in besonders weitgehender grundsätzlicher Weise von den hergebrachten Regelungen des Berufsbeamtentums entfernten. Die von den Beschwerdeführern unter diesem Gesichtspunkt erhobenen Beanstandungen sind aber nicht gerechtfertigt.

aa) Die Einführung der zehnjährigen Wartefrist für die Gewährung von Ruhegehalt und Übergangsgehalt (§ 30 Abs. 1 G 131 in der ursprünglichen Fassung) widerspricht als solche nicht den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Die Frist galt bereits im Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61), Gesetz vom 17. Mai 1907 (RGBl. S. 201), ist im Bundesbeamtengesetz (§ 103) wieder enthalten und konnte bei der vordringlichen Regelung des Sonderkomplexes nach Art. 131 GG ohne Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG vorgreifend eingeführt werden.

bb) Die Einführung des Status des Beamten zur Wiederverwendung (§ 5 Abs. 2 G 131) verstößt nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums. Insbesondere versagt die Berufung der Beschwerdeführer darauf, es hätte hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums entsprochen, sie als Wartestandsbeamte zu behandeln. Die Beschwerdeführer verkennen, daß der Wartestand nach dem Beamtengesetz von 1937 für besondere im normalen Staatsleben selten vorkommende, im einzelnen geregelte Fälle bestimmt ist, in denen der Beamte trotz Fortbestehens des Beamtenverhältnisses an der Ausübung seiner Amtspflichten verhindert ist. Die im Rahmen des Art. 131 GG vom Gesetzgeber zu regelnden Verhältnisse unterscheiden sich davon wesentlich. Einmal waren die Beamtenverhältnisse sämtlich erloschen. Zum anderen stand der Bundesgesetzgeber vor der Aufgabe, den großen Kreis der amtlos gewordenen Beamten in seiner Gesamtheit wieder in ein Verhältnis zum Staat zurückzuführen. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Bundesgesetzgeber zur Behebung dieses Notstandes einen neuen Status schuf, insbesondere da er diesen Status durchaus in Anlehnung an bisherige beamtenrechtliche Grundsätze ausgestaltet hat. Wenn der Staat dabei die Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung, die Höhe des Unterhaltes und die Anrechnung sonstiger steuerpflichtiger Arbeitseinkünfte (§§ 37 Abs. 1, 2und 3 i.V.m. 33 Abs. 1 G 131 in der ursprünglichen Fassung) abweichend von den für den Wartestand geltenden Bestimmungen geregelt hat, so ist dies deshalb nicht zu beanstanden, weil der dem Status zur Wiederverwendung vorangegangene Amtsverlust nicht auf einer freien Entschließung des Staates beruht, sondern auf äußeren unabwendbaren Ereignissen. Eine Verpflichtung des Staates, in derselben Weise den standesgemäßen Unterhalt der Beamten zur Wiederverwendung zu sichern, wie dies für voll beschäftigte Beamte oder für solche Beamte geschieht, die arbeitsunfähig sind oder die nach freier Entschließung des Staates im normalen Staatsleben in den Wartestand versetzt werden, kann aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht gefolgert werden.

cc) Soweit Beamte am 8. Mai 1945 in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf gestanden hatten, gelten sie nach § 6 Abs. 1 G 131 als mit Ablauf des 8. Mai 1945 durch Widerruf entlassen, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen aus § 6 Abs. 2 vorliegen. Bereits nach allgemeinem Beamtenrecht kann der Widerruf aus jedem nicht willkürlichen Grunde erklärt werden. Das Unvermögen des Staates, eine große Gruppe von Beamten aus Anlaß einer äußeren Katastrophe und ihrer Folgen im Verwaltungsdienst unterzubringen, wäre ein wichtiger Grund, der zum Widerruf berechtigt hätte. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber die am 8. Mai 1945 erloschenen Dienstverhältnisse nicht erneuert hat, zumal er die Härten dieser Regelung weitgehend dadurch gemildert hat, daß er die Beamten auf Widerruf an der Unterbringung teilnehmen läßt.

dd) Es verstößt auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG, daß Ernennungen und Beförderungen, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprachen oder wegen enger Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen wurden, nach § 7 G 131 unberücksichtigt bleiben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer S., der diese Rüge vorbringt, überhaupt von § 7 betroffen wird, und ob die Rüge wegen des besonderen in § 7 Abs. 2 vorgesehenen Verfahrens unmittelbar gegen das Gesetz vorgebracht werden kann. Sachlich ist sie jedenfalls nicht begründet. § 7 beseitigt in Wahrheit nur Vorteile, die unter Verletzung hergebrachter Grundsätze des Berufsbeamtentums und unter Ausnutzung formaler Rechtsmöglichkeiten erreicht wurden; er verhindert die Betroffenen für die Zukunft, sich auf Rechtspositionen zu berufen, die sie – gemessen an den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums – unzulässigerweise erworben hatten.

ee) Die Einbeziehung der Hochschullehrer in das G 131 verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

Da die Hochschullehrer am 8. Mai 1945 in Reich und Ländern unbestritten Beamte waren und weder Art. 131 GG noch das G 131 für sie Ausnahmebestimmungen enthält, gilt die Regelung dieses Gesetzes auch für sie; das entspricht auch der durchaus herrschenden Auffassung und wird durch § 78 a – eingefügt durch das Erste Änderungsgesetz – bestätigt. Der Hinweis der Beschwerdeführer auf angeblich entgegenstehende Ausführungen des Abgeordneten Dr. Kleindinst in der 130. Sitzung des Bundestages vom 5. April 1951 (StenBer. S. 4993) geht fehl. In diesen Ausführungen wird lediglich festgestellt, daß für die Unterbringung der Hochschullehrer keine Sondervorschriften getroffen seien.

Mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses am 8. Mai 1945 war die Verbindung der Hochschullehrer auch zur Hochschule als Korporation gelöst; denn diese Zugehörigkeit wurde nur durch das Beamtenverhältnis vermittelt. Die Berufung in das Amt und das Beamtenverhältnis ist für den Hochschullehrer eine unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme in die akademische Korporation (vgl. A. Köttgen, Deutsches Universitätsrecht, 1933, S. 93 f. Anm. 1). Das gleiche galt in der Zeit von 1939 bis 1945 für die Gruppe der Privatdozenten und außerplanmäßigen Professoren (§§ 17 und 18 der Reichshabilitationsordnung vom 17. Februar 1939, ABl. des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der Länder [S. 126 ff.]). Es trifft zwar zu, daß die Hochschullehrer, wenn sie – wie es der Regel entspricht – durch Emeritierung aus ihrem Amt ausscheiden, in der Korporation der Hochschule verbleiben. Daraus folgt aber nicht, daß sie in allen Fällen des Amtsverlustes der Hochschule als Korporation weiter angehören müßten, insbesondere dann nicht, wenn alle Beamtenverhältnisse aus den besonderen Gründen beendet werden, wie sie nach dem Zusammenbruch gegeben waren (vgl. oben C I 1 c und d), und wenn es dem inneren Sinne der Beendigung des Amtes entsprach, daß gerade auch das Verhältnis des Hochschullehrers zur Hochschule als wissenschaftliche Körperschaft gelöst werden sollte.

Das Beamtenverhältnis der Hochschullehrer weist allerdings in vielen Beziehungen Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Beamtenverhältnis auf. Jedoch hat die Umwandlung des Wesens des Beamtenverhältnisses im nationalsozialistischen Staat gerade auch das Hochschullehrerverhältnis in seiner Eigenart einschneidend berührt. Infolge des Eindringens des Führerprinzips in die Hochschulen und der nationalsozialistischen Ideologie in die Wissenschaft (K. Reidemeister, Das Grundrecht der Wissenschaft, in „Die Wandlung“, Bd. 1 S. 1079 ff.) hatte die Hochschule aufgehört, eine echte Korporation zu sein. Sie wurde mehr und mehr von einer Stätte zweckfreier Forschung zur staatlichen Ausbildungsanstalt, in der Lehre und Forschung weitgehend durch die politischen Zielsetzungen des Nationalsozialismus bestimmt waren. Wie sich diese Entwicklung in den Augen eines Gelehrten darstellt, der sich selbst von nationalsozialistischen Einflüssen freigehalten hat, zeigen die Ausführungen von Karl Jaspers (Vom lebendigen Geist der Universität, 1946, S. 25 f.):

„… Ein politischer Einbruch, gewaltsam eingeleitet und dann fortgetragen von einem Rausch der Bevölkerung, warf die Universität über den Haufen. Statt eines Selbstverwaltungskörpers blieb eine Schule, die den Anordnungen von Berlin zu gehorchen hatte. Wohl gab es noch die Namen von Rektor und Dekan. Aber sie waren von den Nationalsozialisten ernannt. Entlassungen, Beförderungen, Veränderungen ließen einen nur noch scheinbar geordneten Trümmerhaufen entstehen. … Fast widerstandslos lieferte sich die Universität, lieferten wir uns den Gewaltakten aus, zwar innerlich mit unserem ganzen Wesen widerstrebend aber ohne Kampf. Alles, was uns Wahrheit, Wissenschaft und Würde geistigen Lebens ist, geriet in die Verborgenheit des Einzelnen. Was öffentlich war, hatte den Schleier von Zwang und Täuschung. …“

Aus diesen Gründen mußten nach dem Zusammenbruch die Hochschulen ebenso wie die Verwaltung von Grund auf neu aufgebaut werden. Wenn daher die Kontrollrats-Direktive Nr. 24 allgemein eine endgültige Entlassung der betroffenen Personen aus dem Amt bezweckte, so mußte dies bei den Hochschullehrern gerade auch die endgültige Entfernung aus der Hochschulkorporation zur Folge haben, da nur so ihr Einfluß auf Forschung und Lehre wirksam ausgeschaltet werden konnte.

Art. 131 GG hat zwar unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge für die amtlos Gewordenen den Bundesgesetzgeber allgemein beauftragt, diesen Personenkreis wieder in ein Verhältnis zum Staat zu bringen. Dieser Auftrag konnte aber angesichts der Verhältnisse auf dem Gebiet des Hochschulwesens nicht den Sinn haben, alle amtsentfernten Hochschullehrer wieder in ihr altes Lehramt einzusetzen oder ihre Verbindung mit ihrer früheren Hochschulkorporation wiederherzustellen. Ein dahingehender Anspruch kann schon deshalb nicht aus dem Gesichtspunkt der Wahrung wohlerworbener Rechte hergeleitet werden, da diese durch Art. 33 Abs. 5 GG nicht garantiert sind (vgl. oben C I 4 b). Er ergibt sich auch nicht aus hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, wie sie im Rahmen des Art. 131 GG zu berücksichtigen sind. Geht schon der Auftrag des Art. 131 GG allgemein nicht dahin, die betroffenen Beamten in ihr früheres Amt wiedereinzusetzen, so kann das insbesondere nicht für die Hochschullehrer gelten. Die große Zahl der durch Vertreibung oder Entfernung aus Anlaß der politischen Säuberung amtlos gewordenen Hochschullehrer machte es schon aus praktischen Gründen unmöglich, sie sämtlich an den verhältnismäßig wenigen noch vorhandenen Hochschulen unterzubringen. Schon der Versuch einer solchen Maßnahme würde außerdem das in Landesverfassungen garantierte Recht der Hochschulen auf Selbstverwaltung empfindlich beeinträchtigt und gleichzeitig den wissenschaftlichen Gesamtcharakter der einzelnen Fakultäten stark verändert haben. Überdies erforderte gerade der Neuaufbau der Hochschulen im demokratischen Sinne die Wiederbesetzung der Lehrstühle vor allen Dingen mit solchen Hochschullehrern, die trotz großer wissenschaftlicher Leistungen vom nationalsozialistischen Regime aus politischen Gründen zum Ausscheiden, vielfach sogar zur Emigration gezwungen waren. Die Hochschulen durften auch im Interesse einer baldigen Eröffnung nicht die „erfolgreiche Entnazifizierung“ der Hochschullehrer abwarten. Endlich konnte es mit Rücksicht auf Haltung und Lehre vieler Hochschullehrer in der nationalsozialistischen Zeit nicht in allen Fällen verantwortet werden, sie gerade wieder in einem Lehramt, insbesondere etwa auf ihrem früheren Lehrstuhl, zu verwenden, auch wenn ihnen im Entnazifizierungsverfahren keine Berufsbeschränkungen auferlegt worden waren.

Daß die Einreihung der beamteten Dozenten in die Gruppe der Widerrufsbeamten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums widerspreche, wird schon dadurch widerlegt, daß diese Dozenten in Bayern seit jeher als Widerrufsbeamte galten und auch jetzt wieder (Art. 21 des bayer. Hochschullehrergesetzes vom 15. November 1948, GVBl. S. 254) außerplanmäßige Beamte, also Beamte auf Widerruf sind. Daraus folgt mindestens, daß diese Einreihung mit dem Wesen des Dozentenverhältnisses nicht unvereinbar sein kann. Deshalb ist es auch nicht richtig, daß die Reichshabilitationsordnung vom 17. Februar 1939 den ihr von den Beschwerdeführern zugeschriebenen „tiefgehenden Wandel“ ihres Beamtenverhältnisses bewirkt habe.

c) Die Beschwerdeführer werden durch die sie betreffenden Bestimmungen des G 131 auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 GG verletzt.

aa) Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, daß das G 131 die Rechtsverhältnisse des betroffenen Personenkreises in teilweiser Abweichung vom allgemeinen Beamtenrecht regelt. Nach der objektiven Rechtslage, wie sie unter C I 1 dargestellt worden ist, waren sämtliche Beschwerdeführer aus ihrem Beamtenverhältnis ausgeschieden und hatten keine Rechtsansprüche mehr auf Amt und Gehalt. Ihre Stellung war bei Inkrafttreten des G 131 rechtlich nicht zu vergleichen mit derjenigen der aktiven Beamten, die nach dem Zusammenbruch neu oder wieder in ein Beamtenverhältnis berufen worden waren. Aus der allgemeinen beamtenrechtlichen Regelung können die Beschwerdeführer daher keine Rechte auf gleiche Behandlung gemäß Art. 3 GG herleiten. Wenn der Gesetzgeber deshalb in Anknüpfung an frühere beamtenrechtliche Tatbestände Sonderbestimmungen für den von Art. 131 GG erfaßten Personenkreis getroffen hat, so konnte er das im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens, insbesondere im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten tun, ohne daß Art. 3 GG ihn verpflichtet hätte, die Bestimmungen dem sonstigen allgemeinen Beamtenrecht völlig anzupassen.

Art. 132 GG, auf den sich die Beschwerdeführer berufen, regelt einen unvergleichbaren Tatbestand; er betrifft Beamtenverhältnisse auf Lebenszeit, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes voll wirksam bestanden.

Es trifft auch nicht zu, daß die entfernten Beamten nach erfolgreicher Entnazifizierung gegenüber denjenigen aus politischen Gründen benachteiligt würden, die trotz gleicher Belastung im Amt geblieben oder inzwischen wieder verwendet seien. Die Beschwerdeführer wollen daraus offenbar den Anspruch herleiten, die Stellung aktiver Beamten zu erhalten. Das ist nur von dem rechtlich unzutreffenden Standpunkt aus verständlich, daß das Beamtenverhältnis durch Amtsentfernung zum Zwecke der Entnazifizierung nicht beendet worden sei. Da jedoch die Beamtenverhältnisse aller amtsentfernten Beamten erloschen waren, lag es nur bei jeder Neueinstellung im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung, eine geeignete Auswahl auch unter den Amtsentfernten zu treffen. Daß der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht verpflichtet war, die Verwaltung anzuhalten, über das sachliche Bedürfnis hinaus amtsentfernte Beamte wiedereinzustellen, bedarf keiner besonderen Begründung. Ebensowenig war der Gesetzgeber verpflichtet – was übrigens die Beschwerdeführer selbst nicht behaupten – den Gleichheitssatz in der Form zu verwirklichen, daß die trotz gleicher politischer Belastung im Amt verbliebenen Beamten nachträglich ebenfalls entlassen würden, um für die Neueinstellung eine gleiche Ausgangssituation zu schaffen. Endlich verlangt Art. 3 GG nicht, daß die amtsentfernten den aktiven Beamten materiell gleichgestellt werden. Dadurch würden evident ungleiche Umstände gleich behandelt. Die Ungleichheit der tatsächlichen Situation zwischen entfernten und nicht entfernten Beamten beruht auf Ermessensentscheidungen der Militärregierungen im Zuge der politischen Säuberung, die als solche vom Gesetzgeber hinzunehmen waren.

bb) Bei Erfüllung des aus Art. 131 GG folgenden Fürsorgeauftrags war der Bundesgesetzgeber allerdings gehalten, den Gleichheitssatz bei der Neugestaltung der Rechtsverhältnisse der einzelnen betroffenen Gruppen im Verhältnis zu einander zu beachten. Das konnte jedoch nicht dazu führen, daß sämtliche unter Art. 131 GG fallenden Personen schematisch gleich behandelt werden mußten. So war es durchaus sachgerecht und entsprach den rechtlichen Besonderheiten des Beamtentums, wenn der Gesetzgeber – trotz Erlöschens aller Beamtenverhältnisse – die Rechtsstellung und Tätigkeit der früheren Beamten, insbesondere die tatsächliche Dauer ihres Beamtenverhältnisses, angemessen berücksichtigte. Andererseits brauchte er nicht alle früheren Unterscheidungen bei der Neugestaltung bis ins einzelne zu beachten. Wenn daher der Gesetzgeber von gewissen Differenzierungen, insbesondere für die Stellung der Hochschullehrer, Abstand genommen hat, so ist sein Verfahren nicht zu beanstanden.

cc) Auch eine Prüfung der im einzelnen angefochtenen Bestimmungen des G 131 ergibt, daß der Bundesgesetzgeber sich durchweg im Rahmen seines vom Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfenden Ermessens gehalten hat.

aaa) § 63 Abs. 3 Satz 2 G 131, der günstigere Landesregelungen unberührt läßt, trägt der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Rechnung. Der Bundesgesetzgeber war durch Art. 131 GG nicht daran gehindert, den Ländern die Möglichkeit für günstigere Regelungen offen zu lassen, wobei es in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung bedarf, ob Art. 131 GG dem Bund eine ausschließliche oder eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis übertragen hat.

bbb) § 7 G 131, wonach unter anderem Ernennungen und Beförderungen, die wegen enger Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen worden sind, (bei der Regelung des neuen Status) unberücksichtigt bleiben, stellt nicht auf die parteipolitische Vergangenheit oder das parteipolitische Bekenntnis des einzelnen Beamten, sondern auf personalpolitische Maßnahmen des nationalsozialistischen Staates ab. Es wird nicht vorausgesetzt, daß der Beamte der NSDAP angehört oder ihr politisches Programm gebilligt habe. Auch Beamte, die „aus Gründen der Konjunktur“ besonders willfährige Werkzeuge des Nationalsozialismus geworden sind, ohne ihn innerlich zu billigen, fallen unter die Bestimmung. Eine Unterscheidung nach der politischen Anschauung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG wird also durch die Vorschrift nicht gemacht. Im übrigen ist das Argument erstaunlich, daß der demokratische Staat, der sich die Beseitigung des Nationalsozialismus, insbesondere seines Staatsdenkens, zum Ziele gesetzt hat, unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes verpflichtet sein sollte, Sondervorteile, die der nationalsozialistische Staat einzelnen Beamten gerade wegen ihrer engen Verbindung zum Nationalsozialismus gewährt hatte, auch innerhalb der Neuregelung für die Dauer zu erhalten.

ccc) Bei der in § 63 Abs. 1 i. V. m. § 62 Abs. 3 G 131 getroffenen Regelung durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß Nichtbetroffene, die weder der NSDAP noch einer ihrer Gliederungen angehört haben und bei denen dieser Tatbestand rechtskräftig festgestellt worden ist, eigentlich zur Gruppe derjenigen Personen gehörten, die nach Nr. 6 der Kontrollrats- Direktive 24 „in keiner Weise an nationalsozialistischer Tätigkeit teilgenommen“ haben und daher auch nicht zum Zwecke der Überprüfung hätten entlassen werden sollen. Ist das gleichwohl geschehen, so war es für den Bundesgesetzgeber geradezu ein Gebot der Billigkeit und Gerechtigkeit, diese Personen wegen ihrer Sonderlage im angegebenen Umfange besser zu stellen, als die übrigen entfernten Beamten, die durch ihre formelle Belastung Anlaß zu ihrer Entfernung und Überprüfung gegeben hatten. Mit dieser Regelung trifft der Gesetzgeber weder eine neue Entnazifizierungsmaßnahme noch verstößt er insoweit gegen Art. 3 GG.

ddd) Endlich verstößt auch § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 G 131 in der Fassung vom 11. Mai 1951 nicht gegen Art. 3 GG. Der Stichtag des 23. Mai 1949, also der Tag der Verkündung des Grundgesetzes, ist nicht willkürlich gewählt worden. Die Auffassung des Beschwerdeführers zu 2, daß staatsrechtlich eine Verfassung vor dem „Ins-Leben-Treten“ des betreffenden Staatswesens keine Gültigkeit haben könne, daß also das Grundgesetz erst mit der Handlungsfähigkeit des Staates, frühestens mit dem Tage der Bundestagswahl, dem 14. August 1949, wirksam geworden sei, geht fehl. Der Beschwerdeführer verkennt die besonderen staatsrechtlichen Verhältnisse, unter denen das Grundgesetz zustande kam. Sie hatten zur Folge, daß das Grundgesetz zu einem Zeitpunkt in Kraft treten konnte, in dem der Staat noch handlungsunfähig war (vgl. auch BVerfGE 2, 237 [258]). Wenn der Gesetzgeber unter diesen Umständen die in Art. 131 GG vorgesehene Regelung zunächst auf Personen beschränkt hat, die zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes unmittelbar zu seinem territorialen Geltungsbereich gehört haben, so hat er nicht willkürlich gehandelt. Daß jeder Stichtag gewisse Härten mit sich bringt, ist nicht zu vermeiden.

Das G 131 berücksichtigt darüber hinaus in beschränktem Umfang nach § 4 Abs. 2 in der Fassung vom 11. Mai 1951 auch solche Personen, die nach dem 23. Mai 1949 im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt befugt genommen haben, sofern sie zur „Abwendung einer ihnen unverschuldet drohenden unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben oder für die persönliche Freiheit“ in das Bundesgebiet geflüchtet sind. Der Bundesgesetzgeber hat damit im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens Billigkeitsgründe berücksichtigt und nicht gegen Art. 3 GG verstoßen. Daß nicht alle diejenigen früheren Beamten berücksichtigt werden, die „aus sonstigen zwingenden Gründen“ in das Bundesgebiet geflüchtet sind, kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht beanstandet werden. Die Notwendigkeit einer Angleichung an das Notaufnahmegesetz ist aus Art. 3 GG nicht herzuleiten. Denn wenn hiernach auch jeder im Bundesgebiet aufgenommen werden muß, bei dem „sonstige zwingende Gründe“ vorliegen, so folgt daraus nicht, daß ihm, wenn er früher Beamter im nationalsozialistischen Staat war, zusätzliche neue Rechte verliehen werden müssen, die ihm auf Grund seines früheren Beamtenverhältnisses im Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht zustanden.

Im Laufe des Verfahrens ist durch Art. I Nr. 5 des Ersten Änderungsgesetzes der auf den 23. Mai 1949 festgesetzte Stichtag in § 4 Abs. 1 G 131 auf den 31. März 1951 verlegt worden. Nunmehr gehört also auch der Beschwerdeführer zu 2 zu dem vom Gesetz erfaßten Personenkreis. Das Erste Änderungsgesetz ist rückwirkend mit dem 1. April 1951 in Kraft getreten. Dadurch sind die Beamten, die in der Zeit zwischen dem 23. Mai 1949 und dem 1. April 1951 Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben, denjenigen, die bereits vor dem 23. Mai 1949 im Bundesgebiet wohnten, gleichgestellt worden. Wenn die auf Grund des Ersten Änderungsgesetzes zu leistenden Zahlungen für sie erst mit dem 1. September 1953 beginnen, so verstößt dies gleichwohl nicht gegen Art. 3 GG. Denn wenn der Bundesgesetzgeber – wie oben dargelegt – durch Art. 3 GG nicht verpflichtet war, die erst nach dem 23. Mai 1949 zugezogenen Personen überhaupt in die Regelung des G 131 mit einzubeziehen, ist es nicht zu beanstanden, daß er den Beginn der Zahlungen für sie auf einen späteren Zeitpunkt festsetzt.

d) Die Beschwerdeführer sind auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 2 und 3 GG verletzt. Es mag zutreffen, daß grundsätzlich Rechte aus dem Beamtenverhältnis nur im Wege eines Straf- oder Dienststrafverfahrens ganz oder teilweise entzogen werden können. Um eine Rechtsentziehung gegenüber dem einzelnen früheren Beamten handelt es sich hier aber nicht. Denn die Beschwerdeführer können nach den Ausführungen zu C I 1 c, d und 2 aus ihren früheren Dienstverhältnissen überhaupt keine Ansprüche herleiten, die über die vom G 131 gewährten Rechte hinausgehen.

§ 7 G 131 verstößt nicht gegen die in Art. 103 Abs. 3 GG enthaltenen Rechtsgedanken, daß innerhalb eines besonderen Gewaltverhältnisses aus derselben Handlung nicht zweimal zu Ungunsten des Betroffenen Folgen hergeleitet werden dürfen (vgl. Holtkotten, Bonner Komm. Art. 103, Anm. II 3 a, b und LVG Rheinland-Pfalz in DÖV 1952, 472). Selbst wenn einem Beamten bereits im Entnazifizierungsverfahren Sühneleistungen auferlegt worden sind, kann § 7 G 131 ohne Verstoß gegen Art. 103 Abs. 3 GG auf ihn Anwendung finden. Denn § 7 entzieht nicht Rechte, sondern gewährt nur im Rahmen der beamtenrechtlichen Neuregelung nach dem G 131 Rechte mit der Maßgabe, daß Vorteile unberücksichtigt bleiben, die der Betroffene während seines früheren Beamtenverhältnisses im Widerspruch zu hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums erlangt hatte.

e) Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 und 4 GG liegt nicht vor, da das G 131 durch § 77 den Rechtsweg nicht beschränkt und kein Grundrecht in seinem Wesensgehalt antastet.

f) Eine Verletzung von Grundrechten oder von rechtsstaatlichen Grundsätzen liegt auch nicht darin, daß das G 131 rückwirkend zum 1. April 1951 in Kraft getreten ist und die von ihm erfaßten Dienstverhältnisse rückwirkend auf den 8. Mai 1945 gestaltet hat. Das rückwirkende Inkrafttreten eines Gesetzes ist, abgesehen vom Strafrecht, nicht schlechthin unzulässig (vgl. BVerfGE 2, 237 [265]). Im übrigen hatte die formale Rückbeziehung auf den 1. April 1951 nur den Zweck, dem betroffenen Personenkreis die Rechte und Ansprüche aus dem Gesetz schon für einen vor der Verkündung des Gesetzes liegenden Zeitraum zu gewähren. Die sachlich-rechtliche Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Kapitulation ist durch den Auftrag gerechtfertigt, den Art. 131 GG dem Bundesgesetzgeber erteilt hat. Die auf den 8. Mai 1945 rückwirkende Gestaltung der Rechtsverhältnisse war auch notwendig, da das Bestehen, die Fortwirkung und der Inhalt dieser Dienstverhältnisse von dem Zeitpunkt an zweifelhaft geworden waren, in dem der nationalsozialistische Staat sein Ende gefunden hatte.

g) Die Beschwerdeführer zu 12 bis 33 behaupten ferner einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Das G 131 schalte einen Kreis von Hochschullehrern aus ihrem Beruf aus und greife damit in die Freiheit der Forschung und Lehre, in „das Grundrecht der deutschen Universitäten“, unzulässigerweise ein.

Auch diese Rüge ist nicht begründet. Die Gewährleistung freier Forschung und Lehre, insbesondere also auch die akademische Lehrfreiheit, verleiht zwar den deutschen Hochschullehrern über die allgemeine beamtenrechtliche Regelung hinaus eine weitgehende Unabhängigkeit bei der Ausübung ihres Berufs. Davon abgesehen bleibt jedoch die allgemeine beamtenrechtliche Stellung der Hochschullehrer von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unberührt. Insbesondere kann der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG kein verfassungsmäßiges Recht auf unbeschränkte Belassung im Amt oder zeitlich unbeschränkte Zugehörigkeit zur Hochschulkorporation herleiten. Wenn ein Gesetz freilich in die beamtenrechtliche Stellung der Hochschullehrer eingriffe, um – unbeschadet der Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG – eine endgültige oder vorübergehende Ausschaltung bestimmter wissenschaftlicher Lehrmeinungen zu erreichen oder zu fördern, wäre eine solche Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungswidrig. Desgleichen ist jedoch im G 131 nicht geschehen.

h) Die Beschwerdeführer haben endlich um Prüfung gebeten, ob das G 131 gegen Art. 139 GG verstoße. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil das G 131 keine Bestimmungen über die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus enthält. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführer war einerseits durch Vertreibung, andererseits durch die mit der Entnazifizierung zusammenhängende Amtsentfernung zweifelhaft geworden. Das G 131 gestaltet nunmehr die neue Rechtsstellung, ohne den Art. 139 GG überhaupt zu berühren.

5. Es hat sich ergeben, daß die für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer in Betracht kommenden Einzelvorschriften des G 131 weder Grundrechte verletzen noch gegen sonstige Verfassungsbestimmungen verstoßen. Das gleiche muß dann auch für den von den Beschwerdeführern besonders angegriffenen § 77 G 131 gelten. Denn er dient lediglich der Ergänzung jener Einzelbestimmungen, indem er klarstellt, daß die Regelung des G 131 – selbstverständlich unbeschadet späterer Gesetzesergänzungen – insoweit abschließend und erschöpfend ist. Auch § 77 G 131 ist daher in Verbindung mit den die Beschwerdeführer betreffenden Einzelbestimmungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

II.

Das G 131 hat entsprechend dem Auftrag aus Art. 131 Satz 2 GG auch die Rechtsverhältnisse derjenigen Personen geregelt, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt waren und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen keine oder keine entsprechende Versorgung mehr erhalten. Die Beschwerdeführerinnen zu 10 und 11 hatten als Beamtenwitwen am 8. Mai 1945 einen Anspruch auf Versorgung und fallen deshalb unter diesen Personenkreis. Sie sehen in der fur ihre Rechtsverhältnisse maßgebenden Regelung des G 131 einen Verstoß gegen Art. 3, Art. 14, Art. 33 Abs. 5 und Art. 19 Abs. 4 GG. Die Beschwerdeführerin zu 10 fühlt sich dadurch benachteiligt, daß nach § 40 G 131 (der inzwischen durch § 192 Nr. 11 BBG aufgehoben ist) die Versorgungsbezüge einer Beamtenwitwe bis zur Höhe von 50 v. H. gekürzt werden, wenn die Witwe mehr als 15 Jahre jünger war als ihr verstorbener Ehemann. Die Beschwerdeführerin zu 11 sieht eine Verletzung ihrer Versorgungsrechte darin, daß ihr nach § 77 Abs. 1 G 131 bis zum 1. April 1951 sämtliche Ansprüche auf Versorgung entzogen werden und daß ihr nach § 32 G 131 (in der Fassung vom 11. Mai 1951) ein geringeres Witwengeld gewährt wird, als es ihr am 8. Mai 1945 zustand.

Wie für die Dienstverhältnisse der aktiven Beamten, so erhebt sich auch für die Rechtsverhältnisse der ehemaligen Versorgungsempfänger die Frage, ob der Zusammenbruch des nationalsozialistischen Staates ohne weiteres zum Erlöschen dieser „Versorgungsverhältnisse“ geführt hat. Diese Frage ist hier um so mehr berechtigt, als die Versorgungsansprüche der Beschwerdeführerinnen zu 10 und 11 ihren Rechtsgrund in Beamtenverhältnissen haben, die noch während des „Dritten Reiches“ weiterbestanden und damit im Sinne des Nationalsozialismus umgestaltet wurden. Indessen bedarf es für die hier zur Entscheidung stehenden Versorgungsverhältnisse keiner endgültigen Klärung dieser Frage. Denn selbst wenn man das Fortbestehen der Versorgungsansprüche der Beschwerdeführerinnen zu 10 und 11 über den 8. Mai 1945 hinaus unterstellt, könnte in der Regelung, die das G 131 getroffen hat, eine Verletzung von Grundrechten oder von sonstigen Verfassungsbestimmungen nicht gefunden werden:

1. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liegt auch bei dieser Unterstellung nicht vor, weder soweit das G 131 die Ansprüche der ehemaligen Versorgungsempfänger für die Zeit nach seinem Inkrafttreten herabsetzt, noch soweit es bestimmt, daß den ehemaligen Versorgungsempfängern für die Zeit vor dem 1. April 1951 keine Ansprüche auf Versorgung zustehen.

a) Die Herabsetzung der erst nach Inkrafttreten des G 131 fälligen Versorgungsleistungen ist freilich nicht schon deshalb mit Art. 14 GG vereinbar, weil – wie das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 2, 380 (399) ausgeführt hat – vermögenswerte Rechte des öffentlichen Rechts mit Fürsorgecharakter grundsätzlich nicht als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG anzusehen sind. Denn bei der Unterstellung, daß die Versorgungsansprüche grundsätzlich über den 8. Mai 1945 hinaus fortbestanden, handelt es sich insoweit nicht um öffentlich-rechtliche Forderungen mit allgemeinem Fürsorgecharakter. Es ist jedoch in Übereinstimmung mit dem Bayer. Verfassungsgerichtshof (E Bd. 68 NF 5, 1952, II. Teil, 166 [195]) zu berücksichtigen, daß die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten und Versorgungsempfänger ihre Grundlage in dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, also in einem besonderen Gewaltverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG eine verfassungsrechtliche Sonderregelung gefunden hat, so daß die Eigentumsgarantie auf diese öffentlich-rechtlichen vermögensrechtlichen Ansprüche überhaupt nicht anwendbar ist. Die Kürzung öffentlich-rechtlicher Versorgungsansprüche für die Zukunft könnte also rechtlich wohl gegen Art. 3 oder 33 Abs. 5 GG, nicht aber gegen Art. 14 Abs. 1 oder 3 GG verstoßen.

b) Lediglich die bis zum Inkrafttreten des G 131 bereits entstandenen Forderungen auf Zahlung von Versorgungsbezügen könnten möglicherweise als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG angesehen werden und damit als Objekt einer Enteignung in Betracht kommen. Die Beschwerdeführerinnen zu 10 und 11 könnten jedoch solche Forderungen auch bei Annahme des Fortbestehens der Versorgungsverhältnisse für die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten des G 131 nicht herleiten.

Der Versorgungsanspruch erschöpfte sich im wesentlichen in einer Geldforderung gegen den öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ihrer Ehemänner; er wurde von Kassen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erfüllt. Infolge des Zusammenbruchs des nationalsozialistischen Staates, der Zerschlagung der Behördenorganisation des Reichs und der tatsächlichen Abtrennung derjenigen Gebietsteile, in denen die bis dahin zahlenden Kassen lagen, konnten die Geldforderungen der Beschwerdeführerinnen zunächst nicht erfüllt werden. Das Deutsche Reich war handlungsunfähig, da nach dem Willen der Besatzungsmächte „bis auf weiteres … keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden“ sollte (vgl. III A 9 Abs. IV der „Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin“ vom 2. August 1945, ABl. KR ErgBl. Nr. 1 S. 13). Sowohl das Reich als auch das Land Preußen konnten deshalb keine Maßnahmen zur weiteren Zahlung von Versorgungsbezügen treffen. Auch die nach dem Zusammenbruch neu entstandenen Verwaltungsgebiete, insbesondere Zonen und später die Länder, waren mit Rücksicht auf den großen Zustrom von Flüchtlingen und im Hinblick auf die Kriegszerstörungen nicht in der Lage, die Versorgungsverbindlichkeiten des Reiches und des Landes Preußen allgemein zu erfüllen.

Angesichts dieser Lage bestimmte für die britische Zone – in der die Beschwerdeführerin K. ihren Wohnsitz hat – die Finanztechnische Anweisung Nr. 88, daß Versorgungsbezüge, die am 8. Mai 1945 aus Kassen in der britischen Zone zu zahlen waren, weiterhin ausgezahlt werden sollten, daß jedoch Versorgungsbezüge an Ruhestandsbeamte, die seit dem 8. Mai 1945 in die britische Zone gekommen seien, höchstens zur Hälfte gezahlt werden durften. Dabei waren Mindestbeträge von 100 RM und Höchstbeträge von 300 RM für Ruhestandsbeamte und von 200 RM für Witwen vorgesehen; die Sätze sollten gleichermaßen für Versorgungsbezüge für Beamte des Reichs, der Provinzen, der Länder, Kreise und Gemeinden gelten (nachträglich mitgeteilt im Haushalts- und Besoldungsblatt für das britische Besatzungsgebiet 1947 Nr. 2 S. 5). Diese Regelung wurde ausdrücklich aufrechterhalten in der Anordnung der Public Expenditure Branch, HQ Finance Division, Berlin vom 2. August 1947 (Fin/22, 059/PE/; vgl. a.a.O., Nr. 8 S. 53). Ähnliche Regelungen galten auch in den Ländern der amerikanischen Zone, insbesondere im Lande Bayern, wo die Beschwerdeführerin Z. ihren Wohnsitz hat (vgl. die Anordnungen des bayerischen Ministerrats vom 29. Oktober 1946 betr. die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten nebst dem ergänzenden Beschluß des Bayerischen Landtags vom 26. Juni 1947 – aufgehoben durch Art. 7 des bayer. Gesetzes über die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten vom 3. Mai 1948 -GVBl. S. 95 -; vgl. auch für Hessen: Gesetz über die Auszahlung von Vorschüssen auf Gehälter, Ruhegehälter, Witwen- und Waisengelder für bezirksfremde Empfänger vom 11.Februar 1946 – GVBl. S. 95 -; vgl. auch für Hessen: Gesetz über die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages an aus politischen Gründen entlassene Beamte vom 2. Juni 1948 – GVBl. S. 73 -).

Bei diesen landesrechtlichen Regelungen konnte es sich nur um vorläufige Fürsorgemaßnahmen handeln. Die Länder waren angesichts ihrer unzureichenden Finanzkraft und mit Rücksicht auf die unterschiedliche Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Gebiete nicht in der Lage, den verdrängten ehemaligen Versorgungsempfängern einen ausreichenden und im ganzen Bundesgebiet der Höhe nach einheitlichen Unterhalt zu gewähren. Eine erschöpfende und sachgerechte Regelung ihrer Versorgung war nur dem Bund möglich. Daß die Länder nur vorläufige Regelungen treffen wollten, ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut ihrer Vorschriften. Wenn der Bundesgesetzgeber im G 131 endgültig bestimmt hat, daß für die Zeit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes Ansprüche gegen die Bundesrepublik nicht geltend gemacht werden können, es insoweit also bei den vorläufigen Zahlungen durch die Länder sein Bewenden behalten soll, so stellt diese Regelung keine Enteignung dar. Denn ein ungeschmälerter, die Zahlungen der Länder übersteigender Versorgungsanspruch stand den verdrängten Versorgungsempfängern für die Übergangszeit bis zur Errichtung eines handlungsfähigen Gesamtstaates und vor Ablauf der zur Vorbereitung einer gesetzlichen Neuregelung notwendigen Frist nicht zu. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung der Grundsätze, die in der Rechtsprechung zur Tragung des „Betriebsrisikos“ entwickelt worden sind:

Wenn die Grundlagen eines privaten Unternehmens durch ein von außen her auf den Betrieb einwirkendes Ereignis nachhaltig zerstört werden, so stellt sich die Frage, ob die Folgen solcher Ereignisse dem Dienstherrn oder dem Dienstpflichtigen aufzuerlegen sind, insbesondere ob der Dienstherr zur Weiterzahlung von Löhnen und Pensionen in voller Höhe verpflichtet ist (vgl. zu diesem Problem: RGZ 106, 272 [275-277] – 1925 -; RAG 2, 74 [78-80] – 1928 -; RAG in ArbeitsrechtsSamml. 23, 219 [224 und 226] -1935 -). Nach der Rechtsprechung der oberen Arbeitsgerichte ist diese Frage aus § 242 BGB nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden (RAG in ArbeitsrechtsSamml. 23 224; vgl. jetzt auch LAG Saarbrücken, Arbeitsrecht in Stichworten II, 142 -1948 -; LAG Düsseldorf, ebenda I, 400 – 1947 -). Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf dem Gebiet des Arbeitsrechts kann deshalb dazu führen, daß der Dienstpflichtige sich eine Kürzung seiner Bezüge, der aus einem privatrechtlichen Pensionsvertrag Berechtigte sich eine Herabsetzung seines Ruhegehalts gefallen lassen muß (vgl. RAG in ArbeitsrechtsSamml. 25, 5 [15-22] – 1935 -).

Diese in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze müssen auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes – zu dem auch die Rechtsverhältnisse der Ruhestandsbeamten und ihrer Hinterbliebenen gehören – gelten, zumal dann, wenn der gesamte „staatliche Betrieb“ so grundlegend vernichtet wurde, wie es durch die Auswirkungen des Zusammenbruchs des Reiches geschah. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, daß der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben für das Beamtenverhältnis – und damit auch für das Rechtsverhältnis des Versorgungsempfängers als Nachwirkung eines Beamtenverhältnisses – eine besondere Ausprägung erfahren hat: Aus der Fürsorgepflicht des Staates auf der einen, der Treuepflicht des Bediensteten auf der anderen Seite läßt sich für beide Teile regelmäßig das ableiten, was sonst mit dem allgemeinen Hinweis auf Treu und Glauben gerechtfertigt zu werden pflegt (RGZ 143, 77 [81]). Deshalb haben die an einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis Beteiligten „in entsprechender Weise, wie dies § 242 BGB für das bürgerliche Recht verlangt, ihr Verhalten dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme“ zu unterstellen (RGZ 158, 235 [239]). Daraus folgt, daß der Versorgungsanspruch der verdrängten Versorgungsempfänger jedenfalls dann nicht in vollem Umfang fortbestehen kann, wenn infolge einer schweren Erschütterung des Staates die Fortführung der Verwaltung gerade in dem Teilgebiet unmöglich wird, in dem sie ihre Versorgung erhielten, und darüber hinaus der Gesamtstaat infolge seiner Handlungsunfähigkeit überhaupt nicht in der Lage war, Maßnahmen zur Versorgung dieser Versorgungsempfänger zu treffen. Wenn angesichts dieser besonderen Lage die Länder stellvertretend die Fürsorgepflicht des bisherigen Dienstherrn für die verdrängten Versorgungsempfänger teilweise übernommen und ihnen im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit Zuwendungen gewährt haben, so muß die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Versorgungsanspruchs für diese nur vorübergehende Zeit nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme als unzulässige Rechtsausübung angesehen werden. Art. 14 GG ist daher nicht verletzt, wenn das G 131 insoweit keine weitergehenden Ansprüche gewährt.

2. Die im G 131 für die ehemaligen Versorgungsempfänger getroffene Regelung verstößt – auch wenn man das Fortbestehen von Versorgungsverhältnissen über den 8. Mai 1945 hinaus unterstellt – nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es ist zwar richtig, daß denjenigen Personen, die schon vor dem Zusammenbruch ihre Versorgungsbezüge aus einer Kasse im Gebiet der Bundesrepublik erhielten, diese Bezüge auch nach dem 8. Mai 1945 – mit Unterbrechungen – weitergezahlt wurden und daß die Leistungen – im Gegensatz zu der Regelung des G 131 – grundsätzlich nicht gekürzt wurden. Diese Ungleichheit hat der Bundesgesetzgeber aber nicht geschaffen, sondern vorgefunden. Die aus Kassen im Bundesgebiet versorgten Personen erhielten bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits eine „entsprechende Versorgung“, in die der Bundesgesetzgeber auf der Grundlage des Art. 131 Satz 2 GG nicht eingreifen konnte. Eine bundesgesetzliche Regelung kam deshalb nur für den Teil der ehemaligen Fürsorgeempfänger in Frage, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes noch keine oder keine entsprechende Versorgung erhielten.

Der Bundesgesetzgeber war durch Art. 3 GG nicht verpflichtet, die versorgungsrechtliche Lage der verdrängten Versorgungsempfänger an die der „einheimischen“ anzugleichen. Zwar darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht damit begnügen, vorgefundene tatsächliche Unterschiede ohne weiteres hinzunehmen; sind sie mit den Erfordernissen der Gerechtigkeit unvereinbar, so muß er sie beseitigen. Ein solcher Verstoß gegen den Grundsatz der Gerechtigkeit lag hier jedoch nicht vor. Denn die Besserstellung der „einheimischen“ Versorgungsempfänger durch die landesrechtlichen Regelungen beruhte auf der engeren Verbundenheit dieses Personenkreises mit dem betreffenden Land. Eine solche Unterscheidung ist in einem Bundesstaat mit betont föderalistischem Aufbau jedenfalls dann legitim, wenn sie nicht auf die Dauer berechnet und so schwerwiegend ist, daß sie zu einer endgültigen Diskriminierung der verdrängten Versorgungsempfänger führen würde. Dem föderalistischen Prinzip trägt in anderem Zusammenhang auch § 63 Abs. 3 G 131 Rechnung, indem er gegenüber der Bundesregelung günstigere landesrechtliche Regelungen ausdrücklich aufrechterhält.

Daß die unterschiedliche Behandlung der verdrängten und einheimischen Versorgungsempfänger keine Benachteiligung oder Bevorzugung „wegen der Heimat“ im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG enthält, bedarf keiner besonderen Begründung (vgl. BVerfGE 2, 266 [286]).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann endlich auch nicht darin gefunden werden, daß die von Art. 131 GG betroffenen Versorgungsempfänger geringere Bezüge erhalten als diejenigen Personen, die auf Grund eines nach dem 8. Mai 1945 eingetretenen Versorgungsfalles versorgt werden. Denn die Versorgungsansprüche der letzteren beruhen auf einer zum Wiederaufbau und fur die Ziele des neuen demokratischen Staates geleisteten Arbeit. Diese Verschiedenheit gegenüber den von Art. 131 GG Erfaßten rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung.

Der von der Beschwerdeführerin zu 10 besonders beanstandete- inzwischen durch § 192 Nr. 11 BBG aufgehobene – § 40 G 131 verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Die Kürzung des Witwengeldes wegen besonders großen Altersunterschiedes kann damit gerechtfertigt werden, daß in einer solchen Ehe die Ehefrau im allgemeinen die Lebensarbeit ihres Mannes nur für eine vergleichsweise kürzere Zeitspanne mittragen wird. Nach fünfzehnjähriger Dauer der Ehe sieht daher § 40 wieder eine Erhöhung des Witwengeldes vor. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung gegenüber den anderen Ehen ist also nicht willkürlich.

Eine ungleiche Behandlung im Verhältnis zur allgemeinen beamtenrechtlichen Regelung aber ist für die Zukunft durch die Aufhebung des § 40 beseitigt. Für die betroffenen Witwen gilt nunmehr auch § 124 BBG. Die vorübergehende Abweichung für die Vergangenheit rechtfertigt sich aus der Notwendigkeit, die Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen vorweg zu regeln. Dabei hat § 40 die allgemein beabsichtigte Regelung im wesentlichen, wenn auch mit einigen Abweichungen, vorweggenommen. Diese vorübergehenden nicht grundsätzlich erheblichen Abweichungen verstoßen nicht gegen Art. 3 GG.

3. Die im G 131 für die Versorgungsansprüche der Beschwerdeführerinnen zu 10 und 11 getroffene Regelung verstößt auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

a) Bei der Neuordnung der durch den Zusammenbruch erloschenen Beamtenverhältnisse nach Art. 131 GG kann – wie unter C I 4 b ausgeführt wurde – Art. 33 Abs. 5 GG nur mit Einschränkungen angewandt werden. Soweit jedoch die Regelung nach Art. 131 GG Versorgungsansprüche betrifft, die – wie hier unterstellt wird (vgl. C II am Anfang) – über den Zusammenbruch hinaus fortbestanden haben, müssen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in stärkerem Maße berücksichtigt werden. Das kann allerdings nicht bedeuten, daß der einmal erworbene öffentlich-rechtliche Versorgungsanspruch in seiner vollen Höhe als „wohlerworbenes Recht“ garantiert wäre – weil seit der Beseitigung der Verfassungskraft des Art. 129 WRV wohlerworbene Rechte als solche nicht verfassungsmäßig, insbesondere nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt sind (vgl. oben C I 4 b). Vielmehr ist die Kürzung auch eines erworbenen und weiterbestehenden Versorgungsanspruchs im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG zulässig; sie findet aber ihre Schranken in der Gewährung des standesgemäßen Unterhalts, wie er für die einzelnen Beamtengruppen – selbstverständlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Lebensstandards – jeweils besonders zu bemessen ist.

Bei dieser Rechtslage kann in der Festsetzung der Höhe der Versorgungsbezüge der Beschwerdeführerinnen für die Zukunft eine Verletzung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht gesehen werden, zumal der Gesetzgeber von vornherein eine Anpassung an die allgemeinen versorgungsrechtlichen Grundsätze in § 78 G 131 vorgesehen und inzwischen weitgehend durchgeführt hat.

b) Lediglich für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des G 131 ist der den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums entsprechende standesgemäße Lebensunterhalt den ehemaligen Versorgungsempfängern weitgehend nicht gewährt worden. Für diese Zeit stand ihnen jedoch – wie unter C II 1 b dargestellt worden ist – ein Rechtsanspruch auf Versorgung über die von den Ländern gewährten Leistungen hinaus nicht zu. Es würde eine Überspannung der an den Gesetzgeber zu stellenden Anforderungen bedeuten, wollte man verlangen, daß die Berücksichtigung hergebrachter Grundsätze des Berufsbeamtentums ihn hätte dazu zwingen müssen, auch für diese Zeit den Unterhalt in voller Höhe nachträglich zu gewähren.

c) Die Sonderregelung des § 40 G 131 – von der die Beschwerdeführerin zu 10 betroffen ist – verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Bestimmung über die Kürzung des Witwengeldes bei besonders großem Altersunterschied der Eheleute fand sich bereits im Beamtenrecht vor 1937 (§§ 6 und 7 des Beamtenhinterbliebenengesetzes vom 17. Mai 1907, RGBl. S. 208). Auch das neue Bundesbeamtengesetz enthält eine entsprechende Regelung, deren Fassung nunmehr auch für die unter G 131 fallenden Witwen gilt (vgl. § 192 Nr. 4 und 11 in Verbindung mit § 126 BBG). An der verschiedenartigen Ausgestaltung der Bestimmungen im einzelnen wird der Gesetzgeber durch Art. 33 Abs. 5 GG nicht gehindert.

D.

Aus den Ausführungen unter C II folgt, daß auch die Beschwerdeführerin zu 34 aus ihrem Versorgungsverhältnis keine weiteren Rechte oder Ansprüche gegen das Land Bayern herleiten kann, als sie ihr durch das G 131 gewährt werden. Landgericht und Oberlandesgericht München haben deshalb den angefochtenen Entscheidungen mit Recht die Bestimmungen des G 131 zugrunde gelegt und ohne Verstoß gegen Grundrechte der Beschwerdeführerin die Vorschrift des § 27 a EWFVG außer Anwendung gelassen.

E.

Da die Beschwerdeführer zu 12, 13, 15 bis 22 und 24 bis 33 durch die §§ 5, 6, 35, 77 G 131 nicht in ihren Grundrechten verletzt werden, verstößt auch das Bayer. G zu Art. 131 GG vom 31. Juli 1952 (GVBl. S. 235) insoweit nicht gegen ihre Grundrechte aus dem Grundgesetz.

F.

Sämtliche Verfassungsbeschwerden sind daher unbegründet und müssen zurückgewiesen werden.

(Quelle)

– Der Zwei-plus-Vier-Vertrag

 

Souveränität der Bundesrepublik Deutschland
– Dokumentation –

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages
Verfasser/in:
Zwei-plus-Vier-Vertrag
Souveränität der Bundesrepublik Deutschland
Dokumentation WD 2 – 3000 – 149/07
Abschluss der Arbeit: 04.10.2007
Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht,
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung, Verteidigung,
Menschenrechte und humanitäre Hilfe

1. Einleitung
Der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde am 12. September 1990 in Moskau unterschrieben und trägt den Titel „Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland.“

Vertragsparteien waren das vereinte Deutschland, die Sowjetunion,
Frankreich, Großbritannien und die USA. Der Vertrag trat am 15. März 1991 in Kraft.

In Art. 7 Abs. 1 des Vertrages beenden die vier Siegermächte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Das vereinte Deutschland – so Abs. 2 – habe demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten. Im Folgenden werden Aufsätze und Gerichtsentscheidungen zusammengestellt, die sich mit der Frage beschäftigen, ob mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wiederhergestellt worden ist oder ob ein „Friedensvertrag“ im herkömmlichen Sinne dafür noch erforderlich wäre.

 

2. Zwei-plus-Vier-Vertrag kein Friedensvertrag

Die Literatur ist – soweit ersichtlich – der Ansicht, es handele sich bei dem Zwei-plus Vier-Vertrag zwar nicht um einen Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, er ersetze einen solchen jedoch.

So ist nach Raap der Zwei-plus-Vier-Vertrag weder Friedensvertrag noch friedensvertragliche Regelung.

Auch nach Auffassung von Blumenwitz (Anlage 1) unterscheidet sich der Vertrag maßgeblich von dem allgemeinen Muster der nach 1945 geschlossenen Friedensverträge.

Gornig (Anlage 2) ist der Ansicht, es handele sich beim Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht um einen Friedensvertrag, obwohl er der Bezeichnung und der Präambel nach die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland darstellt. Der Vertrag unterscheide sich schon inhaltlich von einem Friedensvertrag, der in der Regel alle durch einen Krieg entstandenen Rechtsprobleme einer Regelung zuzuführen versucht.

Stern (Anlage 4) merkt an, der Vertrag sei zwar nicht als Friedensvertrag konzipiert, enthalte aber zugleich Bestandteile eines Friedensvertrages und wolle eine „Friedensordnung in Europa“ sichern, wie die Präambel mehrfach betont Rauschning (Anlage 3) ist der Ansicht, der Vertrag werde dadurch, dass er klarstellt, dass keine weiteren rechtlichen Fragen aus Krieg und Besatzung noch vertraglich geregelt werden sollen, nicht zu einem „Friedensvertrag“ im herkömmlichen Sinne.

Brand (S. 243 ff.) kommt, nachdem er den Begriff des Friedensvertrages definiert hat, dazu, dass sich aus der Entstehungsgeschichte des Vertrages deutlich ergebe, dass es sich bei dem Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht um einen Friedensvertrag handelt. Dazu fehlten klassische Merkmale eines Friedensvertrages, die bei Beginn des Prozesses bereits erledigt gewesen seien. Daher sei übereinstimmend in der Literatur festgestellt worden – so Brand –, dass es sich bei dem Vertrag nicht um einen Friedensvertrag handelt. Der Vertrag ersetze jedoch eine friedensvertragliche Regelung, wie sie der Bundesrepublik Deutschland in Art. 7 des Deutschlandvertrages von den West-Alliierten zugesagt worden war. Er sei jedoch 45 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation nicht als Friedensvertrag oder als friedensvertragliche Regelung zu verstehen.

Auch nach Kilian ersetzt der Vertrag einen Friedensvertrag. Damit sei die Strategie der Bundesregierung, Verhandlungen über einen allgemeinen Friedensvertrag zu verhindern, erfolgreich gewesen.

Das Landgericht Bonn hat sich in einer Entscheidung ebenfalls der Ansicht angeschlossen, der Vertrag sei von seiner Wirkung her als Ersatz-Friedensvertrag zu sehen.

 

3. Souveränität der Bundesrepublik Deutschland

Nach Ansicht der Literatur stellt der Zwei-plus-Vier-Vertrag als abschließende Regelung in bezug auf Deutschland die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wieder her. Soweit ersichtlich wird ein (zukünftiger) „Friedensvertrag“ dafür nicht für erforderlich gehalten.

Nach Ansicht von Blumenwitz (Anlage 1), Brand (S. 254 ff.), Stern (Anlage 4) und Kilian spricht man zu Recht von einem Vertrag, der die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wiederherstellt bzw. dies deklaratorisch feststellt.

Auch nach Auffassung von Rauschning (Anlage 3) wird mit dem Vertrag klargestellt, dass es keinen Friedensvertrag herkömmlichen Typs mit Deutschland mehr geben wird.

Nach Klausel 12 der Präambel sei der Vertrag die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland. Damit werde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass keine weiteren rechtlichen Fragen noch vertraglich geregelt werden sollen.

Das Landgericht Bonn, das den Vertrag als Ersatz-Friedensvertrag betrachtet, vertritt in einer Entscheidung die Auffassung, es werde keine andere Regelung, die Friedensvertrag genannt werden kann, mehr geben. Der Vertrag stelle die volle Souveränität Deutschlands wieder her.

Der Bundesgerichtshof äußerte sich in einem Urteil aus dem Jahre 2003 wie folgt:
„Der Zwei-plus-Vier-Vertrag mag zwar nicht als Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, der üblicherweise die Beendigung des Kriegszustandes, die Aufnahme friedlicher Beziehungen und eine umfassende Regelung der durch den Krieg entstandenen Rechtsfragen erfaßt, zu qualifizieren sein. Er hatte aber erklärtermaßen das Ziel, eine abschließende Regelung in bezug auf Deutschland herbeizuführen, und es wurde deutlich, daß es weitere (friedens-)vertragliche Regelungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geben wird.“

(Quelle)

persönliches Fazit:

Man kann auch hier die offene Widersprüchlichkeit erkennen, welche das BRD-System systematisch durchläuft. So wird klar und deutlich gesagt, dass der 2+4 Vertrag kein Friedensvertrag ist, nicht dem typischen Muster eines Friedensvertrages besitzt, nicht bestimmte rechtliche Elemente eines Friedensvertrages besißt, ja noch nicht mal eine friedenvertragliche Regelung um vollen Rechtsinne bedeutet.

Und trotz dieser offensichtlichen Tatsachen, kommt man nun zu persönlichen Rechtsauffassungen, die rechtlich a) es keine Relevance haben und b) diametral zu den zuvor richtig wiedergegeben Aussagen stehen.

Jedoch am wichtigsten sind zwei besondere Punke, Zitat: “ … Strategie der Bundesregierung, Verhandlungen über einen allgemeinen Friedensvertrag zu verhindern, erfolgreich gewesen“ und „dass es keinen Friedensvertrag herkömmlichen Typs mit Deutschland mehr geben wird“ in Überleitung auf den inzwischen geänderten Art. 23 GG und der alten Präambel, wonach ganz offen auf die Herstellung Deutschlands als Ganzes sowie die Freiheit ganz Deutschlands aufgegeben wurde.

Wäre die BRD wie gerne in ihrem Selbstverständnis behauptet wird mit dem deutschen Staat (Deutsches Reich) identisch, wäre das Hochverrat am Deutschen Volk, besonders den deutschen Staatsangehörigen außerhalb der Bundesgebietes und der Zuständigkeit durch das Grundgesetz, wie ein Verstoß gegen das Völkerrecht, Besatzungsrecht sowie Treuhandrecht. 

Hier steht es ganz deutlich, die BRD hat seit Anbeginn jeden Friedensvertrag erfolgreich verhindert. So hatte der Jesuit C. Adenauer, Geheimkämmerer des Papstums auch seiner Zeit das Angebot eines Friedensvertrags nachweislich ausgeschlossen. Hiermit verstieß nicht der Zentrumsangehörige (heute CDU und SCU) als auch die Organe des Bundes und der Länder gegen den bis 1990 geltenden Art. 23 GG. Nein nun wurde offiziell dieses Ziel gänzlich aufgegeben, was die Änderungen der Präambel und des Art. 23 GG klar beweisen und von den hiesigen Aussagen gestützt wird. 

Die Bundesrepublik Deutschland, deren sogenannte Handlanger als auch die Besatzungsmächte (einschließlich ROM und dessen Eigentümer) handeln alle nur im Interesse des eigenen Selbsterhaltes auf Kosten eines auserkorenen Feindes, das deutsche Staatsvolk und den deutschen Staatskörper.

Zu gut deutsch: die BRD wird alles unterlassen, um die Deutschen und den deutschen Staat in die Freiheit und eigene Souveränität zu entlassen. Und einer der Gründe ist, weil sie euch abgrundtief hassen. Ihre vorgespielte Freundlichkeit und Zuneigung dient nur einem Zweck, als Wolf im Schafspelz sich am deutschen Volkskörper zu laben, bis zu dessen Verendung, ganz einen Parasitten gleich. So lange noch etwas zu holen ist, werden sie nicht freiwillig gehen. So machen sie es mit allen Völkern der Erde.

– Protokoll der 1. Sitzung des Bundestages (1949).

 

Die Eröffnungsrede hält Alterspräsident Löbe (SPD). Die hat es in sich. Er sagt, Deutschland habe seine nationale Souveränität aufgegeben, um Teil der Vereinigten Staaten von Europa zu werden. Sehr interessant.

 

Quelle

 

1. Sitzung.
Bonn, Mittwoch, den 7. September 1949.

Eröffnungsansprache

des Alterspräsidenten Löbe . . . . 1 B
Namensaufruf der Abgeordneten und Wahl
des Präsidenten . . . … . . . . 3 A
Dr. Adenauer (CDU) . . 3B
Reimann (KPD) 3 B
Böhm (SPD) 3 C
Dr. Köhler übernimmt das Präsidium . . 3D
Wahl der Vizepräsidenten und der
Schriftführer . … . . . . . . 3 D
Ollenhauer (SPD) 4 A
Dr. Heuss (FDP) 4 A
Dr. Seelos (BP) 4 B
Reimann (KPD) 4 B
Dr.Schmid(SPD) 4 C

Ansprache des Präsidenten Dr. Köhler . . 4 C
Bildung eines Vorläufigen Geschäftsordnungsausschusses . . . . . . . . 6 A
Bildung und Einberufung des Ältestenrats . . 6 B
Nächste Sitzung:
Renner (KPD) 6 B, 7 A
Ollenhauer (SPD) 6 C

Die Sitzung wird um 16 Uhr 5 Minuten eingeleitet mit der Ouvertüre „Weihe des Hauses“, Opus 124 von Ludwig van Beethoven.

Alterspräsident Labe: Meine Damen und Herren! Abgeordnete des Deutschen Bundestags!

Nach einem alten Brauch wird die erste Sitzung eines neuen Parlaments durch das an Jahren älteste Mitglied des Hauses eröffnet. Ich bin geboren am 14. Dezember 1875. Ich frage, ob sich ein Mitglied im Hause befindet, das zu einem früheren Termin geboren ist. — Offenbar ist das nicht der Fall.

Dann erkläre ich die erste Sitzung des Bundestags der Bundesrepublik Deutschland für eröffnet.

Meine Damen und Herren! Der Zufall hat es gefügt, daß ich als Alterspräsident vor Ihnen stehe als einer der Vertreter der alten deutschen Hauptstadt Berlin. In der Entsendung der Berliner Abgeordneten kommt der einheilige Wunsch seiner Bewohner zum Ausdruck, in dieses neue Deutschland einbezogen zu sein, und die Hoffnung, daß dieser Wunsch durch Ihre Arbeit bald seine Erfüllung finde.
(Lebhafter Beifall.)

Aber nicht minder hoffnungsvoll, ich möchte sagen, Erlösung heischend sind heute die Augen jener Millionen deutscher Landsleute auf uns gerichtet, die in den deutschen Ostgebieten wohnen und deren Vertretern Besatzungsmacht oder fremde Verwaltung gewaltsam verwehrt, mit in diesem Saale zu sitzen und mit uns zu beraten. Indem wir die Wiedergewinnung der deutschen Einheit als erste unserer Aufgaben vor uns sehen, versichern wir gleichzeitig, daß dieses Deutschland ein aufrichtiges, von gutem Willen erfülltes Glied eines
geeinten Europa sein will.
(Bravorufe und Händeklatschen.)

Ich habe dieses Bekenntnis bereits als Präsiden der Deutschen Bewegung für die Vereinigten Staaten von Europa an die Konferenz in Straßburg gerichtet und wiederhole es in dieser historischen Stunde: Uns bewegt nicht, wie es früher geschehen ist, der Gedanke an irgendeine Form von Vorherrschaft; wir wollen mit allen anderen gleichberechtigt in den Kreis der europäischen Nationen treten.
(Erneuter lebhafter Beifall.)

Meine Damen und Herren! In dem Augenblick, in dem zum ersten Male wieder freigewählte Abgeordnete eines erheblichen Teils von Gesamtdeutschland zusammentreten, um eine deutsche Regierung einzusetzen und eine neue Gesetzgebung zu beginnen, schweifen die Gedanken von uns Älteren zurück zu jener letzten Sitzung des Deutschen Reichstags in der Berliner Krolloper, der wir beiwohnten und in der durch das Hitlersche Ermächtigungsgesetz die staatsbürgerlichen Freiheiten für lange Jahre begraben wurden. Das war ein illegaler Akt, durchgeführt von einer illegalen Regierung. Der Widerstand dagegen war eine patriotische Tat.
(Lebhafte Zurufe: Sehr richtig! — Abg. Reimann: Wieviele Abgeordnete sitzen hier, die dafür gestimmt haben! — Abg. Rische: Sehr richtig!)
Die Jüngeren unter uns aber, woher sie auch kommen mögen, haben auf ihrer Reise nach Bonn von Stadt zu Stadt noch einmal, vielleicht zum ersten Male in diesem Umfang, die erschütternden Zeugen der Zerstörung gesehen, die jene Machtergreifung schließlich herbeigeführt hat, die sichtbaren Zeugen nur, denn jeder einzelne von uns weiß dabei um die geistige und seelische Verwüstung, die mit der äußerlichen in unserem Volke angerichtet worden ist. Die Alten und die Jüngeren
sind nun hier vereint in der schweren Aufgabe, an die Stelle der Trümmer wieder ein wohnliches Haus zu setzen und in den Mutlosen eine neue Hoffnung zu wecken.
Was erhofft sich das deutsche Volk von der Arbeit des Bundestags? — Daß wir eine stabile Regierung, eine gesunde Wirtschaft, eine neue soziale Ordnung in einem gesicherten Privatleben aufrichten, unser Vaterland einer neuen Blüte und neuem Wohlstand entgegenführen. Schier unüberwindlich scheinen die Hindernisse, die auf diesem Wege liegen, und ungezählte Scharen unserer Landsleute sind es, die von unserer Arbeit eine Minderung ihrer Sorge erwarten. Es stehen vor unserer Tür die Millionen der Heimatvertriebenen von jenseits der Oder-Neiße-Grenze, die Verstümmelten und Verwaisten des Krieges, die ja auch ein Opfer des Nazismus sind, jene, die in den Bombenangriffen Hab und Gut verloren, die anderen Opfer des Naziregimes und der mehrfachen Währungsmaßnahmen. Welch mühevolle, beharrliche, wohlüberlegte und welch gutwillige Zusammenarbeit wird notwendig sein, um auch nur der geringsten dieser Aufgaben Herr zu werden!

(Alterspräsident Löbe)
Meine Damen und Herren! Wir werden es nicht schaffen aus eigener Kraft allein. Wir werden — geben wir uns keinem Irrtum darüber hin — dabei noch lange der Beihilfe des Auslandes bedürfen.
Wohlgemerkt: nicht in der Form und im Sinne von Almosen, sondern für den Aufbau unserer Wirtschaft, damit wir aus eigener Arbeit die Grundlagen unserer Existenz finden. Ich habe die Zuversicht: unser arbeitsames, tüchtiges, ordnungsliebendes, leider politisch so oft irregeführtes Volk wird es schaffen!
(Lebhafte Bravo-Rufe und Händeklatschen.)


Dabei sind uns in den letzten Jahren von draußen her oft Vorhaltungen gemacht worden, weil wir das Ausmaß der Schuld noch nicht erkannt haben, das Deutschland durch den europäischen Krieg auf seine Schultern geladen, weil wir undankbar geblieben seien gegenüber der großen jahrelangen Hilfe, die uns zuteil wurde, Vorhaltungen, daß wir
uns im Gegenteil im Räsonieren über schwer tragbare Lasten erschöpfen. Wir können offen über solche Vorwürfe sprechen. Ich als Berliner Abgeordneter würde mich für besonders undankbar halten, wollte ich nicht anerkennen, in welch unerhörtem Ausmaß die westlichen Besatzungsmächte unsern Freiheitskampf unterstützt, ja Berlin vor dem buchstäblichen Hungertode gerettet haben.
(Lebhafter Beifall.)


Wir verkennen auch keinen Augenblick, daß das westliche Deutschland, dem das agrarische Hinterland zur Zeit entzogen ist, zu einem erheblichen Teil sein Leben nur hat fristen können durch die großmütig gewährten Beihilfen aus Ländern, die nicht so hart getroffen waren.
Wir erkennen das dankbar an und bestreiten auch keinen Augenblick das Riesenmaß von Schuld, das ein verbrecherisches System auf die Schultern unseres Volkes geladen hat. Aber die Kritiker draußen wollen doch eines nicht übersehen: das deutsche Volk litt unter zwiefacher Geißelung. Es stöhnte unter den Fußtritten der eigenen Tyrannen und unter den Kriegs- und Vergeltungsmaßnahmen, welche die fremden Mächte zur Überwindung der Naziherrschaft ausgeführt haben. Wessen Haus an allen Ecken brennt, der sieht zunächst die eigene Not, ehe er die Fassung gewinnt, die Lage des Nachbarn voll zu würdigen.
Es sind auch Vorwürfe erhoben worden, weil das deutsche Volk sich nicht gegen den nationalsozialistischen Terror zur Wehr gesetzt habe. Wenn ich Ihnen sage, daß allein von den 94 sozialdemokratischen Abgeordneten, die gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben, da sie sich zu jener Zeit noch in Freiheit befanden, 24 ihren Widerstand mit dem Leben bezahlt haben, (die Abgeordneten erheben sich von den Sitzen.)
wenn Sie bedenken, welche Opfer — —(Unruhe. — Zuruf rechts: Auch von anderen Parteien sind Opfer gebracht worden; wir wollen keine Rechnungen aufmachen! — Weitere Zurufe rechts und von den Kommunisten.) — Meine Herren, lassen Sie mich nur weitersprechen. Wäre nicht die Unterbrechung erfolgt, so hätte ich das sowieso erwähnt. — Wenn Sie bedenken, daß große Opfer auch von der kommunistischen Fraktion gebracht worden sind, aber auch von Mitgliedern des früheren Zentrums und von Abgeordneten bis in die Rechtsparteien hinein, dann wird sich ergeben, daß auch dieser Vorwurf nicht aufrechterhalten werden kann. Die ersten fremden Botschafter waren noch nicht aus Deutschland abberufen, da lag die Mehrzahl dieser Opfer schon auf der Bahre.
Soweit solche Anklagen Berechtigung haben, bitten wir also, diese Ursachen mit zu berücksichtigen und auch bei den noch in Gang befindlichen Maßnahmen so zu verfahren, daß der Entwicklungsgang der deutschen Demokratie nicht aufs neue aufgehalten wird.
(Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze wieder ein.)


In diesem Zusammenhang muß ich auch an das Schicksal unserer Kriegsgefangenen und verschleppten Menschen erinnern, jener unbekannten Zahl in der Fremde schmachtender, doch zumeist
unschuldiger Männer und Frauen, die schon über 5 Jahre von ihrer Heimat ferngehalten werden. (Sehr richtig! rechts.)


Das Leid der wartenden Frauen und Mütter, die die Hoffnung auf Wiederkehr ihrer Lieben nicht aufgeben können, ein Leid, das sie in tausend schlaflosen Nächten zermürbt, gehört zu jenen Grausamkeiten der Verschleppung, gegen die sich der Krieg unserer damaligen Gegner richtete, die aber immer noch fortwirken und Deutschland die innere Ruhe nicht finden lassen.
(Sehr richtig!)


Wir rufen es deshalb auch von dieser Stelle aus in die Welt: Helft diese schlimme Unmenschlichkeit beseitigen! Es genügt nicht, der Wiederkehr der mörderischen Kriege vorzubeugen — wobei zu helfen unsere erste Pflicht sein wird —, es müssen auch die schmerzlichen Reste dieser Vergangenheit endlich beseitigt werden. (Lebhafter Beifall.)


Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie uns eine Minute stillen Gedenkens all den Toten weihen, die als Opfer des Krieges von allen Völkern gefordert wurden, (die Abgeordneten erheben sich von den Sitzen)
all denen, die durch die Fortwirkung des Krieges ihr Leben verloren. (Minute des Schweigens.)


— Sie haben das Andenken geehrt; ich danke Ihnen.
Deutschland will — ich sagte es schon — ein aufrichtiges, friedliebendes, gleichberechtigtes Glied der Vereinigten Staaten von Europa werden. Wir haben im Staatsgrundgesetz von Bonn den Verzicht auf nationale Souveränitätsrechte schon im voraus ausgesprochen, um dieses geschichtlich notwendige höhere Staatengebilde zu schaffen, und werden uns auch durch Anfangsschwierigkeiten von diesem Ziel nicht abschrecken lassen.


In diesem Zusammenhang begrüße ich die Vertreter der Besatzungsmächte und aller fremden Missionen, die sich an diesem wichtigen Tage bei uns eingefunden haben.

Ich begrüße die Ministerpräsidenten der einzelnen Länder, ihre Minister
und Vertreter, vor allen Dingen die Mitglieder des Bundesrats, und bitte Herrn Ministerpräsidenten Arnold, unsern Dank all denen zu sagen, die in ungewöhnlich angestrengter Arbeit diese Räume für uns hergerichtet haben.(Lebhafter Beifall.)


Ich begrüße ferner alle auf unseren Tribünen, die als einfache Staatsbürger oder als Inhaber hoher Ämter sich in ihrem Geschick mit uns verbunden fühlen und deshalb hierhergekommen sind.
Ich begrüße auch die Vertreter der Presse, füge daran aber die Bitte, ihre Berichterstattung und ihre Kritik nicht in Sensationen und Zwischenfällen zu suchen, (sehr gut!) sondern die praktische Arbeit des Bundestags zu würdigen. (Lebhafter Beifall.)


Meine Damen und Herren! Mein letzter Appell gilt den Abgeordneten dieses Hauses selbst. Hinter uns liegt ein erbitterter Wahlkampf, dessen Formen oft das erträgliche Maß weit überschritten. (Sehr wahr! rechts.)
Mit der Fortsetzung dieser Ausbrüche ist dem deutschen Volke nicht gedient. (Sehr richtig! rechts.)


Es braucht nicht niederreißende Polemik, sondern aufbauende Tat. Wollen wir vor der deutschen Geschichte bestehen, dann müssen wir uns, ob in Koalition oder Opposition, soweit zusammenfinden, daß Ersprießliches für unser Volk daraus erwächst, (lebhafter Beifall)
damit wir uns auch die Achtung für unser deutsches Volk in der Welt draußen zurückgewinnen. —
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Arbeit mit diesem Vorsatz beginnen! (Anhaltender lebhafter Beifall.)


Wir treten numehr in die geschäftliche Tagesordnung ein. Sie haben sie vor sich: Namensaufruf der Abgeordneten und Wahl des Präsidenten.
Zur Vereinfachung unserer Arbeit möchte ich vorschlagen, daß wir diese beiden Funkte miteinander verbinden, indem wir bei der Wahl des Präsidenten, die ja in geheimer Abstimmung durch Zettel erfolgt, sowohl die Beschlußfähigkeit des Hauses feststellen als auch aus den abgegebenen Stimmen den gewählten Präsidenten bestimmen. Das wird uns einen Wahlgang ersparen, und ich glaube, es entsteht in keiner Richtung ein Nachteil daraus.
Dann erbitte ich zunächst zur Durchführung der Wahlhandlung einige Abgeordnete; vielleicht darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Schlange-Schöningen, Frau Abgeordnete Louise Albertz, Herrn Abgeordneten Dr. Dehler und Herrn Abgeordneten Seebohm bitten, hier Platz zu nehmen, damit wir in die Wahlhandlung eintreten können. Der Namensaufruf erfolgt alphabetisch. Ich bitte Herrn Abgeordneten Schlange-Schöningen, die Liste nach dem Alphabet vorzulesen.
(Abg. Dr. Adenauer: Herr Präsident, darf ich ums Wort bitten!)


— Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Adenauer!
Dr. Adenauer (CDU): Namens der Fraktion der CDU/CSU schlage ich als Präsidenten vor den Herrn Abgeordneten Dr. Köhler. (Abg. Reimann: Ich bitte ums Wort!)


Alterspräsident Löbe: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reimann.
Reimann (KPD): Ich schlage im Namen der kommunistischen Fraktion vor, zum Präsidenten zu wählen den Abgeordneten Hans Böhm, Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion und Gewerkschaftssekretär.


Alterspräsident Löbe: Sie haben die Vorschläge gehört: Hans Böhm und Dr. Köhler. Ich bitte also Herrn Schlange-Schöningen, mit dem Buchstaben A beginnend, die Liste vorzulesen. Herrn Abgeordneten Dr. Dehler bitte ich, an der Urne die Stimmzettel entgegenzunehmen und sie im Beisein des aufgerufenen Abgeordneten in die Urne zu legen.
(Abg. Böhm: Zur Geschäftsordnung!)


— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Böhm.
Böhm (SPD): Zu dem Vorschlag der kommunistischen Fraktion, meine Person zum Präsidenten zu wählen, muß ich erklären, daß ich eine derartige Wahl ablehne.
(Beifall. — Abg. Reimann: Ich wollte nur die „Opposition“ der sozialdemokratischen Fraktion unterstreichen! — Lachen und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)


Alterspräsident Löbe: Die Abstimmung beginnt mit dem Namensaufruf.
(Zuruf.)


— Die Stimmzettel brauchen in keinen Umschlag gesteckt zu werden. Die Geheimhaltung ist trotzdem garantiert. Haben Sie keine Sorge!
Der Aufruf beginnt. (Namensaufruf)


Meine Damen und Herren, wir wiederholen jetzt die Buchstaben des Alphabets, damit diejenigen Damen und Herren sich melden, welche beim Aufruf gefehlt haben. Buchstabe A. (Zuruf.)


— Dann bitte ich vorzutreten. Lisa Albrecht — der Name fehlt in unserm Verzeichnis.
(Der Aufruf des Alphabets wird fortgesetzt.)


Dann erkläre ich die Wahlhandlung für geschlossen. Ich bitte nunmehr die Schriftführer, auf der einen Seite die Zahl der abgegebenen Zettel und auf der andern Seite die Aufschriften der Zettel festzustellen und die Wahl zu kontrollieren. (Das Ergebnis wird ermittelt.)


Darf ich bitten, die Plätze wieder einzunehmen.
Es sind 402 Stimmen abgegeben worden. Das Haus ist also beschlußfähig, ja sogar vollzählig.
Bei der W a h l haben erhalten: Herr Dr. Köhler 346 Stimmen, Herr Böhm 15 Stimmen. 41 Stimmzettel waren nicht beschrieben; das sind also Stimmenthaltungen. Der Herr Abgeordnete Dr. Köhler hat somit die erforderliche absolute Mehrheit erhalten. Ich bitte ihn, meinen Platz einzunehmen. (Beifall.)


Präsident Dr. Köhler: Meine Damen und Herren!
Ich übernehme das Amt des ersten Präsidenten des ersten deutschen Bundestags der Bundesrepublik Deutschland.
Wir fahren in der Tagesordnung fort und kommen zur Wahl der Vizepräsidenten und der Schriftführer. Ehe wir zu dieser Wahl schreiten, bin ich auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung ermächtigt,
folgende Feststellung zu treffen. Es werden, heute nur der erste und der zweite Vizepräsident gewählt.


Die endgültige Zahl der Vizepräsidenten wird durch die Geschäftsordnung festgestellt. Die Schriftführer werden heute von denjenigen Fraktionen und politischen Gruppen benannt — benannt! —, die bisher noch nicht im Präsidium vertreten gewesen sind. Auf der Basis dieser Vereinbarung soll die Wahl vollzogen werden.

 

……..………….

 

 

– Geschichtlich und rechtlicher Ablauf zum RuStAG

I. Die Anfänge in den Deutschen Bundesstaaten

Ausgangspunkt der Entwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland war die Gründung des Deutschen Bundes am 8. Juni 1815. Den politischen Verhältnissen entsprechend befaßte sich hiernach freilich nicht der Bund mit der Staatsangehörigkeit, sondern jeder einzelnender nunmehr souveränen Bundesstaaten . Auf diese Weise löste die Angehörigkeit zu den Bundesstaaten als politische Gebilde die Angehörigkeit zu den Fürsten ab.

Die Entwicklung soll anhand zweier Beispiele aufgezeigt werden: Eine der ersten Regelungen erging im Jahre 1818 in Bayern; ein fortgeschrittenes Stadium repräsentiert das preußische Regelungswerk von 1842.

Das preußische Gesetz über die Untertanenschaft von 1842

Wegweisend für die weitere Entwicklung des Staatsangehörigkeitsrechts war das „Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Eigenschaft als Preußischer Untertan, so wie über den Eintritt in fremde Staatsdienste“ vom 31. Dezember 1842. Nicht nur dessen systematische Gliederung in Erwerbs- und Verlustgründe diente der Regelung einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit später als Vorbild; auch die inhaltliche Ausgestaltung blieb lange Zeit bestimmend.

a) Der Erwerb der Untertanenschaft in Bezug auf den Erwerb der Untertanenschaft durch Geburt bekannte auch Preußen sich uneingeschränkt zum Ius-sanguinis-Prinzip: „Jedes eheliche Kind eines Preußen wird durch die Geburt Preußischer Untertan, auch wenn es im Auslande geboren ist.“
Uneheliche Kinder folgen der Mutter (§ 2). Uneheliche Kinder eines preußischen Vaters erwarben die Untertanenschaft durch Legitimation (§ 3). Während Ausländerinnen durch Verheiratung mit einem Preußen ihrerseits preußische Untertanen wurden (§ 4), hatte die Adoption für sich allein diese Wirkung nicht (§ 1 a.E. ).

Die Vorschrift des § 5 ermächtigte die Landes-Polizeibehörden zur Verleihung der preußischen Untertanenschaft durch Ausfertigung einer Naturalisationsurkunde. Allerdings sollte die Eigenschaft als Preuße gemäß § 7 nur solchen Ausländern verliehen werden, welche
1.) nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimat dispositionsfähig waren,
2.) einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hatten,
3.) an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollten, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen fanden,
4.) an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhältnissen sich und ihre Angehörigen zu ernähren imstande waren, und
5.) wenn sie Untertanen eines Deutschen Bundesstaats waren, die Militärpflicht gegen ihr bisheriges Vaterland erfüllt hatten oder davon befreit worden waren.

Das Ermessen der Behörden war also eingeschränkt. Die Verwaltungspraxis engte den Anwendungsbereich der Naturalisation noch weiter ein, indem sie – entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, der schon die bloße Niederlassungsabsicht genügen ließ (Nr. 3) – von dem Ausländer verlangte, daß er sich bereits in Preußen niedergelassen hatte.

Dadurch wurden die Chancen eines dauerhaften Verbleibs verbessert. Die Regelungen in § 7 Nr. 3 und 4 zeigen das Anliegen, die Sozialkassen durch die Verleihung der Untertanenschaft nicht zu belasten.

Die Entstehung von Mehrstaatlichkeit stand der Naturalisation nicht zwingend entgegen, jedoch mußten die Bundesstaaten im Verhältnis zueinander darauf achten, daß es nicht zu Konflikten in Bezug auf die Militärpflicht kam (Nr. 5).

Die gleiche Wirkung wie eine Naturalisationsurkunde entfaltete gemäß § 6 die „Bestallung für einen in den Preußischen Staatsdienst aufgenommenen Ausländer“. Nach § 10 Satz 1 er- streckte sich die Verleihung der Eigenschaft als preußischer Untertan, die gemäß §§ 5 und 6 erfolgte, grundsätzlich zugleich auf die Ehefrau und die noch unter väterlicher Gewalt stehenden minderjährigen Kinder. Zusammen mit den anderen Erwerbsgründen (Abstammung, Legitimation und Verheiratung mit einem Preußen) wirkte diese Regelung auf eine einheitliche Angehörigkeit innerhalb der Familie hin.

——– o ——–

Das Staatsangehörigkeitsrecht im Kaiserreich

Das Gesetz über die Bundes- und Staatsangehörigkeit von 1870

Die deutsche Nationalversammlung von 1848 scheiterte in ihrem Bemühen, die deutsche Einheit zustande zu bringen und ein „deutsches Reichsbürgerrecht“ zu schaffen (vgl. § 132 der Verfassung vom 28. März 1849).

Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes am 1. Juli 1867 ging dann aber die Einführung einerBundesangehörigkeit“ einher, welche die in den einzelnen Gliedstaaten vorgefundenen Staatsangehörigkeiten überlagerte.


Lediglich zur Herstellung eines einheitlichen Rechtszustandes innerhalb des Bundes war denn auch das „Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit“ vom 1. Juni 1870 zunächst gedacht. 

Bei der Gründung des Deutschen Reiches wurde dieses Gesetz sogleich zum Reichsgesetz „befördert“.
Am 1. Januar 1871 trat es in den Staaten des Norddeutschen Bundes sowie in Württemberg, Baden und Hessen südlich des Mains in Kraft, am 13. Mai 1871 folgte Bayern nach.
Schwierigkeiten bereitete die spätere Einführung in Elsaß-Lothringen (28. Januar 1873) und auf der Insel Helgoland (1. April 1891).
Nach dem ersten Satz des vom föderalistischen Prinzip regierten Gesetzes knüpfte die Reichsangehörigkeit an die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate an (sogenanntes Vermittlungsprinzip); jene Gebiete hatten aber keine Staatsqualität und damit auch keine eigenen Staatsangehörigen.

Während diese Probleme mit mehr oder weniger überzeugenden Konstruktionen gelöst werden konnten, sprengte der Erwerb der Kolonien völlig den Rahmen des Regelungswerkes von 1870.
An der Schaffung einer unmittelbaren Reichsangehörigkeit führte hier kein Weg vorbei.

In der Sache brachte das Gesetz, das den Terminus der „Staatsangehörigkeit“ im modernen Sinne in die deutsche Rechtssprache einführte, kaum Neuerungen.
Das war aber auch nicht die Intention des Gesetzgebers.

Vielmehr galt es „einmal, das völkerrechtliche Band, das damals allein die Angehörigen der im Norddeutschen Bund zusammengeschlossenen Staaten vereinte, entsprechend den abgeschlossenen Bundesverträgen in ein staatsrechtliches Band zu verwandeln, und es handelte sich ferner darum, allen Angehörigen des Norddeutschen Bundes ein gemeinsames Indigenat dem Auslande gegenüber zu verschaffen“.

Bei der Verwirklichung dieser „große(n) nationale(n) Aufgabe“ beschränkte das Gesetz sich darauf, die Regeln wiederzugeben, die der Mehrzahl der Bundesstaaten nach den bisherigen Einzelgesetzgebungen gemeinsam waren.

Namentlich lehnte es sich unübersehbar an das preußische Regelungswerk von 1842 an, das den letzten Stand des Partikularrechts repräsentierte.

a) Der Erwerb der Staatsangehörigkeit

In § 3 sah das Gesetz zunächst den Staatsangehörigkeitserwerb durch Abstammung vor, so daß sich das Ius-sanguinis-Prinzip spätestens jetzt in ganz Deutschland durchsetzte.

Auch die Erwerbsgründe der Legitimation (§ 4) und der Verheiratung (§ 5) wurden aus Preußen übernommen.

……..

b) Der Verlust der Staatsangehörigkeit

Auch die Mehrzahl der in § 13 des Gesetzes von 1870 aufgezählten Verlustgründe ist in ihren Grundzügen bereits von Preußen her bekannt. Militärische Interessen standen einer Entlassung aus der Staatsangehörigkeit nach der Gründung eines einheitlichen Heeres freilich nicht mehr entgegen, wenn der Betreffende die Staatsangehörigkeit eines anderen Bundesstaates erwarb (vgl. § 15).

………

Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913

Nach der Errichtung des Deutschen Reiches entwickelten sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse rasant fort. Mit dieser Entwicklung konnte das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1870 auf Dauer nicht Schritt halten. Insbesondere die letzten Anknüpfungen an den Wohnsitz entsprachen nicht mehr den Anschauungen der Zeit.

Hauptkritikpunkt war der Verlustgrund des zehnjährigen Auslandsaufenthalts (§ 21). Als die Zahl derjenigen Staatsangehörigen, die aus Deutschland auswanderten, jährlich in die Hunderttausende zu gehen begann, zeigten sich die unangenehmen Begleiterscheinungen dieser Bestimmung deutlicher als je zuvor. Auswanderer, welche ihre deutsche Staatsangehörigkeit ( Reichsangehörigkeit) verloren, ohne eine neue zu erwerben, wurden vom Schicksal der Staatenlosigkeit ereilt.
Hingegen behielt seine deutsche Staatsangehörigkeit, wer eine ausländische Staatsangehörigkeit erwarb. Auch das Phänomen der Doppel- bzw. Mehrstaatlichkeit breitete sich dadurch immer mehr
aus. Weder das eine noch das andere war bei den Staaten gern gesehen. Zur Mehrstaatlichkeit bemerkte der Staatssekretär des Reichsamtes des Innern, Delbrück, in den Reichstagsverhandlungen über ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz: „(…) der Mensch kann eben nicht zween Herren dienen, und es ist unzweckmäßig, ohne zwingenden Grund – ich werde auf die Ausnahmen kommen, die unter allen Umständen empfehlenswert sind – die Zahl der Subjekts mixtes ins Ungemessene anschwellen zu lassen“. 

Hinzu kam, daß der Auswanderung jetzt nicht mehr dieselbe Bedeutung beigemessen wurde wie früher. Hatte sie um 1870 noch – nicht zuletzt wegen der räumlichen Distanz – als unumkehrbar gegolten, so herrschte nun die Auffassung vor, daß die Beziehungen zum Vaterland im Ausland keineswegs abgebrochen werden müßten. Dies lag zum einen an den verbesserten technischen Möglichkeiten, in Kontakt mit der Heimat zu bleiben (Transportwege, Briefverkehr, Presse etc.).
Vor allem aber zeichnete das zwischenzeitlich erstarkte Nationalgefühl für den Wandel der Anschauungen verantwortlich. Zitat Staatssekretär Delbrück: „Das `civis Germanus sumí` hat aufgehört, ein leeres Wort zu sein. (…)

Das Bewußtsein, ein Deutscher zu sein, erschöpft sich nicht mehr in einem Bündel sentimentaler Erinnerungen“.

Dazu stand es in eklatantem Widerspruch, daß die Entscheidung über Verlust oder Fortbestand der Staatsangehörigkeit im Ausland von einer bloßen Formalität (Eintragung in die Matrikel eines Bundeskonsulats) abhing. Die Entwicklung entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Dadurch, daß das Gesetz von 1870 seine „große nationale Aufgabe“ erfüllte, büßte es seine Geltungsberechtigung teilweise auch wieder ein. Die nationale Einheit, die zur Zeit der Reichsgründung noch in den
Kinderschuhen gesteckt und daher eine behutsame Behandlung erfordert hatte, war inzwischen so gefestigt, daß sie nun sogar über territoriale Grenzen hinweg gepflegt werden konnte.

Diese Aufgabe fiel dem „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“ vom 22. Juli 1913 297 (RuStAG) zu, welches am 1. Januar 1914 in Kraft trat und bis zur Reform im Jahre 1999 – wenn auch mit zahlreichen Änderungen im Detail – die Hauptquelle des Staatsangehörigkeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland bilden sollte.

Die Grundausrichtung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts blieb weiterhin unangetastet.

Nicht zufällig fiel die Neuregelung aber mit einer Reform des Reichsmilitärgesetzes sowie des „Gesetzes, betreffend Änderungen der Wehrpflicht“ zusammen, begründete sie doch auch einen engeren Zusammenhang zwischen Militärdienst und Staatsangehörigkeit. Der Gedanke einer Verbindung von Staatsangehörigkeit und Wehrpflicht geht zurück auf die Französische Revolution, welche die Vaterlandsverteidigung zu einer Grundpflicht des Bürgers er-hob (Art. 9 der
Revolutionsverfassung von 1795).

a) Der Erwerb der Staatsangehörigkeit

An der ausschließlichen Geltung des Ius-sanguinis-Prinzips änderte sich – entgegen ursprünglicher Befürchtungen der Regierung – durch die Neufassung des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 1913 nichts. Dem lag eine ganz bewußte Entscheidung gegen das ius soli zugrunde. Sämtliche Anträge auf dessen Einführung – selbst einer, der nur eine abgeschwächte Form des Gebietsgrundsatzes
befürwortete – wurden in den Beratungen des Gesetzes verworfen, da sie den herrschenden Vorstellungen von der Zusammensetzung des deutschen Volkes fundamental widersprachen.

Das Staatsangehörigkeitsrecht in der Weimarer Republik

Die Regelung von 1913 erweckt in mancherlei Beziehung den Anschein, sie sei „auf den Kriegsfall geradezu zugeschnitten“ gewesen. Jedoch fehlen verläßliche Angaben darüber, inwieweit der deutsche Kaiser von den ihm eingeräumten Befugnissen – insbesondere von der Möglichkeit, sich im Ausland befindende Deutsche unter Androhung des Staatsangehörigkeitsverlustes zur Rückkehr aufzufordern (damals § 27 RuStAG) – dann im Ersten Weltkrieg Gebrauch machte.

Wichtiger ist denn auch die Erkenntnis, daß das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht aus einem so einschneidenden Ereignis wie dem Ersten Weltkrieg nahezu unverändert hervorging:

Für die Regelung der Staatsangehörigkeit verwies die Weimarer Reichsverfassung in Art. 110 Abs. 1 auf ein Reichsgesetz. Bei diesem Gesetz handelte es sich nach wie vor um das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913.

Allerdings bekam das Staatsangehörigkeitsrecht einen neuen Wirkungskreis. Der am 10. Januar 1920 in Kraft getretene Friedensvertrag von Versailles und die später mit den Erwerberstaaten geschlossenen Staatsangehörigkeits- und Optionsabkommen enthielten zahlreiche Bestimmungen über Staatsangehörigkeitsfragen im Zusammenhang mit Gebietszessionen. Infolge dessen verlor Deutschland nicht nur große Gebiete an die alliierten und assoziierten Mächte sowie an neu entstandene Staaten, sondern auch sechs Millionen Staatsangehörige und seine gesamte Kolonialbevölkerung.

Der Versailler Vertrag verbot zudem die allgemeine Wehrpflicht. Alle darauf bezogenen
Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (§§ 22, 26, 32) wurden dadurch
gegenstandslos.

In der Weimarer Republik zeichnete sich auch schon ab, in welchen Punkten sich die
Grundkonzeption des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts in Zukunft einer Reform nicht würde entziehen können. Zu nennen sind hier zum einen verschiedene Anläufe, an Stelle der bisherigen Konstruktion von Reichs- und Landesangehörigkeit eine einheitliche unmittelbare Reichsangehörigkeit zu setzen.
Die Realisierung dieses Vorhabens ließ freilich noch einige Zeit auf sich warten.

Analyse: Überkommene Prinzipien des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts

Das Ius-sanguinis-Prinzip

Kein anderes Prinzip ist so signifikant für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht wie das Ius-sanguinis-Prinzip. Seit eh und je wird die Staatsangehörigkeit in der Familie „ weitervererbt“.
Nicht einmal ergänzend dazu tritt das ius -soli in der Geschichte des
Staatsangehörigkeitsrechts in Erscheinung. Vielmehr lehnte der Gesetzgeber eine
Anknüpfung an den Geburtsort bis zuletzt ganz bewußt.
Der Grundsatz staatsangehörigkeitsrechtlicher Familieneinheit Unübersehbar prägt ferner das Bemühen des Gesetzgebers, eine einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie herzustellen und zu bewahren, die Geschichte des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem Abstammungsgrundsatz ist dafür nur ein Beispiel.

Das Staatsangehörigkeitsrecht unter dem NS-Regime

In der Zeit von 1933 bis 1945 verkam das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht zum Spielball der nationalsozialistischen Rassenideologie. Geradezu pervertiert wurde dabei die eigentliche Aufgabe der Staatsangehörigkeit, ein festes, dauerhaftes Band zwischen Staat und Individuum zu statuieren.
Das NS-Regime setzte das Staatsangehörigkeitsrecht gezielt dazu ein, „unerwünschte“ Personen loszuwerden, indem es das Band der Staatsangehörigkeit zu ihnen willkürlich zerschnitt. Zahlreiche Gesetze und Verordnungen aus jener Zeit zeugen von dieser Vorgehensweise. Zwar sind die meisten davon längst außer Kraft getreten. Wegen ihrer ideologischen Einfärbung können sie auch nicht als traditionsbildender Bestandteil der Geschichte des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts angesehen werden . Indirekt hat der Umgang der Nationalsozialisten mit der Staatsangehörigkeit aber großen Einfluß auf die heutige Gestalt des Staatsangehörigkeitsrechts gehabt. So sind die Normen des Grundgesetzes, die von der Staatsangehörigkeit handeln, fast ausnahmslos als Reaktion auf die NS-Zeit zu verstehen. Daher sollen auch die nationalsozialistischen Maßnahmen auf dem Gebiet des Staatsangehörigkeitsrechts an dieser Stelle kurz skizziert werden, ohne daß dabei der Anpruch auf Vollständigkeit erhoben würde.
Systematische Konsequenzen für das Staatsangehörigkeitsrecht zeitigte der Übergang der
Nationalsozialisten zum Einheitsstaat. In § 1 Abs. 1 verfügte die Verordnung vom 5. Februar 1934 die Aufhebung der Staatsangehörigkeit in den Ländern. Folgerichtig bestimmte die Vorschrift des § 1 Abs. 2: „Es gibt nur noch eine deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit)“.

Seitdem hat das Vermittlungsprinzip ausgedient.

Trotz der Wiederherstellung der föderalistischen Ordnung ist es auch unter dem Grundgesetz nicht mehr reaktiviert worden.

Nicht minder bedeutsam ist das „Reichsbürgergesetz“ vom 15. September 1935.
Als Sonderkategorie innerhalb der Staatsangehörigkeit führte dieses Gesetz die „Reichsbürgerschaft“ ein, die allein gemäß § 2 Abs. 3 in Zukunft die vollen politischen Rechte vermitteln sollte, und beraubte die Staatsangehörigkeit so einer ihrer wichtigsten Funktionen: der – im positiven Sinne zu verstehenden – Nivellierungsfunktion. Nichtarier konnten nicht Reichsbürger sein (§ 2 Abs. 1 Reichsbürgergesetz).

Das Interim zwischen 1945 und 1949

Auf den Zweiten Weltkrieg folgte eine Übergangsphase, in der das Deutsche Reich mangels staatlicher Organe handlungsunfähig war. Nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 und der Verhaftung der Regierung Dönitz in Flensburg am 23. Mai 1945 übernahmen die vier Siegermächte die Regierungsgewalt.

Für „Deutschland als Ganzes betreffende Maßnahmen“ war fortan der Alliierte Kontrollrat zuständig.

Auf dem Gebiet des Staatsangehörigkeitsrechts zählten dazu alle legislatorischen Maßnahmen, während Einzelakte von den deutschen Behörden mit Zustimmung der jeweiligen Besatzungskommandanten bzw. der Berliner Kommandantur erlassen wurden.

Die deutsche Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut berührten diese Ereignisse freilich nicht.

Lediglich die nationalsozialistische Gesetzgebung wurde in Teilen korrigiert.

So hob der Alliierte Kontrollrat unter anderem das Reichsgesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 sowie das Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 und sämtliche auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen durch das Gesetz Nr. 1 vom 20. September 1945 auf.

Nach dem Auszug der sowjetischen Vertreter am 20. März 1948 stellte das Gremium seine Tätigkeit aber auch schon wieder ein. Durch das Gesetz Nr. 12 vom 17. November 1949 erklärte die Alliierte Hohe Kommission dann noch die zwangsweise Übertragung der deutschen Staatsangehörigkeit auf französische und luxemburgische Staatsangehörige durch das nationalsozialistische Regime für von Anfang an nicht.

Auch die Bildung der Länder nach dem Zweiten Weltkrieg hat auf das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht keine Auswirkungen gehabt.

Die Entwicklung unter dem Grundgesetz

Das Grundgesetz knüpft an verschiedenen Stellen an die Staatsangehörigkeit an,
regelt sie aber selbst kaum.
Vielmehr setzt es eine Regelung im einfachen Recht voraus.
Hier galt auch unter dem Grundgesetz lange Zeit das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz fort.
Das höherrangige Recht hat eine Reihe von Änderungen des aus dem Jahre 1913 stammen- den Gesetzes erforderlich gemacht. Im großen und ganzen haben die Schöpfer des Grundgesetzes jedoch in bemerkenswerter Manier die Kontinuität des Staatsangehörigkeitsrechts gewahrt.
Bevor die Bedeutung der Änderungen für die überkommenen Prinzipien des Staatsangehörigkeitsrechts untersucht wird, soll daher erst einmal ein Blick auf die Hintergründe dieser Kontinuität geworfen werden.

Die Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit

Im ursprünglichen Konzept des Grundgesetzes spielte die Staatsangehörigkeit eine wesentliche Rolle, die mit der „Offenhaltung eines personalen Bandes“ zwischen dem Ost- und dem Westteil Deutschlands treffend umschrieben worden ist.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG ging das Grundgesetz selbst – und „nicht nur eine These der Völkerrechtslehre und der Staatsrechtslehre!“ – davon aus, daß das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hatte und weder mit der Kapitulation noch auf Grund der Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen war.

Dies ergab sich aus der Präambel sowie aus Art. 23, 116 und 146 GG, sprich aus all jenen Passagen, die von den „Deutschen“, dem „deutschen Volk“ oder den „deutschen Staatsangehörigenhandelten, und nicht etwa von einem Volk oder von Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland.

Die Grundentscheidung des Parlamentarischen Rates bestand demnach darin, mit der Bundesrepublik Deutschland keinen neuen westdeutschen Staat zu gründen, sondern lediglich einen Teilbereich des fortbestehenden gesamtdeutschen Staates zu reorganisieren.

Die Bundesrepublik Deutschland war auch nicht Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches.

Sie war mit dem Deutschen Reich identisch, wobei sich ihre Hoheitsgewalt staatsrechtlich allerdings auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkte, so daß in bezug auf die räumliche Ausdehnung zunächst nur von einer „Teilidentität“ die Rede sein konnte. In dem anderen Teil Deutschlands wurde die Deutsche Demokratische Republik errichtet.

Gleichzeitig fühlte die Bundesrepublik sich aber für das ganze Deutschland verantwortlich, im Sinne eines „Repräsentanten“, der die Interessen des Gesamtstaates wahrnimmt, solange dieser selbst nicht dazu in der Lage ist.

Die Deutsche Demokratische Republik wurde daher nie als Ausland angesehen.

Die Ausdrücke „Staatsangehörigkeit im Bunde“ (Art. 73 Nr. 2 GG) und „Staatsangehörigkeit in den Ländern“ (Art. 74 Nr. 8 GG) dienten allein zur Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern; dazu schon oben, N 342. – Besonders deutlich illustriert die Entstehungsgeschichte des Art. 16 Abs. 1 GG (dazu im einzelnen unten, Dritter Teil D. II. 3.b)) den
Bedeutungszusammenhang: Nachdem in den Beratungen zu dieser Vorschrift
zunächst eine Fassung kursierte, in der von einer „Staatsangehörigkeit des Bundes“ die Rede war, ersetzte der Grundsatzausschuß des Parlamentarischen Rates die Bezeichnung auf Vorschlag des Abgeordneten Bergsträßer später durch „ die deutsche Staatsangehörigkeit“.

Bergsträßer begründete die Änderung wie folgt: „Da wir die Verfassung für Deutschland machen – nach einem Satz unserer Präambel – wollen wir sagen: „die deutsche Staatsangehörigkeit“. Wir machen doch eine Verfassung, zu der wir die anderen Deutschen einladen.; JöR N. F. Bd. 1 (1951), S. 16

374 Bernhardt, in: HStR I, ß 8, Rn. 32 ff. weist in diesem Zusammenhang auf einen seiner Ansicht nach unauflösbaren Widerspruch in der Rechtsprechung des BVerfG hin:
Einerseits soll das Deutsche Reich (nur) aus dem Grund handlungsunfähig gewesen sein, daß es keine eigenen Organe hatte.
Andererseits soll die Bundesrepublik Deutschland mit ihm identisch gewesen sein.
Die Bundesrepublik verfügte aber zweifellos über Organe, die demnach eigentlich auch Organe des Deutschen Reiches hätten sein müssen.

Der Schlüssel zum Verständnis dürfte in der vom BVerfG verwendeten Figur der Teilidentität liegen. Denkbar ist schließlich, daß ein Teil des Deutschen Reiches (als Bundesrepublik Deutschland) handlungsfähig geworden ist und diese Handlungsfähigkeit im Sinne des übergreifenden Ganzen eingesetzt hat, ohne daß dadurch das Deutsche Reich „als Gesamtstaat“ Handlungsfähigkeit erlangt hätte.

Dem stand die – wie auch immer zu bewertende – Existenz der Deutschen Demokratischen Republik entgegen, die nicht gewillt war, als „Organ“ Gesamtdeutschlands zu fungieren.
Das Szenario erinnert an mögliche Konflikte in einem föderalistisch organisierten Staat: Die Handlungsfähigkeit eines Bundeslandes macht noch keine Handlungsfähigkeit des Bundesstaates aus, wenn die anderen Bundesländer nicht „mitmachen“ und dem Bundesstaat die Mittel fehlen, diese zu disziplinieren. Allerdings leugnet Bernhardt, daß eine „Teilidentität“ überhaupt Sinn macht.

Der Bundesrepublik waren insoweit die Hände gebunden. Wenn das Grundgesetz vom Fortbestand des (gesamt-)deutschen Staates und damit des (gesamt-)deutschen Staatsvolkes ausging, so verfolgte es damit das Ziel, eines Tages eine Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands durchzuführen. Das Wiedervereinigungsgebot war in der Präambel verankert.

Aus dem Wiedervereinigungsgebot leitete das BVerfG auch das Gebot ab, alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung hätte vereiteln können (sogenanntes Wahrungsgebot).
Danach war es der Bundesrepublik Deutschland strengstens untersagt, auf „einen Rechtstitel (eine Rechtsposition) aus dem Grundgesetz“ zu verzichten, mittels dessen (derer) sie auf die Verwirklichung der Wiedervereinigung und der Selbstbestimmung des deutschen Volkes hätte hinwirken können.

In diesem Zusammenhang erlangte die Staatsangehörigkeit besondere Bedeutung.

Deswegen war es so wichtig, den Fortbestand des einen deutschen Volkes durch die Staatsangehörigkeit zu dokumentieren und in den Köpfen der Menschen wach zu halten.

Wie gut der Bundesrepublik dies gelungen war, zeigte sich im Herbst 1989, als in Dresden, Berlin und Leipzig hunderttausendfach der Ruf erklang: „Wir sind das Volk“, und bald darauf: „Wir sind ein Volk“.

Das BVerfG verstand die Staatsangehörigkeit als rechtlichen Hebel zur Förderung der Wiedervereinigung und Selbstbestimmung des deutschen Volkes.
Das Wahrungsgebot verlangte danach, die Staatsangehörigkeit auch rechtlich zu verwirklichen.

Daß die Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland räumlich beschränkt war, hinderte sie zwar daran, einen Bürger der Deutschen Demokratischen Republik in Obhut zu nehmen, solange er sich im Ostteil Deutschlands auf hielt.
Sobald er aber irgendwie in den Schutzbereich der Bundesrepublik gelangte, hatte er gemäß Art. 116 Abs. 1 und Art. 16 GG einen Anspruch darauf, wie jeder Bürger der Bundesrepublik als Deutscher behandelt zu werden, d. h. er genoß den vollen Schutz der Gerichte und alle Garantien der Grundrechte des Grundgesetzes (vor allem auch der Deutschenrechte).

Deutsche im Sinne des Grundgesetzes waren eben nicht nur die Bürger der Bundesrepublik Deutschland.

Auf Grund der Rechtsprechung des BVerfG stellte sich alsbald auch die Frage, wie mit den Fällen umzugehen sei, in denen formal nur noch die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erworben wurde.

Das BVerwG sah keinen Anlaß dazu, diesen Erwerb als Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit anzuerkennen, wenn er nicht im Einklang mit den Erwerbsregeln des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes stand.

Daher maß das Gericht dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland
in den Grenzen des „ordre public“ die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit bei.

Auf eine Entsprechung der Erwerbsregel im Recht der Bundesrepublik kam es ihm dabei grundsätzlich nicht an.

Staatsangehörigkeitsrechtliche Verlustgründe der Deutschen Demokratischen Republik führten hingegen nicht zum Verlust Demokratischen Republik führten hingegen nicht zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, da das Wahrungsgebot dies nicht erforderte.

Der Status des Deutschen ohne Staatsangehörigkeit, Art. 116 Abs. 1 GG
In Art. 116 Abs. 1 GG wird der Begriff des Deutschen definiert:
Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“.

Die Besonderheit dieser Definition besteht darin, daß sie nicht allein auf die Staatsangehörigkeit rekurriert. Andernfalls hätte man auf eine ausdrückliche Regelung wohl ganz verzichtet.

Als weiteren Anknüpfungspunkt für die Deutscheneigenschaft nennt die Vorschrift des Art. 116 Abs. 1 GG die deutsche Volkszugehörigkeit der Flüchtlinge und Vertriebenen, soweit sie im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937, d. h. vor den Annexionen unter Hitler Aufnahme gefunden haben.

Damit wird ein Status begründet, der unabhängig von der deutschen Staatsangehörigkeit ist.

Die betroffenen Personen werden gemeinhin als „Statusdeutsche“ bezeichnet.
Sie sind den deutschen Staatsangehörigen weitgehend gleichgestellt.

Warum aber ist die Spezialregelung des Art. 116 Abs. 1 GG dann überhaupt in das Grundgesetzeingefügt worden?

Hintergrund war die besondere Nachkriegssituation. Flüchtlinge und Vertriebene, die in großer Zahl nach Deutschland kamen, besaßen vielfach nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Wiedergutmachung der Zwangsausbürgerungen, Art. 116 Abs. 2 GG

Art. 116 Abs. 2 GG beinhaltet eine Regelung für die Personen, denen die deutsche Staatsangehörigkeit in der NS-Zeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen wurde.
Dies betrifft vor allem das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 sowie die 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941.

Der Schutz des Bestandes der deutschen Staatsangehörigkeit, Art. 16 Abs. 1
Systematik und Regelungsgehalt.

Da die Entstehungsgeschichte des Art. 16 Abs. 1 GG sich relativ kompliziert ausnimmt, soll an dieser Stelle noch ein kurzer Überblick über Systematik und Regelungsgehalt der Endfassung gegeben werden.

Die Vorschrift enthält zwei Verbürgungen der deutschen Staatsangehörigkeit: einen absoluten Schutz vor der Entziehung (erster Satz) und einen eingeschränkten Schutz vor dem Verlust (zweiter Satz).

Hinsichtlich des Verlustes kann weiter danach differenziert werden, ob der Betroffene dadurch staatenlos würde oder nicht. Ist dies der Fall, so steht der Verlust gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG unter dem Vorbehalt, daß der Betroffene damit einverstanden ist.

 
Unabhängig davon muß der Verlust „auf Grund eines Gesetzes“ eintreten.
Diese Formulierung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG stellt nach allgemeiner Ansicht ein Redaktionsversehen dar. Insoweit besteht Einigkeit, darf der Verlust nicht unbedingt einen Akt der Exekutive voraussetzt, sondern auch unmittelbar an die Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes anschließen kann.

Art. 16 Abs. 1 GG hat Grundrechtscharakter mit allen daraus folgenden Konsequenzen: Die Vorschrift statuiert ein subjektives Abwehrrecht im Sinne des status negativus und hat zugleich – wie jedes andere Grundrecht auch – teil an der objektiven Wertordnung des Grundgesetzes.

Auswirkungen des Grundgesetzes auf die Überkommenen Prinzipien des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts

Das Ius-sanguinis-Prinzip

Das Grundgesetz tastete das hergebrachte Prinzip des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt nicht an.

Im Gegenteil: In Art. 116 Abs. 1 und 2 GG bestätigte es die Geltung des Ius-sanguinis-Prinzips im einfachen Recht.
Offenbar richtet es sich in diesen Sonderregelungen an dem vorgefundenen Rechtszustand aus.
So erstreckt sich der Status des Deutschen ohne Staatsangehörigkeit nach dem ersten Absatz des Art. 116 GG auf die Abkömmlinge der Flüchtlinge oder Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden haben.

Nach dem zweiten Absatz der Bestimmung erfaßt der Wiedereinbürgerungsanspruch auch die Abkömmlinge der zwangsausgebürgerten Deutschen. Beide Rechtspositionen werden also ebenso in der Familie „weitervererbt“ wie die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts von 1999

Freilich kam die Reform nicht von heute auf morgen. Reformbestrebungen gab es schon seit geraumer Zeit, nur waren sie bis dahin allesamt gescheitert. Die Gründe dafür haben die Gestalt, welche das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht schließlich im Jahre 1999 erhalten hat, nachhaltig beeinflußt. Daher lohnt es sich, zunächst diejenigen Reformansätze zu betrachten, die nicht verwirklicht worden sind.

Die Reformbestrebungen von 1989 bis 1998

Reformbestrebungen grundlegender Art setzten danach erst wieder ein, als die Wiedervereinigung bereits in greifbare Nähe gerückt war. Von 1989 bis 1998 standen sich im wesentlichen zwei Positionen gegenüber, deren Gegensätzlichkeit das Zustandekommen einer Reform verhinderte: der Standpunkt der Opposition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf der einen sowie der Standpunkt der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP auf der anderen Seite.

Der Standpunkt der Opposition

aa) Erleichterung der Einbürgerung

Die mit der Änderung des Ausländergesetzes zu Beginn der 90er Jahre verbundene Erleichterung der Einbürgerung ging nicht so weit, wie die Opposition es gerne gesehen hätte.

bb) Einführung des ius soli

Neben einer Erleichterung der Einbürgerung strebte die Opposition auch eine Einführung des Ius-soli-Prinzips in das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht an. Das Ius-sanguinis-Prinzip, das den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt bis dato ausschließlich geregelt hatte, sollte dadurch zwar nicht verdrängt, aber wenigstens ergänzt werden. Zwei unterschiedliche Varianten des ius soli kristallisierten sich dabei heraus.

Das Zustandekommen der Reform im Jahre 1999

Mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte zur 14. Legislaturperiode bot sich den vormaligen Oppositionsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen plötzlich die Gelegenheit, ihre lange Zeit vergeblich gehegten Reformvorhaben endlich zu realisieren. Diese Gelegenheit ergriffen sie sogleich beim Schopfe. Weder bei der anvisierten Erleichterung der Anspruchseinbürgerung nach §§ 85 ff. AuslG noch bei der Einführung des Ius-soli-Prinzips nahm ein von Bundesinnenminister Otto Schily am 13. Januar 1999 geradezu blitzartig vorgelegter Arbeitsentwurf Rücksicht auf den Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit. Nach dem Stillstand der letzten Jahre sollte der Entwurf vor allem Handlungsfähigkeit demonstrieren. Aussicht auf Erfolg hatte er freilich nicht. Zu groß war der Widerstand in der Bevölkerung. Mit Blick auf den hessischen Landtagswahlkampf initiierte die CDU eine Unterschriftenkampagne gegen die Hinnahme von Mehrstaatlichkeit. Die
Resonanz auf diese Kampagne wurde allgemein als (mit-)entscheidend für den anschließenden Wahlsieg der Partei angesehen.

B. Ziel der Reform

Für die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 1999 gab es im wesentlichen zwei Gründe:
Vermeintlichen Reformdruck erzeugte zunächst das hohe Alter des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes. Schon allein die Tatsache, daß dessen Gestalt sich seit 1913 kaum verändert hatte, genügte in den Augen vieler, um eine „Modernisierung“ des Rechtsgebiets zu rechtfertigen.
Auch im europiischen Vergleich galt das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz
als anachronistisch.
Stein des Anstoßes war insbesondere das Ius-sanguinis-Prinzip.
Vom deutschen „Blutrecht“, das noch immer einem Nationalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts huldige, obwohl die Geschichte doch längst eines Besseren belehrt habe, war da – nicht ohne ein gerüttelt Maß Polemik – die Rede.
Als Relikt vergangener Tage gehöre das an der Abstammung orientierte Denken endgültig über Bord geworfen.

Das Bemühen des Reformgesetzgebers, alte Zöpfe des Staatsangehörigkeitsrechts abzuschneiden, ist schon an der Überschrift abzulesen:
Statt „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“ heißt es dort nunmehr schlicht
„Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)“. Allerdings ist das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz durch die Reform nicht abgeschafft, sondern lediglich abgeändert worden.

Insbesondere die Erwartung, alle die Staatsangehörigkeit betreffenden Vorschriften werden endlich in einem Gesetz konzentriert werden, hat der Gesetzgeber enttäuscht: Auch nach der Reform bleibt es bei der teilweisen Verlagerung der Einbürgerungsvorschriften in das Ausländergesetz.

Die Änderungen betreffen vor allem die Regelungen des Erwerbs der Staatsangehörigkeit durch Geburt und des Verlusts der Staatsangehörigkeit. Eine völlig neue Gestalt hat zudem der Einbürgerungsanspruch in den §§ 85 ff. AuslG 1999 erhalten. Im Übrigen diente das Staatsangehörigkeitsreformgesetz dazu, alte Regelungen an die neue Rechtslage anzupassen.

Während einige Folgeänderungen anderer Gesetze nichtig waren, hat die Reform die Staatsangehörigkeitsverordnungen vom 5. Februar 1934 und vom 20. Januar 1942 gänzlich hinfällig gemacht und folglich außer Kraft gesetzt.

– Besetzung des deutschen Staates (Deutsches Reich)

 

 

immer wieder trifft man auf Gruppen oder Einzelpersonen, die behaupten das Deutsche Reich sei nie besetzt worden bzw. gewesen.

Die folgende Aussage des Deutschen Kaisers ist nur einer der Beweise, dass eben nicht sogenannte „Putschisten“ durch einen Putsch die Macht übernommen hatten, wie immer wieder gerne behauptet, sondern die Hoheitsrechte des Deutschen Reiches mit dem Waffenstillstandsabkommen vom 11. 11. 1918 auf die Fremdmächte übergingen. Erst war es „nur“ eine rein militärische Besetzung durch Soldaten der feindlichen Heere, später ging die Besetzung durch Übertragung auf den Völkerbund über. Und von da auf die UN, wo heute demzufolge die Feinstaatenklausel entsprechend fort gilt, ungeachtet aller Relativierungsversuche.

(Quelle: Berthold Otto – Wilhelm II. und wir. Seite 104)

– Merkblatt zum Staatsangehörigkeitsausweis und -verfahren

Hier ist es empfehlenswert, die Worte die hier benutzt und entsprechend markiert wurden im Vollsinn zu verstehen.

So kann man auch am Inhalt erkennen, dass dieses Verfahren als auch der Staatsangehörigkeitsausweis eben nicht mit einer angeblichen „Deutschen Staatsangehörigkeit“ eines Herrn A. Hitler 1934 durch eine Verordnung eingeführt zu tun hat und haben kann! Denn hier wird klar Bezug genommen auf die Auswirkungen zweier Weltkriege sowie die Prüfung sich bis auf das Jahr 1914 zurück erstreckt.

Bekanntlich gab es kein „Drittes Reich“ zum 1. WK, als auch nicht 1914.

Wir danken dem Landkreis, für einen dieser tollen Beweise!!!

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Merkblatt zum Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit
– für Personen, die im Ausland leben –

1. Was ist das Feststellungsverfahren?

Im Verfahren zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit prüft das Bundesverwaltungsamt, ob Sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Es wird dabei geprüft, wann und wodurch Sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und ob Sie die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren haben.
Kann die deutsche Staatsangehörigkeit festgestellt werden, wird Ihnen als Nachweis ein Staatsangehörigkeitsausweis ausgestellt.

2. Was muss ich tun, wenn ich einen Feststellungsantrag stellen möchte?

Sie können Ihren Antrag direkt beim Bundesverwaltungsamt stellen. Wenn Sie ihn bei der für Sie zuständigen deutschen Auslandsvertretung einreichen, wird diese den Antrag an das Bundesverwaltungsamt weiterleiten.
Bitte verwenden Sie den vom Bundesverwaltungsamt bereitgestellten Antragsvordruck.
Sollten Sie Hilfe benötigen, wenden Sie sich bitte an die zuständige deutsche Auslandsvertretung.
Dort werden Sie auch persönlich beraten.

3. Welche Vordrucke gibt es?

Antrag F: Antragsvordruck für Personen ab 16 Jahre Minderjährige ab 16 Jahre werden in Fragen der Staatsangehörigkeit Volljährigen gleichgestellt; sie geben alle Erklärungen selbst ab.
Antrag F_K: Antragsvordruck für Kinder unter 16 Jahren
Der Antrag ist von allen sorgeberechtigten Personen als gesetzliche Vertreter zu unterzeichnen.
Anlage_V: für Angaben zu deutschen Vorfahren
Ergänzungsbogen bei Ableitung der deutschen Staatsangehörigkeit durch Abstammung bzw. Adoption.
Vollmacht: zur Bevollmächtigung einer anderen Person
Alle Vordrucke erhalten Sie über die Internetseite des Bundesverwaltungsamtes:
www.bundesverwaltungsamt.de, dort: Staatsangehörigkeit > Feststellung beantragen > Staatsangehörigkeitsausweis Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 2 von 9

4. Wie ist der Antrag auszufüllen?

Füllen Sie den Antragsvordruck deutlich, sorgfältig, vollständig und in deutscher Sprache aus. Wir empfehlen, den Antrag direkt am PC, Smartphone oder Tablet auszufüllen und erst dann auszudrucken. Auch weiterer Schriftwechsel mit dem Bundesverwaltungsamt ist in deutscher Sprache zu führen.
Nachfolgend werden einzelne Punkte der Antragsvordrucke F und F_K erläutert. Sollten darüber hinaus Fragen bestehen, lassen Sie sich von der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beraten.

Abschnitt 4: „Zuständige deutsche Auslandsvertretung“

Geben Sie Ihre zuständige deutsche Auslandsvertretung auch dann an, wenn Sie den
Antrag über eine bevollmächtigte Person oder direkt beim Bundesverwaltungsamt
einreichen.

Abschnitt 5: „Meine deutsche Staatsangehörigkeit“ (im Antrag F_K Abschnitt 6)
Zu den einzelnenwichtigsten Erwerbsgründen der deutschen Staatsangehörigkeit
wird auf die Übersicht am Ende des Merkblattes (Anhang) verwiesen.
„Sonstige Erwerbsgründe“ erläutern Sie bitte unter „sonstiges“ oder auf einem gesonderten Papier. Gleiches gilt, wenn Ihnen nicht bekannt ist, wie Sie die deutsche
Staatsangehörigkeit erworben haben, aber z. B. immer als Deutscher behandelt wurden.
Wenn Sie die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung (auch Legitimation)
oder Adoption von Ihren deutschen Eltern (oder einem deutschen Elternteil) bzw.
Adoptiveltern erworben haben, ist ergänzend die Anlage V auszufüllen [siehe hierzu
5. „Anlage V (Vorfahren) – Was muss ich beachten?“].

Abschnitt 6: „Weitere Angaben zu meiner deutschen Staatsangehörigkeit“
(im Antrag F_K Abschnitt 7) Anzugeben sind Staatsangehörigkeitsausweise, die als Einzelausweis für Sie selbst oder als gemeinschaftlicher Ausweis mit Ihren Eltern (auch von einer anderen deutschen Behörde) ausgestellt wurden.
Gleiches gilt, wenn für Sie bereits deutsche Passdokumente ausgestellt wurden (z. B.
Reisepass, Personalausweis, Kinderausweis, Diplomatenpass).
Sofern Sie bereits ein Verfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in
Deutschland durchgeführt haben, machen Sie hier zur Unterstützung der Bearbeitung
Angaben. In Kenntnis des Aktenzeichens und der durchführenden Behörde kann das
Bundesverwaltungsamt die damaligen Verfahrensakten beiziehen und die dort vor-handenen Urkunden und Unterlagen nutzen. Diese Dokumente müssten Sie dann
nicht noch einmal einreichen.
Es ist jedoch möglich, dass aufgrund datenschutzrechtlicher Aufbewahrungsfristen
die Altakten nicht mehr vorhanden oder Unterlagen durch Zeitablauf nicht mehr beweiskräftig sind. Solche Unterlagen werden von uns nachgefordert.
Abschnitt 7: „Frühere Staatsangehörigkeiten“ (im Antrag F_K Abschnitt 8)
Es sind hier nur die Staatsangehörigkeiten anzugeben, die Sie aktuell nicht mehr besitzen, aber früher einmal besessen haben.
Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 3 von 9
Beispiel: Sie haben diese Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung in einem anderen
Staat verloren. Geben Sie den Zeitraum, währenddessen Sie die frühere Staatsangehörigkeit besessen haben, so genau wie möglich an.

Abschnitt 11: „Meine Aufenthaltszeiten“
Bitte machen Sie hier so genau wie möglich Angaben zu Ihren Aufenthaltsorten und
–zeiten. Besuchsaufenthalte, Urlaubsreisen, Montageaufenthalte etc. bis zu drei Monaten müssen nicht angegeben werden.

Abschnitt 12: „Angaben zu meinen Militärzeiten“ (nur in F)
Wenn Sie im Militär, in einer Armee, Streitkraft oder in einem vergleichbaren bewaffneten Verband eines fremden Staates gedient haben, ist zu unterscheiden zwischen
dem Dienst als wehrpflichtige Person bzw. dem Grundwehrdienst (= gesetzlich vo rgeschriebener Militärdienst) und dem freiwilligen Dienst (z. B. als Zeitsoldat/ Zeitso ldatin oder Berufssoldat/ Berufssoldatin).
Ein freiwilliger Dienst liegt auch dann vor, wenn die gesetzlich vorgeschriebene
Wehrpflicht von Ihnen auch nur um einen Tag freiwillig verlängert wird/wurde.
Erläuterung zu nur im Antrag F_K für Kinder unter 16 Jahren vorhandene Abschnitte:
Abschnitt 5: „Angaben zur gesetzlichen Vertretung“
Eine gesetzliche Vertretung besteht aufgrund Gesetzes (z. B. gesetzliches Sorgerecht
für ein minderjähriges Kind) oder aufgrund gerichtlicher oder behördlicher Anordnung (z. B. Anordnung des Vormundschaftsgerichtes, Bestellung einer Betreuungsperson).
Für eine unmittelbare gesetzliche Vertretung ist kein Nachweis notwendig. Besteht
eine gerichtliche oder behördliche Anordnung fügen Sie bitte den Nachweis (z. B.
amtlichen Bescheid; Urteil mit gerichtliche Sorgerechtsentscheidung) bei.
Die Erklärung ist von allen gesetzlichen Vertretern zu unterschreiben.
Personen, die das 16. Lebensjahr erreicht haben, handeln in Staatsangehörigkeitsverfahren eigenständig und sind berechtigt, die Erklärungen selbst abzugeben (§ 37
Abs. 1 Satz 1 StAG). Sie werden in Staatsangehörigkeitsverfahren nicht gesetzlich vertreten und unterschreiben selbst.

5. „Anlage V“ (Vorfahren) – Was muss ich beachten?
Die Anlage V ist ergänzend auszufüllen, wenn Sie die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung (auch Legitimation) oder Adoption von deutschen Eltern (bzw. einem deutschen Elternteil, Vater und/oder Mutter) erworben haben.
Haben wiederum auch Ihre Eltern (der deutsche Elternteil) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung, Legitimation oder Adoption von ihren Eltern (= Ihren Großeltern, Großvater und/oder Großmutter) erworben, so ist auch für Ihre Großelterngeneration die Anlage V auszufüllen.
Gleiches gilt (auch für die nächsten Generationen) bis zu der Person Ihrer Vorfahren,
 für die ein Staatsangehörigkeitsausweis/Heimatschein einer deutschen Behörde ausgestellt wurde,
 die vor 1914 in Deutschland geboren wurde oder zuvor als Deutscher bzw. Deutsche ausgewandert ist oder Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 4 von 9
 die nicht durch Abstammung/Adoption die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat (z. B. durch Einbürgerung).
Die Anlage V ist für jede dieser maßgeblichen Personen einzeln auszufüllen. Bitte kennzeichnen Sie (Kreuzen Sie an!), um welchen Verwandten von Ihnen es sich dabei jeweils handelt.

Beispiel:
Beantragen mehrere Familienangehörige (Eltern und Kinder, Geschwister) gleichzeitig die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, so ist es ausreichend, die Angaben zu den gleichen Vorfahren (Anlage V) nur einem Antrag beizufügen. Die Angaben gelten dann für alle Anträge gleichermaßen.
6. Welche Unterlagen sind erforderlich und beizufügen?
Stets beizufügen sind:
 amtlich oder notariell beglaubigte Kopie Ihres letzten/aktuellen deutschen und (soweit vorhanden) ausländischen Reisepasses/Personaldokumentes (Seiten mit Passbild und Personalangaben). Unterlagen über Abstammung und Personenstand
 Geburts- oder Abstammungsurkunden, Heiratsurkunden, Familienbücher (soweit vorhanden) sind erforderlich für Sie und alle Personen, von denen Sie die deutsche Staatsangehörigkeit ableiten, zurück bis zu der Person Ihrer Vorfahren, die entweder

oder

oder

 Adoptionsunterlagen (Adoptionsurkunde, Gerichtsbeschluss, Unterlagen über die Anerkennung der Adoption in Deutschland)
 Scheidungsunterlagen (Scheidungsurteil mit Rechtskraftvermerk, gegebenenfalls Anerkennungsbescheid der Landesjustizverwaltung)
Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 5 von 9
Unterlagen, die Rückschlüsse auf die deutsche Staatsangehörigkeit zulassen
Unterlagen über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
Zum Beispiel: Einbürgerungsurkunden, Bescheinigungen/Urkunden über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Erklärung oder Option, Bescheinigung gem. § 15 Bundesvertriebenengesetz, Ernennungsurkunden bei Beamten oder Beamtinnen, Feststellungsbescheide über den Staatsangehörigkeitserwerb durch Dienst in der ehemaligen Deutschen Wehrmacht und anderen vergleichbaren Verbänden.
Unterlagen über die Zugehörigkeit zu dem Personenkreis, auf den sich eine Sammeleinbürgerung erstreckte.
Vertriebenenausweise, Volkslistenausweise, Volkstumsbescheinigungen oder andere Unterlagen über deutsche Volkszugehörigkeit, Nachweise über (früheres) Heimatrecht, Bürgerrecht oder Wohnsitz in den betreffenden Gebieten, Bescheinigungen über Verzicht auf das Ausschlagungsrecht Unterlagen über den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit oder frühere »Rechtsstellung als Deutscher« oder über »Behandlung als Deutscher«
Zum Beispiel: Staatsangehörigkeitsausweise, Heimatscheine, Urkunden/Ausweise über Rechtsstellung als Deutscher; Reisepässe, Personalausweise und andere Ausweispapiere (auch alte); Auszüge aus (früheren) Familienregistern, Bürgerlisten, Bürgerverzeichnissen; Unterlagen über geleisteten Militärdienst oder Tätigkeit als Beamter oder Beamtin; Meldebestätigungen; Urkunden über die Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit, Vertriebenenausweise, (alte) Flüchtlingsausweise, Registrierscheine in einfacher Kopie. weitere mögliche Unterlagen
Bei Bedarf können auch noch folgende weitere Unterlagen notwendig sein:
 Ihre Aufenthaltsberechtigung im Aufenthaltsstaat (z. B. Permanent Resident Card, Ausländerausweis)
 Unterlagen über den Nichterwerb einer anderen Staatsangehörigkeit (Nichterwerbsbe –
scheinigung)
Nachweise über den Erwerb/Besitz weiterer Staatsangehörigkeiten
 Namensänderungsurkunden/-bescheinigungen
 Lebenspartnerschaftsurkunde
 Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung bzw. Bundesamtes für Wehrverwa ltung zum Dienst in der ausländischen Armee
 Unterlagen zum Sorgerecht (bei Anträgen von Kindern unter 16 Jahren)
7. In welcher Form sind die Unterlagen vorzulegen?
Unterlagen (insbesondere Urkunden) – soweit nicht anders angegeben – müssen im Original oder in amtlich oder notariell beglaubigter Fotokopie des Originals vorgelegt werden. Fotokopien müssen vollständig sein, das heißt Vorder-und Rückseite des Dokuments müssen vorgelegt werden. Unbeglaubigte Fotokopien und Abschriften können grundsätzlich nicht anerkannt werden.
Beglaubigungen können nur durchgeführt werden von:
 (Staats-)Notarinnen beziehungsweise -Notaren oder
 Standesbeamtinnen beziehungsweise -beamten der Stelle, die den Eintrag in das Personenstandsregister vorgenommen hat oder
 deutschen Behörden (z. B. Meldeamt, Standesamt, Auslandsvertretung).
Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 6 von 9
Beglaubigungen von anderen Stellen werden grundsätzlich nicht anerkannt.
Bei den Beglaubigungen ist darauf zu achten, dass die vollständige inhaltliche Übereinstimmung der Kopie mit dem Original beglaubigt wird.
Der Beglaubigungsvermerk muss im Original vorliegen, das heißt
 mit dem Originalstempel des Notariats oder Standesamtes und
 mit der Originalunterschrift des Notars/ der Notarin oder des Standesbeamten/ der Standesbeamtin.
Kopien von Beglaubigungsvermerken oder Beglaubigungsvermerke, welche lediglich die Unterschrift des Übersetzers/ der Übersetzerin beglaubigen, reichen nicht aus.
Ausländische öffentliche Urkunden (z. B. Personenstandsurkunden) sind in der Regel zu legalisieren bzw. mit einer Haager Apostille zu versehen.
Ausgenommen hiervon sind
 Personenstandsurkunden der EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz sowie
 internationale mehrsprachige Urkunden (Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Sterbeurkunde) aus: Bosnien-Herzegowina, Republik Moldau, Republik Nordmazedonien, Montenegro, Republik Serbien und der Republik Türkei
Informationen zum Legalisierungsverfahren erhalten Sie von Ihrer zuständigen deutschen Auslandsvertretung. Dort können Sie zusätzlich weitere Informationen darüber erhalten, in welcher Form (Art der Beglaubigung) Sie die Urkunden Ihres Heimatstaates einreichen können.
Allen fremdsprachigen Unterlagen ist eine Übersetzung eines/einer vereidigten Übersetzers/Übersetzerin so beizufügen, dass die Übersetzung dem Original zweifelsfrei zugeordnet ist. Übersetzungen von nicht vereidigten Personen werden nicht anerkannt.
8. Welche Gebühren werden erhoben?
Das Verfahren ist für Sie gebührenpflichtig.
Die Gebühr für die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit mit Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises beträgt 51,00 Euro und wird mit der Entscheidung über den Antrag erhoben. Die Gebühr für eine ablehnende Entscheidung beträgt – in Abhängigkeit vom entstandenen Verwaltungsaufwand – minimal 25,00 Euro und maximal 51,00 Euro.
Wird der Antrag zurückgenommen nachdem die Bearbeitung des Antrages bereits aufgenommen wurde, werden 38,00 Euro fällig.
Hinweis: Originaldokumente können regelmäßig erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens auf besondere Anforderung zurückgegeben werden. Es wird empfohlen, nur beglaubigte Kopien zu übersenden. Sollte ausnahmsweise ein Original erforderlich sein, wird es ausdrücklich nachgefordert.
Hinweis: Bitte zahlen Sie erst dann, wenn das Bundesverwaltungsamt Sie ausdrücklich dazu auffordert.
Empfehlenswert ist eine Überweisung von einem deutschen Konto. Bei Überweisungen aus dem Ausland, sind die zusätzlich anfallenden Überweisungsgebühren zu beachten. Zahlungen per Scheck, bar, per Internetbezahldienst oder per Kreditkarten werden nicht akzeptiert.
Bitte zahlen Sie die Gebühren zeitnah nach Aufforderung. Die Aushändigung der Urkunde oder einer anderen Entscheidung kann grundsätzlich erst erfolgen, wenn die Gebühren eingegangen sind.
Bundesverwaltungsamt – Stand: Mai 2022 Seite 7 von 9
9. Hinweis zum Datenschutz nach Artikel 13 und 14 EU- Datenschutzgrundverordnung
(DSGVO)
Gemäß § 31 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) ist das Bundesverwaltungsamt als Staatsangehörigkeitsbehörde für Personen im Ausland berechtigt, personenbezogene Daten zu erheben, zu spe ichern, zu verändern und zu nutzen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgabe erforderlich ist (Zweck).
Ausführliche Informationen zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten nach Artikel 13 und 14 DSGVO erhalten Sie auf der Internetseite des Bundesverwaltungsamtes unter dem Thema: Staatsangehörigkeit sowie auf der weiterführenden Informationsseite zum jeweiligen Verfahren. Dort sind auch die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten bereitgestellt.

10. Kontaktdaten
Postanschrift

Bundesverwaltungsamt
50728 Köln
Deutschland
Internetadresse E-Mailadresse
www.bundesverwaltungsamt.de staatsangehoerigkeit@bva.bund.de
Telefonnummern
+49 22899358-44828 oder +49 221 758-44828
(Allgemeiner Auskunftsdienst für Personen aus: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Estland, Frankreich, Geor-gien, Großbritannien, Kasachstan, Kirgisistan, Lettland, Litauen, Republik Moldau, Österreich, Polen, Russische Föderation, Tadschikistan, Tschechische Republik, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan)
+49 22899358-44833 oder +49 221 758-44833
(Allgemeiner Auskunftsdienst für Personen aus allen anderen Staaten)
zu unseren Servicezeiten:
Montag – Donnerstag 8:00 Uhr – 16:30 Uhr und
Freitag 8:00 Uhr – 15:00 Uhr
Faxnummern
+49 22899358-28446 oder +49 221758-28446

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